Gesetz zum Tierschutz in Berlin - CDU will Verbandsklagerecht von Peta auf den Prüfstand stellen

Fr 14.01.22 | 12:15 Uhr | Von Birgit Raddatz
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"Stop eating animals" steht auf dem Mund-Nasen-Schutz, den ein Demonstrant trägt. (Quelle: dpa/Annette Riedl)
Bild: dpa/Annette Riedl

Vier Bezirke wollen ein von Ex-Justizsenator Behrendt initiiertes Gesetz nicht umsetzen. Dieses gewährt Tierschutzverbänden Akteneinsicht in Bußgeldverfahren gegen Tierhalter. Der CDU stößt auf, dass gerade die umstrittene Organisation Peta davon Gebrauch macht. Von Birgit Raddatz

Als dem Verein Peta Deutschland e. V. im vergangenen Jahr das Verbandsklagerecht in Berlin zugesprochen wurde, schrillten bei einigen bereits die Alarmglocken.

PETA kann allein in Berlin und Baden-Württemberg ein Klagerecht bekommen, denn nur hier hat die Tierschutzorganisation überhaupt einen Sitz. In Baden-Württemberg scheiterte PETA allerdings damit. Das Bundesland schreibt in seinen Gesetzen vor, dass Vereine Beschlüsse durch die Mehrheit der stimmberechtigten Mitglieder fassen müssen. Bei Peta bestimmen aber trotz 20.000 Fördermitgliedern nur sieben stimmberechtigte Menschen. Diese Entscheidung wurde angesichts geltenden Rechts in Baden-Württemberg deshalb von den höchsten Verwaltungsrichter*innen in Leipzig bestätigt.

Anders in Berlin: Hier bekam Peta 2021 das Recht zu klagen. Dieses Recht ermöglicht Tierschutzorganisationen, sozusagen stellvertretend für Tiere zu klagen. Das Berliner Parlament verabschiedete das Gesetz bereits 2019. Nach deutschem Verwaltungsrecht soll immer der Klage erheben, dessen Recht verletzt wurde - wird ein Tier misshandelt, kann es aber ja nicht selbst klagen.

Peta verlangte von Bezirken Akteneinsicht und klagte

Sein neu erworbenes Recht nutzte Peta daraufhin dafür, bei den Bezirken Akteneinsicht in laufende Bußgeldverfahren gegen Tierhalter einzufordern. Die Organisation berief sich dabei auf ein von Ex-Justizsenator Dirk Behrendt (Grüne) initiiertes Gesetz zum Tierschutz, das genau das für alle Verbände ermöglichen soll. Die Bezirke Tempelhof-Schöneberg, Pankow, Lichtenberg und Marzahn-Hellersdorf argumentieren allerdings, Bußgelder regele der Bund per Gesetz. Sie rückten die geforderten Akten nicht heraus.

Peta klagte im Eilverfahren, der Fall landete vor dem Verwaltungsgericht Berlin. Das gab den Tierschützern zwar zu großen Teilen Recht. Das Gericht merkte aber an, dass sich Berliner Recht und Bundesrecht an dieser Stelle nicht so recht vertragen. So werde Dritten im Bundesgesetz zu Bußgeldverfahren nicht die Möglichkeit eingeräumt, Stellung zu dem Fall zu nehmen. Da es jedoch ein Eilverfahren war, mit dem Peta die Klage anstrengte, konnte dieser Sachverhalt nicht geklärt werden.

Bei den Bezirken war der Zweifel jedoch gesät: Verstößt das neue Gesetz zur Akteneinsicht für Tierschutzverbände also womöglich gegen das Grundgesetz? Sie wandten sich daraufhin an das Oberverwaltungsgericht Berlin-Brandenburg, sie wollten Klarheit, ob das Berliner Tierschutzgesetz damit nicht sogar verfassungswidrig sein könnte.

Justizverwaltung zieht Beschwerde der Bezirke zurück

Diese Überprüfung fand jedoch bisher nicht statt. Mitte Dezember des vergangenen Jahres und damit quasi als letzte Amtshandlung informierte der damalige Justizsenator Behrendt die Bezirke, dass die Justizverwaltung die Beschwerde der Bezirke beim OVG zurücknehmen werde.

Das bestätigt auch der Leiter des Rechtsamtes im Bezirk Tempelhof-Schöneberg, mittlerweile unter grüner Führung. Bisher liegt dem Bezirk die Rücknahmeerklärung allerdings nicht vor. Damit fällt die Prüfung auf Verfassungswidrigkeit erst einmal weg. Infrage käme noch eine Überprüfung von Formfehlern, die das Verfahren neu aufrollen lassen würde. Oder ein anderer Tierschutzverband klagt; bisher habe sich aber niemand außer Peta für die Akteneinsicht interessiert, heißt es aus den Bezirken.

Dass eine Verwaltung ein Verfahren auf Bezirksebene an sich ziehen kann, ist zunächst einmal gängige Praxis. Politisch war es in diesem Fall allerdings durchaus heikel. Zwar müssen sich die Bezirke an Gesetze halten. Da das Gesetz aber aus dem Hause Behrendt stammte, hätte er es auch auf eine rechtliche Überprüfung ankommen lassen können. Behrendt will sich nicht mehr öffentlich dazu äußern.

Ex-Peta-Anwalt arbeitet mittlerweile für Tierschutzbeauftragte

Besonders ärgert CDU-Generalsekretär Stefan Evers, dass im vergangenen Sommer ausgerechnet der Mann bei der Berliner Tierschutzbeauftragten anfing, der zuvor die Klage gegen die Bezirke angestrengt hatte: Christian Arleth, Ex-Anwalt bei Peta. "Diese personelle Verflechtung muss aufgelöst werden", fordert Evers.

Aus einem der klagenden Bezirke wird die Vermutung laut, Peta habe am Gesetz mitgeschrieben und später Behrendt beraten, was im Rechtsstreit genau zu tun ist. Die Umweltverwaltung, die seit der neuen Regierungsbildung zuständig ist, weist das von sich. Die Tierschutzbeauftragte und ihre Mitarbeitenden arbeiteten unabhängig, sie schrieben auch keine Gesetze, so ein Sprecher der Verwaltung. Vier von zwölf Bezirke würden schlichtweg geltendes Recht nicht umsetzen, das habe Behrendt unterbinden wollen.

Evers will deshalb nun selbst noch einmal Akteneinsicht beantragen, wie er gegenüber rbb|24 erklärt. Auch, um zu ergründen, was dazu führte, dass Peta als klageberechtigter Verein anerkannt wurde. Die Frage, ob die Akteneinsicht im Tierschutzgesetz verfassungswidrig ist, könnte in letzter Konsequenz ein Normenkontrollverfahren klären. Das hatte es zuletzt beim Berliner Mietendeckel gegeben.

Hinweis: Dieser ursprünglich am 6. Januar 2022 veröffentlichte Beitrag wurde von der Autorin noch einmal überarbeitet und neu veröffentlicht.

Beitrag von Birgit Raddatz

19 Kommentare

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  1. 19.

    In Berlin scheint Datenschutz nicht mehr zu gelten, wenn es für die vermeintlich gute Sache ist. In allen anderen Fällen behandelt man ihn natürlich um so strenger. Man muss sich das echt mal reinziehen: Da lassen sich unbeteiligte Dritte Daten für einen Sachverhalt geben, wo der Staat gerade eine Ahndung eines potentiellen Vergehens prüft und klagt dann mit diesen Informationen? Was kommt als nächstes? Die DUH klagt auf Basis von Knöllchen für Tempoverstößen gegen dadurch zu viel verursachte CO2-Emmissionen? Die Ahndung von Straftaten und Ordnungswidrigkeiten obliegt einzig und alleine dem Staat! Dieser hat das Gewaltmonopol und dieses Monopol (es umfasst auch Sanktionen) ist nicht ohne Grund dem Staat vorbehalten.

  2. 18.

    Auch ich bin einer der Förderer von peta und ich habe KEIN Problem damit, mein Vertrauen den paar Leuten zu geben, die sich wirklich engagiert um das Wohl von Tieren kümmern. Sich in einem demokratischen Verband nämlich wirklich einzubringen, ist eine sehr anstrengende Sache, wie ich aus langer, eigener Erfahrung weiß. Und deshalb gibt es zahlreiche Vereine mit einer klaren Mehrheit reiner Fördermitglieder, z.B. die Kirchen. Evers und seiner CDU nehme ich ihren demokratischen Zorn NULL ab: M.E. stößt ihnen nur sehr sauer auf, dass es Leute gibt, die den Mut und die Energie haben, das unerträgliche Leid, das Tieren vielfach zugefügt wird, immer und immer wieder publik zu machen. Und dieses Leid eben nicht relativieren, schönreden, tolerieren oder gar fördern mit Hinweis auf wirtschaftliche Zwänge und ähnlich bequeme Ausflüchte (vgl aktuelle Meldung zu fortgesetzten Lebend-Tiertransporten nach Asien oder die seit 30 Jahren bekannten Transporte nach Nordafrika).

  3. 17.

    Die Gerichte sollen lieber auf ihre Verbrecher aufpassen.

  4. 16.

    Hallo rbb! Ist es richtig, dass die Organisation "Peta" am Gesetz vermutlich mitgeschrieben und später beraten hat oder sollte es an der Stelle im vorletzten Abschnitt nicht vielleicht "Arleth" heißen?

  5. 15.

    Lasst doch mal die Diskussion zum Gendertorret. Wichtiger ist doch, dass die Verwaltung, die ein Gesetz initiiert hat, es verhindert, dass dieses Gesetz auf Rechtmäßigkeit geprüft werden kann. Den Grünen ist Demokratie und Mitbestimmung scheinbar nur wichtig, wenn es den eigenen Interessen hilft.

  6. 14.

    Deshalb wundere ich mich, daß das Thema offenbar Niemanden interessiert. Wir sollten doch eher an der Verbreitung mitarbeiten. Ich möchte mal Franzosen an dieser Stelle sehen Ich fürchte, dass ünsere Urenkel mehr Englisch als Deutsch sprechen. Ich bin kein Nationalist, aber doch gern Deutscher.

  7. 13.

    Ich kann keine stilistische Verunstaltung der Sprache erkennen. Dass neutral und ohne * formuliert wird, ist im Gegenteil sogar eine Bereicherung der Sprache.

    PETA sehe auch ich kritisch. Auch ein noch so hoch aufgehängter Zweck rechtfertigt nicht jedes Mittel. Der Verein ist ganz klar extrem hierarchisch organisiert.

  8. 12.

    Die deutschsprachigen Nachbarn nehmen das bestimmt nicht hin. Auf so eine Idee können nur Deutsche kommen, ehrlich.

  9. 11.

    Also, das ist doch sehr zahm gegendert.Da gibt es Schlimmeres. Trotzdem wüsste ich gern, was die anderen
    deutschsprachigen Nachbarn dazu meinen. Müssen sie das
    hinnehmen? Wenn Sie das nicht wollen, was dann? Gibt es dann 2 deutsche Sprachen? Wer entscheidet das? Wiegt,dass ich schon 89 bin, sollen sich die Enkel ärgern.

  10. 10.

    Da freut sich aber einer besonders, dass die Politik durch Entscheidungen von Lobbyisten geleitet wird. Bin mal gespannt, was für eine Ausrede sie für den Maskenskandal haben.

  11. 9.

    Schade, ging spannend los. Aber ab dem ersten genderdingens höre ich stets und überall auf zu lesen oder zuzuhören. Frau Raddatz, schreiben Sie doch hier bei Gebührenzahlers bitte in einer vom Durchschnittsbetrachter gewohnten, lesbaren Art und Weise und nicht wie es Ihnen so passt!

  12. 7.

    ..."ob das Berliner Tierschutzgesetz damit nicht sogar verfassungswidrig sein könnte"...

    Wenn darüber geurteilt wird, wird das dann die letzte Klatsche für den alten Senat oder schon die erste für den neuen Senat? Ein Gesetz nach dem anderen bekommen sie von den Gerichten um die Ohren gehauen. Sind die wirklich zu doof, um rechts- und verfassungskonforme Gesetze auszuarbeiten? Oder ist es ihnen in ihrer Hybris womöglich schon egal?

  13. 6.

    Aber Janosch! Bei den Grünen verkehren doch per definitionem keine Lobbyisten. Das ist doch etwas böses. Bei denen heißen die: Vertreter der zivilgesellschaftlichen Gruppen. Das Böse ist doch bei CDU und FDP. Da heißen sie Lobbyisten. ;)

  14. 5.

    Aha, Gesetze sollen also nicht angewendet werden, weil mir die Leute, die deren Einhaltung einfordern mir nicht passen. Eine eigentümliche Auslegung von Rechtsstaatlichkeit. Aber sowas wundert mich in letzter Zeit nicht mehr.

  15. 4.

    Heidewitzka! Da soll noch einer sagen, die Grünen*innen sind sind gegen Lobbyverbände immun...

  16. 3.

    Ein Glück, dass Behrendt weg ist. Gut wäre er im Grundbuchamt aufgehoben, da kann er nicht zuviel Unheil anrichten.

  17. 2.

    Das bestimme Sachen vor das Gericht gehören sei unbestritten!

    Wenn von 20.000 Mitglieder ca. 19.993 nicht stimmberechtigt sind, kann hier klar von einem demokratischen vorgehen gesprochen

    Jedem, der ein Tier in seiner Wohnung, in seinem Garten hat, muss sich darüber im klaren sein, dass er mit klagen überzogen werden kann. Auch wenn ein Vogel vom Baum fällt oder eine Rotte Wildschweine im Garten schaden anrichtet.

    Ist der Sinn von PETA .... das Recht von Tieren, ohne Schmerzen ohne Schaden und ohne Leiden zu leben, durchzusetzen! ? Oder gibt es noch einen zweiten Zweck?

    Das verbandsklagerecht ist ein hohes Gut!
    Es inflationär einzusetzen steht dem entgegen.

  18. 1.

    Komisch das ein CDU Politker "personelle Verflechtung" anprangert. Lobbyistenregister wäre ja mal ein Anfang.

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