Gesetz zum Tierschutz in Berlin - CDU will Verbandsklagerecht von Peta auf den Prüfstand stellen

Vier Bezirke wollen ein von Ex-Justizsenator Behrendt initiiertes Gesetz nicht umsetzen. Dieses gewährt Tierschutzverbänden Akteneinsicht in Bußgeldverfahren gegen Tierhalter. Der CDU stößt auf, dass gerade die umstrittene Organisation Peta davon Gebrauch macht. Von Birgit Raddatz
Als dem Verein Peta Deutschland e. V. im vergangenen Jahr das Verbandsklagerecht in Berlin zugesprochen wurde, schrillten bei einigen bereits die Alarmglocken.
PETA kann allein in Berlin und Baden-Württemberg ein Klagerecht bekommen, denn nur hier hat die Tierschutzorganisation überhaupt einen Sitz. In Baden-Württemberg scheiterte PETA allerdings damit. Das Bundesland schreibt in seinen Gesetzen vor, dass Vereine Beschlüsse durch die Mehrheit der stimmberechtigten Mitglieder fassen müssen. Bei Peta bestimmen aber trotz 20.000 Fördermitgliedern nur sieben stimmberechtigte Menschen. Diese Entscheidung wurde angesichts geltenden Rechts in Baden-Württemberg deshalb von den höchsten Verwaltungsrichter*innen in Leipzig bestätigt.
Anders in Berlin: Hier bekam Peta 2021 das Recht zu klagen. Dieses Recht ermöglicht Tierschutzorganisationen, sozusagen stellvertretend für Tiere zu klagen. Das Berliner Parlament verabschiedete das Gesetz bereits 2019. Nach deutschem Verwaltungsrecht soll immer der Klage erheben, dessen Recht verletzt wurde - wird ein Tier misshandelt, kann es aber ja nicht selbst klagen.
Peta verlangte von Bezirken Akteneinsicht und klagte
Sein neu erworbenes Recht nutzte Peta daraufhin dafür, bei den Bezirken Akteneinsicht in laufende Bußgeldverfahren gegen Tierhalter einzufordern. Die Organisation berief sich dabei auf ein von Ex-Justizsenator Dirk Behrendt (Grüne) initiiertes Gesetz zum Tierschutz, das genau das für alle Verbände ermöglichen soll. Die Bezirke Tempelhof-Schöneberg, Pankow, Lichtenberg und Marzahn-Hellersdorf argumentieren allerdings, Bußgelder regele der Bund per Gesetz. Sie rückten die geforderten Akten nicht heraus.
Peta klagte im Eilverfahren, der Fall landete vor dem Verwaltungsgericht Berlin. Das gab den Tierschützern zwar zu großen Teilen Recht. Das Gericht merkte aber an, dass sich Berliner Recht und Bundesrecht an dieser Stelle nicht so recht vertragen. So werde Dritten im Bundesgesetz zu Bußgeldverfahren nicht die Möglichkeit eingeräumt, Stellung zu dem Fall zu nehmen. Da es jedoch ein Eilverfahren war, mit dem Peta die Klage anstrengte, konnte dieser Sachverhalt nicht geklärt werden.
Bei den Bezirken war der Zweifel jedoch gesät: Verstößt das neue Gesetz zur Akteneinsicht für Tierschutzverbände also womöglich gegen das Grundgesetz? Sie wandten sich daraufhin an das Oberverwaltungsgericht Berlin-Brandenburg, sie wollten Klarheit, ob das Berliner Tierschutzgesetz damit nicht sogar verfassungswidrig sein könnte.
Justizverwaltung zieht Beschwerde der Bezirke zurück
Diese Überprüfung fand jedoch bisher nicht statt. Mitte Dezember des vergangenen Jahres und damit quasi als letzte Amtshandlung informierte der damalige Justizsenator Behrendt die Bezirke, dass die Justizverwaltung die Beschwerde der Bezirke beim OVG zurücknehmen werde.
Das bestätigt auch der Leiter des Rechtsamtes im Bezirk Tempelhof-Schöneberg, mittlerweile unter grüner Führung. Bisher liegt dem Bezirk die Rücknahmeerklärung allerdings nicht vor. Damit fällt die Prüfung auf Verfassungswidrigkeit erst einmal weg. Infrage käme noch eine Überprüfung von Formfehlern, die das Verfahren neu aufrollen lassen würde. Oder ein anderer Tierschutzverband klagt; bisher habe sich aber niemand außer Peta für die Akteneinsicht interessiert, heißt es aus den Bezirken.
Dass eine Verwaltung ein Verfahren auf Bezirksebene an sich ziehen kann, ist zunächst einmal gängige Praxis. Politisch war es in diesem Fall allerdings durchaus heikel. Zwar müssen sich die Bezirke an Gesetze halten. Da das Gesetz aber aus dem Hause Behrendt stammte, hätte er es auch auf eine rechtliche Überprüfung ankommen lassen können. Behrendt will sich nicht mehr öffentlich dazu äußern.
Ex-Peta-Anwalt arbeitet mittlerweile für Tierschutzbeauftragte
Besonders ärgert CDU-Generalsekretär Stefan Evers, dass im vergangenen Sommer ausgerechnet der Mann bei der Berliner Tierschutzbeauftragten anfing, der zuvor die Klage gegen die Bezirke angestrengt hatte: Christian Arleth, Ex-Anwalt bei Peta. "Diese personelle Verflechtung muss aufgelöst werden", fordert Evers.
Aus einem der klagenden Bezirke wird die Vermutung laut, Peta habe am Gesetz mitgeschrieben und später Behrendt beraten, was im Rechtsstreit genau zu tun ist. Die Umweltverwaltung, die seit der neuen Regierungsbildung zuständig ist, weist das von sich. Die Tierschutzbeauftragte und ihre Mitarbeitenden arbeiteten unabhängig, sie schrieben auch keine Gesetze, so ein Sprecher der Verwaltung. Vier von zwölf Bezirke würden schlichtweg geltendes Recht nicht umsetzen, das habe Behrendt unterbinden wollen.
Evers will deshalb nun selbst noch einmal Akteneinsicht beantragen, wie er gegenüber rbb|24 erklärt. Auch, um zu ergründen, was dazu führte, dass Peta als klageberechtigter Verein anerkannt wurde. Die Frage, ob die Akteneinsicht im Tierschutzgesetz verfassungswidrig ist, könnte in letzter Konsequenz ein Normenkontrollverfahren klären. Das hatte es zuletzt beim Berliner Mietendeckel gegeben.
Hinweis: Dieser ursprünglich am 6. Januar 2022 veröffentlichte Beitrag wurde von der Autorin noch einmal überarbeitet und neu veröffentlicht.