Protestaktionen in Berlin - Klima-Aktivisten setzen Ultimatum und drohen mit Flughafen-Blockaden

Bis Sonntagabend soll sich der Kanzler zu einem "Essen-Retten-Gesetz" äußern - sonst würden bald auch Flughäfen blockiert, droht die Initiative "Aufstand der letzten Generation". Die Berliner FDP fordert derweil scharfe Maßnahmen gegen die Aktivisten.
Die Klima-Aktivisten, die seit Wochen Straßen in Berlin blockieren, drohen mit einer Verschärfung ihrer Protestaktionen. Am Mittwoch hat die Protestbewegung "Aufstand der letzten Generation" Bundeskanzler Olaf Scholz (SPD) und der Bundesregierung ein Ultimatum gestellt, wie sie auf ihrer Internetseite [letztegeneration.de] verkündet.
Sollte Scholz bis Sonntagabend nicht einen Zeitplan verkünden, bis zu dem er ein "Essen-Retten-Gesetz" in den Bundestag einbringen werde, würden Flughäfen und Häfen blockiert, kündigt das Bündnis unter dem Motto "Essen retten - Leben retten" an. Die Aktivisten fordern gesetzliche Schritte gegen Lebensmittelverschwendung.
Özdemir hatte Gespräch angeboten
"Die rote Linie ist überschritten. Versagt die Politik darin, ihre Bevölkerung zu schützen, sehen wir uns gezwungen, mit zivilem Widerstand für das Überleben aller als moralischem Imperativ einzustehen. Wir werden in diesem Fall anfällige Infrastruktur wie Häfen und Flughäfen als Ausdruck unseres unverändert fossilen Alltags in diesem Land stören und aus Liebe zu unseren Familien, Freund:innen und Mitmenschen zum Innehalten bringen", heiß es in der Mitteilung weiter.
Auf das jüngste Gesprächsangebot von Bundeslandwirtschaftsminister Cem Özdemir (Grüne) gehen die Aktivisten nicht näher ein. Özdemir, Bundesjustizminister Marco Buschmann (FDP) und Olaf Scholz seien trotz vorher angekündigter Gesprächsbereitschaft dem Angebot, am Mittwoch vor dem Reichstag über die Lösung der Blockaden zu sprechen, nicht nachgekommen, heißt es lediglich auf der Internetseite der Aktivisten.
FDP fordert Sonderstaatsanwaltschaft
Unterdessen fordert die Berliner FDP schnellere Maßnahmen bei Straßenblockaden. Dazu solle in der Staatsanwaltschaft eine eigene Schwerpunktabteilung gebildet werden, heißt es in einem Antrag der FDP-Fraktion an das Berliner Abgeordnetenhaus, der dem rbb vorliegt. Die Staatsanwaltschaft müsse auch außerhalb der Bürozeiten Entscheidungen treffen und Anträge bei Gericht stellen können. Auch müsse der richterliche Bereitschaftsdienst verstärkt werden.
Für den FDP-Fraktionschef Sebastian Czaja handelt es sich bei den Straßenblockaden um eine neue Form der Kriminalität. "Wir fordern im Grunde eine Sonderstaatsanwaltschaft, so wie man das in Berlin kennt, wenn es um den 1. Mai geht. Dass die Staatsanwaltschaft eng mit der Berliner Polizei zusammenarbeitet, um gegen die Aktivisten, die in Berlin die Straßen blockieren, vorzugehen". Ziel der Aktionen sei es, den Personen- und Warenverkehr schwerstmöglich zu schädigen, heißt es in dem Antrag. Die Staus würden auch kranke und gebrechliche Menschen gefährden.
Innensenatorin befürwortet FDP-Vorstoß
Unterstützung für die oppositionelle FDP signalisiert SPD-Innensenatorin Iris Spranger. "Ich finde eigentlich den Vorschlag gar nicht so schlecht. Das ist schon eine Idee, über die man mit den Parlamentariern, der Justizsenatorin und natürlich der Staatsanwaltschaft selbst reden kann."
Für Ralph Knispel, den Vorsitzenden der Vereinigung der Berliner Staatsanwälte, geht die Forderung nach einer Schwerpunktabteilung allerdings ins Leere. Zwar sei eine einheitliche Bearbeitung der Fälle sinnvoll und angemessen. Dies werde aber bereits gemacht, die Fälle seien bei der zuständigen Abteilung in guten Händen. Die Schaffung einer neuen Abteilung sei dagegen nicht sinnvoll, sagte Knispel - auch wegen der bisher überschaubaren Zahl von Fällen.
Die Forderung der FDP, die Einsatzkosten bei Straßenblockaden systematisch zu erfassen und den Täterinnen und Tätern in Rechnung zu stellen, unterstützt Innensenatorin Spranger ebenfalls. Sie hatte bereits in der vergangenen Woche angekündigt, dass die Polizei prüfe, ob die Kosten ihrer Einsätze durch die Blockierer übernommen werden müssen.
Senat will Bußgeldkatalog überprüfen
Wie die Polizei auf rbb-Anfrage mitteilte, sind nach der geltenden Gebührenordnung pro Einsatz 241 Euro fällig, dazu kommen im Einzelfall besondere Kosten des Einsatzes, z.B. für Lösungsmittel, um verklebte Blockierer von der Straße zu lösen. Neben den Gebühren sei auch noch jeweils ein Bußgeld von 55 Euro wegen des vorsätzlich ordnungswidrigen Verhaltens möglich.
Der Senat und die Koalition würden sich auch den Bußgeldkatalog genau vornehmen, kündigte Spranger an. Ihre Haltung zu den Blockaden habe sie bereits deutlich gemacht: "Berlin wird sich sehr klar dagegen stellen."
Sendung: Abendschau, 16. Februar 2022, 19:30 Uhr
Die Kommentarfunktion wurde am 16.02.2022 um 21:59 Uhr geschlossen. Die Kommentare dienen zum Austausch der Nutzerinnen und Nutzer und der Redaktion über die berichteten Themen. Wir schließen die Kommentarfunktion unter anderem, wenn die Zahl der Kommentare so groß ist, dass sie nicht mehr zeitnah moderiert werden können. Weiter schließen wir die Kommentarfunktion, wenn die Kommentare sich nicht mehr auf das Thema beziehen oder eine Vielzahl der Kommentare die Regeln unserer Kommentarrichtlinien verletzt.