Länderübergreifende Strategie gefordert - Berliner und Brandenburger Wasserversorger warnen vor Knappheit

Die Versorgung mit Wasser könnte in Zukunft eine der größten Herausforderungen in der Region werden - davor warnten am Mittwoch Wasserversorger im Umweltausschuss des Brandenburger Landtags. Sie werfen der Politik Untätigkeit vor. Von Oliver Soos
Die Prognose, die Joachim Jost von den Berliner Wasserbetrieben im Umweltausschuss des Brandenburger Landtags vorträgt, klingt düster: Wegen des Bevölkerungswachstums steigt der Trinkwasser-Bedarf in der Region Berlin-Brandenburg bis zum Jahr 2050 voraussichtlich um 50 Millionen Kubikmeter – "so als würde jedes Jahr eine neue Tesla-Ausbaustufe ans Netz gehen", sagt Jost. Wegen des Klimawandels soll im selben Zeitraum die Grundwasser-Neubildung um 20 Prozent zurückgehen.
Wasserstrategie 2050 gefordert
Die Politik würde dieses Problem noch nicht ernsthaft angehen, so der Vorwurf der Wasserversorger. "Wassernutzungskonzepte gibt es entweder noch nicht oder sie sind noch nicht umgesetzt. Wir brauchen eine Wasserstrategie 2050 - sonst kommt es zu Nutzungskonflikten", sagt Joachim Jost. Die Konflikte entstehen beispielsweise zwischen Privathaushalten und der Industrie.
Die Wasserversorger fordern eine länderübergreifende Strategie für Berlin und Brandenburg und wollen dabei von den Landesregierungen miteinbezogen werden. Jost spricht von einer gemeinsamen Jahrhundertaufgabe. "Alle Wasserentnahmen müssen bilanziert, austariert und verhandelt werden. Vorhandene Ressourcen müssen anders bewirtschaftet und weitere Flächen für die Wassergewinnung gesichert werden", sagt Jost.
Zur Strategie gehören demnach auch Konzepte, wie das Regenwasser in Massen aufgefangen und genutzt werden kann und der Aufbau von Laub- und Mischwäldern, die das Wasser deutlich besser speichern könnten als die Brandenburger Kiefernwälder.
Deckungslücke durch Tesla noch nicht geschlossen
André Bähler, der Vorsteher des Wasserverbands Strausberg-Erkner (WSE) erzählt, dass es in seinem Zuständigkeitsgebiet schon seit 2018 große Probleme gibt. Sein Wasserverband ist unter anderem für die Versorgung von Tesla zuständig. Hier gäbe es immer noch eine Deckungslücke, die nicht geschlossen sei.
Demnach sei die so genannte "verwertbare Erlaubnismenge", die der Wasserverband insgesamt pro Jahr anbieten kann, bereits auf 14,9 Millionen Kubikmeter gestiegen. Der Bedarf im Verbandsgebiet liege aber bei 18,2 Millionen Kubikmetern Wasser. Diese Lücke zu schließen ist, nach Bählers Ansicht, nicht nur Aufgabe des zuständigen Wasserverbands. Auch die Landkreise Oder-Spree, Märkisch-Oderland und die Landesregierung seien in der Pflicht, so Bähler.
"Wir befinden uns im Blindflug"
Der Vorsteher des WSE geht außerdem davon aus, dass für Tesla mittelfristig ein neues Klärwerk gebaut werden muss, im Grünheider Ortsteil Freienbrink. "Hier vermissen wir bei den Genehmigungen die viel gerühmte Tesla-Geschwindigkeit", sagt Bähler.
Er kritisiert außerdem, dass es in ganz Brandenburg keinen Überblick gebe, wie sich Industrieansiedlungen und der Wasserbedarf in den kommenden Jahren entwickeln. "Was das angeht, befinden wir uns im Blindflug", sagt Bähler.
Mangelnde Wasserversorgung kann Investoren von Brandenburg fernhalten
Am Mittwoch richtete sich der Wasserverbandsvorsteher mit mahnenden Worten an die Landtagsabgeordneten im Brandenburger Umweltausschuss: "Bei der Wasserversorgung funktioniert vieles noch nicht. Wenn sich das nicht ändert, werden in Zukunft die Voraussetzungen fehlen, dass Investoren ruhigen Herzens nach Brandenburg kommen können." Das Thema "Wasser und Abwasser" könne zu einem limitierenden Faktor für die wirtschaftliche Entwicklung Brandenburgs werden.
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