Verdachtsfall - Berliner AfD-Chefin kritisiert Urteil des Verwaltungsgerichts

Mi 09.03.22 | 17:26 Uhr
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Polizisten auf einer AfD-Demo (Quelle: dpa/Christoph Hardt)
Audio: Inforadio | 09.03.2022 | Jim-Bob Nickschas | Bild: dpa/Christoph Hardt

Die Berliner AfD-Landeschefin, Kristin Brinker, hat das Urteil des Kölner Verwaltungsgerichts scharf kritisiert. Das Gericht hatte am Dienstag entschieden, dass der Verfassungsschutz die Partei als Verdachtsfall einstufen darf. Brinker bezeichnete das Urteil als "verheerend für die Demokratie".

Sie warf der Bundesregierung vor, den Verfassungsschutz "für den Kampf gegen eine unliebsame Opposition" zu instrumentalisieren. "Dass die Justiz dies nicht etwa unterbindet, sondern für rechtmäßig erklärt, vermittelt ein schlimmes Bild vom Zustand der deutschen Demokratie." Brinker kündigte an, dass sich ihre Partei vom Urteil des Verwaltungsgerichts "nicht einschüchtern" lasse. Die Partei kann gegen die Entscheidung noch Rechtsmittel einlegen.

Brandenburger Verfassungsschutz begrüßt Urteil

Beim Brandenburger Verfassungsschutz fühlt man sich hingegen durch das Urteil bestärkt. Seit der Einstufung der Brandenburger AfD vor zwei Jahren habe sich die Partei hierzulande insgesamt sogar noch weiter radikalisiert, sagte der Brandenburger Verfassungsschutzchef Jörg Müller dem rbb. Eine Beobachtung sei daher richtig.

"Die Entscheidung des Kölner Gerichts zeigt vor allem eins: Der Rechtsstaat funktioniert, und die Demokratie ist wehrhaft. Das sollte auch in der Brandenburger AfD angekommen sein", so Müller. Die Frage sei, ob das Urteil auch für eine Neuausrichtung in der Brandenburger AfD sorgen könne. Allerdings seien die moderateren Kräfte in der AfD auch nach der Einstufung der Brandenburger AfD eher schwach geblieben – der völkisch-nationalistische Flügel dominiere den Landesverband nach wie vor.

Ausreichende Anhaltspunkte

Auch das Bundesamt für Verfassungsschutz begrüßte, dass die AfD als rechtsextremistischer Verdachtsfall behandelt werden darf. Der Präsident der Behörde, Thomas Haldenwang, sagte, das sei ein guter Tag für die Demokratie.

Das Verwaltungsgericht hatte ausreichende Anhaltspunkte für verfassungsfeindliche Bestrebungen innerhalb der AfD gefunden, das Bundesamt für Verfassungsschutz habe das in Gutachten belegt. Die AfD habe dem lediglich pauschales Bestreiten entgegengesetzt, so das Gericht. Unter anderem seien Akteure des rechtsextremen "Flügels" der Partei trotz formaler Auflösung der Gruppierung weiter aktiv.

GdP begrüßt Urteil und fragt nach Konsequenzen für Beamte und Angestellte

Ebenso begrüßte die Gewerkschaft der Polizei (GdP) das Urteil. Von den Innenministern wünscht sie sich Klarheit, was mit AfD-Mitgliedern in den Reihen der Polizei wird. Die Gewerkschaft hatte im März 2021 entschieden, dass Mitglieder der Partei nicht gleichzeitig der GdP angehören dürfen. "Die AfD ist mindestens in größeren Teilen eine extremistische Partei, die menschenfeindliche Ansichten vertritt", sagte der Bundesvorsitzende Oliver Malchow am Mittwoch. "Hat das Urteil Bestand, müssen die Innenministerinnen und -minister von Bund und Ländern klare und einheitliche Regeln aufstellen, wie mit Polizeibeschäftigten umzugehen ist, die in einer Partei mitmachen, die verfassungsfeindlicher Bestrebungen verdächtig ist", sagte David Maaß, GdP-Vorsitzender im Saarland und Kandidat für den im September neu zu wählenden GdP-Bundesvorsitz.

Jeder Beschäftigte im öffentlichen Dienst habe sich den Zielen der Verfassung verpflichtet, sagte der Präsident des Bundesamtes für Verfassungsschutz, Thomas Haldenwang, im ZDF-"Morgenmagazin". "Insofern ist eine Mitgliedschaft, eine Anhängerschaft bei der AfD durchaus kritisch zu sehen."

Sendung: Inforadio, 09.03.2022, 11:20 Uhr

24 Kommentare

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  1. 24.

    Das scheint er offenbar nicht zu können.
    Aber die Konzepte für Deutschland werden doch auch immer weniger offen debattiert.
    Alles was vom Grünen Weg und der dazugehörigen Politik zu stark oder diametral abweicht, wird DIFFAMIERT.
    Dabei wird schon als Umsturzphantasie gewertet, wenn man völlig normale Dinge aus den 70er, 80er oder 90er Jahren erhalten möchte.
    Oftmals wird berechtigte scharfe Kritik an der Regierung dann einfach als RECHTE HETZE oder HASS AUF INSTITUTIONEN umgedeutet.
    Dabei lebt Demokratie von Rede und Gegenrede.

  2. 23.

    Zitat: ". . . warum dann der ganze Zauber mit Verfassungsschutz usw. ?"

    Das, was Sie hier verächtlich als "Zauber" bezeichnen, nennt sich wehrhafte Demokratie. Aber man wird ja wohl noch 'schlaudreist' fragen dürfen, ne Otto Krause.

  3. 22.

    Wenn man bei diesem Personal vor der AfD keine Angst mehr haben muss und sie in Kürze Geschichte sein wird, warum dann der ganze Zauber mit Verfassungsschutz usw. ?

  4. 19.

    Ein überfälliges Urteil und dennoch viel zu spät und viel zu inkonsequent. In einer wehrhaften Demokratie haben Parteien gar keinen Zugang zu Wahlen zu bekommen, sobald sie sich in Ideologie und Handeln von der freiheitlich-demokratischen Grundordnung verabschiedet haben. Denn sonst werden mit staatlichen Mitteln über die Parlamente Devisen für Demokratiefeind*innen ausgegeben. Der Spielraum an Meinungen, Haltungen und Handlungen innerhalb der fdGO ist sehr groß und lässt durchaus auch viele tendenziell problematische Haltungen zu, solange sie innerhalb des Antifaschismus anzusiedeln sind.

    Wannimmer es gegen die AfD oder ihre Verbündeten geht, suhlen sich Rechtsextreme im Opfernarrativ. Opfer sind sie nicht. Denn Ignoranz von Demokratie, inkl. Menschenrechten, Rechtsstaatlichkeit, Sozialstaatsprinzip, wird von kaum einer anderen Partei so offen gelebt und eingefordert, auch in ihren Parteiprogrammen, vielleicht mit Ausnahme vom "III.Weg", "Die Rechte" oder "NPD".

  5. 18.

    Bei diesem Personal braucht man vor der AfD keine Angst mehr zu haben. Sie wird sich selbst zerlegen und in Kürze Geschichte sein! Sie hat ja ohnehin in den 9 Jahren ihres Bestehens noch nichts besonderes abgeliefert. Sind halt die Hofnarren der Parlamente!

  6. 17.

    Olaf Tsirsch,
    eine Partei lebt von den Mitgliedern und führenden Vertretern,nicht vom Parteiprogramm, zumal sich bei der sog. "afd" die Parteiikader eh nicht so dran halten. Wenn durch die Menschen in einer Partei das eigene Programm nicht befolgt wird, dann ist dieses einfach nur geduldiges Papier oder eben nur belegter Speicherplatz auf ner Festplatte.
    Wenn die Leute ihr eigenes Programm, welches ja nur von den anderen Parteien zusammengeklaubt wurde, leben würden, dann könnte man auch von Demokratieffreunden, konservativ, reden. Wie gesagt, eine Partei lebt vom Tun ihrer Mitglieder, nicht vom Papier, auf dem ein Programm steht. Und, wenn Sie nicht so bewandert vom afd-Programm sind, lesen Sie es doch einfach im Netz. Ein Programm braucht jede Partei, um zugelassen zu werden.

  7. 16.

    Selbstverständlich besteht so gut wie jegliches Parteiprogramm aus Artigkeiten, die quasi runtergehen "wie Öl". Auch bei der AfD ist das so. Es ist quasi der kleinste gemeinsame Nenner, auf den sich alle haben einigen können. Bei Einigem davon, was i. S. einer Außenwirkung faktisch geschrieben werden musste, ballt so manche/r die Faust in der Tasche.

    Kurzum: Es ist den jeweiligen Punkten nicht anzusehen, ob sie aus Überzeugung oder als notdürfiges Zugeständnis geschrieben wurden. Das betrifft sämtliche Parteiprogramme.

    Was die AfD zu Recht zum Verdachtsfall macht, obwohl das noch harmlos klingt, denn die Spatzen pfeifen es ja von den Dächern: Völlig anders als das Grundgesetz, das mit "Volk" eine kulturell gemischte Bevölkerung versteht, versteht die AfD unter "Volk" einen homogenen Volkskörper, der selbstredend vor "Verunreinigung" und vor "Überfremdung" geschützt werden müsse. Da trifft sich die AfD mit der Nazi-Ideologie.

    Nicht zu leugnen.

  8. 15.

    Zitat: "Was erwarten Sie denn anderes? Wer sich einen Schutzmann ins Haus holt, der verlangt Gehorsam und alle Richter gehen durch die Schule der Regierung."

    Wie weit "drüben" sind Sie mittlerweile, dass Sie behaupten, der Verfassungsschutz würde zur Unterdrückung der Opposition eingesetzt und Deutsche Gerichte würden politische Urteile nach Gusto und auf Anweisung der amtierenden Regierung fällen? Nur eine rhetorische Frage, da Ihr Beitrag die "Drübenheit" bereits deutlich klarmacht.

  9. 14.

    Tja, Pech gehabt AfD. Das "wilde Sau spielen" und nachher alles abstreiten funktionierte so lange, bis den Gerichten tausende dokumentierte Aussagen von AfD Politikern vorgelegt und ausgewertet wurden. Dem lediglich pauschales Bestreiten entgegen zu setzen und kontinuierlich seinen Opferstatus zu pflegen, gibt ein ganz schwaches Bild von der aktuellen Verfasstheit der Partei ab.

    Und dass Berndt in Brandenburg ohne Gegenkandidaten mit gerade mal 12:10 Stimmen gewählt wurde, zeigt, dass selbst in dieser Hochburg des völkisch-nationalen Flügels offenbar nicht mehr alle geschlossen in eine Richtung marschieren.

  10. 13.

    Hat ja gedauert bis sich der erste AfD Freund meldet. Übrigens ist das Parteiprogramm eher Nebensache, was ihr tatsächlich wollt kann man sich im Bundestag und auf YouTube anschauen. Ihr gehört nicht beobachtet sondern verboten.

  11. 12.

    Die AfD wird meines Erachtens alleine wegen ihrer offen fremdenfeindlichen, rassistischen und nazionalistischen Positionen gewählt. Vorsitzende, die dachten es sei anders, die haben es auf die harte Tour gelernt (learning by burning): Bernd Lucke, Frauke Petry und Jörg Meuthen.

    Ich begrüße das Urteil sehr und bin gespannt, ob es bei einem Gang durch die Instanzen eines Tages vom Bundesverwaltungsgericht in Leipzig gekippt wird, also von einem Gericht im rechtskonservativen Sachsen.

  12. 11.

    Was erwarten Sie denn anderes? Wer sich einen Schutzmann ins Haus holt, der verlangt Gehorsam und alle Richter gehen durch die Schule der Regierung.

  13. 10.

    Könnten Sie vielleicht mal einige Punkte aus dem Parteiprogramm der Faschisten benennen, um Ihre Thesen zu stützen ?Das wäre auch für die weniger informierten Leser zum Verständnis sehr hilfreich.

  14. 9.

    Ach nee, Frau Brinkner. Mal bisschen Selbstreflektierung?
    Die Vorgaben für dieses Urteil hat diese selbsternannte "Alternative" (für was eigentlich?) höchstselbst gelegt.
    Äußerungen, Auftritte, die dieses Urteil rechtfertigen, gibt's im Internet zu Hauf, bei Youtube sogar in Bild UND Ton.
    Um es mit Gaulands Worten zu sagen, ich persönlich hoffe, dass die sog. "afd" bald zum "Fliegenschiss" bundesdeutscher Parlamentsgeschichte wird.
    Weiß Gott, ich bin auch mit einigen Dingen in DE nicht zufrieden, aber deswegen würde ich mich nie einer rechtsextremistischen Partei anhängen.

  15. 8.

    Verheerend für die Demokratie ist nicht das Urteil, sondern die Dauer bis es dazu kam. Die AfD ist durch und durch faschistisch, demokratiezersetzend und überflüssig.

  16. 7.

    Die AFD hat als rechtspopulistische Partei immer Schwierigkeiten mit Gerichtsurteilen. Meist weil ihr die Urteile nicht hart genug sind. Ausserdem steht die Partei für Verschwörungstheorien, Opferrolle als vermeintlich verfolgte und Fake News ala Trump znd Putin

  17. 6.

    Getroffene Hunde bellen.
    Sagt das Sprichwort.

  18. 5.

    Das Urteil. liebe Frau Brinker, ist nicht "verheerend", sondern "wegweisend" in die richtige Richtung. Zeit wirds.

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