Verdachtsfall -

Die Berliner AfD-Landeschefin, Kristin Brinker, hat das Urteil des Kölner Verwaltungsgerichts scharf kritisiert. Das Gericht hatte am Dienstag entschieden, dass der Verfassungsschutz die Partei als Verdachtsfall einstufen darf. Brinker bezeichnete das Urteil als "verheerend für die Demokratie".
Sie warf der Bundesregierung vor, den Verfassungsschutz "für den Kampf gegen eine unliebsame Opposition" zu instrumentalisieren. "Dass die Justiz dies nicht etwa unterbindet, sondern für rechtmäßig erklärt, vermittelt ein schlimmes Bild vom Zustand der deutschen Demokratie." Brinker kündigte an, dass sich ihre Partei vom Urteil des Verwaltungsgerichts "nicht einschüchtern" lasse. Die Partei kann gegen die Entscheidung noch Rechtsmittel einlegen.
Brandenburger Verfassungsschutz begrüßt Urteil
Beim Brandenburger Verfassungsschutz fühlt man sich hingegen durch das Urteil bestärkt. Seit der Einstufung der Brandenburger AfD vor zwei Jahren habe sich die Partei hierzulande insgesamt sogar noch weiter radikalisiert, sagte der Brandenburger Verfassungsschutzchef Jörg Müller dem rbb. Eine Beobachtung sei daher richtig.
"Die Entscheidung des Kölner Gerichts zeigt vor allem eins: Der Rechtsstaat funktioniert, und die Demokratie ist wehrhaft. Das sollte auch in der Brandenburger AfD angekommen sein", so Müller. Die Frage sei, ob das Urteil auch für eine Neuausrichtung in der Brandenburger AfD sorgen könne. Allerdings seien die moderateren Kräfte in der AfD auch nach der Einstufung der Brandenburger AfD eher schwach geblieben – der völkisch-nationalistische Flügel dominiere den Landesverband nach wie vor.
Ausreichende Anhaltspunkte
Auch das Bundesamt für Verfassungsschutz begrüßte, dass die AfD als rechtsextremistischer Verdachtsfall behandelt werden darf. Der Präsident der Behörde, Thomas Haldenwang, sagte, das sei ein guter Tag für die Demokratie.
Das Verwaltungsgericht hatte ausreichende Anhaltspunkte für verfassungsfeindliche Bestrebungen innerhalb der AfD gefunden, das Bundesamt für Verfassungsschutz habe das in Gutachten belegt. Die AfD habe dem lediglich pauschales Bestreiten entgegengesetzt, so das Gericht. Unter anderem seien Akteure des rechtsextremen "Flügels" der Partei trotz formaler Auflösung der Gruppierung weiter aktiv.
GdP begrüßt Urteil und fragt nach Konsequenzen für Beamte und Angestellte
Ebenso begrüßte die Gewerkschaft der Polizei (GdP) das Urteil. Von den Innenministern wünscht sie sich Klarheit, was mit AfD-Mitgliedern in den Reihen der Polizei wird. Die Gewerkschaft hatte im März 2021 entschieden, dass Mitglieder der Partei nicht gleichzeitig der GdP angehören dürfen. "Die AfD ist mindestens in größeren Teilen eine extremistische Partei, die menschenfeindliche Ansichten vertritt", sagte der Bundesvorsitzende Oliver Malchow am Mittwoch. "Hat das Urteil Bestand, müssen die Innenministerinnen und -minister von Bund und Ländern klare und einheitliche Regeln aufstellen, wie mit Polizeibeschäftigten umzugehen ist, die in einer Partei mitmachen, die verfassungsfeindlicher Bestrebungen verdächtig ist", sagte David Maaß, GdP-Vorsitzender im Saarland und Kandidat für den im September neu zu wählenden GdP-Bundesvorsitz.
Jeder Beschäftigte im öffentlichen Dienst habe sich den Zielen der Verfassung verpflichtet, sagte der Präsident des Bundesamtes für Verfassungsschutz, Thomas Haldenwang, im ZDF-"Morgenmagazin". "Insofern ist eine Mitgliedschaft, eine Anhängerschaft bei der AfD durchaus kritisch zu sehen."
Sendung: Inforadio, 09.03.2022, 11:20 Uhr