Areal für neues Hertha-Stadion - Reitverein am Maifeld fühlt sich von Sportsenatorin überrumpelt

Bekommt die Berliner Hertha ein neues Stadion nördlich vom Maifeld? Die Landespolitik reagiert gespalten auf den Vorschlag der Sportsenatorin, der betroffene Bezirk ist dagegen. Und der Reitverein, der weichen müsste, fühlt sich übergangen.
Der Vorschlag von Innen- und Sportsenatorin Iris Spranger (SPD), ein neues Hertha-Stadion nördlich des Maifelds zu ermöglichen, trifft auf ein gespaltenes Echo. Zustimmung signalisiert die Berliner CDU, während die FDP im Abgeordnetenhaus ein solches Vorhaben ablehnt. Auch der betroffene Bezirk Charlottenburg-Wilmersdorf bewertet diese Pläne skeptisch. Ein Reitverein, der einem solchen Neubau weichen musste, hat erst über die rbb-Berichterstattung von dieser Idee erfahren.
CDU würde Waldbühne miteinbeziehen
Bei der CDU im Abgeordnetenhaus stoßen die neuen Vorschläge für ein Hertha-Stadion im Olympiapark auf Zustimmung. Auch mit weniger als den ursprünglich geplanten 55.000 Sitzplätzen sei das kleinere Stadion "eine gute Ergänzung" zum Olympiastadion, sagte der Sportexperte der CDU-Fraktion, Stephan Standfuß. Hertha BSC reagiere damit wohl auch auf die coronabedingt geänderten Bedürfnisse von Zuschauern, von denen künftig möglicherweise weniger zu Großveranstaltungen kommen, so der CDU-Politiker.
Das neue Stadion und das Olympiastadion gemeinsam von Land und Verein zu betreiben, sei ein richtiger Vorschlag, so Standfuß: "Ich würde da vielleicht sogar noch die Waldbühne mit einbeziehen. Es geht um ein Gesamtveranstaltungskonzept an diesem einmaligen Ort."

Grüne verweisen auf Lärmschutz - FDP bezweifelt Finanzierung
Etwas vorsichtiger äußerte sich die sportpolitische Sprecherin der Grünen, Klara Schedlich. Im Abgeordnetenhaus gebe es weiter Vorbehalte gegen den Stadionbau im Olympiapark, vor allem aus Gründen des Lärmschutzes und der unsicheren Zukunft des Olympiastadions. Dennoch werde man den Vorschlag nun prüfen und alle Akteure einbeziehen. "Wir sperren uns nicht, sondern sind an einem konstruktiven Austausch interessiert", sagte Schedlich dem rbb.
Ablehnung kommt hingegen von der FDP. Der sportpolitische Sprecher der Fraktion, Stefan Förster, kritisierte, dass Sprangers Vorschlag für alle Beteiligten überraschend gekommen sei. "Das ist mit ganz heißer Nadel gestrickt", so Förster. Er verwies auf Aussagen der Sportstaatssekretärin im Abgeordnetenhaus, wonach weder mit der Sport-, noch mit der Bauverwaltung, dem Bezirk, dem Denkmalschutz oder der Olympiastadion GmbH gesprochen worden sei.
Die Idee, das neue Stadion über eine gemeinsame Gesellschaft zwischen Land Berlin und Hertha BSC zu betreiben, lehnte Förster ab. Das Konstrukt hänge an der Leistungsfähigkeit des Vereins ab und war in der Vergangenheit schon einmal gescheitert, nach einem Abstieg in die zweite Bundesliga. Das neu aufzulegen sei finanziell nicht ratsam, warnte Förster, "schon gar nicht bei einem Verein, der bald in der zweiten Bundesliga spielen könnte". Der FDP-Politiker äußerte zudem Zweifel über die Finanzierung des neuen Stadions, hier sei der Verein klare Informationen bislang schuldig geblieben.
Bezirk ist "nicht überzeugt" von den Vorschlägen
Ebenfalls skeptisch äußerte sich die Bezirksstadträtin für Sport in Charlottenburg-Wilmersdorf, Heike Schmitt-Schmelz. Sie sei "nicht überzeugt" von den Vorschlägen der Sportsenatorin. "Weil sich mir nicht erschließt, wie die Probleme, die wir auf dem Maifeld und an der Rominter Allee hatten, weggewischt sind", sagte Schmitt-Schmelz dem rbb.
Das Bezirksamt hatte zuvor einen Stadionbau im Olympiapark abgelehnt. Man werde die neuen Pläne prüfen. Schwierig sei vor allem die Lärmbelästigung, die zusätzlich zum Olympiastadion und zur Waldbühne hinzukämen, sagte Schmitt-Schmelz. Darüber müsse man nun auch mit den Anwohnern ist Gespräch kommen.
Reitverein fühlt sich "verarscht"
Völlig überrascht zeigte sich die Vorsitzende des Reitvereins am Maifeld, Angela Siesslack. Dass der Senat das Grundstück, auf dem der Verein seit 28 Jahren zu Hause ist, für den Stadionbau vorgeschlagen hat, erfuhr Siesslack durch eine Nachfrage des rbb. "Warum spricht niemand mit uns?", sagte sie dem rbb.
Der Verein biete Kinder- und Jugendreiten sowie therapeutisches Reiten an und sei zudem ein Trainingsstützpunkt für Vielseitigkeitsreiten – laut Siesslack eine Seltenheit in Großstädten. "Mir ist unklar, warum wir hier weg sollen", sagte Siesslack am Freitag dem rbb. "Ich finde es unverschämt, dass ein Sportverein einen anderen einfach wegdrücken will. So kann man miteinander nicht umgehen." Der Standort sei ideal, ein Umzug komme nicht infrage.
Dem Verein selbst sei wegen der denkmalgeschützten Lindenallee dort der Bau eines überdachten Longierzirkels für Kinder untersagt worden, wegen der Sichtachsen. "Und jetzt soll hier ein Stadion hin? Ich fühle mich ein bisschen verarscht."
Sendung: rbb24 Inforadio, 8. April 2022, 14:05 Uhr