Waldumbau - Jagd- und Umweltverbände streiten über neues Brandenburger Jagdgesetz

Änderungsforderungen oder strikte Ablehnung - das geplante neue Brandenburger Jagdgesetz stößt bei vielen Organisationen auf massive Kritik. Jägerverbände sorgen sich um die Tierbestände, Umweltschützer fordern mehr Schutz für die Pflanzenwelt.
Die Kritik an dem geplanten neuen Brandenburger Jagdgesetz reißt nicht ab. In einem Positionspapier kritisieren die Jagdverbände den bislang vorliegenden Entwurf des Gesetzes als "wildtierfeindlich", berichtet die Deutschen Presse-Agentur (DPA).
Brandenburgs Umwelt- und Agrarminister Axel Vogel (Grüne) werfen sie einen fachlich schlecht formulierten Jagdgesetzentwurf vor, der ausschließlich den Wald im Fokus habe. Das seien gerade einmal 35 Prozent der Landesfläche. Der Waldumbau solle allein durch den verstärkten Abschuss von Pflanzenfressern gelingen, kritisieren sechs Organisationen, darunter der Deutsche Jagdverband (DJV), der Bundesverband Deutscher Berufsjäger (BDB) und die Deutsche Wildtier Stiftung in dem gemeinsamen Papier.
Wildbestand soll regulierbar gemacht werden
Umweltminister Vogel will mit der Veränderung des Jagdgesetzes eine bessere Regulierung des Wildbestandes bei höherem Tierschutz erreichen. Der Wald leide unter den Folgen der Klimakrise, hatte Vogel bei der Vorstellung des Entwurfs gesagt. Das bestehende Gesetz stammt aus dem Jahr 2003 [bravors.brandenburg.de].
Wie groß der Streit um das Jagdgesetz ist, zeigem auch die Einwände, die gegen den aktuellen Entwurf des Landesjagdgesetzes erhoben werden. Beim Landesumweltministerium sind zum Freitagnachmittag 56 Stellungnahmen eingegangen. Bis zum Fristende um Mitternacht rechne man mit etwa 70 Stellungnahmen, so ein Sprecher auf Anfrage von rbb24.
Im neuen Jagdgesetz sollen Brandenburger Waldeigentümer unter anderem mit mindestens zehn Hektar eigene Jagdbezirke gründen können - nicht mehr nur ab 150 Hektar oder im Ausnahmefall die Hälfte. Die mit der Jagd befassten Organisationen halten dies aus wildbiologischer Sicht für einen "groben Verstoß" gegen das Tierschutzgesetz. Die Gefahr sei groß, dass dadurch Sozialstrukturen von Rudel bildenden Wildtieren mit großem Raumanspruch wie etwa dem Rothirsch zerstört werden. Bereits das viel kleinere Reh habe ein durchschnittliches Streifgebiet von 50 Hektar im Jahresverlauf, heißt es von den Interessenvertretern.
Jäger fordern ein "Wildtiermanagement"
Die Jäger und Interessenvertreter schlagen statt kleinerer Eigenjagden ein großräumiges Wildtiermanagement vor. Diese Aufgabe könnten Hegegemeinschaften leisten, die in Brandenburg nun aber abgeschafft werden sollen.
Derweil haben sich Naturschutzverbände, Vereine und Waldwirtschaftler in einem breiten Bündnis hinter den Entwurf des Ministers gestellt. Damit erhielten Bewirtschafter von kleineren Flächen mehr Mitsprache und könnten bestimmen, wie auf ihrem Terrain gejagt werde, sagte Enno Rosenthal, Vorsitzender des Waldbauernverbandes Brandenburg e.V. am Freitag bei einer gemeinsamen Online-Pressekonferenz.
"Klimawandel erhöht Handlungsdruck"
Seine Mitglieder wollten einen gepflegten Wald und müssten die Gelegenheit bekommen, Monokultur an Kiefernwäldern in Mischwälder umzuwandeln. Das sei nur möglich, wenn das Schalenwild - etwa Damwild oder Rehe - begrenzt werde.
Hohe Schalenwildbestände behinderten die natürliche Regeneration der Wälder und führten zu drastischem Rückgang der Artenvielfalt, warnte Eckhard Fuhr, Vize-Vorsitzender des Ökologischen Jagdvereins Berlin-Brandenburg. Der Klimawandel erhöhe den Handlungsdruck.
Naturschützer fordern weniger Rehe
Der Grünen Liga geht hingegen der Gesetzentwurf nicht weit genug. Der Umweltverband hatte davor gewarnt, dass eine wachsende Zahl an Rehen und Hirschen die Bäume gefährde, indem sie Blätter oder Zweigen abbisse.
Die Organisationen und Verbände wiesen darauf hin, dass die Landesforstanstalt im vergangenen Jahr in einem Abschlussbericht zur Evaluierung des Waldumbaus im Land festgestellt hatte, dass 90 Prozent der Verjüngung auf den untersuchten Waldumbauflächen keine oder geringe Verbissschäden von Schalenwild aufwiesen. Naturschützer Peter Schendel von der Grünen Liga wies darauf hin, dass der Fakt, dass ein Großteil der untersuchten Fläche eingezäunt gewesen sei, von den Jagdverbänden nicht genannt worden sei.
Für wichtig hält der bekennende Jäger Neuerungen zur Stärkung des Tierschutzes im Rahmen der Jagdausübung. Dazu zähle die Einführung eines regelmäßigen qualifizierten Schießleistungsnachweises. "Wenn wir es schaffen, jagdlich die Wildbestände erstmal anzupassen, so dass sich die Lebensräume wieder verbessern, vertragen diese Ökosysteme auch höhere Wilddichten, zum anderen geht es diesen Tierarten sichtbar besser", so Schendel. Seitdem er "waldangepasst" jage, seien die Rehe vitaler geworden.
Sendung: Antenne Brandenburg, 22.04.2022, 10:00 Uhr