Landesschiedsgericht der Partei - Berliner AfD-Delegierte voraussichtlich nicht bei Bundesparteitag

Mi 11.05.22 | 20:28 Uhr
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Beatrix von Storch in der 33. Sitzung des Deutschen Bundestages im Reichstagsgebäude. (Quelle: dpa/Frederic Kern)
Bild: dpa/Frederic Kern

Die im vergangenen Jahr neu gewählten 25 Delegierten des Berliner AfD-Landesverbands werden voraussichtlich nicht beim Bundesparteitag vom 17. bis 19. Juni im sächsischen Riesa dabei sein. Denn das Landesschiedsgericht hat die Wahl der AfD-Delegierten annulliert. Nach einer Entscheidung des Gerichts war ihre Wahl nichtig, wie der "Tagesspiegel" [Bezahlschranke] zuerst am Mittwoch unter Berufung auf das Urteil berichtete.

Bei dem Bundesparteitag wird der 14-köpfige Vorstand inklusive Parteispitze neu gewählt. Für die Partei wird eine Richtungsentscheidung erwartet. Spitzenvertreter der Partei hatten nach dem Scheitern der AfD bei der Landtagswahl in Schleswig-Holstein am Sonntag eine inhaltliche und personelle Neuausrichtung gefordert.

Die Berliner AfD-Fraktions- und Landesvorsitzende Kristin Brinker sagte der Deutschen Presse-Agentur am Mittwoch, die Partei prüfe gerade, welche Konsequenzen die Entscheidung des Landesschiedsgerichts habe und kläre auch mit der Bundesgeschäftsstelle, wie sich der Landesverband verhalten solle. Eine Möglichkeit sei, in die nächste Instanz zu gehen. "Das wäre das Bundesschiedsgericht."

Schiedsgericht bestätigt Vorwürfe gegen von Storch

Ob eine Entscheidung dort rechtzeitig vor dem Parteitag realistisch ist, gilt als offen - und wie die dann lauten würde, auch. Brinker geht ihren Worten zufolge aber davon aus, dass der Berliner Landesverband durchaus Chancen hat, in Riesa mitabstimmen zu können - "mit den alten Delegierten". Denn das Landesschiedsgericht habe die Wahl der Delegierten für nichtig erklärt, die im vergangenen Juni gewählt worden seien. "Ich gehe davon aus, dass wir auf jeden Fall vertreten sind. Aber man muss für alles offen sein."

Der Anlass für die Entscheidung des Landesschiedsgerichts waren die Umstände der Wahl, über die der rbb berichtet hatte: Im Kern ging es um die Frage, ob drei Bewerber rechtmäßig auf die Wahlliste aufgenommen wurden. Nach einer eidesstattlichen Versicherung eines der Versammlungsleitung zugehörigen Parteimitglieds sollen diese erst auf die Liste gekommen sein, als die Aufnahme der Bewerbung schon beendet war - und das obwohl sich die Kandidaten weder bewerben wollten noch beworben hatten. Das soll die Berliner AfD-Bundestagsabgeordnete Beatrix von Storch veranlasst haben. Laut "Tagesspiegel" bestätigte das Schiedsgericht die Vorwürfe gegen von Storch am Mittwoch. Ein solches Vorgehen sei ein sowohl schwerer als auch irreparabler Wahlfehler.

Kristin Brinker (AfD) zu Gast im studioeins von radioeins im Bikini Berlin
Die amtierende AfD-Fraktions- und Landesvorsitzende Kristin Brinker. | Bild: radioeins/ Beate Kaminski

AfD-Landesvorsitzende Brinker: "Altlast, die wir mitschleppen"

Die Spitzenkandidatin des Berliner Landesverbands bei der vergangenen Bundestagswahl sagte der dpa dazu am Mittwoch, der damalige Landesparteitag sei selbst unter den erschwerten Corona-Bedingungen vom Landesvorstand gut organisiert worden, die Versammlungsleitung habe die Delegiertenwahl ordnungsgemäß durchgeführt. "Das Landesschiedsgericht stellt Sachverhalte falsch dar und zieht rechtlich nicht haltbare Schlussfolgerungen." Im vergangenen November hatte Beatrix von Storch erklärt, die Sitzungsleitung sei "tadellos" gewesen.

Brinker würde mit der Delegiertenwahl gerne abschließen, nachdem sich der Landesverband damit schon mehr als ein Jahr befasst habe, sagt sie: "Das ist noch eine Altlast, die wir mitschleppen und die dann hoffentlich nach dem Bundesparteitag ein für alle Mal erledigt ist."

Sendung: rbb24 Abendschau, 11.05.2022, 19:30 Uhr

9 Kommentare

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  1. 9.

    Ihre längst widerlegte Behauptung, die AfD würde vor allem aus Protest gewählt, und die Schlussfolgerung daraus, dass "die Politik" doch endlich mal demokratischer und volksnaher werden müsse, dies aber vermeiden will, weil sie sich damit überflüssig machen würde, ist, gelinde gesagt, absolut hanebüchen.

    https://www.mdr.de/nachrichten/deutschland/wahlen/bundestagswahl/wahlanalyse-ergebnis-afd-osten-cdu-100.html

    . . . oder hier:
    https://www.tagesspiegel.de/wissen/maennlich-mittleren-alters-aus-der-mittelschicht-ein-politikforscher-erklaert-wer-die-afd-waehler-in-sachsen-anhalt-sind/27260078.html

    . . . oder hier:
    https://politik.watson.de/deutschland/best%20of%20watson/418165260-afd-waehler-sind-protestwaehler-zahlen-zeigen-nun-ganz-anderes-bild

  2. 7.

    Ja, die "Wahlerfolge" der Vergangenheit sind nur durch reine Protestwähler zu erklären. Der einzige Ausweg scheint zu sein, dass wir hier mehr Bürgernähe und weniger Parteiengeklüngel haben. Aber das wird schwierig, weil dann ja die Politik durch ihr altruistisches, volkszentriertes Handeln auch mittelfristig am eigenen Ast sägen würde, indem Sie sich dann ja selbst komplett durch demokratischere Strukturen überflüssig machen würde!

  3. 6.

    Regt man sich hier wirklich über Wahlfehler auf?
    In Berlin?"
    Wenn ich das richtig verstehe, regt sich nicht Berlin auf sondern es geht um ein internes Schiedsgerichtsverfahren der afd.
    Insofern-Ihr Einfältigkeitsvorwurf trifft wohl die Richtigen.

  4. 5.

    Die "afd" hat leider dich was bewirkt. Sie hat die Stimmung in Deutschland weit nach rechts verschoben. Gerade in der bürgerlichen Mittelschicht und beim Kneipenstammtisch ( heute auf facebook und co. ). Sie hat die Coronaleugner und Reichsbürger und Verschwörungstheroretiker hoffähig gemacht . Und natürlich völkisches Denken stark wiederaufleben lassen.

  5. 4.

    Regt man sich hier wirklich über Wahlfehler auf?
    In Berlin?
    Danke für den herzhaften Lacher am frühen Morgen!
    Wenn Einfältigkeit einen neuen Namen bräuchte, dann hätte ich eine Idee.

  6. 3.

    So so, wenn sich das Schiedsgericht seine Entscheidungen auf eine eidesstattliche Versicherung eines Mitgliedes der eigenen Versammlungsleitung, die dazu noch "tadellos" die Sitzungs geleitet haben soll aufbaut, dann stellt dieses Schiedsgericht die "Sachverhalte falsch dar und zieht rechtlich nicht haltbare Schlussfolgerungen".

    Sowas geht nur bei der AfD. Und wirklich nur da. Warum kann man den Fehler nicht einfach eingestehen und lernen?

  7. 2.

    Nachdem die AfD 9 Jahre ihre Chance hatte und nichts bewirkt hat, dürfte der Untergang nur noch eine Frage der Zeit sein. Das ganze Gezanke jetzt kann daher nur noch als Abschiedsvorstellung gelten.

  8. 1.

    "Das Landesschiedsgericht stellt Sachverhalte falsch dar und zieht rechtlich nicht haltbare Schlussfolgerungen."

    Das mag die Meinung der studierten Architektin und Hausverwalterin Brinker sein. Die Juristen des Landesschiedsgerichtes Adam (RA), Brousek (Amtsricher a.D) und Pieper (RA) sehen bzw. bewerten das anders. Die beiden Erstgenannten sind übrigens mehr oder weniger dem Lager Brinker zuzuordnen.

    Wie dem auch sei: Typisch AfD.

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