Doppelhaushalt 2022/23 - Bildungspolitiker der Berliner Regierungskoalition schlagen Alarm

Do 19.05.22 | 10:02 Uhr
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Das Berliner Abgeordnetenhaus, Archivbild (Quelle: DPA/Fabian Sommer)
Audio: Inforadio | 19.05.2022 | Jan Manezel | Bild: DPA/Fabian Sommer

In was soll Berlin in den nächsten Jahren investieren? Verlierer im Doppelhaushalt könnten die Schulen werden. Das befürchten Bildungspolitiker aus der rot-grün-roten Koalition. Per Brief wollen sie ihre Fraktionsspitzen zum Einlenken bringen.

In der Schlussphase der Haushaltsberatungen warnen die Bildungsexperten von SPD, Grünen und Linken vor gravierenden Kürzungen im Schulbereich. In einem gemeinsamen Brief an die Fraktionsvorsitzenden ihrer Parteien im Abgeordnetenhaus sprechen sie von Fehlentscheidungen und fordern, diese zu korrigieren.

"Mit Erstaunen" habe man Kürzungen von mehr als 130 Millionen Euro bei Neubauten, Modulbauten und Typensporthallen erfahren, heißt es in dem Schreiben, das dem rbb vorliegt. Diese stünden im Widerspruch zur zentralen Aussage des Koalitionsvertrags, wonach bei Investitionen nicht gekürzt werde, halten die Sprecherinnen und Sprecher der Arbeitsgemeinschaften für Bildung von SPD, Linken und Grünen ihren Fraktionsspitzen vor.

Streitpunkt Bildung

Sie kritisieren auch Kürzungen bei den Ausbildungskapazitäten für Lehrkräfte und sehen die Gefahr, dass Rot-Grün-Rot hier ein "zweites Versprechen" breche. Ursprünglich seien im Haushaltsentwurf 6,55 Millionen Euro zur Bekämpfung des Lehrermangels vorgesehen gewesen. Weitere zehn Millionen Euro hätten laut Koalitionsvertrag dazukommen sollen. Nichts davon finde sich aber im Etat wieder, der aktuell im Abgeordnetenhaus beraten werde.

"Wie wollen wir der Stadt gemeinsam erklären, dass genug für die Bekämpfung des Fachkräftemangels getan wird angesichts dieser Kürzungen?” fragen die Leiter der Partei-Arbeitsgemeinschaften, zu denen für die SPD die ehemalige Abgeordnete Maja Lasic und für die Linke Philipp Dehne, Mitinitiator der Kampagne "Schule muss anders", gehören.

Wochenende soll entgültige Entscheidungen bringen

Die Fachpolitiker vermissen im Entwurf für den Doppelhaushalt 2022/2023 auch ein klares Zeichen, "dass Inklusion ein ernsthaftes Anliegen der Koalition ist". Um multiprofessionelle Teams aus Betreuern, Schulassistenten und Unterrichtshilfen aufbauen zu können, würden mindestens 15 Millionen Euro gebracht, rechnen die Bildungspolitiker der Parteien vor. Diese Berufsgruppen würden dringend gebraucht, um den Fachkräftemangel bei Lehrkräften abzupuffern.

Der Zeitpunkt für ihr ungewöhnlichen Schreibens sei "kein Zufall", betonen die wichtigsten bildungspolitischen Akteure der drei Regierungsparteien in ihrem Brief. Lehrer-, Eltern- und Schülerverbände sowie Gewerkschaften und Initiativen hätten bereits vor massiven Kürzungen im Bildungsbereich gewarnt. Gemeinsam mit diesen Akteuren wolle man in der Schlussrunde der Haushaltsberatungen die Fraktionsvorsitzenden darum bitten, die Spielräume durch die Steuermehreinnahmen zu nutzen.

Am Wochenende wollen die Fraktionen von SPD, Grünen und Linken letzte Hand an den Etatentwurf legen. SPD-Fraktionschef Raed Saleh hatte angekündigt, dass es um einen Betrag von 300 Millionen Euro geht, den die Fraktionen zusätzlich ausgeben wollen. Die Bildungspolitiker von SPD, Grünen und Linken setzen darauf, dass sie hier mit ihren Forderungen berücksichtigt werden.

Sendung: rbb24 Abendschau, 19.05.2022, 19.30 Uhr

14 Kommentare

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  1. 14.

    Selbstverständlich gibt es bei den politischen Farben sogar große Unterschiede: Wer ist auf den letzten Plätzen zu finden? Wer verwendet nicht den offiziell richtigen, einfachen und geschlechtsneutralen Plural? Spüren Sie nicht den Zusammenhang zwischen Bildung und "Scheinbildung auf Nebenkriegsschauplätzen" mit unzulässiger "Moralverknüpfung"? Könnte das auch ein Grund sein, warum man bei PISA derart schlecht abschneidet und frecher Weise PISA dafür die Schuld gibt?

  2. 13.

    Ehe man noch mehr Steuergelder in die "Berliner Bildung" pumpt, sollte man zuerst fragen, warum denn die Bildungskosten explodiert sind mit den Legionen von diversen Betreuern, Schulassistenten und Unterrichtshilfen.

  3. 12.

    Falls Sie, wovon ich Ihren üblichen Kommentaren nach zu urteilen, sinnvolle und teilweise längst überfällige Punkte wie die Vekehrs- und Energiewende meinen, dann gehen wir in völlig entgegengesetzt Richtungen.
    Natürlich verbocken es seit Jahren *auch* die SPD, die Grünen und die Linke. Aber nicht nur diese drei und sie sind auch nicht die Urheber*innen. Ebenso tun dies nämlich die Kolleg*innen vom konservativ-reaktionären oder liberalen Bereich. Die Bildungsmisere ist ja nun kein auf RRG oder RGR gewachsener Misthaufen. Und auch nicht nur auf Berlin begrenzt. Da haben in den letzten drei Jahrzehnten alle ihr Scherflein beigetragen, CDU/CSU, SPD, FDP, Grüne, Linke.
    PS: Realitätsfremd - war auch die Intention. Deshalb die Begriffe Fantast und Utopist, die genau das bedeuten.
    PPS: Man kann auch mehrere Probleme/Dinge gleichzeitig angehen. Funktioniert. Ist wie in der Schule, in der man auch Mathe und Deutsch an einem Schultag hat. Und Physik. Und Englisch. Usw.

  4. 11.

    Absolut richtig. grün und rot ist das schlimmste was Brrlin passieren könnte. Bildung brauchen diese Politiker in Zukunft nicht, da jeder gebildete eine Stimme weniger ist. Zudem spielt Bildung bei der autofreier Stadt keine wichtig Rolle also kann das auch vernachlässigt werden. Generell hat Berlin für Bildung und Wirtschaft nichts übrig. Aber die mehr eine Million Autos müssen natürlich weg und der Bürger mehr und mehr eingeschränkt und seiner Freiheit beraubt werden. Die Bildung muss nr. 1 !

  5. 10.

    Das ist nicht optimistisch sondern eher realitätsfremd.
    Die Politik steckt ihre Kraft in IMMER MEHR IDEOLOGIE-PROJEKTE oder Wohlfühl-Themen.
    Da sprudelt es dann auch nur so vor Ideen oder Regelungswut.
    Aber dort, wo sich die Politik drum kümmern müsste, geht vieles den Bach runter.
    - Schule
    - Pflege
    - Infrastruktur

  6. 9.

    Die Farben haben doch gar keine Bedeutung für das Debakel. Es haben *alle* dazu beigetragen, von reaktionär-konservativ bis links. Doch wer weiß, vielleicht wird man ja mal wach, jetzt, da ein Brocken nach dem anderen krachend zu Boden fällt und sich die ganzen Debakel nicht mehr weg- oder schönreden lassen (ja, ich weiß, ich bin hoffnungsloser Optimist, Fantast, Utopist).

  7. 8.

    Bevor man sich wieder nur aufregt, ist vielleicht ein Blick in den Haushaltsplan informativ:
    https://pardok.parlament-berlin.de/starweb/adis/citat/VT/18/DruckSachen/d18-2020-01.pdf

    Wenn ich die Zahlen betrachte, sieht es weniger schlecht aus, als hier vermittelt wird.

  8. 7.

    Wer ist in fast jedem Ranking Letzter? Ob die Letzten "ein länderübergreifendes Bildungssystem", orientiert an den Besten haben wollen?

  9. 6.

    Was ist eigentlich Zensus und was kostet das? Welche politischen Farben belegen in fast jedem Ranking die letzten Plätze und versuchen in Talkshows mit "komischer Moral" und selbsternannter Deutungshoheit darüber hinwegzutäuschen?

  10. 5.

    Bildung ist die Mutter des Friedens, der Gleichberechtigung, der Gewaltfreiheit, der Zukunft. Wir benötigen ein länderübergreifendes Bildungssystem und gut ausgebildete Lehrer. Das ist das einzig gute Fundament einer Gesellschaft. Der Widerspruch liegt hier in dem Reichtum des Landes, der irgendwie weder die Arbeit noch die Bildung, noch die meisten Menschen dieses Landes erreicht.

  11. 4.

    Wir brauchen zu allererst Radwege und diese Holzsitzecken auf der Straße. Betonpoller und noch mehr Fußgängerzonen wo Fahrradfahrer durchrasen. Wann geht euch endlich das Licht auf, das Rote und Grüne Populisten und Ideologen sind.

  12. 3.

    "Mit Erstaunen" nehme ich jedes Mal zur Kenntnis, wenn völlig überraschte Politiker*innen die Früchte der Ignoranz der letzten Jahrzehnte ernten "dürfen". Bildung, Gesundheit, Infrastruktur, Digitalisierung, Soziales - alles wird seit Jahrzehnten kaputtgespart, bis nichts, aber wirklich *gar* nichts mehr geht. Und dann heißt es immer: "Huch, wie konnte denn *das* passieren? Konnte ja keiner kommen sehen."
    Doch, hätte man gekonnt. Man muss nur mal außerhalb des Bundes- und/oder Landeselfenbeinturms schauen.

    Jetzt kommt halt alles auf einmal:
    Klima - bekannt seit den 70ern, dass es da knallen wird, wenn man nicht gegensteuert.
    Lehrermangel - war schon Ende der 80er/Anfang der 90er bspl. in NRW ein Risenproblem.
    Gesundheitssystem - siehe Pflege, siehe Corona und was da alles zutage trat, was über die letzten Jahre "gesät" wurde.
    Marode Brücken & Co.: Tja, muss man halt mal so ziemlich alle abreissen und neu bauen.
    Usw. - Und damit bin ich raus für heute.

  13. 2.

    Eigentlich nur noch REALSATIRE.
    Warum kümmert sich RGR nicht?
    Alarm geschlagen wurde seit Jahrzehnten schon lange von Lehrern und Bürgern.
    Nur wollte man dies nie wahrhaben.
    In der Politblase kommen die realen Probleme der Menschen leider oftmals erst 20 Jahre später an.

  14. 1.

    Kinder und Jugendliche sind unsere Zukunft und was soll mich die interessieren, wenn ich sowieso nicht mehr bin. Genau so wie dieser Klimaquatsch!

    <sarcasm off>

    Bildung hat halt bei egoistischer Wohlstandssicherung und dem typischen Legislaturperiodenken keine Lobby...

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