Nicht-erziehendes Elternteil zahlt nicht - Berlin bekommt gezahlten Unterhalt für Kinder verhältnismäßig selten zurück

Mo 30.05.22 | 14:38 Uhr
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Symbolbild: Eine alleinerziehende Mutter geht mit ihrer Tochter durch eine Fußgängerzone. (Quelle: dpa/E. Gubisch)
Bild: dpa/E. Gubisch

In Berlin leben rund 150.000 Alleinerziehende. In einigen Fällen zahlt der nicht erziehende Elternteil den Unterhalt für Kind oder Kinder nicht, deswegen springt das Jugendamt mit einem Unterhaltsvorschuss ein.

Die Summe, mit welcher der Staat einspringt, ist einer Erhebung des Bundesfamilienministeriums zufolge gestiegen.

2021 mussten die Jugendämter mit rund 146,6 Millionen Euro sogenanntem Unterhaltsvorschuss einspringen. Im Jahr 2019 - vor der Corona-Krise - hatte die Summe noch bei 131,2 Millionen Euro gelegen.

Wenn man gegenrechnet, was die Elternteile dann zurückzahlten - nämlich 19,7 Millionen Euro - kommt man auf eine sogenannte Rückgriffsquote von 13,4 Prozent (2019: 12,7 Prozent). Das zurückgezahlte Geld ist in Berlin verhältnismäßig niedrig:

Bundesweit lag die Rückgriffsquote im Jahr 2021 laut Bundesfamilienministerium bei 18 Prozent. Baden-Württemberg und Bayern erzielten mit jeweils rund 23 Prozent das beste Ergebnis. Brandenburg lag mit 18,9 Prozent gut im Durchschnitt. In Hamburg und Bremen war die Quote mit jeweils rund zehn Prozent noch niedriger als in Berlin.

Berlin will zentrales System zur Aufforderung testen

Die Quoten seien auch im Zusammenhang mit dem sozialen Umfeld zu betrachten, hieß es von der Berliner Familienverwaltung. Gerade bei Eltern, die für mehrere Kinder Unterhalt zahlen müssten, aber im Niedriglohnbereich beschäftigt seien und auch noch hohe Ausgaben für Wohnkosten hätten, sei es möglich, dass kein ausreichendes Einkommen erzielbar sei.

Unter anderem, um die Rückholquote zu steigern - also mehr Geld zurückzubekommen - prüft Berlin nun, ob Mütter oder Väter künftig zentral zur Unterhaltszahlung für ihre Kinder aufgefordert werden. Unter Federführung der Finanzverwaltung soll in einem Pilotprojekt ein zentrales Forderungsmanagement getestet werden, hieß es in einer Antwort der Senatsverwaltung für Familie auf eine parlamentarische Anfrage des AfD-Abgeordneten Tommy Tabor [pardok.parlament-berlin.de].

In Berlin sind 31 Prozent aller Familien alleinerziehend

Nicht alle getrenntlebenden Eltern erziehen ihre Kinder auch alleine. Als alleinerziehend gilt derjenige Elternteil, bei dem das Kind nach der Trennung seinen Lebensmittelpunkt hat. Getrennte Eltern im Wechselmodell beispielsweise, bei denen das Kind also zu gleichen Anteilen bei beiden Eltern lebt, gelten nicht als alleinerziehend.

In Berlin machen Alleinerziehende rund 31 Prozent aller Familien mit Kindern aus. Laut Amt für Statistik lebten 2020 rund 153.000 Alleinerziehende in Berlin, davon rund 24.000 Väter und rund 129.000 Mütter.

Sendung: rbb24 Abendschau, 30.05.2022, 19:30 Uhr

8 Kommentare

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  1. 8.

    Ich bin eigentlich AfD-Gegner, aber hier sage ich Herrn Tabor Respekt, dass er dieses wichtige Thema aufgegriffen hat.
    Anscheinend hat dies in den anderen Parteien niemanden interessiert. Es geht ja nur um die Staatsfinanzen, unser aller Geld.

  2. 6.

    Generell ein schwieriges Thema! Ich bin auch nie glücklich, für die Kinder der Anderen aufkommen zu müssen - als Steuerzahler. Ich war selbst alleinerziehend und habe mir nie einen Unterhaltsvorschuss auszahlen lassen, obwohl der Vater meines Sohnes nie einen Cent für Unterhalt gezahlt hat. Ich wollte nie andere Menschen damit behelligen, für mein Kind zahlen zu müssen. Eine Lösung des Problems habe ich allerdings auch nicht...was tun, wenn der Unterhaltspflichtige kein Geld hat, um für sein/e Kind/er aufzukommen?

  3. 5.

    Und zur Not der Führerschein einbehalten werden kann...

    P.S. Alleinerziehend ist, vor allem aus der Sicht der Kinder, und nicht nur aus gesellschaftlicher Sicht, nicht der erstrebenswerte Status.

  4. 4.

    "die Haft angedroht und auch durchgesetzt wird" kontraproduktiv in zweierlei Hinsicht: es bringt das Geld nicht ein und kostet zusätzlich! Verurteilen zu gemeinnütziger Arbeit mit einem Pseudo-Stundenlohn, der aufgerechnet oder direkt an das Jugendamt gezahlt wird.

  5. 3.

    Viele Gesetze sind falsch gestrickt. Das Unterhaltsgesetz gehört dazu.
    Es muss doch möglich sein, selbiges so zu stricken, dass nicht der Steuerzahler für ein Ergebnis der Freude aufkommen muss. Und das ist unabhängig von Bedürfnissen der "Ergebnisse" zu sehen.

  6. 2.

    Wenn Unterhaltsschulden so geahndet werden würden wie Steuerschulden, wäre das bestimmt anders.

  7. 1.

    Klasse, mir hat das BA Reinickendorf, trotz meiner Mitwirkung immer den Arsch aufgerissen obwohl ich immer alles offengelegt und mitgemacht habe. Meine aufgelaufenen Schulden habe ich bis auf den letzten Heller bezahlt, bin dem Bezirk trotzdem dankbar dass der Unterhaltsvorschuss in einer unverschuldeten Situation gewährt wurde. Ich bin der Meinung, dass Unterhaltsschuldnern, die sich an nix halten, auch gerne als Ersatzvornahme die Haft angedroht und auch durchgesetzt wird. Das sich die Bezirke so dermaßen auf der Nase herumtanzen lassen ist beschämend.

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