Berliner Doppelhaushalt - 300 Millionen Euro zu verteilen

Geld für Klimaschutz, Schule, Verkehr - die Berliner Koalition verteilt den Haushalt an die Fraktionen. Die wissen teilweise auch schon, was sie mit dem Geld machen wollen. Nur die Linke hält sich noch bedeckt. Von Ute Schumacher
Die Verhandlungen um den Doppelhaushalt für dieses und das nächste Jahr sind in die entscheidende Phase getreten. Vergangenes Wochenende haben die Fraktionschefinnen und -chefs von SPD, Grünen und Linken verabredet, dass sie insgesamt 300 Millionen Euro oben drauf legen wollen auf das, was der Senat in seinem Haushaltsentwurf für die kommenden beiden Jahre ursprünglich vorgesehen hatte.
Das sagte SPD-Fraktionschef Raed Saleh auf der Grünen Fraktionsklausur am Wochenende bei Nauen. Er war dahin gemeinsam mit der Fraktionsspitze der Linken geladen. Eigentlich sollte es in der abendlichen Diskussion um die Zusammenarbeit der Koalitionäre in den vergangenen fünf Jahren gehen. Der SPD-Fraktionschef konnte aber offensichtlich nicht widerstehen. Er nutzte die Gelegenheit für vorgezogene Haushaltsberatungen auf offener Bühne. Dabei hatte die Koalition sich eigentlich auf absolute Verschwiegenheit verständigt.
Grüne: "Wer bestellt, zahlt!"
Saleh warb für die neue Einbürgerungsstelle, die Innensenatorin Spranger schaffen will. Die sei doch ganz im Sinne der Grünen. Pro Jahr soll sie helfen 20.000 Menschen in der Stadt einzubürgern. Menschen, die schon lange genau darauf warten, so Saleh. Allein: Die Grünen tappten nicht in die aufgestellte Haushaltsverhandlungsfalle. Die Antwort zur Einbürgerungsstelle war dieselbe wie zum Thema Verfügungsfonds für Schulen. Das sind die Geldtöpfe über die die Schulen selbst verfügen können. Die waren im Haushaltsentwurf des Senats gekürzt worden.
Schon vor Wochen hatte der SPD-Fraktionschef ohne Absprache mit den anderen Fraktionen verkündet: Die 13 Millionen dafür würden nicht gestrichen. Zum Verfügungsfond für Schulen und zum Einbürgerungsprojekt erklärten die Grünen also klipp und klar: Wer bestellt, zahlt. Will heißen: Wenn die SPD ohne Absprache Zusagen verteilt, geht das von ihrem Anteil der 300 Millionen ab, die sich die Koalition insgesamt vorgenommen hat zu verteilen. Wie groß der Anteil ist, den jede Fraktion verteilen darf, wird offiziell nicht gesagt. Es scheint aber etwa auf eine Drittellösung rauszulaufen. Das wären 100 Millionen Euro pro Fraktion. Stellt sich die Frage: Wofür wollen Grüne und Linke das Geld ausgeben?
Rufbusse für die letzte Meile zur Haltestelle
Zwei Projekte hat die Fraktion der Grünen im Abgeordnetenhaus bei ihrer Klausurtagung bei Nauen schon mal beschlossen: Sie will das Rufbusprojekt ausweiten. Das soll im Oktober in Biesdorf und Umgebung starten. Ähnlich wie seinerzeit beim Berlkönig können hier bis zu acht Menschen zu individuellen Zielen gebracht und von ihnen abgeholt werden. Gerade in den Außenbezirken soll so die letzte Meile von der Haltestelle bis zum Zielort überbrückt werden. Das soll mehr Menschen vom Auto weg in Bus und Bahn bringen. Drei Millionen Euro kostet das Modellprojekt in der geplanten Region. Der Grüne Fraktionschef Werner Graf will mindestens die dreifache Fläche mit Rufbussen bespielen. Und zwar am liebsten schon in diesem Jahr, spätestens aber im nächsten.
Welche Außenbezirke Berlins zur Projektzone erklärt werden, ist noch offen. In der Diskussion sind vor allem die nördlichen. Mehr Geld geben wollen die Grünen außerdem den Straßen- und Grünflächenämtern: Damit die allgemein mehr Grün in die Bezirke bringen, um Parkplatzflächen zu entsiegeln und sogenannte Kiezblocks einzurichten. Das sind Stadtquartiere ohne Durchgangsverkehr, weite Teile der Straßen werden in Grünflächen, Fußgängerzonen und Radwege umgewandelt. Das Auto ist hier nur Gast. Es sollen noch weitere Umweltprojekte gefördert werden, Details nannten die Grünen noch nicht.
Mehr Geld für Krankenhäuser
Klar ist aber auch, dass die Grünenfraktion im Abgeordnetenhaus nicht ausschließlich auf Verkehr und Umwelt setzt. Auch Berlins Krankenhäuser dürfen auf mehr Geld hoffen. Auf wieviel genau und in welcher Darreichungsform ist noch nicht bekannt. Die Grünen liebäugeln dem Vernehmen nach weiter mit der sogenannten Green-Hospital-Idee.
Dabei bekommen Krankenhäuser Geld, um Energie einzusparen. Aus Grüner Sicht eine echte Win-Win-Situation. Denn die Investition hat zur Folge, dass das Krankenhaus künftig weniger für Energie ausgeben muss und das Geld wiederum für anderes verwenden kann. Bei den Krankenhäusern ist die Idee trotzdem nicht ganz so beliebt. Den Kliniken sind frei verfügbare Investitionsmittel deutlich lieber, die sie ausgeben können, wofür sie wollen. Aber möglicherweise macht die aktuelle Energiekrise diese Idee jetzt auch für Krankenhäuser attraktiver.
Knapp 73 Milliarden für zwei Jahre
Und die Linke? Sie trifft sich diesen Dienstag zur turnusmäßigen Fraktionssitzung und will da entscheiden, wo sie die Schwerpunkte setzen will. In der Diskussion ist dem Vernehmen nach Geld für die Bezirke und hier speziell für freie Träger in der Sozialarbeit. Auch für die Lehrerausbildung kann sich die Linke vorstellen mehr Geld in die Hand zu nehmen. Auch wenn das Ressort von der SPD verantwortet wird. Viel mehr haben die Linken bislang nicht blicken lassen und halten sich damit sehr akribisch an die ursprüngliche Verabredung zwischen den Koalitionären, Stillschweigen zu wahren. Das hat insgesamt nicht ganz geklappt.
Wenn die Fraktionsspitzen tatsächlich nächstes Wochenende die Zusatzausgaben festlegen, müssen die Pläne noch alle durch den Hauptausschuss. Wenn alles gut geht, soll der Doppelhaushalt für dieses und das nächste Jahr am 23. Juni beschlossen werden, in der letzten Abgeordnetenhaussitzung vor der Sommerpause. Bleibt es bei den Ausgabenplänen so wie jetzt bekannt geworden, würde Berlin in den kommenden beiden Jahren knapp 73 Milliarden Euro ausgeben.
Sendung: rbb24 Abendschau, 15.05.2022, 19.30 Uhr