Nach Kritik der GEW - Bildungsverwaltung stoppt Tattoo-Fragebögen für Berliner Referendare

Rolle rückwärts der Bildungsverwaltung: Angehende Lehrer in Berlin sollten angeben, welche Tattoos sie tragen. Damit sollte sichergestellt werden, keine Extremisten zu verbeamten. Nach deutlicher Kritik von mehreren Seiten hat die Senatorin diese Pläne nun gestoppt.
Referendare im Berliner Schuldienst müssen nun doch nicht schriftlich mitteilen, ob sie Tattoos haben und wenn ja, wo und welche. Ein entsprechender Fragebogen, in dem solche Daten erhoben wurden, komme nicht mehr um Einsatz, bestätigte Bildungssenatorin Astrid-Sabine Busse (SPD) am Freitag dem rbb. "Das Schreiben aus meinen Haus war in seiner inhaltlichen Ausgestaltung deutlich zu weitgehend. Deshalb habe ich es auch sofort gestoppt", sagte sie der Deutschen Presse-Agentur.
Position, Größe und persönliche Bedeutung sollten abgefragt werden
Die Gewerkschaft Erziehung und Wissenschaft (GEW) Berlin hatte der Bildungsverwaltung vorgeworfen, von Referendaren rechtswidrig Angaben zu Position, Größe und persönlicher Bedeutung der Tätowierungen zu verlangen sowie Fotos aller Tattoos.
"Als angehende Lehrerin hätte ich mich über solch ein Schreiben ebenfalls mehr als gewundert. Unser Ziel ist es, möglichst viele qualifizierte Lehrkräfte für Berlin zu gewinnen", sagte Busse weiter. "Da sind solche in die Privatsphäre eingreifenden Schreiben nicht förderlich, selbst wenn in Deutschland andere Behörden das so handhaben." An dieser Praxis habe sich die Fachebene der Bildungsverwaltung zunächst orientiert.
Gewerkschaft sah "rechtswidrige Gewissensüberprüfung"
Der Senat wollte damit sicherstellen, dass ab kommendem Schuljahr keine Lehrerinnen und Lehrer verbeamtet werden, die Nazi-Tattoos oder andere verfassungsfeindliche Symbole am Körper haben. Man sei wie andere Bundesländer gehalten, einen Weg zu finden, um dies sicherzustellen. "Wir überarbeiten das Verfahren jetzt zügig", sagte Busse weiter.
Die GEW hatte in einer am Donnerstag veröffentlichten Mitteilung kritisiert, selbst Intim-Tattoos seien nicht ausgenommen worden und die detaillierten Abfragen als unzulässigen Eingriff in die Persönlichkeitsrechte zurückgewiesen. GEW-Vorstandsmitglied Udo Mertens nannte das Vorgehen eine "rechtswidrige Gewissensüberprüfung per Hautscreening". Dass die Angaben auch noch vom Amtsarzt überprüft werden sollten, schlage dem Fass den Boden aus.
CDU fordert Entschuldigung
Nach der Kehrtwende der Bildungsverwaltung fordert die Berliner CDU von Bildungssenatorin Busse eine Entschuldigung. "Dass SPD-Bildungssenatorin Busse erst nach lauten öffentlichen Protesten darauf verzichtet, spricht nicht für ihre Einsicht", kritisierte die bildungspolitische Sprecherin der CDU-Fraktion im Abgeordnetenhaus, Katharina Günther-Wünsch. Sie habe mit ihrem Zaudern Vertrauen zerstört und allen Bemühungen zur Lehrergewinnung geschadet. "Frau Busse sollte sich dafür entschuldigen", so Günther-Wünsch.
Sendung: Inforadio, 06.05.22, 11:20 Uhr