Landkreise haben Vorbehalte - Brandenburger Kita-Rechtsreform kommt erst nach 2024

Gerechtere Kita-Beiträge, mehr Fachkräfte, bessere Qualität – darauf werden Betroffene in Brandenburg wohl noch lange warten müssen. Nach dem Veto der Landkreise und Kommunen tritt auch Bildungsministerin Ernst auf die Bremse. Von Markus Woller
Die Kita-Rechtsreform in Brandenburg wird nach Ansicht von Bildungsministerin Britta Ernst (SPD) in dieser Legislaturperiode nicht mehr kommen. Das machte sie am Donnerstag im Brandenburger Landtag deutlich. Sie vermute, dass die Zeit nicht mehr reichen werde, um den Gesetzesprozess rechtzeitig abzuschließen, so die Ministerin. Damit wäre eines der zentralen Projekte im Bereich Bildung und Erziehung der Kenia-Koalition gescheitert.
Landkreistag sowie Städte- und Gemeindebund hatten vor einigen Wochen ihre Bereitschaft zurückgezogen, an der Reform weiter mitzuarbeiten. In einem Schreiben an das Bildungsministerium hatten sie mitgeteilt, dass die "notwendigen Ressourcen für die Begleitung und Umsetzung der Reform" fehlten. Die bildungspolitische Sprecherin der CDU, Kristy Augustin, sagte am Donnerstag, alle 14 Landkreise hätten deutlich gemacht, dass eine so umfangreiche Reform in einer Situation mit Corona- und Kriegsbelastungen nicht zu stemmen sei.
Eltern vermissen Transparenz und Kontrolle
Viele Eltern hatten erst am Mittwoch ihrem Unmut in einer Demonstration vor dem Landtag Luft gemacht. Sie hatten sich von der Reform unter anderem eine einheitliche Berechnungsgrundlage für die Kita-Kosten in ganz Brandenburg erhofft. Mitunter unterscheiden sich die Beiträge heute um mehrere Hundert Euro, je nach Gemeinde und Kita-Träger.
Die Novelle war aber größer angelegt: Die gesamte Finanzierungs- und Organisationsstruktur der Kitas sollte neu geordnet werden. Dafür wurde in den vergangenen zwei Jahren unter breiter Beteiligung in sechs Arbeitsgruppen auch über Qualitätssicherung, Betriebserlaubnis oder Fachkräftesicherung gesprochen. Dabei hatte das Ministerium von Anfang an darauf bestanden, dass die Reform kostenneutral umgesetzt werden müsse.
Die Gründe für die Absage vor allem aus den Landratsämtern halten viele Elternvertreter für vorgeschoben. Sie glauben, dass es dort grundsätzlich kein Interesse an der Änderung des Status Quo gibt. Sie vermissen Transparenz und Kontrolle, die Kommunen könnten Kitagebühren und -ausstattung nach ihren Vorstellungen gestalten, kritisiert Landes-Elternsprecher Danilo Fischbach. Die Elternschaft hoffe, dass Ministerpräsident Dietmar Woidke (SPD) sich einschalte und das Thema Kita-Rechtsreform zur Chefsache mache, sagte Fischbach am Donnerstag in der rbb24 Abendschau.
Linke und AfD kritisieren Ernst
Die Linke im Landtag forderte von allen Beteiligten, an den Verhandlungstisch zurückzukehren. Der Landesregierung warf sie vor, sich nicht ausreichend um die Lösung der Probleme bemüht zu haben: "Dem Ministerium ist es nicht gelungen, strittige Themen in einer professionellen Verhandlungskultur zu bearbeiten", so die bildungspolitische Sprecherin Kathrin Dannenberg (Die Linke). Sie forderte die Landesregierung auf, aus den bisherigen Verhandlungsergebnissen einen Gesetzentwurf zu formulieren und diesen bis Dezember vorzulegen. Nur dieser könne vermeintlich unverhältnismäßige Finanzierungsrisiken belegen. "Keiner weiß, worüber wir eigentlich reden", so die Linken-Politikerin.
Auch die AfD sieht eine Mitschuld bei der Bildungsministerin. Sie lege die Hände in den Schoß und schiebe die Verantwortung auf den Landkreistag. Es sei seit langem absehbar gewesen, dass dieser früher oder später ob der finanziellen Auswirkungen die Reißleine ziehen würde, so der Abgeordnete Volker Nothing (AfD). Die Ministerin habe die Warnungen aber nicht ernst genug genommen.
Ernst verweist auf aktuelle Krisenzeiten
Britta Ernst wies diese Kritik zurück. Die finanziellen Aspekte seien aus ihrer Sicht nicht das Hauptargument gewesen, so hätten es ihr Landkreistag sowie Städte- und Gemeindebund glaubhaft mitgeteilt. Vielmehr seien die Auswirkungen der Krisen der vergangenen zwei Jahre und die ungewisse Perspektive für Kommunen entscheidend gewesen. Die Ministerin kündigte an, dass die Landesregierung auch ohne eine Novelle weitere Verbesserungen im Kita-Bereich vorantreiben wolle.
Im Land Brandenburg werden aktuell rund 183.000 Kinder in über 1.940 Kindertagesstätten und Horten sowie zusätzlich über 4.000 Kinder in Tagespflegeeinrichtungen betreut.
Sendung: Antenne Brandenburg, 19. Mai 2022, 16 Uhr