Landesverfassungsgericht weist AfD-Klage ab - Verfassungsschutz darf weiter über Verdachtsfälle berichten

Fr 20.05.22 | 12:05 Uhr
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Das Schild am Eingang zum Verfassungsgericht des Landes Brandenburg (Quelle: dpa-Zentralbild/ZB | Sophia Kembowski)
Video: rbb24 Brandenburg aktuell | 20.05.2022 | Stephanie Teistler | Bild: dpa-Zentralbild/ZB | Sophia Kembowski

Der Verfassungsschutz darf weiter berichten, sobald er Personen oder Gruppen als Verdachtsfälle einschätzt. Die Brandenburger AfD, selbst ein Verdachtsfall, wollte dies verhindern - ist damit aber vor dem Brandenburger Verfassungsgericht gescheitert.

Das Brandenburger Verfassungsgericht hat am Freitag eine Klage der AfD-Landtagsfraktion gegen die Veröffentlichung von Verdachtsfällen durch den Verfassungsschutz des Landes abgewiesen.

Die Klage richtete sich gegen einen Passus im Verfassungsschutzgesetz. Dieser erlaubt es, dass die Öffentlichkeit über Verdachtsfälle informiert werden kann. Nach Einschätzung der AfD-Fraktion verstößt dieser Gesetzestext sowohl gegen das Grundgesetz als auch die Landesverfassung. Dies sah das Gericht anders und wertete den Passus im Gesetz als verfassungsgemäß.

Die Fraktion befürchtete nach eigenen Angaben, dass im Fall der Unterrichtung der Öffentlichkeit über solche Verdachtsfälle die politische Meinungsbildung zum Nachteil beeinflusst wird, also etwa zum Nachteil der AfD. Hintergrund dieser Klage war, dass die AfD Brandenburg vom Verfassungsschutz des Landes als rechtsextremistischer Verdachtsfall beobachtet wird.

Gesetzesänderung nach einer früheren Entscheidung des Bundesverwaltungsgerichts

Das Bundesverwaltungsgericht hatte im Jahr 2013 entschieden, dass die Berichterstattung über einen Verdachtsfall ohne konkrete Ermächtigungsgrundlage nicht möglich sei. Seit einer gesetzlichen Neufassung von 2015 kann das Bundesamt für Verfassungsschutz die Öffentlichkeit über bestimmte Bestrebungen und Tätigkeiten informieren, soweit hinreichend gewichtige tatsächliche Anhaltspunkte hierfür vorliegen. Der Passus zu eben diesen Anhaltspunkten wurde auch im Brandenburger Verfassungsschutzgesetz ergänzt.

Sendung: rbb24 Inforadio, 20.05.2022, 06:40 Uhr

17 Kommentare

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  1. 17.

    Zitat: "In Deutschland erodiert schleichend das Vertrauen in die Rechtsprechung."

    Nun ja, laut einer anderen aktuellen Umfrage vertrauen 70% der Befragten der Justiz bzw. dem deutschen Rechtssystem. Die Gründe für die Ergebnisse der Studien sind vielfältig und bedürften eine ausführlichen Analyse, um wirklich aussagekräftig zu sein. Aber auffällig ist schon, dass überproportional die Anhänger der AfD und der Die Linke eher wenig Vertrauen hegen.

    https://de.statista.com/statistik/daten/studie/153813/umfrage/allgemeines-vertrauen-in-die-justiz-und-das-rechtssystem/

  2. 16.

    Laut der Berichterstattung dürfte man aber nichts übermäßig Interessantes gefunden haben, so berichtet ARD nur davon, wie radikalisiert manche Verfasser sein sollen, ohne konkrete Namen oder Aussage prominent hervorzustreichen. Weiters berichtet der Sender, dass die Gruppe den Namen “Quasselgruppe” hatte, und Politiker – für die Journalisten schier unglaublich radikale – Aussagen wie die folgende tätigten:

    Wir sind die letzte Chance, die dieses Land hat, und das meine ich bitter ernst!!!

  3. 15.

    Zumindest haben die Parteien haben schon länger ein Glaubwürdigkeitsproblem. Jetzt ist auch die Justiz von dem Vertrauensverlust betroffen.

    In Deutschland erodiert schleichend das Vertrauen in die Rechtsprechung. Nur noch 55 Prozent der wahlberechtigten Deutschen haben großes oder sehr großes Vertrauen in die Arbeit von Justiz und Gerichten. Dies geht aus einer repräsentativen Umfrage des Berliner Meinungsforschungsinstituts pollytix hervor, die t-online.de vorliegt.

    Und die Hälfte hat keinen Bock mehr auf Wahlen.

  4. 14.

    Nun scheinen ja die unabhängigen Gerichte das genau wie der VS zu sehen.
    Oder wollen Sie auch den Gerichten unterstellen vom Kanzleramt gesteuert zu sein?

  5. 13.

    Volkram:
    "Wenn ich sehe, was im Bundestag abgeht, dann müsste der gesamte Bundestag unter Beobachtung stehen und sogar endlich irgendjemand mal einschreiten."

    Warum? Haben Sie Erkenntnisse über verfassungsfeindliche Bestrebungen? Bitte konkret!
    Oder sind das nur wüste Beschimpfungen ohne sachliche Grundlage?

  6. 12.

    Wenn man sich die Zensur und die freigeschalteten "Kommentare" ansieht, dann täte der RBB gut daran die Verfassungstreue seiner eigenen Mitarbeiter zu überprüfen. Ich werde das anregen.

  7. 11.

    "Und jeder Verdachtsfall landet ja auch nicht gleich in Guantanamo." Aber Vorsicht ist die Mutter der Porzellankiste. Tesla-Chef Elon Musk schätzt 20 % Fake Accounts bei Twitter. Manche Experten sagen, ein Grund dafür ist die Furcht vor beruflichen und anderen Nachteilen bei solchen "Meldepflicht" Bemüungen und sie wollen deshalb lieber anonym bleiben.

  8. 10.

    Apropos Horizont. Sollten Sie mal erweitern! https://www.tagesschau.de/investigativ/ndr-wdr/afd-bundestagsfraktion-chats-101.html

    Der braune Haufen gehört nicht beobachtet, sondern umgehend verboten.

  9. 9.

    " So ist das halt in Deutschland." Ja, ab und an wird bürgerfreundlich entschieden. Ich als Bürger möchte nämlich darüber informiert werden wenn eine rechtsextreme, verfassungs- und demokratiefeindliche Organisation weiter daran "arbeitet" unsere Demokratie und unseren Rechtsstaat zu unterwühlen.

    Außerden, wie heißt es immer so schön? Wenn man nichts zu verbergen hat... ?

  10. 8.

    @Michel: So ist das in jedem Rechtsstaat dieser Erde.
    Ohne rechtliche Grundlage keine staatliche Handlung.
    Und warum? Damit das staatliche Handeln durch Gerichte überprüft werden kann.

    -Zum Thema-
    Ja, liebe sogenannte "AfD": Wahrheit tut manchmal richtig weh.
    Und die Beamten und Soldaten mit einem Parteibuch der sogenannten "AfD" sollten so langsam mal überlegen, wie das mit ihrem Eid zu verbinden ist.

  11. 7.

    " So ist das halt in Deutschland." Ja, ab und an wird bürgerfreundlich entschieden. Ich als Bürger möchte nämlich darüber informiert werden wenn eine rechtsextreme, verfassungs- und demokratiefeindliche Organisation weiter daran "arbeitet" unsere Demokratie und unseren Rechtsstaat zu unterwühlen.

    Außerden, wie heißt es immer so schön? Wenn man nichts zu verbergen hat... ?

  12. 6.

    Ihnen und Kommentator *4 muss man zustimmen, ob man will oder nicht, wenn man den Ereignishorizont noch wahrnehmen kann.

  13. 5.

    Es betrifft ja nicht nur die AfD. Zumindest theoretisch könnte es eine "schwarze Liste" geben, in der jeder Bürger nachlesen könnte wer in seinem Umfeld ein Verdachtsfall ist. Muss dann ja auch kein Rechter oder Linker sein. Und jeder Verdachtsfall landet ja auch nicht gleich in Guantanamo.

  14. 4.

    Sie reden ja nicht von Informationen sondern von Denunziation. Einer Behörde die dem Bundeskanzerlamt und damit einem politischen Konkurrenten der AfD unterstellt ist. Wir haben ja bereits erlebt, was mit Leitern dieser Behörde passiert, wenn sie den politischen "Erwartungen" nicht gerecht werden. Wir haben das in Berlin bei Staatsanwälten erlebt, wir erleben es bei Opernsängerinnen, Dirigenten, Sportlern, Künstlern, Jacht und Kontobesitzern oder bei Altkanzlern usw usw
    Das alles hat nichts mehr mit dem zutun, das wir vorgeben sein zu wollen.
    Wir kungeln mit Kriegsverbrechern die für Millionen von Toten verantwortlich sind und liefern jene an sie aus, die diese Kriegsverbrechen aufgedeckt haben. Ich verstehe nicht, warum manche Menschen die Wahrnehmung dieser für jeder mann offenkundigen Tatsachen verweigern.

  15. 3.

    Wenn ich sehe, was im Bundestag abgeht, dann müsste der gesamte Bundestag unter Beobachtung stehen und sogar endlich irgendjemand mal einschreiten.

  16. 2.

    "Das Bundesverwaltungsgericht hatte im Jahr 2013 entschieden, dass die Berichterstattung über einen Verdachtsfall ohne konkrete Ermächtigungsgrundlage nicht möglich sei. Seit einer gesetzlichen Neufassung ..." So ist das halt in Deutschland.

  17. 1.

    Die Fraktion befürchtet, dass im Fall der Unterrichtung der Öffentlichkeit über solche Verdachtsfälle die politische Meinungsbildung zum Nachteil beeinflusst wird"
    Informationen sind halt immer schlecht, insbesondere für Leute, die so gerne betonen, sie würden sich ihre eigene Meinung bilden wollen. Und wer braUcht dazu schon Informationen.

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