Begleitet von großem Polizeiaufgebot - Demonstranten erinnern in Berlin an Weltkriegsende aus russischer Sicht

Offizielle Vertreter Russlands und Mitglieder der russischen Community haben am Montag an den Sieg über Nazi-Deutschland erinnert. Die größte Veranstaltung fand am Ehrenmal am Brandenburger Tor statt. Nur wenige "Nachtwölfe" kamen in Berlin an.
Mit Kranzniederlegungen und Kundgebungen ist am Montag in Berlin an das Ende des Zweiten Weltkrieges in Europa vor 77 Jahren erinnert worden.
Hunderte Menschen beteiligten sich an den verschiedenen Gedenkveranstaltungen. Rund 1.800 Polizistinnen und Polizisten waren demnach im Stadtgebiet unterwegs. Besondere Vorkommnisse gab es demnach im Tagesverlauf nicht.
Größte Veranstaltung am Sowjetischen Ehrenmal
Die größte Veranstaltung war laut einer Polizeisprecherin eine Demonstration unter dem Motto "Rotarmisten-Gedächtnis-Aufzug zum Gedenken an die gefallenen sowjetischen Soldaten während des Zweiten Weltkriegs" am Sowjetischen Ehrenmal am Brandenburger Tor.
An dieser Veranstaltung nahmen mit in der Spitze 500 Teilnehmenden der Sprecherin zufolge "wesentlich weniger" Menschen als erwartet teil. Angemeldet waren im Vorfeld bis zu 1.300 Teilnehmer. Beamte hätten nur vereinzelt bei verbalen Provokationen einschreiten müsse, hieß es.
Nur wenige "Nachtwölfe" in Berlin angekommen
An der Demonstration wollten laut Polizei auch Mitglieder der Rockergruppe "Nachtwölfe" teilnehmen. Statt der erwarteten 150 Personen, die am Vormittag von Frankfurt am Main aus nach Berlin fahren wollten, seien etwa 50 bis an die Stadtgrenze gekommen. Diese seien dort kontrolliert worden, sagte eine Polizeisprecherin am Abend. Eine Vielzahl der Motorräder sei dabei aus dem Verkehr gezogen worden, hieß es weiter.
19 Mitglieder der "Nachtwölfe" sind schließlich laut Polizei in die Stadt zur Straße des 17. Juni weitergereist. Dort wurden sie demnach von Polizisten jeweils zu Fuß in kleinen Gruppen zum Ehrenmal geleitet. Bereits am Vormittag waren dort einige Mitglieder mit Helm, aber ohne Motorrad an dem Ehrenmal zu sehen
Im gesamten Stadtgebiet habe die Polizei im Laufe des Tages 52 Motorräder überprüft, die mit den "Nachtwölfen" in Verbindung ständen. Die Gruppe gilt als Unterstützer des russischen Präsidenten Wladimir Putin.
Russischer Botschafter legt Kränze nieder
Im Treptower Park kamen am Morgen etwa 200 Menschen zusammen. Dabei wurden auch russische Fahnen geschwenkt. Gäste der Delegation durften diese tragen, wie die Polizei betonte. Nach dem Veranstaltungsende seien die Fahnen wieder heruntergenommen worden. Ein weiteres Gedenken mit rund 500 Menschen fand am Sowjetischen Ehrenmal in Tiergarten statt. Viele von ihnen trugen rote Blumen und erinnerten mit Schwarz-Weiß-Fotos an gefallene Soldaten. Der russische Botschafter Sergej Jurjewitsch Netschaje legte an beiden sowjetischen Ehrenmälern Kränze nieder.
Währenddessen versammelten sich Veteranen der Sowjetarmee und ihre Familienangehörigen zu einer Demonstration am Brandenburger Tor. Die Polizei forderte die Teilnehmenden auf, sowjetische und vor allem russische Symbolik nicht zu zeigen.
Demonstrationen unter Auflagen
Zudem waren für Montag Dutzende weitere, kleinere und größere Gedenkveranstaltungen in Berlin angemeldet worden. Sie hatten laut Polizei geringe Teilnehmerzahlen - oft nur im zweistelligen Bereich.
Mehrere Dutzend Menschen waren am Tiergarten unterwegs, vereinzelt habe die Polizei "zurückhaltend eingegriffen", wenn sich Menschen gestritten hätten, hieß es. Am Treptower Park versammelten sich beispielsweise mehrere Dutzend Menschen, die der Reichsbürger-Szene zugeordnet werden.
Am 9. Mai feiert Russland traditionell den sowjetischen Sieg über Nazi-Deutschland. In Deutschland ist der 8. Mai der Gedenktag, auf diesen Tag hatten sich auch die Gedenkveranstaltungen der Ukrainer in der Hauptstadt konzentriert. Botschafter Andrij Melnyk und Veteranen der ukrainischen Armee hatten die Gedenkstätte am Brandenburger Tor entsprechend bereits am Sonntag besucht.
Die Polizei hatte für Sonntag und Montag mehrere Auflagen für 15 Gedenkstätten und Mahnmale erlassen. Dazu gehört etwa die umstrittene Auflage, dass auf dem jeweiligen Gelände oder in der Nähe weder russische noch ukrainische Fahnen gezeigt werden dürfen. Für Mitglieder von Delegationen und Veteranen gilt dieses Verbot allerdings nicht.
Ebenso sind Uniformen oder Uniformteile - auch in abgewandelten Formen - sowie Marsch- oder Militärlieder verboten. Untersagt ist außerdem das Z-Symbol. Der Buchstabe wird von Befürwortern des Krieges genutzt und steht für "za pobedu" ("Für den Sieg").
Für eine kleine Versammlung am Montagabend vor dem Deutsch-Russischen Museum in Berlin Karlshorst ließ das Berliner Verwaltungsgericht aber kurzfristig ukrainische Fahnen und Militärlieder zu. Wie eine Gerichtssprecherin kurz vor der Veranstaltung mitteilte, hat sich der Anmelder damit erfolgreich gegen das Verbot gewehrt. Das Oberverwaltungsgericht hat die Entscheidung des Verwaltungsgerichts am späten Montagabend dann allerdings wieder gekippt.
Polizei griff am Sonntag mehrfach ein
Am Sonntag hatte die Polizei bei Gedenkveranstaltungen in Berlin mehrfach eingegriffen, unter anderem beim Entrollen einer etwa 25 Meter langen Ukraine-Fahne. Die Ukraine kritisierte das Verbot. Berlin habe damit "einen Fehler gemacht", teilte Außenminister Dmytro Kuleba mit. Es sei falsch, ukrainische Fahnen ebenso zu behandeln wie russische Symbole.
Polizeipräsidentin Barbara Slowik verteidigte die Entscheidung. Sie sei notwendig gewesen, um ein würdiges Gedenken zu gewährleisten und Auseinandersetzungen zu vermeiden. Im Vorfeld hatten die Sicherheitsbehörden angesichts des russischen Angriffskrieges auf die Ukraine von einer "sehr sensiblen Gefährdungslage" gesprochen.
Sendung: rbb24 Abendschau, 09.05.2022, 19:30 Uhr