Berliner Polizeibilanz zum 8. und 9. Mai - Slowik: Ohne Fahnenverbot hätte es deutlich mehr Auseinandersetzungen gegeben

Di 10.05.22 | 15:30 Uhr
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Polizeibeamte beobachten das Geschehen am Ehrenmal an der Straße des 17. Juni. (Quelle: dpa/Paul Zinken)
Video: rbb24 Spätausgabe | 10.05.2022 | Bild: dpa/Paul Zinken

Das Berliner Verbot sowjetischer, russischer und ukrainischer Fahnen an bestimmten Gedenkorten ist umstritten. Allerdings habe es ein friedliches Gedenken an das Ende des Zweiten Weltkriegs ermöglicht, argumentiert Polizeipräsidentin Slowik im rbb.

Die Berliner Polizeipräsidentin Barbara Slowik hat ein positives Fazit der Einsätze zum Gedenken an das Ende des Zweiten Weltkriegs gezogen. Zugleich verteidigte sie am Montagabend im rbb das Vorgehen der Polizeikräfte am 8. und 9. Mai und auch das umstrittene Fahnenverbot an bestimmten Orten.

Es sei das Ziel der Polizei gewesen, ein würdiges Gedenken an die Kriegsopfer zu ermöglichen, so Slowik. Gleichzeitig sollte ein Verherrlichen des aktuellen russischen Angriffskriegs verhindert werden. Vor diesem Hintergrund habe man sich entschieden, rund um die Ehrenmäler etwa Fahnen und Uniformen zu verbieten.

"Einschreiten der Kollegen war verhältnismäßig"

Am Sonntag und Montag hätten rund 2.500 Menschen "ganz überwiegend friedlich und würdevoll der Kriegsopfer gedacht". Ohne diese Regelungen hätte es deutlich mehr Auseinandersetzungen gegeben, betonte Slowik. Das Einschreiten der Kollegen sei daher verhältnismäßig gewesen. Slowik sagte, es sei schmerzhaft und bedauerlich, dass es der Putin-treuen Rockergruppe "Nachtwölfe" trotzdem gelungen sei, sich mit einer russischen Fahne zu zeigen.

Die Polizeipräsidentin war selbst rund um das Brandenburger Tor vor Ort. "Ich wollte mir ein eigenes Bild vom Ablauf machen", sagte Slowik. Im Vorfeld hatten die Sicherheitsbehörden angesichts des russischen Angriffskrieges auf die Ukraine von einer "sehr sensiblen Gefährdungslage" gesprochen.

Auch Giffey und Spranger verteidigen Fahnenverbot

Auch Berlins Regierende Bürgermeisterin Franziska Giffey (SPD) verteidigte die Entscheidung der Polizei zum vorübergehenden Fahnenverbot. Giffey sagte am Dienstag nach der Sitzung des Senats, das Ziel sei gewesen, ein würdiges Gedenken an das Ende des Zweiten Weltkriegs zu ermöglichen. "Das hat nichts mit Gleichbehandlung zu tun." Es gebe keinen Zweifel, auf welcher Seite Berlin stehe, nämlich auf der der Ukraine, so die SPD-Politikerin.

Innensenatorin Iris Spranger (SPD) ergänzte, die Strategie habe darin bestanden, das Aufeinandertreffen rivalisierender Gruppen an den Ehrenmalen zu verhindern und Auseinandersetzungen zu vermeiden. Außerdem seien russische und ukrainische Fahnen nicht generell in Berlin untersagt worden, sondern nur an den 15 Orten des Gedenkens, die besonders geschützt werden sollten. "Die ukrainische Botschaft wurde rechtzeitig vorher informiert", betonte Spranger, die darauf hinwies, dass das Verbot außerdem nicht für Diplomaten und Veteranen des Weltkriegs gegolten habe.

Spranger zog so wie Slowik eine insgesamt positive Bilanz: "Die Strategie der Polizei ist aufgegangen", sagte sie. "Ein friedliches Gedenken an das Ende des Nationalsozialismus konnte stattfinden."

Oberverwaltungsgericht: Fahnen-Regelung hat Bestand

Am Sonntag und Montag war mit Kranzniederlegungen, Kundgebungen und Demonstrationen in Berlin an das Ende des Zweiten Weltkrieges in Europa vor 77 Jahren erinnert worden. Besonders an den sowjetischen Ehrenmälern in Treptow und in Tiergarten hatten sich zahlreiche Menschen versammelt. Bis zu 1.800 Polizistinnen und Polizisten waren an beiden Tagen nach Behördenangaben im Stadtgebiet unterwegs.

Die Polizei hatte an 15 Gedenkstätten russische und ukrainische Fahnen, Uniformen sowie Marsch- und Militärlieder verboten, das Verbot galt aber nicht für Diplomaten und Veteranen des Weltkriegs. Am Sonntag hatte die Polizei bei Gedenkveranstaltungen in Berlin mehrfach eingegriffen, unter anderem beim Entrollen einer etwa 25 Meter langen Ukraine-Fahne.

Die Ukraine kritisierte das Verbot am Montag. Berlin habe damit "einen Fehler gemacht", teilte Außenminister Dmytro Kuleba mit. Der Berliner CDU-Generalsekretär Stefan Evers kündigte eine Klage gegen das Fahnenverbot beim Berliner Verwaltungsgericht an.

Das Oberverwaltungsgericht stellte am Montagabend klar, dass die Fahnen-Regelungen der Allgemeinverfügung der Polizei weiterhin gelten. Wegen der Eilbedürftigkeit der Sache sei die Entscheidung zunächst ohne schriftliche Begründung ergangen, hieß es. Der Beschluss ist unanfechtbar. Zuvor hatte das Verwaltungsgericht russische, sowjetische und ukrainische Fahnen für eine kleinere Gedenkveranstaltung am Abend vor dem Museum Berlin-Karlshorst (ehemals Deutsch-Russisches Museum) genehmigt.

Letztlich gelangten 19 "Nachtwölfe" auf die Straße des 17. Juni

Parallel zu den Gedenkveranstaltungen demonstrierten im Tagesverlauf auch Demonstranten gegen den Angriff Russlands auf die Ukraine. Ein paar Dutzend Menschen waren etwa im Bereich Tiergarten zu beobachten. Einsatzleiter Stephan Katte sagte am Montagnachmittag, es habe keine größeren Störungen gegeben. Vereinzelt habe die Polizei "zurückhaltend eingegriffen", wenn sich Menschen bei den Veranstaltungen gestritten hätten.

Angekündigt hatte sich unter anderen auch eine größere pro-russische Demonstration an dem zweiten Sowjetischen Ehrenmal nahe dem Brandenburger Tor. Daran wollten laut Polizei Mitglieder der Rockergruppe "Nachtwölfe" teilnehmen. Die Gruppe gilt als Unterstützerin des russischen Präsidenten Wladimir Putin.

Statt der erwarteten 150 Mitglieder kamen laut Polizei etwa 50 bis an die Stadtgrenze. Diese seien dort kontrolliert worden, sagte eine Polizeisprecherin am Abend. "Eine Vielzahl der Gefährte wurde aus dem Verkehr gezogen." 19 Mitglieder der "Nachtwölfe" seien schließlich in die Stadt zur Straße des 17. Juni weitergereist. Dort wurden sie nach Angaben der Sprecherin von Polizisten jeweils zu Fuß in kleinen Gruppen zum Ehrenmal geleitet.

Sendung: rbb24 Inforadio, 10. Mai 2022, 7 Uhr

7 Kommentare

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  1. 7.

    "Polizeipräsidentin Barbara Slowik verteidigte die Entscheidung."
    Quelle: Sendung: rbb24 Abendschau, 09.05.2022, 19:30 Uhr
    https://www.rbb24.de/politik/beitrag/2022/05/demonstrationen-zweiter-weltkrieg-berlin-montag-9-mai.html
    Heute die Kehrtwende - kann man das noch Ernst nehmen?

  2. 6.

    Die Freiheit Demonstrationen abzuhalten, ist im Deutschen Recht verankert. Und die sich in Deutschland befindlichen russischen Gäste oder Russlanddeutschen mit dt. Pass, die pro Russland/Putin demonstrieren wollen, dürfen dies auch nach wie vor tun, Herr/Frau "MIR".

  3. 5.

    Auch wenn ich sonst kein großer Fan von Slowik und co. bin: Wer unbedingt sein Wille zum Frieden zeigen will (eine sehr gute Idee!) kann ja auch eine Friedensfahne zeigen und braucht dafür keine Ukraine-Fahne...

  4. 4.

    Mich erschrickt das Auftreten derer, die uns als Gastland genießen. Nun nicht mehr Herr Botschafter alleine, sondern eine breitere Masse derer, die Gastfreundschaft genießen und ein Auftreten zeigen, dass ich keinesfalls gut heiße. Dazu passt, dass gerade in den 16 Uhr Nachrichten gebracht wurde, Demo vor dem Roten Rathaus. Die Regierende wurde lauthals heraus gerufen, weil man ihr erklären möchte, ukrainische Fahnen untersagen ginge nicht. Leider gilt in Deutschland noch dt. Recht.

  5. 3.

    Erst kommen statt der erwarteten 150 nur ganze 50 „Nachtwölfe“ (vielleicht war‘s ihnen tagsüber einfach zu hell?) und dann werden den meisten von ihnen auch noch die Maschinen stillgelegt, so dass am Ende nur noch ganze 19 von ihnen in kleinen Grüppchen von der Polizei zum Ehrenmal begleitet werden – ihren „großen Auftritt“ in der Hauptstadt am „Tag des Sieges“ dürften die Herren sich wohl doch ein bisschen anders vorgestellt haben … Ein großes Lob an die Berliner Polizei, die diese „bösen Wölfe“ im Handundrehen gezähmt hat!

    Wer auch nach dem Lesen dieses Artikels immer noch nicht verstanden hat, warum das Verbot des Zeigens von Flaggen ein gute Entscheidung war … wird das wohl auch nicht mehr tun. Aber es muss ja nun auch nicht immer jede:r alles verstehen …

  6. 2.

    Dort wurden sie nach Angaben der Sprecherin von Polizisten jeweils zu Fuß in kleinen Gruppen zum Ehrenmal geleitet.
    Ich hätte denen Tretroller oder Dreiräder, natürlich ohne Motor, als Alternative angeboten um ans Ziel zu gelangen.
    Ansonsten muß ich die Polizei loben, sie hatten eine gute Arbeit gemacht und dadurch für eine friedliche Gedenkfeier gesorgt.

  7. 1.

    Es wäre wünschenswert, wenn die Polizeipräsidentin nicht in Polizeiuniform auftreten würde, da sie keine entsprechende Ausbildung hat und das Erscheinungsbild der Polizei sonst verwässert wird!

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