rbb exklusiv - Berliner Senat hält Volksbegehren für autofreie Innenstadt für unzulässig

Nahezu den gesamten privaten Autoverkehr will ein geplantes Volksbegehren innerhalb des Berliner S-Bahn-Rings lahmlegen. Die Innenverwaltung hält das nicht für mit dem Grundgesetz und der Berliner Verfassung vereinbar, wie der rbb erfuhr.
Das geplante Volksbegehren für eine autofreie Innenstadt ist nach Ansicht des Berliner Senats unzulässig. Es verstoße gegen das Grundgesetz und sei auch nicht mit der Verfassung von Berlin zu vereinbaren, heißt es in einer Stellungnahme der Innenverwaltung, die dem rbb exklusiv vorliegt.
Demnach sei der Gesetzentwurf unverhältnismäßig, mit dem der private Autoverkehr im gesamten Innenstadtbereich innerhalb des S-Bahn-Ringes verboten werden solle, erklärte die stellvertretende Sprecherin der Innenverwaltung, Sylvia Schwab. Autofahrten innerhalb des sogenannten "Hundekopfes" nur noch in Ausnahmefällen zuzulassen sei mit der allgemeinen Handlungsfreiheit unvereinbar.
Jarasch: Probleme werden in Randbereiche verlagert
Das Bündnis "Volksentscheid Berlin autofrei" möchte, dass nahezu alle Straßen innerhalb des S-Bahn-Rings zu autoreduzierten Bereichen erklärt werden. Dagegen hatte sich zuvor schon Verkehrssenatorin Bettina Jarasch (Grüne) ausgesprochen.
Jarasch begründet ihren Widerstand damit, dass durch eine autofreie Innenstadt die Verkehrs-Probleme in die Randbereiche verlagert würden. Schon vor dem Jahr 2030 würden allerdings keine Verbrennerfahrzeuge mehr in der Innenstadt unterwegs sein, so Jarasch.
Nach der Stellungnahme der Innenverwaltung gegen das Volksbegehren wird nun die Verkehrsverwaltung einen Beschlussvorschlag vorbereiten. Der Senat muss innerhalb der kommenden zwei Wochen seinen Standpunkt zum Volksbegehren festlegen.
Initiative reagiert mit scharfer Kritik
Das Bündnis "Volksentscheid Berlin autofrei" reagierte empört: "Unser Gesetz ist nicht nur verhältnismäßig, sondern auch dringend notwendig", sagt der Sprecher der Initiative, Benni Wasmer, dem rbb. Es sei "von erfahrenen Jurist:innen erarbeitet, geprüft und verbessert" worden. Das Bündnis wirft seinerseits dem Senat vor, die Verkehrswende "auszubremsen" und will das Volksbegehren gerichtlich prüfen lassen.
Dieser Weg wird sowieso beschritten, denn nach einem Senatsbeschluss gegen die Rechtmäßigkeit des Volksbegehrens voraussichtlich am kommenden Dienstag wird sich der Berliner Verfassungsgerichthof mit dem Thema beschäftigen müssen.
Die AfD-Fraktion begrüßt dagegen die Einschätzung der Innenverwaltung. Eine autofreie Innenstadt würde die "Noch-Weltstadt Berlin zum verschnarchten Lastenrad-Biedermeier" machen, sagt AfD-Verkehrsexperte Harald Laatsch. Die FDP-Fraktion bedauert hingegen, dass der Streit um weniger Verkehr innerhalb des S-Bahn-Rings nun juristisch weitergeführt wird. "Die Rolle des Autos im Berliner Verkehr muss politisch entschieden werden", betonte der FDP-Verkehrspolitiker Felix Reifschneider.
Sendung: rbb24 Inforadio, 10.05.2022, 09:20 Uhr