Bundesparteitag - Chrupalla und Weidel führen AfD künftig als Doppelspitze

Tino Chrupalla und Alice Weidel sind auf dem AfD-Bundesparteitag im sächsischen Riesa zur neuen Doppelspitze gewählt worden. Norbert Kleinwächter aus Brandenburg scheiterte zwar mit seinem Vorstoß, allerdings weniger deutlich als erwartet.
Tino Chrupalla und Alice Weidel sind auf dem Bundesparteitag der AfD im sächsischen Riesa zu neuen Vorsitzenden ihrer Partei gewählt worden. Chrupalla setzte sich am Samstag mit 53,45 Prozent der Stimmen gegen den einzigen Gegenkandidaten, den Brandenburger Bundestagsabgeordneten Norbert Kleinwächter, durch. Für Kleinwächter votierten 36,31 Prozent der Delegierten.
Weidel wurde mit 67,3 Prozent der Stimmen zur zweiten, gleichberechtigten Bundessprecherin gewählt. Sie setzte sich gegen den Berliner Nicolaus Fest durch, er war ebenfalls der einzige Gegenkandidat.
Fest wurde AfD-Bashing vorgeworfen
Fest, mittlerweile EU-Abgeordneter der Fraktion "Identität und Demokratie", ging in seiner Rede hart mit der AfD ins Gericht. Programmatisch habe die Partei zwar keine Fehler gemacht, so Fest, und sei inhaltlich exzellent aufgestellt. Dennoch verliere sie an Relevanz und werde kaum zur Kenntnis genommen. Der Grund: "Eine Kabale auf unterstem Niveau. Putinisten gegen Transatlantiker, Flügelaner gegen Meuthianer, Zeltpinkler gegen Jogginghose. Ein dauerndes Gehacke und Gehetze." Dieser Zustand herrsche Tag für Tag. Die Wähler seien deshalb frustriert und wendeten sich ab.
Der Applaus für die Bewerbungsrede des Politikers fiel mäßig aus. Eine Frage aus dem Publikum warf Fest AfD-Bashing vor. Ein weiterer Fragesteller kritisierte, dass der frühere Vizechefredakteur der "Bild am Sonntag" zuletzt im Januar den verstorbenen Präsidenten des EU-Parlaments, David Sassoli, in einer Wahtsapp-Chat-Gruppe beleidig hatte: "Endlich ist dieses Dreckschwein weg", soll Fest geschrieben haben. Das dürfe kein Stil in einer Partei werden, die sich bürgerlich zeigen will, so der Fragesteller. Fest hingegen betonte, er habe sich sofort für diese Beleidigung entschuldigt.
Des Weiteren sprach sich Fest in seiner Bewerbungsrede für eine differenziertere Haltung der Partei zum russischen Angriffskrieg gegen die Ukraine und zum Umgang mit den Corona-Pandemie aus. Fest fiel letztlich mit 20,8 Prozent der Stimmen durch und musste Weidel den Vortritt lassen.
Fortsetzung der Doppelspitze
Vor der Wahl hatten sich die Delegierten dafür entschieden, für weitere zwei Jahre eine Doppelspitze beizubehalten. Chrupalla führt mit Weidel bereits die Bundestagsfraktion an. Der 47-Jährige hatte der Partei seit dem Rückzug des ehemaligen Co-Chefs Jörg Meuthen allein vorgestanden.
Die Delegierten hatten am Freitag zwar die Satzung der AfD geändert, so dass künftig theoretisch auch eine Einzelspitze möglich ist. Der Thüringer Landesschef und Partei-Rechtsaußen Björn Höcke hatte sich dafür stark gemacht. Der Parteitag stimmte aber am Samstag dafür, es dieses Mal noch bei einer Doppelspitze zu belassen.
Stimmenverluste bei Wahlen in jüngster Zeit
Auf dem Delegiertentreffen, das noch bis Sonntag dauert, wird der gesamte, zuletzt 13-köpfige Bundesvorstand neu besetzt. Damit wird auch über den künftigen Kurs der AfD entschieden - je nachdem, wie viele Vertreter der jeweiligen Parteiströmung sich einen Posten in dem Gremium sichern können.
Chrupalla steht seit November 2019 an der Spitze. Bei seiner ersten Wahl hatte er 54,5 Prozent der Stimmen geholt. Der Handwerksmeister aus Sachsen führte die AfD nach dem Weggang von Ex-Co-Chef Jörg Meuthen zuletzt alleine.
Meuthen hatte der AfD einen zunehmend radikalen Kurs bescheinigt. Der Verfassungsschutz hat die Partei als rechtsextremistischen Verdachtsfall eingestuft. Parteiinterne Kritiker, die sich selbst dem gemäßigten Lager zurechnen, hatten nach den jüngsten Stimmenverlusten bei mehreren Landtagswahlen den Parteichef offen angegriffen und ihm unter anderem vorgeworfen, im Westen nicht punkten zu können. Man müsse "weg von der Wutbürgerpartei". Sie kritisieren Chrupallas Kurs auch als zu russlandfreundlich und bringen Parteiaustritte damit in Verbindung.
Kleinwächter mit Achtungserfolg
Chrupallas Gegenkandidat Kleinwächter sagte in seiner Bewerbungsrede, "wir müssen aus dem Tief, in dem wir sind, dringend rauskommen". Er sprach sich für Professionalisierung, Einigkeit, Disziplin und einen neuen Stil in der Kommunikation nach außen aus und pochte auf einen "liberal-konservativen" Kurs der AfD. "Wir vertreten eigentlich die Mehrheit der Bevölkerung in unserem Land. Sie weiß es nur nicht und wir müssen sie darüber informieren." Als Vertreter der gemäßigten Strömung erzielte er auf dem Parteitag einen Achtungserfolg.
Chrupalla warb für Abgrenzung zu Union und FDP. "Wir wollen CDU und FDP überflüssig machen", sagte er. CDU-Parteichef Friedrich Merz sei ein "grüner Wolf im schwarzen Schafspelz." Die AfD mache nicht mit bei "Impfpflicht, Krieg und offenen Grenzen". Der 47-Jährige will die AfD in den kommenden zwei Jahren nach eigenen Angaben auf einen "freiheitlich-sozialen" Kurs führen.
Sendung: rbb24 Inforadio, 18.06.2022, 12 Uhr