Berliner Abgeordnetenhaus - Alexander Oerke stellt sich zur Wahl als Bürger- und Polizeibeauftragter

Do 09.06.22 | 12:33 Uhr | Von Annette Miersch
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Symbolbild: Ein Polizist steht während einer Pressekonferenz am Kottbusser Tor. (Quelle: dpa/C. Gateau)
Audio: Inforadio | 09.06.2022 | Anette Miersch | Bild: dpa/C. Gateau

Am Donnerstagabend wird sich entscheiden, ob der Richter Alexander Oerke Berlins erster Bürger- und Polizeibeauftragter wird. Nicht alle Fraktionen sind von der Notwendigkeit einer solchen unabhängigen Vermittler-Position überzeugt. Von Annette Miersch

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Noch ist Alexander Oerke weitgehend unbekannt in Berlin. Der promovierte Jurist arbeitet seit 2004 als Richter am Oberverwaltungsgericht Berlin-Brandenburg. Dort ist er unter anderem für Polizei-, Versammlungs- und Asylrecht zuständig.

Am Donnerstagabend entscheidet nun das Berliner Abgeordnetenhaus, ob Oerke künftig auch der erste Berliner Bürger- und Polizeibeauftragter wird. Als solcher soll er unabhängig sein, zwischen Bürgern und Polizisten vermitteln, aber auch polizeiinternen Beschwerden nachgehen – ein zentrales innenpolitisches Anliegen der rot-rot-grünen Koalition.

Für die Position als unabhängiger Bürger- und Polizeibeauftragter habe er sich selbst ins Spiel gebracht, indem er sich bei den Koalitionsfraktionen gemeldet hat, erklärt der innenpolitische Sprecher der Grünen im Abgeordnetenhaus, Vasili Franco. "Er hat persönlich bei uns in der Fraktion überzeugt, weil er natürlich gesagt hat, ihm ist diese Unabhängigkeit dieser Stelle sehr wichtig." Oerke wolle sich gewissenhaft mit allen Beschwerden, beschäftigen und habe versichert, "dass er selbstverständlich in Fällen von Diskriminierungen von Rassismus klar dagegen vorgehen wird".

Neutralität und Offenheit wird Oerke bescheinigt

Bei der Vorstellungsrunde habe Oerke mit Fachkompetenz und Berufserfahrung gepunktet: "Herr Oerke wird ein guter und neutraler Vermittler sein, zwischen Polizei, zwischen den Behörden und den Betroffenen – dann letztendlich geht es ja auch darum, miteinander zu reden", so Franco.

Dafür bringe Alexander Oerke das nötige Rüstzeug mit, stiftet SPD-Kollege Tom Schreiber bei und hofft bei der Wahl auf eine breite Zustimmung für ihn über die Regierungsfraktionen hinaus. Die Chancen stehen nicht schlecht.

Mit Neutralität und Offenheit habe Oerke auch die AfD Fraktion beeindruckt, sagt deren innenpolitischer Sprecher Karsten Woldeit. Zwar könne die Möglichkeit anonymer Beschwerden künftig unter Umständen ein Klima fördern, in dem Denunziation gedeiht. Wichtiger aber sei, dass die Behörde auch ein offenes Ohr für alle Polizistinnen und Polizisten haben. "Weil es auch eine Institution darstellt, wo man sich ohne Einhaltung des Dienstweges unmittelbar an ihn wenden kann, wenn irgendetwas innerhalb der Polizeibehörde falsch läuft. Das haben wir in der Vergangenheit gesehen bei der Schießstätten-Affäre. Wir sehen das aktuell beim versuchten Remonstrationsrecht im Rahmen von Demonstrationen. Also eine Notwendigkeit für die Polizeibeauftragten ist durchaus da."

Kritik kommt von der CDU

Das sieht die CDU komplett anders. Die neue Funktion und Institution würde nur mehr Misstrauen gegen die Polizei schüren, kritisiert ihr innenpolitischer Sprecher Frank Balzer: "Die CDU-Fraktion lehnt die Einrichtung eines Polizeibeauftragten unabhängig von der Person ab. Wir sind der Meinung, wir brauchen keine zusätzliche Kontrollinstanz gegenüber der Polizei Berlin." Es gebe schon ausreichend viele Kontrollen Beschwerdemöglichkeiten, so Balzer weiter.

Alexander Oerke selbst möchte sich vor der Wahl nicht persönlich äußern. Privat ist noch wenig über ihn bekannt. Geboren 1961 in Hannover kam er Ende der 1980er-Jahre nach Berlin. Oerke ist verheiratet, hat drei Kinder und ist parteilos.

Sendung: rbb24 Inforadio, 09.06.2022, 09:10 Uhr

Beitrag von Annette Miersch

10 Kommentare

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  1. 10.

    Die Linke ist hier nicht mein Thema, Dagmar. Mir ging's darum, den reflexhaft hervorgebrachten und haltlosen Vorwurf der CDU, dass ein Bürger- und Polizeibeauftragter die Berliner Polizei in Gesamtheit unter Generalverdacht gestellt würde, zu kritisieren.

  2. 9.

    Da bin ich ganz bei Ihnen!
    Erst einmal wäre es traumhaft, wenn wieder genug Personal da wäre, wenn Soft- und Hardware funktionieren würden, man ein Funkgerät hätte, das überall eine Verbindung hat und jeder regelmäßig zum Schießtraining könnte.
    Und irgendwie beißt sich das Ganze auch erheblich mit der Gewaltenteilung.....!

  3. 8.

    Schön, es werden immer mehr stellen für irgend etwas gewählt , wozu nun jetzt wieder? Es sollten mal unsere Gesetze über dacht werden , bei jeden Fall heißt es schlechte Kindheit, oder wie gerade im Fall Tauenzien nicht zurechnungsfähig u.s.w
    Wir haben Gesetze, die sollten auch umgesetzt werden , und dann brauchen wir nicht schon wieder einen neue Kontrollinstanz.

  4. 7.

    Tja, so ist es, die Aufgabe der Opposition ist es zu opponieren.
    Die Linke ist in der Regierung, und opponiert bei bestimmten Themen öffentlich gegen die anderen Koalitionspartner, und was für Beweggründe unterstellen sie denen?

  5. 6.

    "Kritik kommt von der CDU: Die neue Funktion und Institution würde nur mehr Misstrauen gegen die Polizei schüren, kritisiert ihr innenpolitischer Sprecher Frank Balzer . . ."

    Achje, die Berliner CDU mal wieder. Dieses permanente opponieren um der Opposition willen, schürt bei mir eher den Eindruck einer konzeptlosen Schmoll-Brigade, die noch nicht verdaut hat, dass die schönen Diepgen Zeiten lange vorbei sind.

  6. 5.

    "Schwer zu sagen, ob ein solcher Posten überhaupt erforderlich ist.
    Mein Vorschlag: Die Polizisten fragen. "

    Das wäre so als würde man Bankräuber über Eigentumsrecht befragen. Auf ihren restlichen Unsinn lohnt es sich nicht einzugehn, da sie sich erst kürzlich als Höcke Sympathisant ("Mit dem Vorwurf, ein Höcke-Sympathisant zu sein, kann ich leben. ") geoutet haben. Da wird ihr "Insgesamt zeigen sich mit der Einführung eines solchen Beraters/Vermittlers ein paar Grundprobleme rotgrünen "Denkens" doch gleich viel verständlicher.

    Was Rechtsextremisten und deren Sympathisanten von Recht und Gesetz halten ist allgemein bekannt.

  7. 4.

    Sorry. "Diskriminierung und Rassismus". Wochentags denke ich mit halber Kraft.

  8. 3.

    Wir brauchen keinen Beschwerdeonkel der "zwischen Polizei und Bürgern...vermittelt"
    Wir brauchen eine polizeiunabhängige Beschwerde- und Ermittlungsbehörde nach britischem Vorbild.
    Lohnte sich anlässlich des Themas einmal die Struktur dieser Behörde in Großbritannien in der veröffentlichten Öffentlichkeit vorzustellen. Und wie dort die Polizeiunabhängigkeit TATSÄCHLICH hergestellt wird. Statt fortgesetzt wie in Deutschland obrigkeitsstaatlich "Vertrauen in die Behörden" einzufordern, ohne dafür die strukturellen, tatsächlichen Voraussetzung und Arbeitsweise herzustellen.
    Wieso man das andauernd seit Jahren wiederholen muss, ist eine der Parameter, weshalb es in Deutschland in kaum einer Frage wirklich vorangeht: Weil man - unter mittun der veröffentlichten, tatsächlich unkritischen Öffentlichkeit, also Presse-Medienlandschaft, fortgesetzt schwindelig geredet wird. Ginge es darum die tatsächlichen, faktischen und strukturellen Voraussetzungen dafür zu referieren und umzusetzen.

  9. 2.

    Schwer zu sagen, ob ein solcher Posten überhaupt erforderlich ist.
    Mein Vorschlag: Die Polizisten fragen.
    (Die übrigen Bürger dürften sich auf solche verteilen, die das wollen, und solche, denen es egal ist.)
    Insgesamt zeigen sich mit der Einführung eines solchen Beraters/Vermittlers ein paar Grundprobleme rotgrünen "Denkens":
    1. Die feste Absicht. dem "Wie" erheblich mehr Beachtung zu schenken als zuvor dem "Ob".
    2. Den selbstredend von den Grünen eingebrachten Fokus auf "Diskriminierung und Diskriminierung", um möglichst oft anklagend auf die Polizei zu zeigen (jede Wette: fälschlicherweise gegen Polizisten vorgebrachte Rassismus-Vorwürfe werden kaum Wellen schlagen).
    3. Den unerschütterlichen Glauben, dass ein Plus an Bürokratie schon irgendwie gut sein wird.

  10. 1.

    Verstehe man das richtig, der Herr Richter hat sich selbst als Kandidat aufgestellt? Kein Parteibuch in der Tasche, bedeutet ja nicht eine bestimmte Nähe nicht zu haben. Und folgerichtig, kein Berliner.
    Polizei-, Asyl- und Versammlungsrecht sagen schon die Richtung, in die die Aufgaben gehen sollen.
    Sinnhafter dürfte es sein, Abläufe in der Behörde selbst zu durchleuchten und grundlegende Reformen durchzusetzen.

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