Absage für SPD-Landesparteitag - Ex-Senator Kollatz gibt Giffey und Saleh einen Korb

Sich wählen lassen, die Partei einschwören, nach vorne blicken: Das planen die Landesvorsitzenden Franziska Giffey und Raed Saleh beim SPD-Parteitag im Juni. Doch Ex-Finanzsenator Matthias Kollatz will bei der Inszenierung nicht mitmachen. Von Jan Menzel
Matthias Kollatz ist niemand, der provoziert. Gefühlsausbrüche sind aus seinen sieben Jahren als Berliner Finanzsenator ebenfalls nicht überliefert. Kollatz war der Herr der Zahlen, ein politischer Möglich-Macher, ein Pragmatiker, der nach Lösungen suchte, etwa bei der Unterbringung tausender Geflüchteter oder der unbürokratischen Auszahlung von Corona-Hilfen. Umso mehr erstaunt der Korb, den der altgediente Sozialdemokrat mit hessischer Juso-Vergangenheit seinen beiden Landesvorsitzenden nun gibt.
Franziska Giffey und Raed Saleh hatten Kollatz schon zu Jahresanfang zum Landesparteitag im Juni eingeladen. In dem Brief, der dem rbb vorliegt, schreiben beide, dass es bisher noch keine "würdige Gelegenheit" gab, sich beim langjährigen Finanzsenator "persönlich für die geleistete Arbeit zu bedanken". Das wolle man auf dem Parteitag am 19. Juni nachholen und dabei "unseren besonderen Respekt für Deine Arbeit ausdrücken, für deinen Dienst an unserer Demokratie."
"Besser von dieser Würdigung absehen"
Beim Ex-Senator stößt dieses Angebot allerdings auf keine Gegenliebe. Kollatz macht in seiner Antwort unmissverständlich deutlich, dass ihm weder an warmen Worten noch bunten Blumensträußen gelegen ist. "Es ist besser, von dieser Würdigung abzusehen. Es muss dann auch nichts Falsches oder nicht Gemeintes gesagt werden."
Weder Saleh noch Giffey hätten nach seinem Ausscheiden aus dem Senat im Dezember das Gespräch gesucht, hält er den Landeschefs vor. "Gefühlt haben wir uns ca. 15-mal seitdem gesehen und die Corona-Beschränkungen können sicher nicht dafür herhalten, dass es die ganze Zeit nicht möglich war, sich mit einigen wenigen Sätzen 'persönlich für die geleistete Arbeit zu bedanken'", begründet er seine Absage.
So wie es aussieht, werden zwar die anderen ehemaligen Senatorinnen und der frühere Regierende Bürgermeister Michael Müller zur Ehrung kommen. Aber als Schönheitsfehler bleibt die Lücke auf der Parteitagsbühne, wo eigentlich Kollatz stehen sollte. Die beiden Landesvorsitzenden Giffey und Saleh müssen zudem mit der einen oder anderen Unmutsbekundung von Delegierten rechnen. Mit Sorge und Ärger sehen einige in der Partei, dass der erhoffte Neustart mit Franziska Giffey noch auf seine Initialzündung wartet.
Mehrheit unzufrieden mit Giffey
Laut letzten Umfragen kommt die Berliner Regierende Bürgermeisterin auf den schlechtesten Zufriedenheitswert aller Ministerpräsidenten. Die Berliner SPD liegt laut BerlinTrend vom März 2022 inzwischen sogar wieder hinter den Grünen. Auch beim für die SPD wichtigsten Thema Wohnungsnot steht ausgerechnet die Regierungschefin in der Kritik: Ihr jüngster Vorstoß, die Mieten auf 30 Prozent des Haushaltseinkommen zu begrenzen, fällt bei Mieter- wie Vermieterverbänden gleichermaßen durch.
Auch wenn aus der SPD zu hören ist, der ehemalige Finanzsenator schmolle, weil er nach der Wahl "nur" noch Abgeordneter sei und er sich durchaus andere Posten hätte vorstellen können, kommt seine Absage für die Landesvorsitzenden Giffey und Saleh zur Unzeit. Beide stellen sich auf dem Parteitag zur Wiederwahl und insbesondere der Co-Landesvorsitzende Raed Saleh hat bei der Vorbereitung des Parteitags nichts dem Zufall überlassen.
Stimmen aus linkem Parteispektrum herausgedrängt
Schon vor Wochen landeten er und Giffey einen Coup, als sie ein Personalpaket für den geschäftsführenden Landesvorstand vorstellten. Wenig überraschend sind alle Kandidaten treue Gefolgsleute der Landeschefs. Kritische Stimmen aus dem linken Parteispektrum und aus dem größten Kreisverband Mitte wurden dagegen geschickt herausgedrängt.
Doch die "Ausgebooteten" bleiben eine Macht in der Partei und auf dem Parteitag. Sorgen um ihre Wiederwahl muss sich das Spitzenduo nicht machen. Das Wahlergebnis wird aber ein Gradmesser für die Zufriedenheit der Berliner SPD mit ihren Landesvorsitzenden sein.
Sendung: rbb24 Inforadio, 01.06.2022, 09:00 Uhr