Absage für SPD-Landesparteitag - Ex-Senator Kollatz gibt Giffey und Saleh einen Korb

Mi 01.06.22 | 06:08 Uhr | Von Jan Menzel
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Franziska Giffey, Landesvorsitzende der Berliner SPD, und Raed Saleh, Vorsitzender der Berliner SPD-Fraktion (Quelle: dpa/Monika Skolimowska)
Bild: dpa/Monika Skolimowska

Sich wählen lassen, die Partei einschwören, nach vorne blicken: Das planen die Landesvorsitzenden Franziska Giffey und Raed Saleh beim SPD-Parteitag im Juni. Doch Ex-Finanzsenator Matthias Kollatz will bei der Inszenierung nicht mitmachen. Von Jan Menzel

Matthias Kollatz ist niemand, der provoziert. Gefühlsausbrüche sind aus seinen sieben Jahren als Berliner Finanzsenator ebenfalls nicht überliefert. Kollatz war der Herr der Zahlen, ein politischer Möglich-Macher, ein Pragmatiker, der nach Lösungen suchte, etwa bei der Unterbringung tausender Geflüchteter oder der unbürokratischen Auszahlung von Corona-Hilfen. Umso mehr erstaunt der Korb, den der altgediente Sozialdemokrat mit hessischer Juso-Vergangenheit seinen beiden Landesvorsitzenden nun gibt.

Franziska Giffey und Raed Saleh hatten Kollatz schon zu Jahresanfang zum Landesparteitag im Juni eingeladen. In dem Brief, der dem rbb vorliegt, schreiben beide, dass es bisher noch keine "würdige Gelegenheit" gab, sich beim langjährigen Finanzsenator "persönlich für die geleistete Arbeit zu bedanken". Das wolle man auf dem Parteitag am 19. Juni nachholen und dabei "unseren besonderen Respekt für Deine Arbeit ausdrücken, für deinen Dienst an unserer Demokratie."

"Besser von dieser Würdigung absehen"

Beim Ex-Senator stößt dieses Angebot allerdings auf keine Gegenliebe. Kollatz macht in seiner Antwort unmissverständlich deutlich, dass ihm weder an warmen Worten noch bunten Blumensträußen gelegen ist. "Es ist besser, von dieser Würdigung abzusehen. Es muss dann auch nichts Falsches oder nicht Gemeintes gesagt werden."

Weder Saleh noch Giffey hätten nach seinem Ausscheiden aus dem Senat im Dezember das Gespräch gesucht, hält er den Landeschefs vor. "Gefühlt haben wir uns ca. 15-mal seitdem gesehen und die Corona-Beschränkungen können sicher nicht dafür herhalten, dass es die ganze Zeit nicht möglich war, sich mit einigen wenigen Sätzen 'persönlich für die geleistete Arbeit zu bedanken'", begründet er seine Absage.

So wie es aussieht, werden zwar die anderen ehemaligen Senatorinnen und der frühere Regierende Bürgermeister Michael Müller zur Ehrung kommen. Aber als Schönheitsfehler bleibt die Lücke auf der Parteitagsbühne, wo eigentlich Kollatz stehen sollte. Die beiden Landesvorsitzenden Giffey und Saleh müssen zudem mit der einen oder anderen Unmutsbekundung von Delegierten rechnen. Mit Sorge und Ärger sehen einige in der Partei, dass der erhoffte Neustart mit Franziska Giffey noch auf seine Initialzündung wartet.

Mehrheit unzufrieden mit Giffey

Laut letzten Umfragen kommt die Berliner Regierende Bürgermeisterin auf den schlechtesten Zufriedenheitswert aller Ministerpräsidenten. Die Berliner SPD liegt laut BerlinTrend vom März 2022 inzwischen sogar wieder hinter den Grünen. Auch beim für die SPD wichtigsten Thema Wohnungsnot steht ausgerechnet die Regierungschefin in der Kritik: Ihr jüngster Vorstoß, die Mieten auf 30 Prozent des Haushaltseinkommen zu begrenzen, fällt bei Mieter- wie Vermieterverbänden gleichermaßen durch.

Auch wenn aus der SPD zu hören ist, der ehemalige Finanzsenator schmolle, weil er nach der Wahl "nur" noch Abgeordneter sei und er sich durchaus andere Posten hätte vorstellen können, kommt seine Absage für die Landesvorsitzenden Giffey und Saleh zur Unzeit. Beide stellen sich auf dem Parteitag zur Wiederwahl und insbesondere der Co-Landesvorsitzende Raed Saleh hat bei der Vorbereitung des Parteitags nichts dem Zufall überlassen.

Stimmen aus linkem Parteispektrum herausgedrängt

Schon vor Wochen landeten er und Giffey einen Coup, als sie ein Personalpaket für den geschäftsführenden Landesvorstand vorstellten. Wenig überraschend sind alle Kandidaten treue Gefolgsleute der Landeschefs. Kritische Stimmen aus dem linken Parteispektrum und aus dem größten Kreisverband Mitte wurden dagegen geschickt herausgedrängt.

Doch die "Ausgebooteten" bleiben eine Macht in der Partei und auf dem Parteitag. Sorgen um ihre Wiederwahl muss sich das Spitzenduo nicht machen. Das Wahlergebnis wird aber ein Gradmesser für die Zufriedenheit der Berliner SPD mit ihren Landesvorsitzenden sein.

Sendung: rbb24 Inforadio, 01.06.2022, 09:00 Uhr

Beitrag von Jan Menzel

24 Kommentare

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  1. 24.

    Giffey hätte die 18,9% Partei Die Grünen also einfach nur (aus der Koalition) rauswerfen müssen? Das ist angesichts dessen, dass SPD und Die Linke zusammen auf 35,5% gekommen sind, und demzufolge hätten nicht regieren können, mal eine interessante Ansicht Ihrerseits, Ulrike.

  2. 23.

    "Giffey hätte nur die Grünen rauswerfen müssen."
    Glauben sie wirklich dass die linken Genossen in der SPD ihr dann gefolgt wären und sie zur Reg. Bürgerm. gemacht hätten?
    Jetzt, wo die Grünen in Berlin stärkste Partei sind, hat sich das Ganze eh erledigt. Da müßte die SPD eher aufpassen nicht in der Opposition zu landen!

  3. 21.

    Ich schließe mich Ihrer Meinung....voll und ganz an.Leider....leider sind wir in der Minderheit!!!

  4. 20.

    Giffey hätte nur die Grünen rauswerfen müssen.
    Dann wär uns einiges erspart geblieben.

  5. 19.

    Brausekopp,
    bei Ihren Kommentaren denke ich immer, dass Sie aus der Weddinger Presseabteilung kommen.
    Ihr serviles Schönreden lässt den Verdacht zu.
    Ob Sie nun Professor Dr. Rupert Scholz einen Staatsrechtler, ehemaliger Berliner Senator und Bundesverteidigungsminister, diskreditieren und verunglimpft, kommt der SPD-Linie sehr nahe. Und in einer Zeit, wo Kritiker unisono diffamiert werden, sowieso.
    Und bitte, Beleidigen Sie jetzt nicht meine Intelligenz, wenn Sie mich jetzt als AfD-nah titulieren, auch eine sich gebetmühlenhaft wiederholende Art und Weise von Ihnen.

  6. 18.

    Typischer Anti-GIFFEY-Artikel.
    Nur weil sie sich nicht dem Grünen Mainstream unterwirft.

  7. 17.

    "Nach dem letzten SPD-geführten Senat hatte ich gedacht, dass es nicht schlimmer kommen kann."

    Warum? Die Sozen führten den Senat 5 (?) Mal bzw. zwei Jahrzehnte. Mal mit Die Linke, dann mit der CDU, zum Schluss mit Die Linke und Grüne. Warum sollte es plötzlich anders werden? Etwa wegen Giffey?!

  8. 16.

    "Es ist besser, von dieser Würdigung abzusehen. Es muss dann auch nichts Falsches oder nicht Gemeintes gesagt werden." - Sehr gut formuliert, denn genau das wäre mit an Sicherheit grenzender Wahrscheinlichkeit wieder passiert. Den -virtuellen- Hut vor Herrn Kollatz gezogen, dass er dieses durchschaubare Speil nicht mitspielt.

  9. 15.

    Neuwahlen irgendwann, wenn die Amtszeit fast rum ist... bis dahin wird kaputtregiert.

  10. 14.

    Na ja, Rupert Scholz wird wohl kaum davon ausgehen, dass die CDU von Neuwahlen in Berlin profitiert. Vielleicht spricht er also doch nur als Jurist?

  11. 12.

    Was soll Ihr nicht nachhaltiges Ablenkungsmanöver?

    Gehen Sie davon aus, dass bei Neuwahlen die CDU stärkste Kraft würde und Herr Prof. Scholz deswegen schlussfolgert?

    Nein, es geht hier sachlich und alleine um das Vorhandensein einer demokratischen Legitimation - und diese ist unbestritten höchst zweifelhaft.

  12. 11.

    Professor Dr. Rupert Scholz ist Staatsrechtler, war Berliner Senator und Bundesverteidigungsminister. er fordert er Neuwahlen in Berlin"
    Ein Politiker des rechten cdu-Flügels mag die Sozen nicht-sowas aber auch.

  13. 10.

    Nach dem letzten SPD-geführten Senat hatte ich gedacht, dass es nicht schlimmer kommen kann.
    Falsch gedacht, es kann - LEIDER !!!!!

  14. 9.

    Richtig so Herr Kollatz. Endlich mal ein Politiker mit Eiern in der Hose.

  15. 8.

    Das sehe ich genauso wie sie, Herr Kollatz zeigt Charakter. Leider vermisse ich das heutzutage bei Politikern im Bund sowie in den Ländern. Das verstärkt auch die Zahl der Nichtwähler immer mehr. Ob die Berliner Politiker rechtmäßig im Amt sind kann ich nicht beurteilen da ich kein Staatsrechtler oder Richter bin.

  16. 7.

    Hallo vonstetten,
    ich hoffe mit Ihnen, dass die Gerichte auch diese abstrusen Vorschläge einkassieren.

  17. 6.

    Hallo franciska,
    bin Ihrer Meinung und hoffen wir mal, dass es auch dazu kommt.

  18. 5.

    Ich gebe Ihnen unumwunden Recht.
    Im Gegensatz zu Giffey, die sich trotz ihrer zusammenkopierten Doktorarbeit an ihrem Sessel klebte und die Charakterlosigkeit besaß, sich als Spitzenkandidatin aufstellen zu lassen und durch eine Wahl, die von Unfähigkeit geprägt wurde, die vom Verfassungsgericht überprüft wird, hat Kollatz Charakter.

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