Start im Bezirksamt Mitte - Berliner Verwaltung beginnt Umstellung auf die digitale Akte

Nur ein Viertel der Behördengänge können in Berlin online erledigt werden. Noch immer werden Aktenwagen über Flure geschoben. Nun will Innensenatorin Spranger mehr Zug in die Digitalisierung bringen.
Berlin will bei der Digitalisierung der Verwaltung in den nächsten eineinhalb Jahren deutlich vorankommen. In der jüngeren Vergangenheit gab es an den Behörden immer wieder Kritik, etwa daran, dass Termine bei Bürgerämtern wochenlang ausgebucht und zu wenig Dienstleistungen online möglich seien. Das Arbeiten mit digitalen Akten soll künftig vieles möglich und vor allem schneller machen, wie Innensenatorin Iris Spranger (SPD) am Montag ankündigte.
Nach Sprangers Angaben soll die elektronische Aktenführung bis 2024 flächendeckend eingeführt werden. Die "Digitale Akte" werde landesweit für etwa 70.000 PC-Arbeitsplätze in rund 80 Behörden zur Verfügung stehen, konkretisierte die Innensenatorin.
Als erste Behörde nutzt das Bezirksamt Mitte das neue System - bei rund 3.000 Mitarbeitenden des Amts wird es ab Donnerstag schrittweise eingeführt. Den Start macht der Steuerungsdienst.
Dokumente künftig mit wenigen Klicks digital verfügbar
"Für mich gehört die Digitale Akte zur Grundausstattung einer modernen Verwaltung dazu", so Spranger weiter. Sie kündigte an, dass noch in diesem Jahr 15 weitere Behörden auf die elektronische Aktenführung umsteigen sollen. Mitarbeiter des Landes Berlin sollen mit ihrer Hilfe Dokumente künftig mit wenigen Klicks digital anlegen können.
Möglich sei außerdem, auf die Akte ortsunabhängig zuzugreifen, etwa im Homeoffice, und sie mit Kolleginnen und Kollegen zu teilen, sagte Spranger. "Das wird vieles verändern und vereinfachen." Und es sei auch ein Beitrag für die bessere Vereinbarkeit von Familie und Beruf, so die SPD-Politikerin. Es trage außerdem dazu bei, die Verwaltung für junge Leute zu einem attraktiven Arbeitgeber zu machen.
Gothe: "Mit dem Aktenwägelchen über den Flur"
Bislang haben die Berliner Behörden eher ein verstaubtes Image. Der Stellvertretende Bürgermeister von Berlin-Mitte, Ephraim Gothe (SPD), beschrieb die Realität so: Im Sozialamt etwa müssten die Mitarbeiter immer noch mit Aktenwägelchen über die Flure schieben. Mit den Umlaufmappen, die von Büro zu Büro transportiert werden, soll mit der Einführung der Digitalen Akte Schluss sein. "Das ist ein großer Schritt für die Verwaltung, aber ein kleiner Schritt für die Menschheit", räumte Gothe ein - denn in vielen Unternehmen sei elektronische Aktenführung längst Alltag.
Berlins Staatssekretär für Verwaltungsmodernisierung, Ralf Kleindiek, wies darauf hin, dass Berlin im Ländervergleich nicht so schlecht dastehe: Die gesamte Verwaltung der Hauptstadt werde einbezogen in die Einführung der digitalen Akte - Hauptverwaltungen, Bezirke und nachgeordnete Behörden. "Das ist keineswegs selbstverständlich. Wir sind mit dieser Lösung in Deutschland einmalig", sagte Kleindiek.
Nur jeder vierte Behördengang digital möglich
Ankündigungen, die Verwaltung zu digitalisieren, gab es in Berlin schon viele. Inzwischen gibt es einen Zeitplan, wie es weitergehen soll: Bis Ende des Jahres sollen unter anderem die Innenverwaltung gemeinsam mit der Polizei, die Justizverwaltung, Bezirksämter wie Charlottenburg-Wilmersdorf, Tempelhof-Schöneberg, Steglitz-Zehlendorf und Marzahn-Hellersdorf folgen sowie die Landesämter für Flüchtlingsangelegenheiten und für Einwanderung, wie Kleindiek erläuterte - insgesamt 15 Verwaltungen. "Im nächsten Jahr sollen 25 weitere dazukommen, die übrigen dann 2024."
Bislang können Bürgerinnen und Bürger in Berlin, also weniger als ein Viertel der insgesamt 575 möglichen Behördengänge online erledigen.
Sendung: rbb24 Inforadio, 13.06.2022, 17:50Uhr