Erneuerbare Energien in Berlin - Verband schlägt Reaktor Wannsee als Standort für Windräder vor

Mi 08.06.22 | 15:09 Uhr
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Luftbild des Berliner Wansees (Bild: imago images/Meinzahn)
Bild: imago images/Meinzahn

Auf Druck der Bundesregierung sucht Berlin nach Möglichkeiten, um Windräder in der Stadt aufzustellen. Dabei scheinen mehr Optionen denkbar als gedacht: Der Forschungsreaktor am Wannsee ist davon ein möglicher Standort.

In der Debatte um den Ausbau der Erneuerbaren Energien wächst der Druck auf den Berliner Senat, mehr Windkraftanlagen in Berlin zu ermöglichen. Der Bund für Umwelt- und Naturschutz (BUND) bringt als konkreten Standort das Areal um den Atom-Forschungsreaktor Wannsee ins Gespräch.

Windräder auch in Stadtstaaten möglich

Die Bundesregierung will den Ausbau der Windenergie massiv ausweiten. In Berlin hat Umweltsenatorin Bettina Jarasch (Grüne) erst kürzlich eine Prüfung angekündigt, wo im Stadtgebiet neue Windräder errichtet werden können. Ausdrücklich schloss die Senatorin Landschaftsschutzgebiete und Wälder als Standorte nicht aus. Jarasch leitet damit einen Paradigmenwechsel ein. Noch zu Jahresanfang hatte sie, wie zuvor ihre Vorgänger im Amt, Pläne für einen Ausbau der Windenenergie in der Stadt praktisch ausgeschlossen.

Rückenwind für mehr Windräder kommt vom Bundesverband Windenergie. Der Lobby-Verband stellt in einer aktuellen Studie fest: "Auch für die Stadtstaaten gilt: Potenziale sind vorhanden. Zusätzliche Optionen ließen sich durch die Nutzung der Windenergie in Industriegebieten und konfliktarmen Gewerbegebieten heben", heißt es da. In eine ähnliche Richtung denkt der Bund für Umwelt- und Naturschutz (BUND).

Windräder am Wannsee denkbar

Landesgeschäftsführer Tilmann Heuser sagte dem rbb, dass es bei den Standorten darauf ankomme, sehr genau die Lärm-Emissionen zu prüfen und neue Bodenversiegelungen zu verhindern. Angesprochen auf Windräder in Industrie- und Gewerbegebieten, nannte Heuser das Gelände des Forschungsreaktors Wannsee als eine Option. Als weitere mögliche Flächen in Berlin gelten das Gebiet am Autobahndreieck Neukölln sowie der Bereich um das Klärwerk Ruhleben.

Zu den Überlegungen auch Waldflächen als Standorte für Windräder zu nutzen, äußerte sich Heuser nicht grundsätzlich ablehnend. Er machte aber deutlich, dass die Forsten besonders geschützt sind. So habe der Grunewald einen hochrangigen Schutzstatus. "In Flächenländern würde man einen solchen Wald eher nicht betrachten, wenn es um Windkraftanlagen geht", sagte Heuser. Dennoch dürften angesichts des Drucks seitens der Bundesregierung, Fortschritte bei der Windkraft zu erzielen, auch Randbereiche des Grunewalds beispielsweise an der Avus in den Fokus geraten.

Auch für die Stadtstaaten gilt: Potenziale sind vorhanden. Zusätzliche Optionen ließen sich durch die Nutzung der Windenergie in Industriegebieten und konfliktarmen Gewerbegebieten heben.

Bundesverband Windenergie

Standortentscheidung ist komplex

Wie komplex die Standortentscheidungen in der Praxis sind, macht Spandaus Baustadtrat Thorsten Schatz (CDU) am Beispiel der Rieselfelder in Gatow deutlich. Der Bezirk verhandele gerade über den Ankauf der Flächen. Sie würden eigentlich als artenschutzrechtliche Ausgleichsflächen gebraucht, um Bauvorhaben an anderer Stelle zu kompensieren, so Schatz gegenüber dem rbb.

Die Rieselfelder wurden in der Vergangenheit immer wieder ins Gespräch gebracht, wenn es um den Bau um Windrädern ging. "Wir brauchen aber auch grüne Flächen zur Erholung", macht der Stadtrat aus seiner Skepsis gegen Windkraftanlagen an dieser Stelle keinen Hehl.

Insgesamt schätzt der Bundesverband Windenergie, dass es auch im dichtbesiedelten Berlin Möglichkeiten gibt, mehrere größere Windkraftanlagen zu errichten. Der Lobby-Verband hat in Zusammenarbeit mit Planungsbüros die in Frage kommenden Flächen eingehender betrachtet und untersucht, wo Nutzungskonflikte auftreten. Zu diesen Nutzungskonflikten gehören die Nähe zu Flughäfen und Radaranlagen. Naturschutzgebiete und Vogelschutzgebiete sind ebenso wie der Abstand zu Wohnbebauung Kriterien, die den Bau von Windrädern erschweren oder verhindern.

Als realistisch bewerten die Autoren der Studie, dass in Berlin 0,7 Prozent der Landesfläche für den Ausbau der Windenergie zur Verfügung stehen. Das wäre etwas mehr als in Hamburg, das gerade in seinen Hafenbereichen deutlich weiter beim Ausbau der Windkraft ist als die Hauptstadt. Die Bundesregierung hat für alle Flächenländer das Ziel vorgegeben, zwei Prozent der Landesfläche für Windkraft zu reservieren. Berlin ist mit seinen sechs Windrädern das Schlusslicht unter den Bundesländern.

Sendung: rbb24 Inforadio, 08.06.2022, 14 Uhr

30 Kommentare

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  1. 29.

    Kann man diese Beeinträchtigung durch WKA überhaupt berechenbar oder messbar erfassen? Ja kann man. Komischerweise kommen die wissenschaftlichen Erkenntnisse dazu zu ganz anderen Schlüssel als der abgeneigte Wutbürger, der sogar von dem roten blinken nachts schon krank wird.

    Was sagt uns das? Es geht nicht um objektiv messbare Beeinträchtigungen sondern einfach um ein dagegen, egal ob WKA, Stromtrasse oder sogar Solarfeld. Alles stört, da war einem der weit entfernte Braunkohletagebau mit Braunkohlekraftwerksdreckschleuder doch lieber, die standen schlicht woanders. Noch besser nur ein AKW am anderen Ende Deutschlands mit Uran aus den verseuchtesten Bergbaubetrieben der Welt, aber die Wismut ist zum Glück ja zu (die Sanierung kostete ja bisher nur ein paar Milliarden....und kostet noch lange)

  2. 28.

    Die Regel, die auch weiterhin noch in Bbg. angewendet werden kann, sind 1000 m. Wer mehr haben möchte, muss wie Sie Streit suchen und dabei nachweisen, dass andere Regeln wie z.B. die TA Lärm nicht beachtet worden sind. Willkürlich eine WKA für illegal nach Lex Wossi wie offensichtlich in Luckenwalde zu erklären reicht nicht aus. Dabei wird man es in einer Demokratie es nie allen Recht machen können. Irgendwer jammert immer.

  3. 27.

    Das ist keine "öde Wiese" sondern eine Naherholungsfläche für tausende von Menschen.

  4. 26.

    "nur dann beachten wollen, die Ihre Forderungen berücksichtigt" ???
    Formulieren Sie ruhig zu Ende...mal sehen ob Sie das Anliegen verstehen...

    P.S. Ich helfe: Der Streit um den richtigen Abstand und die daraus resultierende Regel, kann Streit schneller beenden und zu schnelleren, sicheren Planungen führen, um schneller im Konsens WKA zu errichten. Am besten mit dem Bürger der betroffen ist.

  5. 25.

    Die ollen Dinger in der Stadt ... geht überhaup garnicht . Dann lieber weiter wie bisher .

  6. 24.

    Und da sind wir wieder bei den Regeln, die Sie fordern, dann aber doch nicht akzeptieren wollen.

  7. 23.

    Die öde Wiese auf dem Tempelhofer Feld bietet sich bestens für Windräder an.

  8. 22.

    Ich werde den Eindruck nicht los, dass Sie Regeln nur dann beachten wollen, die Ihre Forderungen berücksichtigt.

  9. 21.

    Ich persönlich schätze den konstruktiven Streit über den richtigen Abstand. Wolle Sie das nun erkennen? Ob 1200 m bei 244 m Höhe richtig oder falsch ist, würde "den Rahmen hier sprengen". Nur soviel: Es wird Städter geben, die sich ganz schnell an eine belebte Kreuzung zurück wünschen...

  10. 20.

    Ein paar architektonische Ikonen können Sie gernen bauen, falls Sie jemanden finden, der aus dem technisch bedingten Grundprinzip Turmschaft + Gondel mit Rotorblättern etwas andern kann. Große vertikale WKA wären als Einzelstück etwas besonderes, würden Sie aber in Stückzahlen auch wieder nur langweilen.

  11. 19.

    Zur Erinnerung: Sie halten selbst 1,2 km in Werde nicht für akzeptabel. Grundsätzlich müssen zunächst bei der Genehmigung Regeln wie die TA Lärm eingehalten. Alles über die Regelwerke ist ein Kompromiss zur gescheiterten Vermeidung von Streit, weil ja die 1000m-Abstandregel Sie längst nicht zufrieden stellt.

  12. 18.

    Und nachts ist es auch noch dunkel. Deshalb muss bekanntlich mehr getan werden, als einfach nur PV und WKA zu bauen.
    https://green-planet-energy.de/blog/wp-content/uploads/2017/06/Dunkelflaute_Grafik.jpg

  13. 17.

    Grundsätzlich haben Sie recht. Nur trifft es vermutlich die Falschen. Diejenigen, die hier selbst 500m Abstand für tolerabel halten, denen sei das auch mal "gegönnt", nur damit die merken, von was geredet wird. Aber egoistische Ignoranz hört nie auf. Und die merken auch gar nicht das Windkraft endlich ist... nicht nur in einer Stadt. Man opfert bedenkenlos und vernachlässigt den schlauen Energiemix. In zukünftigen Jahren wird in Talkshows darüber der Kopf geschüttelt, von unseren Kinder und Enkeln...

  14. 16.

    Schon klar, dass für Sie v. a. Quantität zählt. Da reden wir in der Tat aneinander vorbei, wenn ich für Sie die geringere Quantität der Qualität beschreibe.

  15. 15.

    100 mal Null (Wind) bleibt Null (Wind)

  16. 14.

    Tempelhof und Tegel haben viel Platz und sind in der besten Windrichtung bespielbar.

    Dazu kommen die neuen Hochhäuser am Alex, die alle als Basis für Luftquirle dienen können.

    Und dann ist da noch das Regierungsviertel, über dem ein Aufwindkraftwerk die ungeheuren Mengen an heißer Luft sinnvoll nutzen kann.

  17. 13.

    Der Nachholbedarf ist für Berlin gegeben, zumal die ja auch bei PV auf öffentlichen Gebäuden kaum aus dem Knick kamen. Ich befürchte allerdings, dass RRG das ähnlich energisch vorantreiben wird wie den lauthals angekündigten Ausbau des ÖPNV oder den Bau der Radinfra, für die trotz schnell gewachsen Wasserkopf Bundesmittel zu verfallen drohen.

  18. 12.

    Die eizelnen Kirchen sollten die Gläubigen zu staunen bringen wie hier rund um Berlin die Städte sich vor 1920 auch beim Kirschkernweitspucken hatten übertrumpfen wollen. Die damals privaten Eisenbahn haben die wenigsten Bahnhöfe entlang ihrer jeweiligen Strecken aufwendig gestaltet wie auch die Züge zügig ganz banalen technischen Zwängen folgen.

  19. 11.

    Wissen Sie überhaupt was das sein soll und wie es theoretisch funktioniert?

    Wohl kaum.

    Sie können natürlich gerne ne Crowdfunding Seite starten. Ziel so 30-40 Mrd. Entwicklungskosten ohne auch nur mit dem Bau zu starten oder irgendeine Garantie. Aktuelle AKW Neubauten haben es nicht gerade mit Zeitplanung und Kostenkontrolle.

    Wenn 20 Millionen AKW Fans je 1000 Euro spenden haben Sie die Hälfte der Entwicklungskosten schon drin...

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