Gemeinsame Kabinettssitzung - Brandenburg und Sachsen fordern klare Perspektiven für die Lausitz

Di 21.06.22 | 20:20 Uhr | Von Christoph Hölscher
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Michael Kretschmer (l, CDU), Ministerpräsident von Sachsen und Dietmar Woidke (r, SPD), Ministerpräsident von Brandenburg, kommen zur gemeinsamen Kabinettssitzung von Brandenburg und Sachsen auf dem Dekra Lausitzring zusammen. (Quelle: dpa/P. Pleul)
Video: rbb24 Brandenburg aktuell | 21.06.2022 | | Bild: dpa/P. Pleul

Erstmals seit Beginn der Corona-Pandemie tagten die brandenburgische und sächsische Landesregierung wieder gemeinsam. Bei ihrer Kabinettssitzung auf dem Lausitzring ging es vor allem um die Entwicklung der Region nach dem Braunkohleausstieg. Von Christoph Hölscher

Der Lausitzring scheint ideal für das Treffen der beiden Landesregierungen: Er liegt nicht nur verkehrstechnisch günstig zwischen Potsdam und Dresden, sondern verkörpert offenbar beispielhaft den Erfolg des Strukturwandels – vom Braunkohlerevier zur Hightech-Region.

Auf der ehemaligen Autorennstrecke erforscht und testet die Dekra seit fünf Jahren das autonome Fahren. Seitdem hat sich die Zahl der Beschäftigten dort von 80 auf 230 erhöht. Auch ein Verdienst seiner Politik, so scheint Ministerpräsident Dietmar Woidke (SPD) demonstrieren zu wollen: Am Rande des Kabinettstreffens überreicht er öffentlichkeitswirksam einen Förderbescheid an die Dekra: über mehr als zwei Millionen Euro für neue Forschungen auf der Teststrecke für das autonome Fahren.

Strukturentwicklung als "Generationenaufgabe"

Mit über 17 Milliarden Euro fördert der Staat den Strukturwandel in der Lausitz – davon gut 10 Milliarden für Brandenburg. Geld, mit dem die schwindenden Kohlearbeitsplätze durch neue Jobs ersetzt werden sollen. Leuchtturmprojekte sind dabei etwa das geplante ICE-Instandhaltungswerk und die Medizinerausbildung in Cottbus sowie neue Industrieansiedlungen in Schwarzheide, Guben und Schwarze Pumpe.

Mit dem Kohlausstieg bis 2038 ist auch der Zeithorizont für den Umbau der Wirtschaft vorgegeben. Eine "Generationenaufgabe", die nur "zusammen und mit Unterstützung des Bundes" gelingen könne, wie Woidke und Sachsens Ministerpräsident Michael Kretschmer (CDU) in einer gemeinsamen Stellungnahme am Dienstag betonen.

Woidke: Bund muss Versorgungssicherheit garantieren

Gemeinsam ist ihnen offenbar auch die Sorge, dass der russische Angriffskrieg gegen die Ukraine und der damit verbundene Ausstieg aus Gas und Öl die Strukturentwicklung in der Lausitz bremsen könnte: "Wir brauchen klare Perspektiven für die Menschen in der Region", so die Ministerpräsidenten: "Die Bundesregierung ist in der Pflicht, Klarheit zum Thema Versorgungssicherheit angesichts der angestrebten Unabhängigkeit von russischen Energielieferungen zu schaffen."

Uneinig sind sich die Regierungschefs allerdings in der Frage, wie genau das umzusetzen ist. So fordert CDU-Politiker Kretschmer in der Pressekonferenz nach der Kabinettssitzung, angesichts der Energiekrise die planmäßige Abschaltung der letzten drei Atomkraftwerke in Deutschland zu überdenken. SPD-Mann Woidke entgegnet kühl, dass er diese Position nicht teile.

Bedingungen für früheren Kohleausstieg

In der Frage, ob der Kohleausstieg womöglich schon 2030 möglich sei, sind Woidke und Kretschmer dann wieder näher beieinander: "2038 ist Schluss. Das ist die Vereinbarung und die gilt", stellt Kretschmer klar. Woidke will zwar einen Ausstieg "vor 2035" nicht kategorisch ausschließen, nennt aber klare Bedingungen: Versorgungssicherheit, eine "vernünftige Preisentwicklung" und die Umsetzung der beschlossenen Projekte zur Strukturentwicklung.

In diesem Zusammenhang kritisiert er die laufende Prüfung eines früheren Kohleausstiegs durch Bundeswirtschaftsminister Robert Habeck (Bündnis 90/Grüne): Dieser fehle es an "Transparenz und Beteiligung". Doch nur wenn die Betroffenen vor Ort frühzeitig informiert und eingebunden würden, werde es auch die Akzeptanz der Menschen in der Lausitz für einen Kohleausstieg vor 2038 geben.

Sendung: rbb24 Brandenburg Aktuell, 21.06.2022, 19:30 Uhr

Beitrag von Christoph Hölscher

37 Kommentare

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  1. 37.

    Wie kommen Sie denn darauf, dass ich Ihre eigenartigen Fragestellungen behauptet habe oder denke?
    Nein natürlich soll das nicht nach Parteibuch und unkontrolliert oder ohne Fragen ablaufen.
    Aber pauschal dagegen sein oder doof finden oder gar neidisch sein, ist auch keine Lösung für keine Region.
    Da aber Brandenburg als Land keine Währungshoheit hat und kein Geld selbst drucken darf, sind nunmal alle Bundesländer gefragt, als quasi "Dank" für jahrelange billige Energie, die Lausitz nicht fallen zu lassen.
    Das sich viele Lausitzer selbst damit schwer tun von ihrem toten Gaul Braunkohle abzusteigen, ist ein anders Thema. Wenn Unterstützung dafür von überall kommt, dürfte der Prozess schneller und einfacher laufen. Gut für uns alle und vor allem für die Umwelt.

  2. 36.

    Verlagerung des Kulturministeriums von Potsdam nach Cottbus/ 150 Behörden Arbeitsplätze zum Beispiel.

  3. 35.

    Nicht nur andere Regionen werden durch den Strukturwandel geldlich benachteiligt, man wollte bzw. hat Behörden von anderen Standorten abgezogen. War nicht vor kurzem so ein Fall, wo irgendeine Behörde von Potsdam nach Cottbus verlegt werden sollte ? Da hatten sich dann aber, die Mitarbeiter dagegen gewehrt. Teilweise werden gar keine Arbeitsplätze neu geschaffen, sondern Brb. macht es sich einfach und verlagert die Arbeitsplätze einfach, nach Cottbus und Lausitz.

  4. 34.

    "es seien Steinkohlekraftwerke, nicht Braunkohlekraftwerke gemeint."
    Das Herr Steinbach sich da täuscht und Herrn Habeck nicht zugehört hat, sollte auch Ihnen nicht entgangen sein.

  5. 33.

    Stichwort Cargolifter, Chipfabrik, Lausitzring. Reichen die drei Beispiele für das versenken von Fördermitteln?

  6. 32.

    Erinnern Sie sich nicht, dass BB vom
    Bund verlangt hat, dass der Bund nachgeordnete Bundesbehörden in der Lausitz ansiedelt? Der Ausgleich war als Gesamtpaket für die Arbeitsplätze gedacht. Meinen Sie der Bund hätte noch zusätzlich auf das ausgehandelte Paket zusätzlich Arbeitsplätze draufgesattelt? Anderswo fallen dafür Arbeitsplätze weg! Wo ist da der Ausgleich? BB war schlichtweg zu faul sich um Industrieansiedlung zu kümmern. Man sieht das gleiche Verhalten bei PCK.

  7. 31.

    Noch nicht mitbekommen: "Steinbach erklärte am Montagabend in rbb|24 Brandenburg aktuell aber, dass Brandenburg von diesen Plänen nicht betroffen sei. Es seien Steinkohlekraftwerke, nicht Braunkohlekraftwerke gemeint."
    https://www.rbb24.de/studiocottbus/wirtschaft/2022/06/kohle-kraftwerke-strom-produktion-steinbach.html
    Dabei verwechseln Sie auch permanent die kurzfristige Versorgungssicherheit mit der langfristigen Zukunftsperspektive.

  8. 30.

    Brandenburg an der Havel hat durch den Wegfall von Industrie-Arbeitsplätzen ca. 30000 Einwohner verloren. PR, OPR, UM, usw. genauso. Wo ist da, die Politik mit Millionen und Milliarden Geschenken ? Durch die Konzentration auf eine einzelne Region, wird der Rest von Brandenburg, doch völlig vernachlässigt.

  9. 29.

    "Das letzte Paket betraf die Mittel für den Strukturwandel in der Lausitz."
    Und das war noch nicht mal richtig beschlossen, da waren mal schon 70 Mio vom Bund wieder weg genommen und weitere 420 Mio schon für eigenes Vorhaben verplant. Ganz weit weg von der Lausitz. Stichwort: RKI in Wildau.
    Fragen Sie mal, wie viel jetzt noch vom großen Kuchen weg ist und für wen.

  10. 28.

    Komischerweise sind die Nördlichen und westlichen Landkreise am dichtesten besiedelt- auch ohne Milliarden an Strukturhilfen Barnim, Oberhavel, Havelland ? Meine Frage deshalb: ob Strukturhilfen, immer wieder nach Südbrandenburg, überhaupt etwas bewirken ?

  11. 27.

    Aktuell drängt der grüne Wirtschaftsminister zum Anfahren alter Kohlekraftwerke...ist in cottbus noch nicht angekommen?

  12. 26.

    Bisher ist noch kein einziger Euro nach Südbrandenburg geflossen, das ist ein Fakt, nicht ein Arbeitsplatz wurde neu geschaffen und Brandenburg, Berlin und der Bund, müssen natürlich, zusammen, nochmal 10 oder 20 Milliarden Euro bereitstellen. Auch Cottbus hat noch keinen Euro Steuergeld bekommen und das Lausitzer Seenland natürlich auch noch nicht. Brandenburger Geld geht zum größten Teil in die Prignitz, nach Ostprignitz-Ruppin, Brandenburg an der Havel und in die Uckermark. Wollten Sie das hören bzw. lesen ? Der Strukturwandel in der Lausitz hat noch keine Milliarden gekostet, in mehr als 30 Jahren, nach der Wende und der BER im Südosten, natürlich auch noch nicht und Cargolifter auch nicht, Lausitz-Ring, etc. natürlich auch Alles, Nicht ? Und der RBB, erwähnt die Lausitz auch nicht-berichtet nur aus anderen Regionen ???

  13. 25.

    Fordern, Fordern, Fordern. Kann aber irgendwie nicht erkennen, das da auch mal geliefert wird? Hand aufhallten und Forderungen stellen, das ist, es tut mir leid, irgendwie normal geworden in manchen Bundesländern!!! Andere Gegenden mussten und müssen auch Strukturwandel erleben. Da ging das aber mit weniger Gejammer und deutlich weniger Geld!!!!

  14. 23.

    @rbb24
    Eine schöne Überschrift im letzten Absatz.

  15. 22.

    Also soll der Strukturwandel, genauso wie BER, Tesla-Ansiedlung, Monokulturen der Forst-und Landwirtschaft, Trockenheit und Wärme. nicht hinterfragt werden ? Keine Fragen stellen, Hand und Pateibuch heben und Steuergelder, freigeben ? Berlin und Brandenburg haben 6,2 Millionen Einwohner, die Lausitz hat einen Bruchteil davon, soll aber Steuergelder ohne Fragerei und in jeder Milliarden-Höhe erhalten ???? Kenne ich vom BER und der ist nach 8 oder 10 Milliarden, immer noch ein Sanierungsfall. Na dann mal weiter so !!! Aber die Himmelsrichtungen Süd und Ost, stimmen ja sowieso schon-,,das muss ja was werden mit unserem Steuergeld,,.

  16. 21.

    Wo liegen denn Ihrer Meinung nach, die Ursachen für Geldverschwendung und damit ,,Scheitern,, von Bln/Brb. ? Dazu müsste man doch zuallererst wissen, wo die Bundes- und Landesmittel überhaupt bleiben ? Wo versickert das Geld - welche Region und wieviel Menschen profitieren überhaupt von Bundes-und Landesgeldern ? Wieviel Menschen, leben zum Bsp. in der Brandenburger Lausitz und wieviele Gelder werden eingesetzt ? Wieviel Geld steht für andere Kreise und kreisfreie Städte überhaupt noch zur Verfügung ? Nur von Geldverschwendung, Kohleausstieg, Strukturwandel, zu reden ist zu wenig. Wieviele Menschen einer Region profitieren von Steuergeldern der Gesellschaft- Alles wichtige Fragen und dann kann man auch diskutieren.

  17. 20.

    Genau das meinte ich. Schauen Sie nach Bayern, die haben sich dort geschickte Industriepolitik vom Agrarland zu dem Land mit einer hohen Dichte an Spitzenindustrie entwickelt. Leider haben BB und BE die Fördermittel des Bundes teilweise in den Sand gesetzt. Cargolifter, dann Eisenbahnindustrie um nur ein paar Beispiele zu nennen.

  18. 19.

    Eine bescheidene Frage hätte ich. Können Sie vielleicht sagen wie die zig Milliarden an Fördermitteln eventuell hingeflossen sein könnten? Bisher wurden etliche Arbeitsplätze ersatzlos gestrichen, der Rest soll erst noch werden.

  19. 18.

    Der Strukturwandel hat bisher zig Milliarden Euro an Steuergeldern verbraucht - obwohl immer noch Kohle gefördert wird - immer noch Geld verdient wurde und wird. Ohne eine Gegenfinanzierung der Länder, gibt und gab es gar keine Fördergelder. Jeder Bundes Euro, kostet das Geld der Länder. Vor kurzem kam mir ein Zeitungsartikel unter : 10 Milliarden Euro für die Lausitz, aber der Rest des armen Flächenlandes geht leer aus. Brandenburg und Berlin, leisten einen erheblichen Beitrag zum Strukturwandel in der Lausitz- Wir Alle, leisten einen erheblichen Beitrag für die Lausitz- jeder Steuerzahler: inn.

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