Mehrere Änderungen geplant - Brandenburger Verfassung soll geschlechtergerecht werden

Die Landesverfassung von Brandenburg soll geschlechtergerecht umformuliert werden. Darauf haben sich die regierenden SPD, CDU und Grünen sowie die oppositionelle Linke geeinigt. Es soll nicht die einzige Verfassungsänderung bleiben.
Die Brandenburger Landesverfassung soll zu ihrem 30. Jubiläum nach den Vorstellungen der Regierungsparteien SPD, CDU, Grüne sowie der oppositionellen Linken geschlechtergerecht umformuliert werden. Wie am Dienstag vorgestellt, sollen Frauen und Männer künftig entweder gleichermaßen benannt oder es sollen neutrale Begriffe verwendet werden.
So soll nach rbb-Informationen in Artikel 3 Absatz 1 Satz 1 sowie in Absatz 2 das Wort "Bürger" durch die Wörter "Bürgerinnen und Bürger" ersetzt werden, in Absatz 1 Satz 2 wird das Wort "Einwohner" durch "Einwohnerinnen und Einwohner" ersetzt.
Die Verfassungsänderung soll in zwei Wochen beschlossen werden - als Teil eines Pakets von Änderungen.
Weitere Verfassungsänderungen geplant
Neben der Geschlechtergerechtigkeit möchten die Parteien den Kampf gegen Antisemitismus und sogenannten Antiziganismus und die Förderung der jüdischen Kultur in der Verfassung festschreiben.
Zudem soll die Freundschaft zu Polen betont, die Besetzung des Vizepräsidenten neu geregelt und der Schutz der niederdeutschen Sprache betont werden.
Diskutiert wird vor allem die geplante Änderung der Besetzung des Landtagspräsidiums. In Zukunft soll nicht mehr unbedingt die größte Oppositionsfraktion einen Vizepräsidenten stellen, sondern irgendeine. Damit würde die aktuell größte oppositionelle Fraktion der AfD den ihr zustehenden Posten verlieren - aktuell besetzt von Andreas Galau. Dieser stand bei den übrigen Fraktionen immer wieder in der Kritik.
Der ehemalige CDU-Landeschef Ingo Senftleben hat am Montag angekündigt, gegen die Verfassungsänderung zu stimmen. "Für kurzsichtige Parteipolitik ist unsere Verfassung zu wertvoll", sagte Senftleben der "Bild"-Zeitung. Die Änderung sei eigentlich ein Anti-AfD-Gesetz. "Die Verfassung ist ein zu hohes Gut, um sie nach den aktuellen Kräfteverhältnissen im Landtag auszurichten", so Senftleben.
Mehrheit für Änderung unklar
Für eine Verfassungsänderung ist eine Zwei-Drittel-Mehrheit im Brandenburger Landtag nötig, das sind 59 Stimmen. Die vier Fraktionen haben ohne Senftleben genau 59 Stimmen. Somit müssten alle anderen Abgeordneten der vier Fraktionen anwesend sein und mit "Ja" stimmen, um die geplanten Änderungen durchzubekommen.
CDU-Fraktionschef Jan Redmann zeigte sich am Dienstag nicht überrascht. "Grundsätzlich steht die Mehrheit." Bei Probeabstimmungen im Februar und in der vergangenen Woche hätten 14 der 15 CDU-Abgeordneten angekündigt, dafür zu stimmen, ein Mitglied wollte es sich offenhalten.
Den Vizepräsidenten neu zu wählen, sei laut Redmann aktuell nicht geplant. "Aus der Änderung der Verfassung ergibt sich nicht unmittelbar eine Veränderung der Zusammensetzung des Präsidiums", sagte Redmann. "Es gibt auch hier keine Initiative für eine Abwahl (...). Wir ändern diese Regelung in der Verfassung mit Blick auf kommende Legislaturperioden."
Freie Wähler stimmen "nicht in Gänze" zu
Der Fraktionschef von BVB/Freie Wähler, Péter Vida, sagte, seine Fraktion könne dem Entwurf "nicht in Gänze" zustimmen. Er verlangte, ein Passus zur Freundschaft zu Polen solle in den Rahmen der Europäischen Union eingebettet werden und der Vizepräsident solle ausdrücklich auf Vorschlag der Opposition gewählt werden. Beides sei bisher nicht aufgenommen worden.
Die Freien Wähler wollen erreichen, dass über die einzelnen Änderungen getrennt abgestimmt wird und sich enthalten, wenn es nicht dazu kommt. SPD-Fraktionschef Daniel Keller setzt auf Dialog und sagt, er hoffe, dass die Freien Wähler noch mitziehen.
AfD nennt Pläne "Alltagsspielereien"
Die AfD lehnt die Pläne der vier Fraktionen ab. "Die Verfassung ist keine Spielwiese für parteipolitisches Kalkül", sagte der Parlamentarische Geschäftsführer Dennis Hohloch. Seine Fraktion beanspruche als stärkste Oppositionskraft die Position des Vizepräsidenten. Alle anderen Pläne für Verfassungsänderungen seien "Alltagsspielereien", um die Verfassung zu missbrauchen.
In der kommenden Woche tagt der Hauptausschuss, der Landtag stimmt dann voraussichtlich in zwei Wochen ab.
Sendung: rbb24 Inforadio, 07.06.2022, 16:20 Uhr