220 Urkunden zum Start - Berlin verbeamtet seine Lehrkräfte wieder

Seit dem Jahr 2004 hat Berlin keine Lehrkräfte mehr verbeamtet, am Donnerstag hat die Bildungsverwaltung die Kehrtwende eingeleitet. In Berlin-Kreuzberg wurden nun die ersten 220 Ernennungsurkunden an Lehrkräfte verteilt.
Nach rund 18 Jahren Unterbrechung sind am Donnerstag in Berlin erstmals wieder Lehrerinnen und Lehrer verbeamtet worden. Sie erhielten von Bildungssenatorin Astrid-Sabine Busse (SPD) und Bildungsstaatssekretär Alexander Slotty am Donnerstagnachmittag bei einem Festakt in Berlin-Kreuzberg ihre Ernennungsurkunden. Verbeamtet werden zunächst rund 220 Lehrkräfte, die neu in den Schuldienst eingestellt worden sind. Weitere sollen bald folgen.
Berlin hatte die Lehrerverbeamtung 2004 abgeschafft und war zuletzt das einzige Bundesland, das daran festhielt. Mit der Rückkehr zur Verbeamtung will der rot-grün-rote Senat dem chronischen Lehrkräftemangel entgegenwirken. Bildungssenatorin Busse hatte Ende Mai eingeräumt, dass zum neuen Schuljahr voraussichtlich 920 Lehrerinnen und Lehrer fehlen.
Abwanderung nach Brandenburg
Vor ihrem Wechsel in die Politik hatte Busse als Vorsitzende des Interessenverbands Berliner Schulleitungen (IBS) immer wieder die Rückkehr zur Verbeamtung verlangt. Die Regierende Bürgermeisterin Franziska Giffey (SPD) hatte diese Einschätzung von Anfang an unterstützt.
Giffey sagte beim Festakt in der Station Berlin, sie habe in ihrer Zeit als Bezirksstadträtin in Neukölln immer wieder erlebt, dass sich Lehrerinnen und Lehrer aus Berlin verabschiedet hätten mit dem Hinweis, ein paar Kilometer weiter in Brandenburg verbeamtet zu werden. Die Rückkehr zur Verbeamtung in Berlin sei ein Beitrag dazu, dass der Lehrkräftemangel in der Hauptstadt geringer werde. "Das ist eine Riesenaufgabe. Und die werden wir auch nicht von heute auf morgen lösen", so die SPD-Politikerin. "Aber es ist ein Baustein, um es besser zu machen."
Dass solche Lehrkräfte, die anderswo verbeamtet wurden, bisher erst nach fünf Jahren zurück nach Berlin kommen durften, sei abstrus gewesen, kritisierte Giffey. Es sei gut, dass das nun geändert worden sei.
Kritik von FDP und CDU
Kritik an der Rückkehr zur Verbeamtung übte bereits im Vorfeld der Veranstaltung die FDP. "Berlin steht vor dem Scherbenhaufen von 26 Jahren sozialdemokratischer Bildungspolitik - da hilft auch keine Verbeamtung", sagte der bildungspolitische Sprecher der FDP-Fraktion, Paul Fresdorf.
"Eine Verbeamtung von Lehrkräften lehnen wir ab, denn das Berufsbeamtentum ist mit unserer Vorstellung von eigenverantwortlichen und flexiblen Schulen nicht vereinbar", so Fresdorf weiter. Oberstes Ziel müsse sein, die Schulvielfalt zu erhalten, den Lehrermangel zu beenden und die Schule wieder zu einem Ort des Lernens und Lehrens zu machen.
Kritik gab es auch aus der Berliner CDU-Fraktion, wenn auch mit ganz anderem Schwerpunkt. Deren bildungspolitische Sprecherin, Katharina Günther-Wünsch, sagte, endlich würden auch in Berlin wieder Lehrer und Referandare verbeamtet. "SPD, Grüne und Linke hatten diesen überfälligen Schritt viel zu lange verweigert." Dadurch habe Berlin viel zu viele gut ausgebildete Lehrkräfte verloren. "Der aktuelle Lehrermangel ist auch eine Folge dieser Verzögerung."
Günther-Wünsch warf Bildungssenatorin Busse vor, sie habe immer noch kein Konzept vorgelegt, welche Lehrer in welchen Altersstufen zu welchem Zeitpunkt mit der Übernahme ins Beamtenverhältnis rechnen könnten. "Frau Busse weiß, dass Unsicherheiten nicht dazu beitragen, Lehrer in unserer Stadt zu halten. Sie muss handeln."
Sendung: rbb24Inforadio, 07.07.22, 13:00 Uhr