220 Urkunden zum Start - Berlin verbeamtet seine Lehrkräfte wieder

Do 07.07.22 | 17:32 Uhr
  33
Eine Lehrerin schreibt in einer Grundschule Wörter an eine Tafel. (Quelle: dpa/S.Gollnow)
Video: rbb24 Abendschau | 07.07.2022 | V. Marquardt | Bild: dpa/S.Gollnow

Seit dem Jahr 2004 hat Berlin keine Lehrkräfte mehr verbeamtet, am Donnerstag hat die Bildungsverwaltung die Kehrtwende eingeleitet. In Berlin-Kreuzberg wurden nun die ersten 220 Ernennungsurkunden an Lehrkräfte verteilt.

Nach rund 18 Jahren Unterbrechung sind am Donnerstag in Berlin erstmals wieder Lehrerinnen und Lehrer verbeamtet worden. Sie erhielten von Bildungssenatorin Astrid-Sabine Busse (SPD) und Bildungsstaatssekretär Alexander Slotty am Donnerstagnachmittag bei einem Festakt in Berlin-Kreuzberg ihre Ernennungsurkunden. Verbeamtet werden zunächst rund 220 Lehrkräfte, die neu in den Schuldienst eingestellt worden sind. Weitere sollen bald folgen.

Berlin hatte die Lehrerverbeamtung 2004 abgeschafft und war zuletzt das einzige Bundesland, das daran festhielt. Mit der Rückkehr zur Verbeamtung will der rot-grün-rote Senat dem chronischen Lehrkräftemangel entgegenwirken. Bildungssenatorin Busse hatte Ende Mai eingeräumt, dass zum neuen Schuljahr voraussichtlich 920 Lehrerinnen und Lehrer fehlen.

Abwanderung nach Brandenburg

Vor ihrem Wechsel in die Politik hatte Busse als Vorsitzende des Interessenverbands Berliner Schulleitungen (IBS) immer wieder die Rückkehr zur Verbeamtung verlangt. Die Regierende Bürgermeisterin Franziska Giffey (SPD) hatte diese Einschätzung von Anfang an unterstützt.

Giffey sagte beim Festakt in der Station Berlin, sie habe in ihrer Zeit als Bezirksstadträtin in Neukölln immer wieder erlebt, dass sich Lehrerinnen und Lehrer aus Berlin verabschiedet hätten mit dem Hinweis, ein paar Kilometer weiter in Brandenburg verbeamtet zu werden. Die Rückkehr zur Verbeamtung in Berlin sei ein Beitrag dazu, dass der Lehrkräftemangel in der Hauptstadt geringer werde. "Das ist eine Riesenaufgabe. Und die werden wir auch nicht von heute auf morgen lösen", so die SPD-Politikerin. "Aber es ist ein Baustein, um es besser zu machen."

Dass solche Lehrkräfte, die anderswo verbeamtet wurden, bisher erst nach fünf Jahren zurück nach Berlin kommen durften, sei abstrus gewesen, kritisierte Giffey. Es sei gut, dass das nun geändert worden sei.

Kritik von FDP und CDU

Kritik an der Rückkehr zur Verbeamtung übte bereits im Vorfeld der Veranstaltung die FDP. "Berlin steht vor dem Scherbenhaufen von 26 Jahren sozialdemokratischer Bildungspolitik - da hilft auch keine Verbeamtung", sagte der bildungspolitische Sprecher der FDP-Fraktion, Paul Fresdorf.

"Eine Verbeamtung von Lehrkräften lehnen wir ab, denn das Berufsbeamtentum ist mit unserer Vorstellung von eigenverantwortlichen und flexiblen Schulen nicht vereinbar", so Fresdorf weiter. Oberstes Ziel müsse sein, die Schulvielfalt zu erhalten, den Lehrermangel zu beenden und die Schule wieder zu einem Ort des Lernens und Lehrens zu machen.

Kritik gab es auch aus der Berliner CDU-Fraktion, wenn auch mit ganz anderem Schwerpunkt. Deren bildungspolitische Sprecherin, Katharina Günther-Wünsch, sagte, endlich würden auch in Berlin wieder Lehrer und Referandare verbeamtet. "SPD, Grüne und Linke hatten diesen überfälligen Schritt viel zu lange verweigert." Dadurch habe Berlin viel zu viele gut ausgebildete Lehrkräfte verloren. "Der aktuelle Lehrermangel ist auch eine Folge dieser Verzögerung."

Günther-Wünsch warf Bildungssenatorin Busse vor, sie habe immer noch kein Konzept vorgelegt, welche Lehrer in welchen Altersstufen zu welchem Zeitpunkt mit der Übernahme ins Beamtenverhältnis rechnen könnten. "Frau Busse weiß, dass Unsicherheiten nicht dazu beitragen, Lehrer in unserer Stadt zu halten. Sie muss handeln."

Sendung: rbb24Inforadio, 07.07.22, 13:00 Uhr

33 Kommentare

Wir schließen die Kommentarfunktion, wenn die Zahl der Kommentare so groß ist, dass sie nicht mehr zeitnah moderiert werden können. Weiter schließen wir die Kommentarfunktion, wenn die Kommentare sich nicht mehr auf das Thema beziehen oder eine Vielzahl der Kommentare die Regeln unserer Kommentarrichtlinien verletzt. Bei älteren Beiträgen wird die Kommentarfunktion automatisch geschlossen.

  1. 33.

    Wenn man spart durch den Wegfall der AG-Anteile und gleichzeitig das Brutto um ca. 7% über die gesamte (!) Beamtenzeit kürzt, um Netto nicht mehr auszahlen zu müssen (was auch bei Beförderungen dann „stehen bleibt“), verlagert man die Belastungen in die Zukunft. Das auszurechnen, was gesamtgesellschaftlich besser ist, macht vermutlich deshalb keiner, weil man dann nicht mehr in der Verantwortung steht. Interessant wäre es. Die machtvolle Einforderung der Wirtschaftlichkeit ist nicht erfolgt...

    P.S. Abschaffung der Beamten bedeutet dann, dass diese 7% Kürzung (AN-Anteile) und die AG-Anteile vom Steuerzahler sofort aufzubringen sind. Einfach den Beamten weniger NETTO zu zahlen, wie viele annehmen, wird nicht klappen. Schon gar nicht bei geringen Beamtengehältern. Und auch bei höheren Verdienst wäre das ungerecht gegenüber der Leistung oder der Anstrengung überhaupt dahin zu kommen.

  2. 32.

    "Ich verstehe nicht, warum sich manche Bürger über die Verbeamtung von Lehrern aufregen?"
    Liegt vielleicht schlicht daran, dass vom Bürger erwartet wird, den Gürtel immer enger zu schnallen, während der Staat seine Ausgaben immer weiter in die Höhe treibt? Mal davon ab, glaube ich nicht mal, dass die (Wieder-) Verbeamtung von Lehrern in Berlin das Problem auch nur ansatzweise lösen wird. Nicht das Nichtverbeamtetwerden hält Lehrkräfte von Berlin ab oder lässt sie nach kurzer Zeit abwandern sondern die bestehenden Verhältnisse. Dazu zählt der Zustand und die mangelhafte Ausstattung der Schulen, Überlastung durch fehlende Lehrkräfte und dadurch entstehende Überstunden und nicht zuletzt eine nicht zu unterschätzende Schülerschaft, sowohl in den Problem- wie auch in den Luxusbezirken. Die einen drohen mit dem Cousin, die anderen mit dem Anwalt.

  3. 31.

    Ja ja, in der Theorie vielleicht. Fakt ist, dass sich im Haushalt ein riesiges, stetig wachsendes Pensionsloch versteckt. Die künftigen Pensionen müssten bereits jetzt einen riesigen Fond bilden, den es schlicht nicht in ausreichender Höhe gibt.

  4. 30.

    Berlin ist das letzte Bundesland, das nicht verbeamtet. Zuletzt ist Sachsen zur Verbeamtung zurück gekehrt.

  5. 29.

    Es gibt ja bei den Tarifen der PKV diverse Gestaltungsmodelle.

    Ich mache es immer so, dass ich Rechnungen nach Erhalt bei der Beihilfe und meiner PKV einreiche und die Rechnung erst zahle, wenn ich das Geld auf dem Konto habe. Habe noch nie Mahnungen bekommen

    Einige Internetapotheken gewähren lange Zahlungsziele für Beamte

  6. 28.

    Wenn jemand schon Beamter ist, bedarf es keine große Anwartschaft. Diese wird für denjenigen benötigt, der perspektivisch verbeamtet wird. Bei dem Rest Ihres Beitrages stimme ich zu. Wenn Teile von der Beihilfe nicht übernommen werden übernimmt der Beihilfeergänzungstarif, sofern dieser abgeschlossen wurde, der PKV die Differenz. Ohne Beihilfeergänzungstarif bleibt tatsächlich bei bestimmten Leistungen ein Eigenanteil über (zB Heil und Verbamdsmittel)

  7. 27.

    Wenn man den Beitrag zu ende schaut, darf man mal ein Lob für den BER aussprechen. Ich habe heute früh zu 4.30 Uhr, meinem Bruder samt Familie zum Flughafen gebracht und war baff wie voll es am Kurzzeitparkplatz war. Das hatte ich zuvor noch nie so gesehen. Lief aber wohl alles top, die Panik im Vorfeld war umsonst. Vielleicht wäre die Botschaft an die Bevölkerung angebracht, dass man nicht sechs Stunden vor Abflug auflaufen muss. Denn daran halten die Freunde die ich übermorgen rüber fahre fest!

  8. 26.

    Ich verstehe nicht, warum sich manche Bürger über die Verbeamtung von Lehrern aufregen?

    Ist das Neid?

    Heutzutage kann man jedem Lehrer dankbar sein, der noch keinen Frontalunterricht macht. Wer ärgert sich gerne mit den Produkten erziehungsunfähiger Eltern rum?

    Viele Eltern verstehen nicht, dass die Schule keinen Erziehungsauftrag hat.

    Es sind große Schulreformen nötig. Zum einen darf die Entscheidung über die Schullaufbahn nicht mehr bei den Eltern liegen.

  9. 25.

    Na dann haben wir ja bald wieder mehr krankheitsbedinge Ausfälle und sowas alles. Und Lehrer die nach dem Prinzip Arbeiten "Das haben wir 40 Jahre so gemacht, da wird nichts geändert..." Ja was soll man sagen.

    Aber abgesehen davon, wer möchte in Berlin schon Lehrer sein. Ich möchte mich nicht anspucken, beschimpfen und was nicht alles lassen.

  10. 24.

    "Das hohe Netto kommt auch durch niedrigere Einkommenssteuern..."
    Das ist falsch. Setzen sie sich bitte mit der Lohnsteuertabelle B auseinander, bevor sie solche Unwahrheiten propagieren.

  11. 23.

    @ Klaus
    Bitte alles lesen." Berlin ist das letzte Land, das nicht verbeamtet. "

  12. 22.

    Dies ist leider nicht richtig. Die Bundesländer kehren oder sind zur Verbeamtung zurückgekehrt.

  13. 21.

    Stimmt, verbeamtete Lehrer sind nicht unbedingt die besseren Lehrer. Aber der Wettbewerb der Bundesländer um den Lehrernachwuchs ist hart.

    Leider hat sich die Unsitte der Verbeamtung der Lehrer über Jahrzehnte eingebürgert und ist jetzt ein Kriterium für Bewerber

    Ein Bundesland, dass Lehrer nicht verbeamtet, ist nicht so wettbewerbsfähig und wenig lukrativ für den Lehrernachwuchs

    Das deutsche Schulsystem ist reformbedürftig. Das Mitspracherecht der Eltern muss massiv eingeschränkt werden

  14. 20.

    Steffen, Ihre Aussage ist falsch.

    Der Dienstherr bildet während der Dienstzeit eines Beamten Rücklagen für die Pension.

    Sie sprechen das Thema Staatsschulden an. Dazu muss man sagen, dass das Beamtenrecht nicht mit dem Arbeitsrecht für Angestellte vergleichbar ist. Der Beamte befindet sich in einem besonderen Dienst- und Treueverhältnis und hat deutlich weniger rechte als ein Angestellter
    Für dieses besondere Verhältnis alimentiert (versorgt) der Dienstherr den Beamten nach dem aktiven dienst

  15. 19.

    Letztlich steht es jedem frei, rechtzeitig den richtigen Job zu ergreifen.

    Vor allem der zusätzlichen Vorsorge fürs Alter wird immer wichtiger.

    Wenn der Senat durch das Verbeamten mehr Lehrer gewinnen kann, ist das doch okay.

    Rechtlich müssen Lehrer nicht verbeamtet werden. Es gibt auch Bundesländer, die Lehrer generell nicht verbeamten.

    Ich frage mich immer, woher dieser Neid kommt? Jedem steht es frei, die Beamtenlaufbahn zu bestreiten.

  16. 18.

    Kein Lehrer übt hoheitliche Aufgaben aus. Ebenso haben Schulen keinen Erziehungsauftrag

    Es gibt keinen sachlichen Grund, Lehrer zu verbeamten. Der Senat führt nur die Verbeamtung für Lehrer wieder ein, um die Attraktivität zu steigern und genug Nachwuchs zu finden.

    Es gibt genug Bundesländer, die Lehrer generell nicht verbeamten.

    Aus rechtlicher Sicht müssen nur Polizisten, Feuerwehrleute und Justizpersonal verbeamtet werden.

    Lehrer erlassen und vollziehen keine Verwaltungakte

  17. 17.

    Die hoheitliche Aufgabe, die ursprünglich mal zur Verbeamtung der Lehrerschaft führte, war das Züchtigungsrecht.

  18. 16.

    Wossi, wo haben Sie diesen Unsinn her?

    Eine Schule hat keinen Erziehungsauftrag, sondern nur einen Bildungsauftrag

    Kein Lehrer übt hoheitliche Aufgaben aus, denn sonst durfte es keine Lehrer im Angestelltenverhältnis geben.

    Weder das ausstellen von Zeugnissen, noch benoten von Arbeiten sind hoheitliche Aufgaben.

    Wie kommen Sie darauf?

  19. 15.

    Prima, nun bitte noch die Berliner Rentner verbeamten( bzw. „Verpensionieren“) das würde dann die kränkelnde Rentenkasse deutlich entlasten und den neuen Pensionisten einen freundlichen Lebensabend sichern.

  20. 14.

    Der Steuerzahler gewinnt durch die Verbeamtung gar nichts. Es wird nur mal wieder die Schuldenlast von heute in die Zukunft verlagert, weil für die üppigen Pensionen natürlich keine Vorsorge angelegt wird. Deutschland hat unglaublich hohe versteckte Schulden, die den nächsten Generationen auf die Füße fallen werden und deren Entscheidungsfreiheit massiv einschränken wird. Übrigens ein Umstand, den das BVerfG beim Klimaschutz als unzulässig eingestuft hat. In allen anderen Bereichen geht die Trickserei der Politik munter weiter.

Nächster Artikel