Parkraumbewirtschaftung - Hier sollen in Berlin weitere kostenpflichtige Parkzonen entstehen

Der Berliner Senat will die Parkraumbewirtschaftung besonders in der Innenstadt stark ausweiten. Das soll helfen überhaupt Parkplätze zu bekommen, aber auch die Verkehrswende voran zu bringen. Wie weit ist die Hauptstadt damit? Von Nico Hecht
Der interaktive Stadtplan zur Parkraumbewirtschaftung auf der Internetseite der Berliner Verkehrs-Senatsverwaltung zeigt noch viele freie Zonen. Viele Bereiche befinden sich auch in der Innenstadt, wo Autofahrer bisher kostenlos parken. Das wird sich ändern, besonders innerhalb des S-Bahn-Rings. In den verschiedenen Bezirken wird es aber unterschiedlich schnell gehen.

In Tempelhof-Schöneberg soll bis 2023 parken überall im gesamten Bereich des S-Bahn-Ringes kostenpflichtig sein. Das sei ein engagiertes, aber erklärtes Ziel, sagt ein Bezirkssprecher. Dafür werden in diesem und im nächsten Jahr insgesamt acht neue Parkraumbewirtschaftungszonen innerhalb des S-Bahn-Rings in Tempelhof-Schöneberg ausgewiesen. Außerdem soll ab September in einer weiteren Zone am Tempelhofer Damm das Parken kostenpflichtig sein.
Charlottenburg-Wilmersdorf sieht in den Gebieten um den Schlossgarten, Klausenerplatz und Schloßstraße Potenziale für reines Bewohnerparken.
Vorreiter Bezirk Mitte
Schon im Jahr 2019 hatte der Senat einen Luftreinhalteplan beschlossen, der als Ziel ausgibt, parken überall innerhalb des S-Bah-Rings kostenpflichtig zu machen. Das hat der Bezirk Mitte seit Anfang Juli bereits geschafft. Zum Ende des Jahres sollen die kostenpflichtigen Zonen hier auch über den S-Bahn-Ring ausgedehnt werden, mit vier weiteren Zonen im Wedding. Diese sollen von August bis Dezember eingerichtet werden.
Auch in Pankow müssen Autofahrer bereits fast überall innerhalb des S-Bahn-Rings fürs Parken bezahlen.
Unterschiedliche Geschwindigkeiten
In Friedrichshain-Kreuzberg und Neukölln gibt es dagegen noch deutlich mehr Kostenlos-Bereiche. Im ersten Halbjahr 2023 sollen in Friedrichshain die Zone um die Krautstraße und in Kreuzberg die Zone im Wrangelkiez dazu kommen.
In Neukölln sind bisher nur die vorgeschriebenen Verkehrsuntersuchungen erledigt. Dabei wird festgestellt, wie viele Parkplätze es gibt und wie stark belegt diese sind. Ab Sommer kommenden Jahres beginnen dann im Bezirk die Ausweisungen von kostenpflichtigen Parkzonen rund um den Hermannplatz, im Donaukiez und im Reuterkiez. 2025 erst soll dann auch in Neukölln das Parken überall im Innenstadtbereich kosten.
Das dauere auch deswegen so lange, weil zum Beispiel erst Ausschreibungsverfahren für die Beschaffung von Parkautomaten abgewartet werden müssten, sagt der Neuköllner Bezirksbürgermeister Martin Hikel (SPD). Schilder müssten gefertigt werden und für die Kontrolle der Parkzonen müsste zudem viel neues Personal eingestellt werden - für Neukölln mehr als 100 Mitarbeiter. "Das geht alles nicht von jetzt auf gleich", so Hikel.
Berlin ist im europäischen Vergleich billig
Zurzeit müssen Kurzzeitparker in Berlin seit Anfang Juli pro Stunde zwei bis vier Euro zahlen, vorher waren es ein bis drei Euro. Anwohner zahlen für einen Parkausweis gut zehn Euro im Jahr. Das ist so billig, dass auch der Neuköllner Bürgermeister Hikel nach eigener Aussage davon ausgeht, dass deshalb niemand überlegt, das Auto abzuschaffen. "Deswegen wird man mit Parkraumbewirtschaftung in Neukölln auch nicht einfacher einen Parkplatz finden", sagt er.
Der Mobilitätsforscher Weert Canzler vom Wissenschaftszentrum Berlin für Sozialforschung sagt, um Effekte zu erzielen, würden andere Städte viel höhere Preise aufrufen. Spitzenreiter in Europa sei Oslo. Dort koste der Anwohnerparkausweis im Jahr knapp 900 Euro. "Das spüren die Leute. Dort sind tatsächlich auch Autos abgeschafft worden", so Canzler. Und es erziele den Effekt, dass nicht mehr alle Autos im öffentlichen Raum geparkt, sondern dafür private Parkplätze gemietet würden.
Aber auch in anderen deutschen Städten ist Parken deutlich teurer. In Freiburg kostet der Anwohnerparkausweis im Jahr 360 Euro, in Stuttgart 400 Euro.
Ab nächstem Jahr steigt der Preis auch in Berlin - auf 120 Euro. Das sei eine Summe, die spürbar sei und auch keine Behinderten oder Arbeitspendler, die wirklich aufs Auto angewiesen sind, benachteilige, sagt Hikel.
Dem widerspricht Mobilitätsforscher Weert Canzler. Bei der Diskussion um höhere Parkpreise seien auch Ausnahmen und Härtefallregeln mitbedacht. "Natürlich soll kein Behinderter auf ein wichtiges Auto verzichten müssen", so Canzler.
So erscheint die Erhöhung in Berlin von zehn Euro im Jahr auf zehn Euro pro Monat zwar hoch. Aber große Effekte erwartet Mobilitätsforscher Canzler davon trotzdem nicht.
Sendung: rbb24, 08.07.2022, 21:45 Uhr
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