Entscheidung entgegen dem Richterwahlausschuss - Justizministerin Hoffmann wegen Versetzung von Richtern in der Kritik

Mo 26.09.22 | 18:18 Uhr
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Susanne Hoffmann (CDU), Ministerin der Justiz am 29.09.2021 (Quelle: dpa/Soeren Stache)
Bild: dpa/Soeren Stache

Die Brandenburger Justizministerin Susanne Hoffmann (CDU) ist in die Kritik geraten, weil sie eigenmächtig Richter versetzt haben soll. Dabei habe sie den Richterwahlausschuss übergangen, hieß es von den Fraktionen von Linke und BVB/Freie Wähler. Der Richterwahlausschuss, der laut Gesetz über Versetzungen mitentscheidet, hatte in dem betreffenden Fall die Versetzung zuvor abgelehnt.

Konkret geht es um zwei Arbeitsrichter am Standort Eberswalde, die nach Cottbus beziehungsweise Neuruppin versetzt werden sollen. Das Arbeitsgericht Eberswalde wird ebenso wie der Standort Potsdam zum Ende dieses Jahres aufgelöst. Das ist Teil der wegen sinkender Fallzahlen angestoßenen Reform der Arbeitsgerichte in Brandenburg. Diese war auch aus der Arbeitsrichterschaft immer wieder kritisiert worden.

Linke: Eingriff in richterliche Unabhänigkeit

Die rechtspolitische Sprecherin der Linke-Fraktion und Mitglied im Richterwahlausschuss, Marlen Block, erklärte, sie empfinde die Versetzung als Disziplinierungsmaßnahme. "Dabei dürfte die Ministerin nicht einmal den Anschein erwecken, dass sie auf diese Weise in die richterliche Unabhängigkeit eingreift", so Block. Die Fraktion BVB/Freie Wähler kritisierte, die Ministerin übergehe den Richterwahlausschuss und sprach von "wenig Respekt vor einem demokratisch berufenen Gremium".

Das Justizministerium wollte zu der laufenden Personalangelegenheit keine Stellung nehmen. Generell gelte für Entscheidungen aber, dass sie im Einklang mit Recht und Gesetz getroffen würden.

Sendung: rbb24 Brandenburg aktuell, 26.09.2022, 19:30 Uhr

12 Kommentare

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  1. 12.

    Nun hat der RWA gegen die Ministerin entschieden und diese muss mit der Entscheidung leben.

    Traurig ist nur, dass eine Ministerin die 3 Säulen der Gewaltenteilung nicht kennt und anscheinend auch nicht weiß, dass diese nicht vermischt werden. Minister gehören zu Exikutive und Richter zur Judikative (sonst gehört niemand dazu)

    Sie hätte die Kollegen bitten können freiwillig zu wechseln.

  2. 11.

    Und Sie glauben wirklich, dass in Cottbus oder Neuruppin mehr Arbeitsgerichtsprozesse als in Potsdam zu bewältigen sind? Aber klar aus Potsdam fährt jeder gern nach Neuruppin zum Verhandlungstermin. Es gab im Vorfeld zu der Verlegung der Gerichte schon Diskussionen, die vom Ministerium abgewiegelt wurden.

  3. 10.

    Richter sind nicht frei und unabhängig sondern den geltenden Gesetzen unterworfen. Weiterhin Amtsträger und sollten daher versetzt werden können. Ein Einspruch ist wie bei jedem anderen Arbeitsplatz möglich. Ich sehe hier auch keine Einmischung in den Richterstand, der ja auch nicht geändert wird.

  4. 9.

    So ist es. Hier geht es offensichtlich nicht um Repressalien und die Unabhängigkeit der Justiz sondern um einen formaljuristischen Streit zwischen dem Recht auf die Standortbestimmung von Gerichten durch die Politik und die Bestimmung von Versetzungen durch die Richterschaft. Letztere ist geschaffen, um willkürliche Versetzungen als Strafaktion durch die Regierung zu verhindern, jedoch nicht dafür gedacht, erforderliche Restrukturierungen durch Standortzusammenlegungen zu verhindern. Wenn die Fallzahlen abnehmen, ist der Staat sehr wohl im Sinne der Steuerzahler verpflichtet, Gerichte zusammenzufassen. Was bei Arbeitnehmern in der freien Wirtschaft und selbst bei Beamten im normalen Staatsdienst völlig normal ist, passt der Richterschaft freilich nicht und sollte hier offenbar verhindert werden. Ein politischer Skandal ist das dann aber nicht.

  5. 8.

    Jetzt haben wir den "Salat", die Politik und nicht die Richterschaft entschedet über die Anzahl und Standorte der Gerichte, und der Richterwahlausschuss entscheidet über die Versetzung von einzelnen Richtern, in diesem Fall hat die Politik, trotz Widerstand der Richterschaft, die Auflösung einzelner Gerichte entschieden, und damit den betroffenen Richtern ihr Arbeitsfeld entzogen, ergo liegt eine Versetzung auf der "Hand", aber die wird von dem Richterwahlausschuss abgelehnt, ein anschauliches Beispiel wie man in eine Sackgasse geriet, und nun soll die Justizministerin an diesem Dilema allein Schuld sein.

    Im ganzen Bundesgebiet kam es immer wieder zu Umstrukturierungen der Gerichte, aber von einem solchen Dilema war nie was berichtet worden.

  6. 7.

    Das ganze System der Richterwahl steht viel zu sehr unter dem Einfluss der Politik.

    Kollegen, die ihre eigene Rechtsauffassung vertreten, können benachteiligt werden. Dabei ist die richterliche Unabhängigkeit eine Säule unserer Demokratie.

    Ich musste selbst gegen eine Stellenbesetzung klagen und habe nach Jahren gewonnen. Genau solche Klagen blockieren das System, sind aber leider immer öfter nötig

  7. 6.

    Danke für die Belehrung. Ich bin selbst Richter. Die Politik schlägt keine Richter vor

    Um die Unabhängigkeit zu wahren, wurde dieses Selbstverwaltungsinstrument geschaffen.

    Der Wahlausschuss nickt nicht ab. Die Ministerin hat geltendes Recht verletzt

  8. 5.

    Sorry Benny aber Sie sind etwas Leichtgläubig. Der Richterwahlausschuss kann nur das "wählen" was die Politik zuvor vorgeschlagen hat. Sie können lediglich abnicken. Ob sie sogar "nein" sagen könnten bin ich mir nicht mal sicher. Offensichtlich gehts ja auch ohne. Beschäftigen Sie sich mal damit WER Richter überhaupt ernennt und versetzt sehen wir ja gerade, beurteilt und befördert. Ihnen werden beim lesen die Augen rausfallen.
    Und wenn die Richter im Wahlausschuss, wie immer sie dahin gekommen sind, davon auch betroffen sind, dann wird es ganz wild.

  9. 4.

    So sieht also Gewaltenteilung aus? Die Politik sortiert die dienlichen Richter in die nutzlichen Ämter und die anderen "beiseite" In welcher Bananenrepublik sind wir nur gelandet.
    Schon schlimm genug, dass die Politik auch schon Richter ernennt.
    Wenn das da schon nicht funktioniert, wie ist das denn in anderen Institutionen wo Staatsferne herrschen sollte?

  10. 3.

    Die Ministerin hat gegen einen wesentlichen Grundsatz der Demokratie verstoßen. Sie hat kein Recht. Sich in die Richterschaft einzumischen.

    Wir sind völlig unabhängig. Über Ernennung oder Versetzung entscheidet der Richterwahlausschuss ohne jegliche Einmischung der Ministerin.

    Es wäre Zeit, dass die Ministerin ihren Hut nimmt

  11. 2.

    "Generell gelte für Entscheidungen aber, dass sie im Einklang mit Recht und Gesetz getroffen würden." Erstaunlich, dass das erwähnt werden muss. Oder wird auch mal anders entschieden?

  12. 1.

    Aha. Mich hätte jetzt noch interessiert, warum der Richterwahlausschuss die Versetzung abgelehnt hat, da der Standort ja aufgelöst werden soll.

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