Sondersitzung der Ministerpräsidenten - Länder fordern Energiepreis-Deckel vom Bund

Mi 28.09.22 | 21:12 Uhr
  12
Die Regierungschefs der Länder treffen sich zur Ministerpräsidentenkonferenz (MPK) in der NRW-Landesvertretung. (Quelle: dpa/B. Jutrczenka)
Audio: rbb24 Abendschau | 28.09.2022 | Arndt Breitfeld | Bild: dpa/B. Jutrczenka

Lange haben die Länderchefinnen und -chefs am Mittwoch um einen Konsens gerungen, wie sie sich gegenüber dem Bund bei der Finanzierung des Entlastungspakets positionieren. Am Ende der Gespräche steht zumindest eine Forderung: für einen Energiepreis-Deckel.

Die Länder fordern einen Energiepreis-Deckel für Strom, Gas und Wärme, um die Kosten-Explosionen für Privathaushalte und Unternehmen zu begrenzen. Das kündigte Nordrhein-Westfalens Ministerpräsident Hendrik Wüst (CDU) am Mittwoch nach einer Sonderkonferenz der Ministerpräsidenten zum geplanten Entlastungspaket III in Berlin an.

Die Bundesregierung müsse sich zügig auf ein Modell einigen, mahnte der Vorsitzende der Ministerpräsidentenkonferenz (MPK). Am 4. Oktober soll darüber in Bund-Länder-Gesprächen beraten werden. Der eigentlich im Anschluss an die MPK geplante Termin war wegen der Corona-Infektion von Bundeskanzler Olaf Scholz (SPD) verschoben worden.

Giffey und Woidke begrüßen Ergebnis

Die stellvertretende MPK-Vorsitzende, die Berliner Regierende Bürgermeisterin Franziska Giffey (SPD), bezeichnete das einstimmige Votum der Länder für die Einführung eines Energiepreis-Deckels als "bahnbrechende Entscheidung" und "Kernergebnis" der Beratungen. Dies könne "ein Stoppsignal" sein gegen Kostensteigerungen bei Privathaushalten, sozialen Trägern, Unternehmen und Industrie.

Ein ausgefeiltes Modell gebe es noch nicht, sagte Giffey. Mit Kosten in dreistelliger Milliardenhöhe sei aber zu rechnen. "Der Preis, den wir zahlen müssen, wenn wir einen solchen Energiepreis-Deckel nicht machen, ist aus unserer Sicht um ein Vielfaches höher als jetzt diese Entscheidung zu treffen." Die genauen Kosten habe eine Expertenkommission zu ermitteln.

Auch der Brandenburger Ministerpräsident Dietmar Woidke (SPD) begrüßte das Ergebnis der Beratungen. "Was wir jetzt brauchen ist eine Ausweitung des Energieangebots und die Energiepreis-Bremse. Dafür wird es unausweichlich sein, eine Ausnahme von der Schuldenbremse zu machen", wird Woidke in einer Mitteilung der Staatskanzlei zitiert. "Nun müssen wir sehen, dass wir auch kommende Woche mit dem Bund zu einer für alle tragbaren Verständigung kommen", so Woidke.

Knackpunkt Schuldenbremse

Die MPK war mit rund vierstündiger Verspätung gestartet, weil zuvor in stundenlangen getrennten Sitzungen der Länder mit CDU- und mit SPD-Beteiligung um einen Konsens gerungen worden war. Strittig sei vor allem das Thema Schuldenbremse gewesen, berichtete Giffey. Die Frage, ob neue Kredite zur Finanzierung von Entlastungen aufgenommen werden dürften, "konnten wir nicht abschließend klären". Die SPD-geführten Länder hätten dazu eine Protokollerklärung abgegeben und sich darin explizit für eine solche Möglichkeit ausgesprochen.

Wüst sagte, beim Bund-Länder-Gipfel in der kommenden Woche müsse auch über Steuererleichterungen gesprochen werden. Die sei ein besonders schnell wirkender Hebel. "Wir können uns kein langes Hin und Her leisten." Der MPK-Vorsitzende mahnte erneut "eine faire Lastenverteilung zwischen Bund, Ländern und Kommunen" an. Das betreffe unter anderem die Finanzierung des geplanten erhöhten und erweiterten Wohngeldes, steigende Kosten der Krankenhäuser, Regionalisierungsmittel für Busse und Bahnen und die Flüchtlingskosten. Darüber hinaus sei ein Schutzschirm für die Stadtwerke nötig.

Die Bundesregierung hatte Anfang des Monats ein 65 Milliarden Euro umfassendes drittes Entlastungspaket als Ausgleich für rasant steigende Preise vorgestellt. Die Finanzierungsfragen sind allerdings zwischen Bund und Ländern noch nicht geklärt. Die Ministerpräsidenten wehren sich vehement gegen zu hohe Kostenlasten und kritisieren den Stil der Ampel-Koalition bei ihrem nicht mit den Ländern abgesprochenen Aufschlag. Einzelne Länder hatten bereits mit Blockaden im Bundesrat gedroht.

Sendung: rbb24 Abendschau, 28.09.2022, 19:30 Uhr

12 Kommentare

Wir schließen die Kommentarfunktion, wenn die Zahl der Kommentare so groß ist, dass sie nicht mehr zeitnah moderiert werden können. Weiter schließen wir die Kommentarfunktion, wenn die Kommentare sich nicht mehr auf das Thema beziehen oder eine Vielzahl der Kommentare die Regeln unserer Kommentarrichtlinien verletzt. Bei älteren Beiträgen wird die Kommentarfunktion automatisch geschlossen.

  1. 12.

    Und nun stellen Sie sich vor, die Zufallsgewinne werden durch politische Anreize so vermieden, dass die teure und ungerechte Umverteilung wegfällt. Das wäre dann die ganz hohe Schule... weil das Geld gleich beim Verbraucher bleibt.

  2. 11.

    Gut ihren Standpunkt verstehe ich jetzt, teile ihn persönlich aber nicht.
    Entscheidend sind für mich die Marktrandbedingungen und ob der Prozess überhaupt marktfähig (im Sinne des gesellschaftlichen Zielfunktionals) ist. In einem Fall der höheren Gewalt, wie z.B. in einem seitens Russlands geführten Energiekrieg, muss der Markt in diesem Sinne immer versagen.
    Da muss die EU, notfalls der Staat, intervenieren und zwar in dem gleichen Tempo und Maße, wie man auch gemeinsam Sanktionen gegen Russland beschließt. Dazu kann auch die solidarische Abschöpfung von sogenannten „Zufalls“-Gewinnen gehören.
    Wir befinden uns schließlich im 7. Monat der Gewissheit, welche Marktverwerfungen auf uns warten.

  3. 10.

    Liberalere Lösungen deshalb, weil Schulden oder die Einteilung in gute/schlechte Gewinne ungerecht werden kann. Es kann nicht sein, dass Leute die nicht mit Geld umgehen können (kein großes Projekt war erfolgreich), nun fremdes Geld erneut einfordern, um es weiterzureichen, nach einer Moral die fragwürdig ist, wenn sie das Leistungsprinzip aushebelt. Haben Sie eine Ahnung was Herr Woidke mit "Zielgenau" meint? Da kann man das Allerschlimmste befürchten. Wirklich.

  4. 9.

    #4 Wossi:
    "...dass liberalere Lösungen gefunden werden..."
    Ok, vielleicht haben sie in #7 schon wieder vergessen, was sie in #4 gefordert haben oder sie verwenden den Begriff "liberal" ohne dessen Bedeutung zu kennen.

  5. 8.

    Also Sie argumentieren etwas was nicht gesagt wurde: „Zufallsgewinne gleich beim Bürger belassen, also erst gar nicht entstehen. “ Erfordert erhebliche Markteingriffe und ist das Gegenteil von Neoliberalismus. Zumal niemand das hier gefordert hat. Verfolgen Sie durchsichtig etwas anderes?
    Das das am besten Europa einschließen muss ist klar. Aber nur von Könnern statt Forderern zu stämmen.

  6. 7.

    Also Sie argumentieren etwas was nicht gesagt wurde: „Zufallsgewinne gleich beim Bürger belassen, also erst gar nicht entstehen. “ Erfordert erhebliche Markteingriffe und ist das Gegenteil von Neoliberalismus. Zumal niemand das hier gefordert hat. Verfolgen Sie durchsichtig etwas anderes?
    Das das am besten Europa einschließen muss ist klar. Aber nur von Könnern statt Forderern zu stämmen.

  7. 6.

    Sie verwechseln da gerade was. Ist gerade der Wirtschaftliberalismus, also die Denke alles könnte in Kapitalströme abgebildet und durch den freien Markt, inform der unsichtbaren Hand von Smith, geregelt werden, der gerade zu diesen Verwerfungen führt. Der Spinner in Russland hat das längst erkannt und orgelt kräftig auf der Klaviatur der Börsenspekulationen und Wetten herum.
    Und unsere Politiker, gefangen in ihrem Wirstchaftslobbyismus - und Expertenflüsterern, werden in diesem neoliberalen Kontext ganz sicher keine tragfähigen Lösungen finden. Hier muss der Staat schon selbst intervenieren. Besser europäisch geschlossen. Aber dort wo man sich europäisch bei Sanktionen fast im Tagestakt einig ist, bekommt man auf der Energieseite nach 7 Monaten nicht hin.

  8. 5.

    Hoffentlich hört die Bundesregierung den Warnschuss der Ministerpräsidenten!

  9. 4.

    Wenn bestimmte „Schuldenideologen*innen“ (immer dieselben und schön absurd) sagen: „Wir brauchen jetzt...“ dann wird das Gegenteil richtig sein. Es ist immer so. Es ist zu hoffen, dass liberalere Lösungen gefunden werden: Nämlich solche, die Zufallsgewinne gleich beim Bürger belassen, also erst gar nicht entstehen.
    Das obige Bild, mit so teurer Attitüde, darf etwas anderes erwarten lassen als nur Forderungen an andere. Warum die Zusammenkunft, wenn man selber nichts machen will?

  10. 3.

    Ich würde mal sagen es wird höchste Zeit zu Handeln statt immer nur zu diskutieren dieses bringt uns nicht weiter. Die Politiker/innen wurden gewählt um Schaden vom Deutschen Volk und der Deutschen Wirtschaft abzuhalten was ich zur Zeit nicht sehe dort wird jeden Tag eine neue Sau durchs Dorf getrieben. Es wird alle höhste Zeit die verfehlte Energie Politik dieser Regierung zu korrigieren ansonsten sehe ich schwarz für die Deutsche Wirtschaft und der Bevölkerung.

  11. 2.

    Deckelung kostet Geld, dass das Land nicht mehr hat!
    Zudem führt es dazu nicht zu sparen, sondern weiter wie bisher zu verschwenden.
    Wirtschaft "retten" ist zwingend für den Wohlstand, aber mit gezielten Maßnahmen, die nicht wieder wie bisher wenige Profitiere und viele Verlierer schafft. Letzteres hat bisher die FDP nahezu perfekt für ihre Wähler hinbekommen!!!!

  12. 1.

    Ich habe den Eindruck das die Ampelkoalition zur Zeit ohne Konzept ist. Mit dem Problem der Energieversorgung für Deutschland sind die Volksvertreter aller Parteien selbstverschuldet total überfordert. Was haben alle geschworen? Schaden vom deutschen Volk abzuwenden????

Nächster Artikel