Verkehrsminister Beermann fordert Investitionen - Brandenburg befürchtet Ausdünnung des Nahverkehrs

Mo 19.09.22 | 20:36 Uhr
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Guido Beermann (CDU), Brandenburger Minister für Infrastruktur und Landesplanung, während eines Interviews. (Quelle: dpa/Soeren Stache)
Audio: rbb24 Inforadio | 19.09.2022 | O-Ton Guido Beermann | Bild: dpa/Soeren Stache

Die Verkehrsminister debattieren weiter über das Nachfolgemodell für das Neun-Euro-Ticket. Der Brandenburger Verkehrsminister betont aber, diese Diskussion dürfe die Probleme im Nahverkehr nicht überlagern - und fordert vor allem Investitionen.

Brandenburgs Verkehrsminister Guido Beermann (CDU) dringt weiter darauf, dass erst mehr Geld für den öffentlichen Nahverkehr bereitstehen muss, bevor über eine Nachfolge für das Neun-Euro-Ticket entschieden wird.

"Der Bund muss sich bewegen und ein Angebot zur Erhöhung der Regionalisierungsmittel vorlegen", forderte er nach den Beratungen der Verkehrsminister von Bund und Ländern am Montag.

Bund und Länder streben bis Mitte Oktober Klarheit über ein Folgeangebot an, ringen aber noch um zusätzliche Milliarden für den gesamten Nahverkehr. Bundesverkehrsminister Volker Wissing (FDP) sagte am Montag nach den Beratungen mit seinen Amtskolleginnen und Amtskollegen, man komme dem Ziel deutlich näher, ein Folgeticket zum 1. Januar 2023 einzuführen.

Beermann: Investitionen müssen Vorrang haben

Die Diskussion um ein Anschlussticket dürfe die vorrangigen Probleme des Nahverkehrs nicht überlagern, sagte Beermann, der die Gefahr einer Ausdünnung des Nahverkehrangebots sieht. "Es kann nicht sein, dass das Pferd von hinten aufgezäumt wird."

Die Bundesländer würden so gut wie alle mit den Einnahmeausfällen während der Pandemie und den aktuellen Energiepreissteigerungen kämpfen. Auch für Brandenburg könnten die Kosten schon bald größer sein als die Mittel, die der Bund dafür zur Verfügung stellt. Bleibt es bei der aktuellen Finanzierung, befürchtet Beermann für diese Jahr eine Deckungslücke von 90 Millionen Euro, für nächstes Jahr sogar 170 Millionen Euro.

Allein um das Angebot im öffentlichen Nahverkehr aufrechtzuerhalten, brauchen die Länder ihm zufolge 1,65 Milliarden Euro zusätzlich vom Bund. Für einen Ausbau des ÖPNV seien weitere 1,5 Milliarden Euro nötig. "Es ist so, dass aufgrund der Verfassung der Bund in der Finanzierungsverantwortung ist und die Länder in der Verantwortung sind, den Verkehr zu bestellen und zu fahren. Der Ball des Handelns liegt jetzt ganz klar beim Bund", sagte Beermann dem rbb24 Inforadio. Bundesverkehrsminister Wissing stimmt der geforderten Erhöhung der Mittel bislang nicht zu.

Berlin und Brandenburg uneinig

Die Länder bekämen derzeit 9,5 Milliarden Euro an Regionalisierungsmitteln, doch das reiche nicht aus, erklärte Beermann: "Wenn wir jetzt Gefahr laufen, dass wir dort keine Unterstützung bekommen, dann muss man sich natürlich schon vor Augen halten, was das bedeutet. Das heißt, dass Investitionen gestoppt werden, dass der Nahverkehr ausgedünnt wird und schlimmstenfalls sogar Abbestellungen vorgenommen werden müssen."

Ohne die Erhöhung seien schon die aktuellen Bus- und Bahnangebote in Gefahr, sagt Beerman. Das gelte für Brandenburg und andere Bundesländer. "Und wo kein Bus, keine Bahn fährt, da hilft uns auch kein günstiges Ticket weiter. Das gilt insbesondere natürlich für den ländlichen Raum", so der Verkehrsminister.

Zuletzt hatte Brandenburg den Alleingang des Berliner Senats kritisiert. In der Hauptstadt wird es ein Nahverkehrsticket für 29 Euro im Monat geben, begrenzt auf den Zeitraum von Oktober bis Dezember. Ein gemeinsames Ticket mit Brandenburg kam nicht zustande - weil die Regierung in Potsdam den Erhalt und Ausbau des Nahverkehrsangebots in dem Flächenland für dringlicher hält.

Sendung: rbb24 Inforadio, 19.09.2022, 8:30 Uhr

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38 Kommentare

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  1. 38.

    Matthias:
    "Antwort auf [Immanuel] vom 19.09.2022 um 13:14
    Was bedeutet das unter dem Strich? Dem ÖPNV wird viel Geld entzogen und einigen Bürgern gegeben, womit diese ein Energiepreis verursachtes Problem ein wenig lindern können."

    Dem ÖPNV wird kein Geld entzogen. Im Gegenteil: Der ÖPNV wird immer weiter ausgebaut!

    Matthias:
    "Also werden Steuergelder zur Energiewirtschaft transferiert, anstatt sie wirkungsvoll zu investieren um den Betrieben langfristig Wirtschaftlichkeit zu sichern."

    Die Wirtschaftlichkeit ist bei den landeseigenen ÖPNV-Betrieben durch die staatlichen Zuschüsse gesichert.

    Matthias:
    "Finden Sie das sozial gerecht?"

    Ja, das finde ich sozial gerecht, dass sich jeder den ÖPNV leisten kann, egal ob reich oder arm.

    Matthias:
    "Was unternimmt Berlin gegen die hohen Energiepreise?"

    Das ist ein anderes Thema, was eher auf Bundesebene anzugehen ist.

  2. 37.

    Solange sich der ÖPNV in vielen Regionen von Brandenburg nicht verbessert - fehlende Bahnanbindung, langsame und höchstens stündliche Busse, schlechte Taktung, überfüllte und unpünktliche Züge, usw. werden Brandenburger Autofahrer:innen nicht auf diesen mangelhaften ÖPNV umsteigen. Das sieht man ja auch an den steigenden Pkw Zulassungen in den Flächenländern. Der ÖPNV, genau wie der Wohnungsbau benötigt einfach mehr Investitionen.

  3. 36.

    Wie schon geschrieben, denke ich, dass es sehr viel pragmatischer und einfacher wäre, z.B. allen diese Energiepreispauschale zu geben und diese bei den Besserverdienenden über die Einkommensteuer mindestens wieder einzusammeln als diese mit komplizierter Bedürftigkeitsprüfung auszuteilen. Das gleiche gilt für den ÖPNV: Man könnte ihn kostenfrei und damit steuerfinanziert machen. Damit wären alle nach ihrer Leistungsfähigkeit an der Finanzierung beteiligt. Und selbst die, die (umweltunfreundlich) nur Auto und nie ÖPNV benutzen, hätten etwas davon, dass es nicht mehr so viel Autoverkehr und Staus gäbe. Jeder Berliner hätte etwas davon, wenn es weniger Verkehr und Autoabgase gibt!

    Und ein deutlich preiswerteres Preissystem ist für mich die richtige Richtung zu einem kostenfreien ÖPNV - gerade in Zeiten, wo viele Menschen wenig Geld haben.

  4. 35.

    Der ÖPNV hat mehrere Zwecke. Es geht auch um die Förderung des Umstiegs vom Auto auf den ÖPNV aus Gründen des Klimaschutzes und der Minderung der Verkehrsbelastung.

    Ich halte die Mobilität für ein Grundbedarf, der niedrigschwellig sein sollte. Noch besser wäre es , wenn er kostenfrei wäre. Das würde Papier (Fahrkarten), Technik (Entwerter, Fahrkartenautomaten), Personal und damit viel Kosten einsparen.

  5. 34.

    Matthias:
    "Antwort auf [Immanuel] vom 19.09.2022 um 13:14
    Immanuel ich bitte Sie wirklich kurz mal nachzudenken.
    Wir alle also unser ganzes Land hat Probleme, dessen Ursache die hohen Energiepreise sind."

    Es gibt leider zur Zeit viele wichtige Probleme: Energiesicherheit, Energiepreise, Klimaschutz, Inflation, Armut.

    Matthias:
    "Nun nimmt Berlin Geld (Steuergeld) in die Hand und gibt den Nutzern des ÖPNV etwas davon (zurück) damit diese Ihre Energierechnungen für 1-2 Wochen bezahlen können. Allerdings ohne zu filtern, wer es wirklich notwendig hat. Sind ja nicht nur arme Schlucker, die in Berlin mit Bus+Bahn fahren."

    Ja, aber eine Differenzierung beim ÖPNV nach Einkommen und Vermögen ist nicht umsetzbar. Sinnvoll und pragmatisch wäre es, alles etwas zu geben und dieses Geld über die Einkommensteuer reinzuholen, denn dort haben wir bereits ein System, dass nach Einkommen differenziert.

  6. 33.

    Es ist ja nicht so, dass Berlin reich wäre. Die Brücke bis zu einem möglichen bundeseinheitliche Tarif ist dennoch in Ordnung. Leider ist diese bundeseinheitliche Lösung noch nicht in Sicht, drei Monate könnten, müssen aber nicht reichen. Politiker sollten grundsätzlich langfristig denken und kurzfristig handeln. Ob Berlin mit den drei Monaten richtig liegt, wird sich erst danach zeigen. Die drei Monate mit dem 9€ Ticket im Bund kamen gut an. Aber es war ein teurer Tropfen auf dem heissen Stein. Sämtliche Einmalzahlungen sind dies. Die Energiekosten werden uns noch länger belasten.

  7. 32.

    Toska:
    "Antwort auf [Matthias] vom 19.09.2022 um 15:26
    Ein sehr guter Kommentar den aber @ Immanuel nicht begreifen wird/kann."

    Woher wollen Sie das denn wissen? Sie kennen mich doch gar nicht!

    Aber von Ihnen wundert mich solch ein arroganter Kommentar überhaupt nicht. Waren nicht Sie es, die/der nach Zensur gerufen haben und gemeint haben, ich gehöre gesperrt, weil ich Menschen verachte, die glauben, sie seien aufgrund ihrer Abstammung etwas besseres als das gemeine Volk?

    Sachliche Argumentation ist jedenfalls nicht Ihr Fachgebiet!

  8. 31.

    Haben sie auch eine Begründung dafür warum er es nicht kann?
    Analysieren mal seine Kommentare. Die sind geprägt durch arrogante Belehrungen. Eine der Krönungen war das was er zum Ableben der Queen schrieb. Sogar dort verliert er jedes Augenmaß und jeden Respekt.

  9. 30.

    Das was Frau Giffey hier gemacht hat war hochgradig populistisch weil sie für ein komplexes und großes Problem eine populäre und fürs Individuum kleine Lösung für einige Bedürftige und einige nicht Bedürftige durchgesetzt hat, die weder nachhaltig noch volkswirtschaftlich sinnvoll ist.
    Für diejenigen die nicht tiefer drüber nachdenken eine Wohltat, die hintenrum mehr Schaden als Nutzen anrichtet, weil dieses Geld aus dem öffentlichen Sektor ÖPNV raus ist und im privaten Energiesektor verschwindet.
    Der Staat darf immer etwas für die Bürger machen auch vor Wahlen aber bitte überlegt und nicht so.

  10. 29.

    Ein sehr guter Kommentar den aber @ Immanuel nicht begreifen wird/kann.

  11. 28.

    Immanuel ich bitte Sie wirklich kurz mal nachzudenken.
    Wir alle also unser ganzes Land hat Probleme, dessen Ursache die hohen Energiepreise sind.
    Nun nimmt Berlin Geld (Steuergeld) in die Hand und gibt den Nutzern des ÖPNV etwas davon (zurück) damit diese Ihre Energierechnungen für 1-2 Wochen bezahlen können. Allerdings ohne zu filtern, wer es wirklich notwendig hat. Sind ja nicht nur arme Schlucker, die in Berlin mit Bus+Bahn fahren.
    Was bedeutet das unter dem Strich? Dem ÖPNV wird viel Geld entzogen und einigen Bürgern gegeben, womit diese ein Energiepreis verursachtes Problem ein wenig lindern können.
    Also werden Steuergelder zur Energiewirtschaft transferiert, anstatt sie wirkungsvoll zu investieren um den Betrieben langfristig Wirtschaftlichkeit zu sichern.
    Finden Sie das sozial gerecht? Die Symptome lindern und die Ursachen laufen lassen?
    Was unternimmt Berlin gegen die hohen Energiepreise? Gegen die Preise nicht die Kosten.

  12. 27.

    F.T.S.:
    "Antwort auf [Immanuel] vom 19.09.2022 um 13:16
    Natürlich darf und sollte auch der Berliner Senat seine Bürger entlasten, aber welche langfristige, echte Wirkung sehen Sie bei knapp 120 Euro Entlastung ohne feste Nachfolgeregelung?"

    Also 120 Euro haben oder nicht haben, das macht für viele schon einen Unterschied, auf den sie nicht freiwillig verzichten wollen - insbesondere in diesen Zeiten hoher Inflation.

  13. 26.

    Dann sollten sich Berlin und Brandenburg auch im Verkehrsverbund trennen. Überall dort wo es keine Interessenübereinstimmung gibt ist das angeraten. Berlin kann Brandenburg nicht zwingen "ein Berliner Prestigeobjekt zu finanzieren (Zitat von Brandenburger)". Gleiches gilt auch für den rbb.

  14. 25.

    Das 29 Euro-Berlin-A/B-Ticket ist doch ohne Bereich C und noch weiter weg. Also ein Schritt in die richtige Richtung ist die Trennung von Berlin und Brandenburg beim ÖPNV. Dann kann Brandenburg sich ganz allein entscheiden, ob und was hier im ländlichen Bereich angeboten werden soll. Sobald dann die Landesgrenze nach Berlin überschreitet zahlt man dann Berlinzuschlag! Dann kommt vielleicht auch nicht mehr jeder 2. Euro des VBB aus Mitteln von Bund und Ländern...
    Diese und weitere Infos hier online: https://www.vbb.de/fileadmin/user_upload/VBB/Dokumente/Verkehrsverbund/zdf-2021.pdf

  15. 24.

    Natürlich darf und sollte auch der Berliner Senat seine Bürger entlasten, aber welche langfristige, echte Wirkung sehen Sie bei knapp 120 Euro Entlastung ohne feste Nachfolgeregelung? Ein Alleingang setzt den Bund auch nicht unter Druck und das könnte Frau Giffey und Co. im neuen Jahr böse auf die Füße fallen, wenn sich der Bund nicht bewegt.

    Mit diesem Ticket werden dann auf Kosten des Gesamtnetzes der Bahn, welches bereits jetzt überlastet ist, die zusätzlichen Heiz- und Stromkosten der Abo-Kunden für wie lange gedeckt? Eine Woche vielleicht? Dafür dann weitere Ausfälle im Betriebsablauf hinnehmen?

  16. 23.

    Unsinn schreibst du. Brandenburg sollte sich an den Kosten beteiligen.

  17. 22.

    Sie beweisen mit ihrer Beleidigung lediglich, dass sie dumm sind. In einem ersten Berliner Entwurf sollte BB sich an den Kosten beteiligen. Darüber hat sogar dieser rbb berichtet - vorwurfsvoll gegenüber B B.

  18. 21.

    Ganz so einfach ist es eben nicht. Berlin und Brandenburg finanzieren gemeinsam einen Verkehrsverbund und teilen sich in der Berliner (!) Zone C einen Tarifbereich.

  19. 20.

    Matthias:
    "Frau Giffey hätte auch einfach fragen können, wessen Stimme sie für einmalig 100Euro für die nächste Wahl sichern kann.
    Das wäre dann ehrlicher, zielführender und wahrscheinlich auch billiger."

    Nein, das ist eine bloße böswillige Unterstellung. Na diesem leicht durchschaubarem populistischen Prinzip kann man alles, was in einem Jahr vor einer Wahl geschieht, als bloße unehrliche Steuergeschenke abwerten.

    Das bedeutet dann aber auch, dass der Staat in dem Jahr vor einer Wahl nichts für die Bürger tun darf, weil sonst sofort ein oberschlauer populist kommt, der dies als bloße Steuergeschenke diffamiert. Wollen Sie das wirklich?

  20. 19.

    Matthias:
    "Steuergeld ist u.a. dafür da, dass der Staat es sinnvoll in die Systeme investiert in denen freie Privatwirtschaft nicht im Sinne der Bürger funktioniert, die aber gesellschaftlich notwendig oder sinnvoll sind."

    Es ist aber auch Aufgabe des Staates den Grundbedarf abzusichern, und zum Grundbedarf gehört auch die lokale Mobilität.

    Matthias:
    "Wenn der Staat das Geld umverteilt für unnötige Geschenke an einige, verfehlt er die o.g. Aufgabe."

    Das sind keine "unnötigen Geschenke", sondern Hilfen, die insbesondere denen helfen, die wenig Geld haben und auf den ÖPNV angewiesen sind.

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