Streit um Areal in Hohensaaten - Umweltexperten kritisieren geplante Rodungen für Solarpark

Mi 21.09.22 | 20:10 Uhr | Von Wolf Siebert
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Eine Bürgerinitiative protestiert gegen das Projekt eines privaten Investors (Quelle: Wolf Siebert/rbb)
Audio: rbb24 | 21.09.22 | Stefanie Fiedler | Bild: Wolf Siebert/rbb

Insgesamt 370 Hektar Wald sollen in Märkisch-Oderland gerodet werden, um Platz auch für einen Solarpark zu schaffen. Eine Bürgerinitiative protestiert gegen das Projekt eines privaten Investors. In Bad Freienwalde hat sie sich vorgestellt. Von Wolf Siebert

Ein Strauß Sonnenblumen steht vorne auf dem Podium, als Marion Beise sich und die Bürgerinitiative "Pro Wald Hohensaaten" vorstellt. Rund 50 Menschen aus der Umgebung hätten sich darin mit einem gemeinsamen Interesse zusammengefunden - und zwar den Wald in Hohensaaten erhalten, die Region nachhaltig und lebenswert entwickeln. "Auch wir sind für regenerative Energien, aber nicht im Wald", sagt Marion Beise. Für Dienstagabend hatte die Initiative daher zu einer Infoveranstaltung in Bad Freienwalde geladen - mit Experten, die diese Haltung unterfütterten.

"Werden uns unsere Enkel nicht fragen?"

Dass 370 Hektar Wald in Hohensaaten (Märkisch-Oderland) für einen Solarpark, ein Rechenzentrum und ein Gewerbegebiet gerodet werden sollen, ist für den Waldökologen Martin Jenssen unvorstellbar, wie er sagt. Der Wald habe eine wichtige Kühlungsfunktion in einer Gegend, die von Versteppung bedroht sei. "Werden uns unsere Enkel nicht in einigen Jahren fragen, ob es nicht andere Stellen für den Solarpark gegeben hätte? Zum Beispiel an Autobahnen, auf Dächern und auf versiegelten Flächen? Ja, die hätte es gegeben."

Wälder könnten so etwas wie eine "Klima-Rettungsleine" sein, ergänzt Robert Bierkandt. Er ist promovierter Klimaphysiker, hat früher am Potsdamer Institut für Klimafolgenforschung gearbeitet und ist beschäftigt sich aktuell mit Fragen der Anpassungsfähigkeit der Gesellschaft an den Klimawandel.

Ein weiterer Kritikpunkt, den ein Zuhörer aufbringt: Wenn Wälder gerodet werden, wird das CO2 frei, das dort gebunden ist. Da helfe es auch wenig, dass der Investor als Ausgleichsmaßnahme an anderer Stelle neue Bäume pflanze, sagt auch Martin Jenssen, der seit Jahren in Eberswalde zu Waldökologie forscht.

Ein weiterer geladener Fachmann ist Anton Pigge, der unter anderem als faunistischer Gutachter Arten bei Bauvorhaben erfasst. Er warnt vor dem Verlust seltener Tierarten, die in dem Wald Lebensraum und Brutrevier hätten: Seeadler, Schwarzstorch und verschiedene Fledermaus-Arten.

Eine Bürgerinitiative protestiert gegen das Projekt eines privaten Investors (Quelle: Wolf Siebert/rbb)
Bild: Wolf Siebert/rbb

Nachdenklichkeit unter den Stadtverordneten

Unter den rund 80 Zuhörerinnen und Zuhörern, die zu der Informationsveranstaltung gekommen sind, sitzt auch Jörg Grundmann. Der Linken-Politiker hatte in der Stadtverordnetenversammlung dafür gestimmt, dass das Solarprojekt die erste Hürde nahm - den Start des Bebauungsplanverfahrens. "Aber damals war das Detailwissen zum Wald und zu den anderen Dingen, die heute hier - wie ich finde objektiv - berichtet worden sind, nicht bekannt", sagt er. und fängt sich damit die Kritik einer Zuhörerin ein: "Ich finde es wichtig, dass sich Stadtverordnete vor einer Entscheidung sachkundig machen", betont sie. An dieser Stelle wird die Debatte lebhaft, mehrere Zuhörer bitten, die Stadtverordneten nicht an den Pranger zu stellen - wichtiger sei es zu schauen, was man als Bürger tun könne. Und das sei doch: "Das Thema an die SVV 'ran tragen und deutlich machen: Was sind die Sorgen der Bevölkerung? Und welche Konsequenzen hat das, wenn die SVV sagt: 'Ist doch schön, prima, wenn der Wald aufgeräumt wird'?"

Während des zurzeit laufenden Bebauungsplanverfahren prüfen unterschiedliche Behörden die Pläne des Investors, und Wasser- und Energieversorger geben ihre Stellungnahmen ab. Zentral dabei ist die Umweltverträglichkeitsprüfung, darunter arten- und naturschutzrechtliche Fragen. Auch Anke Jenssen vom Landesamt für Umweltschutz gehört zu denen, die das prüfen. Für sie ist der Artenschutz gleichsam ein "K.O.-Kriterium", da könne nichts abgewogen werden: "Da kann die Stadtverordnetenversammlung nicht einfach sagen: 'Schwarzstorch und Seeadler interessieren uns nicht'."

Misstrauisch reagieren allerdings einige der Zuhörer, als sie erfahren, dass der Investor das Gutachten bezahlt. Anke Jenssen vom Landesamt für Umweltschutz beruhigt und sichert zu, dass das Gutachten intensiv geprüft werde. Und sie wagt eine Prognose: Der Solarpark-Plan werde "mit Sicherheit sicherlich nicht so durchmarschieren, wie sich das Herr Lindhorst und seine Partner vorstellen".

Wald war früher Militärgelände

Demgegenüber hatte die Lindhorst-Gruppe argumentiert, dass der Wald in Hohensaaten ökologisch wertlos sei, der Boden zudem aufgrund jahrzehntelanger militärischer Nutzung mit Altlasten durchsetzt. Unter den Zuhörern saß ein älterer Mann, der dem widersprach: Seine Firma habe das Gelände in den 1990er Jahren beräumt, Tiefbunker gebe es nicht mehr, und von den gesprengten Bunkern gehe keine Gefährdung aus.

Voraussichtlich im kommenden Frühjahr wird sich die Öffentlichkeit ein Bild davon machen können, welches Ergebnis die Prüfung des Projekts "Solarpark Hohensaaten" gebracht hat.

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Beitrag von Wolf Siebert

30 Kommentare

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  1. 30.

    Was reden Sie denn da von Aufforsten? Sobald ein Wald im Rahmen eines Renaturierungsprojektes sich selbst überlassen wird, wie Sie es zum Beispiel am Kleinen und Großen Tornowsee bei Buckow in der Märkischen Schweiz sehen können, wächst alles von selbst. Natürliche Wälder speichern durch die Vielfalt an Pflanzen viel mehr CO2 als aufgeforstete. In einem Bericht heißt es "Die Wissenschaftler kommen zu dem Schluss, dass ursprünglichere Wälder mehr CO2 einlagern und damit besser fürs Klima sind. Sie schützen effektiver vor Bodenerosion, sind besser für den Wasserhaushalt und sorgen für mehr Biodiversität." https://www.n-tv.de/wissen/frageantwort/Aufforstung-durch-Baumplantage-oder-Naturwald-Forscherteam-ueber-die-Vor-und-Nachteile-article23210813.html

  2. 29.

    die freiflächen pv anlage sorgt doch dafür dasa diese welt ein biologisch totes gebiet wird..
    schaun sie: auf sagen wir 5000 qm werden solarpaneele installiert die in der sonne mein spiegelei brutzeln können. was macht das mit der atmosphäre? die wird aufgeheizt.. richtig. und was passiert hier grade? durch eine n erhöhten anteil von co2 oder anderen umweltgiften und mehr autos und mehr kraftwerke die wärme produzieren erwärmt sich unsere atmosphäre..
    dadurch verschiebt sich unser klima. dadurch regnet es unbeständiger..
    leute.. es kann nicht immer so weiter und weiter gehn.. dafür hab ich meine kinder zu lieb.

  3. 28.

    ich verstehe nicht wer hier den knall noch nicht gehört hat. bei uns sind 800 ha wald abgefackelt. in europa 800.000 ha. wir brauchen wirklich jeden cm grün über unseren köpfen um kühl zu bleiben.. mit dem geladenen smartphon oder suv kann ich mir keinen sauerstoff oder vllt sogar regen kaufen. aber der wald sorgt für eine grundfeuchte in der atmospäre. leute. lasst uns endlich sparsam mit den ressourcen umgehen bzw wieder mehr natur zulassen.. sonst krepieren wir alle qualvoll

  4. 27.

    Landfraß läßt grüßen! Hoffentlich hat die BI mehr Erfolg als bei Tesla Freienbrink!

  5. 26.

    Mitten in den Wald kann man ein paar WKA's stellen, die verbrauchen wenig Grundfläche (und somit Wald)
    liefern aber auch grünen Strom.
    PV gehört auf die Dächer, dort ist der Boden eh schon versiegelt, und sie sind näher an der Sonne.
    (Mag nur 0.000001% bringen, ...)
    Ich bin für EE Ausbau, aber manchmal frag ich mich echt, ob da jemand das Hirn einschaltet.

  6. 25.

    Sie wollen die Wälder im großen Stil durch ständiges Aus- und Aufforstung in eine stärkere CO2-Senke umwandeln, indem sie die feste Kohlenstoffstruktur Holz vermehrt als Baustoff nutzen oder irgendwo dauerhaft einlagern? Aber auch diese Rechnung geht letztendlich nur auf Kosten der Diversität auf. Schließlich fackeln ihnen solche vorgeschlagen "schnellen" Monokulturen, denn die benötigen sie um ihr Zeitproblem zu lösen, bei jeder Dürre sofort ab und setzen das so mühselig gespeicherte C doch wieder als CO2 frei.
    Und wenn die Wegwerfbauten dann abgerissen werden passiert überwiegend was mit dem Holz? Richtig, verbrennen und schwubs ist das ganze Zeug doch wieder in der Atmosphäre nur ein paar Jahrzehnte später.

  7. 24.

    "Eine Freiflächen PV-Anlage ist kein biologisch totes Gebiet. Unter den Modultischen wird nix betoniert, da lebt es weiter nur anders als jetzt.
    Trotzdem ist der Nutzen immer kritisch zu hinterfragen."

    Richtig insoweit dauerhafter Schatten nebst höherer Temperaturen aufgrund der einhergehenden Wärmedissipation für das Bodenbiotop unkritisch ist. Aber hier reden wir vom Roden eines ganzen Waldes, dessen zugehöriges Biotop zudem auch nicht unter Solarflächen leben kann.

    Zusammenfassend kann man sagen, je weniger wir als Störfaktor auf unser Ökosystem wirken wollen umso intelligenter müssen die einzusetzenden Maßnahmen sein. Die Zeiten der bequemen riesigen zentralen Kraftwerke ist im Wesentlichen vorbei. Aber viele Großinvestoren versuchen immer noch erneuerbare Energie nach altem Stil einfach zentral in riesigen Mengen zu ernten, entsprechend die eigene Mage zu maximieren und vor allen Dingen damit den zukünftigen Strommarkt zu kontrollieren.

  8. 23.

    Die Forschung hinsichtlich unserer Wälder ist weiter voran gegangen. Wälder als Co2-Speicher sollten ein Alter zwischen 20-60 Jahre haben. Es muss regelmäßig aufgeforstet werden, damit dieser Wald seine CO2-Speichereigenschaft erhalten kann. Es ist immer noch ungeklärt, woher denn die Massen an Strom kommen sollen, wenn wir jetzt auch noch AKWs zum Jahresende vom Netz nehmen wollen. Also ich würde gern auch 2023 arbeiten, dafür benötige ich Strom, auch für meine Wärmepumpe.

  9. 22.

    Es ist immer wieder schön, hier Kommentare zu lesen, die Pipi Langstrumpf-Charakter haben... Aber mal ehrlich: Wo soll denn der grüne Strom herkommen, wo soll dieser gespeichert werden und wie transportiert werden? Solar erfordert Sonne, Windräder nun einmal Wind etc. Stromkonsum findet aber nicht nur da statt, wo dieser "grüne Strom" produziert wird und auch nicht nur zu der Zeit, zu der er produziert wird. Das bedingt bestimmte Entscheidungen, die nicht jeder so toll findet.

  10. 21.

    Allen die jetzt an der Politik zweifeln. Es ist eine Anfrage eines privaten Investors die durch Behörden geprüft wird.
    Erst wenn ein positiver Bescheid vorliegt, wäre es sinnvoll die Politik zu kritisieren, weil sie dies nicht verhindert hat.
    Waldumwandlung für solche Zwecke wird kein Selbstläufer.
    Wenn die Gemeinde jedoch wie im vorhergehenden Artikel beschrieben ein Industriegebiet mit Solarpark genehmigen würde, sind die Karten für den Wald nicht besser.
    An einige Berliner die sich äußern. Ein Problem daran ist, dass Städte wie Berlin bislang beim Thema Energiewende stark hinterherhinken obwohl sie die Energie benötigen und die versiegelten toten Flachen (Dächer) haben. Dies verursacht zusätzlichen Landverbrauch ausserhalb der Städte.
    Eine Freiflächen PV-Anlage ist kein biologisch totes Gebiet. Unter den Modultischen wird nix betoniert, da lebt es weiter nur anders als jetzt.
    Trotzdem ist der Nutzen immer kritisch zu hinterfragen.

  11. 20.

    Ich nehme an, der Investor meinte ökonomisch wertvoll, heißt dass er ohne Solarfeld und Bebauung keinen Profit rausschlagen kann.

  12. 19.

    Keine Ahnung von was sie überhaupt die ganze Zeit reden. Offenbar ist Ihnen die Natur (Planet Erde) und der Zusammenhang, warum die so wichtig für den Fortbestand der Menschheit ist, unbekannt. Wälder und das ganze Biotop sind für unsere Umwelt genauso wichtig, wie die Vermeidung von menschengemachten Treibhausgasen.
    Also wenn sie der Meinung sind, dass das Abholzen von Wäldern zum Zwecke des Aufstellen von Solarparks irgendetwas mit Klimaschutz und mit der Verbesserung unserer Lebensgrundlage zu tun hat, dann ist ihnen sowieso nicht mehr zu helfen.

    "...prüfen unterschiedliche Behörden die Pläne des Investor..."
    Also es handelt sich um einen privaten Investor. Sein profitgetriebenes Handeln muss nicht zwangsläufig mit den Klimazielen der EU oder Deutschlands einhergehen, wie wir ja lesen können.

    Im übrigen haben wir in Deutschland genügend Gebäudeflächen für den umweltfreundlichen Einsatz von Solaranlagen und der Erzeugung treibhausfreien Stroms!

  13. 18.

    Ich bin sehr für Solar-Ausbau, aber dafür Wald zu roden verfehlt den Sinn! Als ob es nicht genug Dach- und Brachflächen gäbe! Da ist die Politik mit Schuld, die viel billiges Lob für erneuerbare Energien verbreitet, aber unternimmt, um diese auch tatsächlich zu fördern!

  14. 17.

    "Demgegenüber hatte die Lindhorst-Gruppe argumentiert, dass der Wald in Hohensaaten ökologisch wertlos sei..."
    Wie kann denn Wald ökologisch wertlos sein? Noch dazu, wenn es um eine solche Fläche von 370 Hektar geht?
    Unglaublich, so eine Argumentation...

  15. 16.

    Klimaschutzziele sind dann doch wohl eher von der EU und Bundesregierung "zum Wohle aller" verfolgt, weniger handelt es sich um eine regionale "Verschwörung" im ländlichen Bereich, aber ein netter Versuch ;-)

  16. 15.

    "Wie krank ist die Grüne Fraktion "
    Sie können mich gerne korrigieren, aber in welchen Fällen haben die Grünen auf die Rodung von Waldflächen zur Schaffung von Solarfläche gedrungen??

  17. 14.

    Sicher, aber in dem Fall wird noch so getan, als täte man etwas aktiv für die Umwelt. Tatsächlich will man nur auf Kosten der Umwelt fette Renditen erzielen und schiebt den "regenrativen" Ansatz vor.
    Und das Kranke darin ist, dass die Investoren davon überzeugt sind, dass die verantwortliche Gemeinde und die Menschen genauso denken wie sie, also nur an das Geld.

  18. 13.

    "Aber damals war das Detailwissen zum Wald und zu den anderen Dingen, die heute hier - wie ich finde objektiv - berichtet worden sind, nicht bekannt" meint der Politiker. Wie nützlich und wichtig der Wald ist, lernt jedes Kind in der Grundschule. Da hat wohl einer geschwänzt.

  19. 12.

    "Solange es bei der Rechtschreibung hapert, sehe ich keine Gefahr.
    Hat man doch ein herhes Ziel vor Augen: Energiewende, Klima, Deindustriealisierung, Mittelalter."
    Na ja, Fehler....Glashaus...
    Ansonsten ziemlich dreist sich hier Klimafreund zu nennen sind die Parallelen zum AfD Gesülze doch für jeden leicht erkennbar.
    Wald für PV abholzen, auch wenn die Gefahr besteht das er eh bald abbrennen kann, geht gar nicht.

  20. 11.

    Na auch "Grüne Energie" hat einen Preis. Neben Energietrassen, Speicherbereich, Windrädern auch Solarparks... Jetzt verwundert zu tun ist spannend.

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