Brandenburger Innenminister in der Kritik - Kaum Rückhalt aus den eigenen Reihen für Stübgen

Fr 02.09.22 | 16:44 Uhr | Von Nico Hecht
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Michael Stübgen (r, CDU), Minister des Innern und für Kommunales, im Hintergrung der Brandenburger Polizeipräsident Oliver Stepien (Quelle: dpa/Soeren Stache)
Audio: rbb24 Inforadio | 02.09.2022 | Nico Hecht | Bild: dpa/Soeren Stache

Michael Stübgen steht unter Druck wegen einer ganzen Liste an Vorwürfen. Im Innenausschuss des Landtages musste sich der Minister mehr als eine Stunde gegen Angriffe der Opposition wehren - ohne Hilfe aus den eigenen Reihen. Von Nico Hecht

"Da ist ein Innenminister unterwegs, der abgehoben ist und die Bodenhaftung verloren hat, um zu erkennen, wie sein Agieren in der Öffentlichkeit wirkt." So beschreibt der Vorsitzende der Fraktion von BVB /Freie Wähler, Peter Vida, wie er den Brandenburger Innenminister Michael Stübgen (CDU) in den vergangenen Wochen erlebt.

Im Innenausschuss des Brandenburger Landtags haben Vida und die Oppositionskollegin und Linken-Abgeordnete Andrea Johlige eine lange Liste mit Fragen an den Innenminister – vor allem zu den Vertragsbedingungen zum geplanten Behördenzentrum am Flughafen BER und zur Entfristung des Arbeitsvertrages seiner Büroleiterin, dem der Personalrat eigentlich widersprochen hatte. Für beides hagelte es schon in den vergangenen Wochen viel Kritik. Auch im Innenausschuss gelingt es Stübgen nicht, sich wieder in ein günstigeres Licht zu setzen. Im Gegenteil.

Hitzige Debatte ohne klare Antworten

Vida und Johlige fordern Stübgen mehrmals auf Stellung zu nehmen. Aber der Innenminister lässt den Job von seinen Staatssekretären erledigen – bis ihm dann doch der Kragen platzt und er unvermittelt lospoltert: "Das ist doch Unsinn", ruft Stübgen in den Saal. Den Vorwurf der Opposition, die Vertragsentwürfe für das geplante Behördenzentrum würden dem Investor marktunüblich hohe Gewinne bescheren, nennt er "Kindergarten-Ökonomie".

Seine Antworten nach der Qualifikation seiner Büroleiterin für eine unbefristete Beschäftigung im Ministerium verwirren die Ausschussmitglieder eher, als dass sie aufklären. Johlige bescheinigt dem Innenminister daraufhin noch in der Sitzung, sein Verhalten würde in einer Zeit, in der Abgeordnete mit Glaubwürdigkeitszweifeln in der Bevölkerung kämpften, dazu beitragen, Politik weiter zu delegitimieren.

Kaum Rückendeckung aus den eigenen Reihen

Alle Beobachter des Ausschusses erleben dabei außerdem, dass auch bei heftigen Vorwürfen kein einziger Kollege aus der eigenen Partei oder aus der rot-schwarz-grünen Regierungskoalition Stübgen zur Seite springt. Erst am nächsten Tag sagt der CDU- Fraktionsvorsitzende Jan Redmann, er erkenne da eine Kampagne gegen den Innenminister. Aus politischen Gründen werde da ein Strauß an Vorwürfen geflochten. Im Innenausschuss habe Stübgen aber sehr detailliert alle Fragen beantwortet und Vorwürfe entkräften können.

Redmann sagt weiter, er sehe auch nicht, dass die Vorwürfe den Innenminister von seiner Arbeit für das Land Brandenburg ablenken würden. Von den anderen Regierungsparteien will aber auch am Tag danach niemand Stübgen verteidigen. So lehnen SPD und Grüne alle Interview-Anfragen ab. Aus Teilen der Koalition kommt aber der Hinweis, kein Kommentar sei doch auch ein Signal.

Innenminister handlungsunfähig?

Auch bei den Oppositionsparteien äußert man, dass Stübgen kaum mehr Rückhalt findet, weder bei eigenen Parteifreunden noch bei den Regierungskollegen. "Der Minister ist gerade ganz alleine zu Hause", formuliert es Andrea Johlige. Und sie fügt hinzu, das werde so bleiben, so lange Stübgen sich "so verhält, wie er es gerade tut".

Peter Vida sagt, der Innenminister habe keinen funktionierenden Sensor mehr, um zu erkennen, wie es wirke, wenn er in der aktuellen Krise überall zum Sparen aufrufe, aber bei Behördenzentrum und Entfristung der Büroleiterin das Geld mit vollen Händen auszugeben plane. Außerdem seien das nur zwei von so vielen Kritikpunkten, zu denen sich der Innenminister erklären müsse, dass er kaum mehr Zeit habe, sich um seine eigentlichen Aufgaben zu kümmern. Stübgen müsse sich jetzt schnell aus diesen Rückzugsgefechten befreien oder über personelle Konsequenzen nachdenken, so Vida.

Die innenpolitische Sprecherin der AfD-Fraktion, Lena Kotré, fordert Stübgen gar zum Rücktritt auf. Er sei viel zu sehr mit der eigenen Verteidigung beschäftigt und damit, "Günstlingen" Jobs zu verschaffen, als dass er sich noch den Aufgaben seines Amtes widmen könne.

Sendung: rbb24 Brandenburg aktuell, 02.09.2022, 19:30 Uhr

Beitrag von Nico Hecht

12 Kommentare

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  1. 12.

    Solange die politische Richtung weiterverfolgt wird sollten die Personalien doch relativ egal sein.
    Unter Stübgen wurden für mich viele gute Sachen in puncto innere Sicherheit und Verfassungsschutz angestoßen.
    Kampf gegen Kindesmissbrauch, Ermittlungsunterstützung, Verfassungstreue, etc. #Opferschutz
    Link: https://www.rbb24.de/politik/beitrag/2022/08/brandenburg-innenpolitik-schaerfung-polizeigesetz-kindesmissbrauch.html
    Link: https://www.rbb24.de/politik/beitrag/2022/08/brandenburg-innenminister-stuebgen-gesetz-kennzeichenerfassung.html
    Link: https://www.rbb24.de/politik/beitrag/2022/08/brandenburg-beamte-verfassung-treue-check-extremisten.html

  2. 11.

    "Die Kennzeichenerfassung hilft sicherlich dem Autoklau durch unsere Osteuropäischen Nachbarn etwas Einhalt zu gebieten." So ein Unsinn. Wann geht Ihr Auto in die Fahndung? Am nächsten Morgen, wenn Sie aufgestanden sind.
    Aber Sie sollten sich über die Fahndungseinsätze des KESY informieren.
    Gesucht wurden hauptsächlich Suizidgefährdete.
    Im Jahr 2018 wurde 147 mal die Datenbank benutzt. Dafür haben 66(!) Mitarbeiter nur für die Pflege der Daten gesorgt.(*)
    Und ja, Sie gehören sicher auch zu der Fraktion sie haben nichts zu verbergen. Da ist es auch vollkommen egal, das jahrelang ihre Daten rechtswidrig gespeichert wurden.

    (*) https://www.tagesspiegel.de/berlin/folgen-der-fahndung-nach-rebecca-datenschuetzerin-ruegt-kennzeichen-speicherung-der-polizei/25397858.html

  3. 9.

    Bitte nicht zurücktreten!
    Sonst entstehen doch nur noch mehr Kosten.
    Nach Stübgen würde vermutlich auch nichts besser werden.

  4. 8.

    Ich finde Stübgens Haltung gut. Die Kennzeichenerfassung hilft sicherlich dem Autoklau durch unsere Osteuropäischen Nachbarn etwas Einhalt zu gebieten. Aber wenn man selbst noch nie davon betroffen war, kann man klug über den Datenschutz reden.

  5. 7.

    Dann meinen Sie also, das die Äußerungen von unserer Außenministerin in Prag frei erfunden sind und die Verbreiter dieser Nachricht lügen? Ich traue dieser Frau alles zu, nur keine fachliche Kompetenz.

  6. 6.

    Ja, Herr Woidke will kein Machtwort sprechen. Aber es sei mir erlaubt, diese Frage habe ich im Zusammenhang mit Herrn Stübgen schon öfter in Kommentaren gestellt. Die Angst vor dem Zerbrechen der Koalition muss sehr groß sein? Die Frage, die sich dann stellt ist noch viel tiefgreifender: Ist es der richtige MP für das Land?

  7. 5.

    Es gehört hier nun nicht zum Thema, aber auf BR24 können Sie den Originaltext in deutscher Übersetzung lesen. Bitte informieren Sie sich. Alles andere zum Thema Innenminister Stübgen steht in #2 von mir. Herr Stübgen ist für mich in dieser Position nicht mehr tragbar. Oder warum äußern sich die anderen Regierungsparteien nicht zu seiner Verteidigung? Er wird wahrscheinlich auch dort kein Vertrauen mehr genießen?

  8. 4.

    "Wann spricht der MP Woidke endlich ein Machtwort? "
    Gar nicht. Das hat er bei Nonnemacher nicht gemacht und jetzt auch nicht. Er kann es nicht, da er es nicht will.

  9. 3.

    Guten Abend,
    Mittlerweile sollte sich herumgesprochen haben, dass unsere Außenministerin genau das weder gesagt noch gemeint hat. Quellenstudium hilft und verhindert, dass man sich vor populistische Karren spannen lässt.

  10. 2.

    Wenn der Innenminister Stübgen im Bezug zu der Kennzeichenerfassung bedauert sich an Bundesgesetze halten zu müssen ist das sehr fragwürdig. Denn schon dort stellt er alle Nutzer der Autobahn unter Generalverdacht. Wenn er alle Antworten zu der Datenspeicherung/ Zugriff/ Zeitraum der Speicherung nicht beantwortet und sogar von der Datenschutzbeauftragten in die Schranken gewiesen werden muss, ist er einfach nicht mehr tragbar. Wann spricht der MP Woidke endlich ein Machtwort? Oder geht der Erhalt der Regierungskoalition schon über alles?

  11. 1.

    Wie sagte unsere Außenministerin. Egal was die Wähler sagen.
    Er passt dazu. Keine Bodenhaftung.

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