Eckpunktepapier durchgewinkt - 20 bis 30 Gramm Cannabis sollen straffrei bleiben

Mi 26.10.22 | 12:01 Uhr
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Symbolbild: Cannabisblüten werden aus einem Tegel entnommen. (Quelle: dpa/B. Roessler)
Video: rbb|24 | 26.10.2022 | Material: rbb24 Abendschau | Bild: dpa/B. Roessler

Die Ampel-Regierung geht den nächsten Schritt in Richtung Cannabis-Legalisierung in Deutschland und beschließt Eckpunkte für das Vorhaben. Ob die Pläne umgesetzt werden können, ist aber noch offen.

Das Bundeskabinett hat am Mittwoch die Pläne von Bundesgesundheitsminister Karl Lauterbach (SPD) zur Legalisierung von Cannabis gebilligt. Mit der Vorlage setzt Lauterbach ein Vorhaben aus dem Koalitionsvertrag der Ampel-Regierung um. Nach dem Kabinettsbeschluss soll nun das Gesetzgebungsverfahren beginnen.

Die von Lauterbach eingebrachten Eckpunkte zum geplanten Gesetz sehen folgendes vor:

  • Cannabis und der Wirkstoff Tetrahydrocannabinol (THC) sollen rechtlich nicht mehr als Betäubungsmittel eingestuft werden.
  • Erwerb und Besitz von bis zu 30 Gramm sollen straffrei bleiben.
  • Der private Eigenanbau soll erlaubt werden: "drei weibliche blühende Pflanzen pro volljähriger Person", heißt es in dem Papier. Die Pflanzen müssen aber vor dem Zugriff von Kindern und Jugendlichen geschützt werden.

Verkauf in Fachgeschäften, keine Werbung, kein Versandhandel, "Cannabissteuer" kommt

  • Der Verkauf an Erwachsene soll in "lizenzierten Fachgeschäften" mit einem Zutritt erst ab 18 Jahren und möglicherweise auch Apotheken ermöglicht werden.
  • Die Menge, die pro Kunde verkauft werden kann, wird begrenzt.
  • Einen Versandhandel für Cannabisprodukte soll es nicht geben.
  • Werbung für Cannabisprodukte wird untersagt.
  • Eine "Cannabissteuer" richtet sich nach dem THC-Gehalt. Ziel sei ein Endverbraucherpreis, "welcher dem Schwarzmarktpreis nahekommt".
  • Der Handel ohne Lizenz bleibt strafbar.

Keine THC-Obergrenze, mehr Aufklärung - Bestandsaufnahme nach vier Jahren

  • Für Menschen ab 21 Jahren soll es keine Obergrenze für den THC-Gehalt geben. Dies wäre ein zu großer Aufwand bei der Strafverfolgung, heißt es.
  • Für jüngere Erwachsene wird hingegen eine Höchstgrenze beim THC-Gehalt geprüft.
  • Auch Cannabis-Produkte zum Rauchen und Inhalieren oder zur Aufnahme in Form von Kapseln, Sprays oder Tropfen sollen zum Verkauf zugelassen werden.
  • Dies gilt aber nicht für sogenannte Edibles, also etwa Kekse oder Süßigkeiten mit Cannabis.
  • Aufklärung, Prävention, Beratung und Behandlungsangebote sollen ausgebaut werden. Es sei insbesondere notwendig, niedrigschwellige und flächendeckende Frühinterventionsprogramme zur Konsumreflexion für konsumierende Jugendliche einzuführen, heißt es in den Eckpunkten.
  • Begleitend sollen Daten erhoben werden zu den gesellschaftlichen Auswirkungen der Cannabis-Freigabe. Nach vier Jahren sollen die Regelungen bewertet und gegebenenfalls angepasst werden, vor allem mit Blick auf den Gesundheits-, Kinder- und Jugendschutz sowie mit Blick auf die Straßenverkehrssicherheit.

Kritik aus der CDU

CDU-Generalsekretär Mario Czaja hat die Pläne der Regierung zur Cannabis-Freigabe scharf kritisiert. Gesundheitsminister Lauterbach spiele mit der Gesundheit der Kinder, sagte Czaja der DPA. "Mit dieser Debatte wird vor allem jungen Menschen der Eindruck vermittelt, es handele sich um eine harmlose Droge. Das Gegenteil ist der Fall." Der frühe Konsum habe erheblich negativen Einfluss auf das Wachstum und die Entwicklung des Gehirns.

"Wir appellieren an die Ampel-Koalition, das Vorhaben fallen zu lassen", sagte Czaja. Statt sich mit Drogenfreigabe zu beschäftigen, solle der Gesundheitsminister den Krankenhäusern und Pflegeeinrichtungen in einer ihrer schwersten Krisen helfen.

Der Jugendrichter am Amtsgericht Bernau (Landkreis Barnim), Andreas Müller, bezeichnete die Freigabe als einen überfälligen Schritt. In rbb24 Brandenburg aktuell verwies er auf die Krankenkassen, die durch einen solchen Schritt entlastet würden. Patienten könnten sich ihren Bedarf günstig selbst beschaffen.

Nach Ansicht der Berliner Gewerkschaft der Polizei ist die geplante Legalisierung ein Risiko für die innere Sicherheit. GdP-Sprecher Benjamin Jendro sagte der rbb24 Abendschau, der Schwarzmarkt werde damit nicht austrocknen. Die etwa 250 Drogendealer im Görlitzer Park würden nicht verschwinden, wenn Cannnabis legal erworben werden könne. Sie würden dann mit anderen Substanzen handeln. Zudem werde der Preis bei der legalen Abgabe immer über dem Preis auf dem Schwarzmarkt liegen.

Warten auf die EU: Rechtliche Umsetzung wird noch dauern

Ob es wirklich zu einer Freigabe von Cannabis kommt, ist aber noch offen. Die Eckpunkte sind nur ein Zwischenschritt. Im Zuge eines Gesetzgebungsverfahrens, wenn es denn dazu kommt, können sich viele Details noch ändern.

Auch Internationale und europarechtliche Regeln zum Umgang mit Cannabis könnten der Legalisierung in Deutschland entgegenstehen. Der rechtliche Rahmen biete "begrenzte Optionen, das Koalitionsvorhaben umzusetzen", heißt es in Lauterbachs Eckpunktepapier.

Genannt wird in dem Zusammenhang unter anderem das sogenannte Schengener Durchführungsübereinkommen. Ein konkreter Gesetzentwurf soll deshalb erst vorgelegt werden, wenn sich abzeichnet, dass es von der EU gegen die geplante Cannabis-Freigabe keine rechtlichen Einwände gibt.

Sendung: Tagesschau, 26.10.22, 20:00 Uhr

65 Kommentare

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  1. 65.

    Warum muß sich dann Deutschland das erst von der EU genehmigen lassen, wenn es schon ein Musterbeispiel in der EU gibt?

  2. 64.

    Und? Haben sie heute schon 1 Flasche vom erlaubten Wodka getrunken? Was soll die Frage?

  3. 63.

    "Ich befürchte, dass auch dieses Gesetz durchgepeitscht werden wird und die Politik erst später bemerkt, welchen Schwachsinn sie da beschlossen hat."

    Welchen Schwachsinn meinen Sie da genau? Und Sie meinen, die Wähler hätten die Einstellungen der Parteien zu Cannabis schlicht ignoriert? Oder ignorieren Sie vielleicht, dass die Mehrheit der Bevölkerung eine Cannabis Legalisierung unter Umständen befürwortet? Leider enthält Ihr Kommentar keinerlei Argumentation, auf die eingegangen werden könnte. Haben Sie denn überhaupt eine?

    "Über die Köpfe der Menschen hinweg wurden der gesamte Gederunfug beschlossen und so wird es weitergehen."

    Über Ihren Kopf hinweg vielleicht... Tangiert Sie das Thema denn in Ihrem Alltag so sehr? Oder halten Sie Gleichberechtigung generell für Unfug? Über die Köpfe der Menschen hinweg wurde das jedenfalls nicht beschlossen. Und was genau wird so weitergehen? Führen Sie doch mal aus...

  4. 62.

    Drogen legalisieren ? Soweit sind wir in Deutschland schon gekommen. Bleibt nur zu hoffen, dass Europarecht dagegen spricht. Härtere Strafen für Dealer wären angebrachter gewesen. Aufklärung in Schulen, wie gefährlich diese Drogen sind und gesundheitsschädlich. Ich sehe es jeden Tag in Kreuzberg und Neukölln das ganze Elend diesen Drogenkonsums. Es fängt immer klein an und enden bei sehr vielen im großen Elend. Die Kosten für Alkoholabhängige etc. belasten das Gesundheitssystem so enorm.
    Kontrollen funktionieren, vor allen Dingen in Berlin, sowieso nicht. Alles Augenwischerei.

  5. 61.

    Und haben Sie Ihre bald erlaubten Pflanzen schon angebaut???

  6. 60.

    Ich befürchte, dass auch dieses Gesetz durchgepeitscht werden wird und die Politik erst später bemerkt, welchen Schwachsinn sie da beschlossen hat. Über die Köpfe der Menschen hinweg wurden der gesamte Gederunfug beschlossen und so wird es weitergehen.

  7. 59.

    Sie glauben ernsthaft, es gäbe keine Alltagsgebräuchlichkeit von Cannabis, weil es (noch) nicht legalisiert ist? Schon mal darüber nachgedacht, dass quer durch die Gesellschaft gekifft wird? Richter, Staatsanwälte, Polizisten, Studenten, Rentner und und und? Oder jemals auf einer Party gewesen? Die Legalisierung macht ja gerade deshalb Sinn, weil sowieso ein beträchtlicher Teil der Gesellschaft am Konsumieren ist...

  8. 58.

    "Na dann versuchen Sie mal, sich Fentanyl bei Ihrem Arzt verschreiben zu lassen." Nichts leichter als das.

    "Die Opiat-Krise der USA einfach mal auf Deutschland zu übertragen, enthält gleich mehrere Denkfehler." Ganz sicher, deshalb zählen sie hier nicht einen auf. Eine typische Vorgehensweise. Etwas behaupten aber nichts davon belegen.

  9. 57.

    3 weiblich blühende Pflanzen je volljährige Person erlaubt. Wer kontrolliert das? Ich habe noch die Urkunde liegen, die den Anbau von 1 Staudenmohn erlaubt. Das hat nie jemand kontrolliert. Irgendwann ist das eingeschlafen.

  10. 56.

    Eine Legalisierung beinhaltet keine kostenlose Abgabe von Cannabis, insofern kommen die Konsumenten für die Kosten auf, nur dass der Staat dann mitverdient und nicht die Kriminellen. Auch Qualität und Wirkstoffgehalt lassen sich besser kontrollieren. Aber da Sie ja auch die ausgelutschte Mär von Cannabis als Einstiegsdroge verbreiten, sind Sie vermutlich an einer sachlichen Auseinandersetzung mit dem Thema eh nicht interessiert.

  11. 55.

    Also für mich ist das nichts.
    Wenn ich es richtig sehe wird immer das Zeug mit Tabak gemischt, oder wird das Zeug pur auf Lunge geraucht?
    Ich war Kettenraucher (30-50 Stk. a. Tag) und bin froh vor 22 Jahren die Kurve bekommen zu haben und nicht mehr Qalme.
    Ich kann mir nicht vorstellen dass das Zeug gesund für den Körper, in dem Fall für die Lunge, ist.
    Wenn man damit Mäuse und Wasserratten vertreiben könnte würde ich das Zeug im Garten anbauen.
    Ich hatte mal Tabak angebaut, daraus konnte man einen wunderbaren Sud gegen Blattläuse herstellen, der sogar funktionierte.

  12. 54.

    Ich habe Kenntnis davon, weil ich eine Ladung als Zeuge in einem sogenannten Sicherungsverfahren habe und mir auf Grund von Anzeigen meinerseits Einstellungsverfügungen der Amtsanwaltschaft vorliegen, wo explizit als Grund Schuldunfähigkeit angegeben ist. Nun zufrieden?

  13. 53.

    "Na dann versuchen Sie mal, sich Fentanyl bei Ihrem Arzt verschreiben zu lassen." Nichts leichter als das.

    "Die Opiat-Krise der USA einfach mal auf Deutschland zu übertragen, enthält gleich mehrere Denkfehler." Ganz sicher, deshalb zählen sie hier nicht einen auf. Eine typische Vorgehensweise. Etwas behaupten aber nichts davon belegen.

  14. 52.

    Na dann versuchen Sie mal, sich Fentanyl bei Ihrem Arzt verschreiben zu lassen.
    Die Opiat-Krise der USA einfach mal auf Deutschland zu übertragen, enthält gleich mehrere Denkfehler.

  15. 51.

    Ach Lothar, da gibt es wohl ein paar kleine Unterschiede. Dieser Ablenkungsversuch geht nach hinten los. Ich kenne das Theater, das ein Arzt hat, wenn er Hydromorphon, eines der von Ihnen angedeuteten Medikamente, verordnen will. Allein der Papierkram und die Nachweise, die dafür notwendig sind, ergeben einen enormen bürokratischen Aufwand. Wenn der Patient das BTM-Rezept dann nicht innerhalb von 7 Tagen einlöst, geht das ganze Theater von vorne los, inklusive Nachweis der Vernichtung des abgelaufenen Rezeptes. Kein Arzt, der noch einen Rest von Ehre im Leib hat, geht mit solchen Medikamenten sorglos um in der Verschreibung. Als Rechtfertigung für Cannabis taugen sie gleich mal gar nicht. Wobei ich nicht mal gegen die rein medizinische Anwendung von Cannabis bin, es kann in bestimmten Fällen eine echte Lösung sein. Darum geht es aber bei der geplanten Legalisierung nicht.

  16. 50.

    Die organisierte Drogenkriminalität dürfte das nicht austrocknen. Vor einigen Wochen waren Abgeordnete in den USA, um sich über die Auswirkungen der Cannabis-Legalisierung zu informieren. Im Inforadio kam eine ausführliche Reportage, in der dann auch der immer noch wachsende Anteil der Drogenmafia am Haschkuchen und die Gründe dafür diskutiert wurden.

  17. 49.

    .....naklar........trinkt ganz sicher keinen Alk und nimmt auch keine Drogen wie Koks etc. ?........ist ein ansonsten abstinenter Hanfkonsument ? ?
    SIE MACHEN SICH LÄCHERLICH !

  18. 48.

    .....empfehle hierzu die Zusammenfassung über die Ergebnisse von 15 entkriminalisierten Jahren in Portugal, aus 2016:

    https://www.heise.de/tp/features/15-Jahre-entkriminalisierte-Drogenpolitik-in-Portugal-3224495.html

    Auszug hieraus: ...Seit der Entkriminalisierung ist der Drogenkonsum allgemein und besonders bei jungen Menschen stark gesunken.
    Portugal hat mit seinem mutigen Experiment vor 15 Jahren gegenüber den Alarmisten im In- und Ausland Recht behalten, als es zu einem der liberalsten Länder in der Drogenpolitik wurde. Der von Kritikern befürchtete massive Anstieg des Drogenkonsums, von Drogentouristen, die das Land überschwemmen und es in ein Drogenparadies verwandeln würden, kann in der Rückschau wahrlich keine Rede sein. Tatsächlich ist genau das Gegenteil der Fall.

    Nix von mehr Süchtigen, mehr Drogentoten etc.

  19. 47.

    ....bin 70: volle Zustimmung ! ....vor allen Dingen in Bezug auf Bewältigung von Kindheitsschäden.........
    Die botanischen Cousinen Maria und Lupula sind mir die liebste Begleitung in besinnlichen Stunden.
    Allerdings seit 3 Jahren Nichtraucher, Kekse und Butterbrote mit Canna - Butter wirken auch angenehmer....

  20. 46.

    Portugal hat ja auch null probleme mit der EU.......Auszug aus den Erfahrungen nach > 15 Jahren effektiver Drogenpolitik:
    Was hat die Entkriminalisierung aller Drogen denn jetzt im Endeffekt für Portugal bewirkt? Die Effekte lassen sich am besten in Zahlen ausdrücken. Während Portugal im Jahr 2015 mit weniger als 800 Polizei- und Spezialeinheitseinsätzen weit über 2 Tonnen Kokain sicherstellen konnte, haben deutsche Ermittler zur Beschlagnahme von nur 1,3 Tonnen Koks über 2500 Einsätze gebraucht.
    An den Zahlen lässt sich ganz deutlich erkennen, dass deutsche Drogenfahnder noch immer den kleinen Dealern und Konsumenten hinterherjagen, anstatt die großen Fische aus dem Verkehr zu ziehen, die das schnelle Geld machen.

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