Gesetzentwurf der Bildungsverwaltung - Berliner Senat will Lehrkräfte bis 52 Jahre verbeamten

Mi 12.10.22 | 19:00 Uhr
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Archivbild: Lehrer mit Winterjacke, Schal und Mundschutzmaske im Präsenzunterricht. (Quelle: dpa/Eibner)
Bild: dpa/Eibner

Berlin leidet akut an Lehrermangel. Ein Mittel dagegen soll die Rückkehr zur Verbeamtung sein. Um noch mehr Menschen zu erreichen, soll dafür das Höchstalter angehoben werden. Der Gewerkschaft GEW reicht das jedoch nicht aus.

Die Berliner Bildungsverwaltung will Lehrkräfte bis zum vollendeten 52. Lebensjahr verbeamten. Dazu hat sie einen Gesetzentwurf erarbeitet. Unter die Regelung fallen demnach auch noch Lehrkräfte, die ihr 52. Lebensjahr in diesem Schuljahr vollenden. Das Verbeamtungs-Höchstalter bis zum 52. Geburtstag soll für Berliner Bestandslehrkräfte temporär bis Ende 2026 gelten, für Lehrkräfte, die aus anderen Bundesländern nach Berlin kommen, bis Juli 2024.

Insgesamt geht es laut der Bildungsverwaltung um bis zu 16.000 Lehrerinnen und Lehrer, die verbeamtet werden können. Darin sind laut der Bildungsverwaltung durch die höhere Altersgrenze 4.000 Lehrkräfte einbezogen, die sonst nicht dabei wären. Die Anträge derer, die drohen über die Altersgrenze zu rutschen, würden als erste bearbeitet, "damit ihnen keine Nachteile entstehen", so Bildungsstaatssekretär Alexander Slotty.

GEW fordert Ausgleich für ältere Lehrkräfte

Lange wurde daran gefeilt, die höhere Altersgrenze für die Lehrkräfteverbeamtung juristisch wasserdicht zu regeln. Ein Argument der Bildungsverwaltung: Mit der höheren Altersgrenze für die Verbeamtung wolle sie berücksichtigen, dass Quereinsteiger oft erst in höherem Alter nach einem anderen Beruf Lehrer werden.

Kritik an dem Gesetzentwurf kommt allerdings von der Gewerkschaft Erziehung und Wissenschaft. Denn nicht im Gesetzentwurf enthalten ist ein Ausgleich für diejenigen, die zum Beispiel aus Altersgründen nicht verbeamtet werden können. Der GEW-Vorsitzende Tom Erdmann findet: "Das ist ungerecht und führt zu weiteren Spaltungen."

Berlin will "sächsischen Weg" gehen

Eine Kompensation soll laut der Bildungsverwaltung noch durch einen parlamentarischen Änderungsantrag ergänzt werden. Diesen Weg sei auch das Land Sachsen gegangen. Vorgesehen ist dabei ein Ausgleich für angestellte Lehrkräfte nach dem sächsischen Modell, das von der Tarifgemeinschaft deutscher Länder, dem Arbeitgeberverband der Länder akzeptiert wird.

Es geht den Weg über ein Beförderungsamt mit einer besseren Bezahlung. Ziel ist es, einen solchen Ausgleich tarifkonform zu gestalten. Laut Aussagen aus der Koalition ist daher ein Betrag zwischen monatlich 180 und 300 Euro wahrscheinlich, da so der Abstand zur nächsthöheren Gehaltsstufe gewahrt sei.

Dem GEW-Vorsitzenden Tom Erdmann reicht das nicht: "Der Tarifvertrag der Länder, nach dem die angestellten Lehrkräfte bezahlt werden, gibt die Möglichkeit von bis zu 900 Euro Ausgleich." Das müsse ausgeschöpft werden. Noch ist der genaue Betrag für den geplanten Ausgleich offen.

Höhere Verdienstmöglichkeiten für Pensionierte

Voraussichtlich im Dezember will die Bildungsverwaltung ein Online-Verfahren freischalten, über das Lehrerinnen und Lehrer bis zum 52. Geburtstag ihre Verbeamtung beantragen können. Das Gesetzgebungsverfahren für die höhere Verbeamtungsaltersgrenze kann nach ihrem Zeitplan im kommenden Januar abgeschlossen sein.

Auf der Zielgeraden ist laut der Bildungsverwaltung eine Vereinbarung mit der Kassenärztlichen Vereinigung zu den medizinischen Begutachtungen für den Eintritt in den Beamtendienst. Voraussichtlich werde es dafür eine drei- oder vierstellige Zahl Adressen von niedergelassenen Ärzten geben.

Mit einer weiteren Neuregelung in ihrem Gesetzentwurf will die Bildungsverwaltung einen größeren finanziellen Anreiz für pensionierte Lehrkräfte schaffen, wieder an Schulen tätig zu sein. Bisher wird das zusätzliche Erwerbseinkommen von Ruhestandsbeamtinnen und Ruhestandsbeamten auf ihre Pension angerechnet, soweit eine Höchstgrenze überschritten ist. Temporär soll diese Hinzuverdienstgrenze dagegen aufgehoben werden.

Sendung: rbb24 Inforadio, 12. Oktober 2022, 19:20 Uhr

17 Kommentare

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  1. 17.

    Diese Berufsgruppe dürfte sich tatsächlich freuen, dass es in Zukunft einige potente Kassenfüller mehr gibt, nämlich Lehrer mit Beihilfeanspruch und Privatversicherung. Endlich lässt sich wieder mehr verdienen, wurde aber auch Zeit. Alles "hochverdient" natürlich, ...(Ironie aus). Kassenpatienten bitte warten.

  2. 16.

    Erzieher*innen Mangel gibt es auch und diese Berufsgruppe wird nicht verbeamtet.Unglaublich! Wir arbeiten in einem Haus-Schule und dann solche Ungleichbehandlung

  3. 15.

    Da sich unsere Regierung nun - für einige überraschend - für einen anderen Weg enschieden hat, ist auf jeden Fall darauf zu achten, dass angestellte Lehrer nun nicht "kostengünstig" abgespeist werden, wie weiter unten bereits angemahnt wurde. Verbeamtung ist der Weg der Hierarchie und des untergegangenen Kaiserreichs. Aber auch einige unserer Parteien wurzeln ja in diesen Zeiten, was die generelle Affinität für dieses "Lösungsmodell" vielleicht zu erklären vermag. Ein guter Lehrer bindet sich aus Überzeugung, solange die Bezahlung stimmt, Beamtenstatus hin oder her. Der Ausbau des Beamtenstaates indessen schwächt das Vorsorgemodell der breiten Massen. Gleicher Lohn für gleiche Arbeit heißt die Devise, und zwar auf Lebenszeit betrachtet. In diesem Zusammenhang wirken bestimmte, in der Presse kolportierten Zahlen bezüglich eines möglichen Nachteilsausgleiches einfach nur lächerlich.

  4. 14.

    Verbeamtung abschaffen und die wahren Probleme (unattraktive Arbeitsbedingungen) angehen. (Ich bin Lehrer.)

  5. 13.

    Sie vermitteln die Botschaft, dass die Lehrer froh darüber sein können, arbeiten zu dürfen. Die Arbeitsbedingungen, die Bezahlung und der Umgang der Verwaltung mit den „Daten zu liefernden Schulen“, die fehlenden digitalen Konzepte für Schulen und dafür notwendigen Administratoren und auch die fehlende Anerkennung, die auch Ihr Kommentar verdeutlicht sind Gründe warum Lehrer fehlen. Also genau das Gegenteil von dem was Sie vermuten...

  6. 12.

    Man hat Ihr Potential 3 Jahre lang brach liegen lassen? Was haben Sie in dieser Zeit gemacht? Oder hat man Ihre Ausbildung mit „kostenloser“ Arbeit genossen? Was bedeutet das für die Rentenpunkte?

  7. 11.

    Nachdem ich vor Jahren das Referendariat mit "1" abgeschlossen hatte, hieß es, meine Fächer werden gerade nicht gebraucht. Als ich dann nach drei Jahren endlich eine Stelle bekam, war die Verbeamtung gerade abgeschafft worden. Nun werde ich nicht verbeamtet, weil ich inzwischen "zu alt" bin.
    Das führt dann zu massiven Einkommensnachteilen im Alter.
    Das ist der Dank der Berliner Politik dafür, dass ich den Laden jahrelang mit am Laufen gehalten habe!

  8. 10.

    „Ohne Wenn und Aber“ müssen Sie dann die Mehrkosten über Steuern tragen. Und die sind nicht nur der AG-Anteil…

  9. 9.

    Noch ein kleiner Hinweis. Mein Kommentar hatte sich nicht nur auf Lehrkräfte bezogen, sondern zu allen bereichen und Berufen.

    Und mit ihrer Bemerkung “Dabei dürfte gerade bei dieser Tätigkeit nicht allein das Geld DIE Motivation sein…“, haben sie nicht ganz Unrecht. Das sollten sie/man auch unseren Ärzten in Deutschland sagen. Dann hätten wir nicht solche Probleme, wie in diesen Artikel vom rbb.

    https://www.rbb24.de/panorama/beitrag/2022/10/wartezeiten-patienten-privat-gesetzlich-daten-vergleich.html

    Aber da antworten und jammern schon Ärzte, wenn man an einen Eid erinnert, den man in Deutschland nicht ablegt. Dann müssten nämlich die Ärzte dazu stehen, was sie beruflich auch machen sollten. Nämlich Menschen zu helfen.

  10. 8.

    Vielleicht könnte sich ja auch so mancher Unter-52-Jähriger mit einem ordentlichen Angstelltengehalt zufrieden geben, schon mal darüber nachgedacht? Jedenfalls dürfte das bundesdeutsche Altersvorsorgemodell gründlich zusammenbrechen, wenn nun alle verbeamtet werden bzw. Verbeamtung als Allheilmittel propagiert wird, das scheinbar alle Probleme löst.

  11. 7.

    Dass ausgerechnet Sachsen jetzt Rot-Rot-Grün als Vorbild für eine möglichst kostenkünstige "Abspeisung" der angestellten Lehrer dienen soll, kann politisch interessierten Beobachtern nicht ganz einleuchten und ist in jedem Fall zu hinterfragen. Wie Erdmann von der GEW bereits festgestellt hat, gibt der Tarifvertrag einen Ausgleich bis zu 900, - Euro her. Das heißt ja nicht, dass angestellte Lehrkräfte, die ein Amt bekleiden wollen, das über E 13 liegt, nicht auch entsprechend großzügiger bezahlt werden sollten. Im Gegenteil: Diese muss dann natürlich auch entsprechend höher bezahlt werden. Hier wird aus meiner Sicht ganz einfach versucht, mit legalistischen Argumenten, die sich bei näherer Betrachtung als ziemlich vordergründig (vulgo: konstruiert)erweisen, die berechtigten Forderungen und Interessen der angestellten Lehrer abzuwehren und kleinzuhalten, sollte es bei dem in der Presse verbreiteten, lächerlichen Ausgleich bleiben, den man angeblich nicht steigern kann.

  12. 6.

    Der Beamtenstatus muss endlich in ganz Deutschland abgeschafft werden und die "Noch"-Beamten in die Sozialversicherung überführt werden. Ohne Wenn und Aber.

  13. 5.

    Das „Zauberwort“ ist Akzeptanz! Akzeptanz der von Experten getroffenen Entscheidung. Es darf nicht in der Folge immer und immer wieder Zusatzregelungen geben. Ich warte schon jetzt auf die Forderung der über 52-jährigen, die sich dann ebenfalls nicht in der Lage sehen, ohne den Beamtenstatus als Lehrer weiter arbeiten zu können. Dabei dürfte gerade bei dieser Tätigkeit nicht allein das Geld DIE Motivation sein…

  14. 4.

    Wozu muss ein Lehrer verbeamtet werden damit der Anreiz da ist zu arbeiten dann müssen alle Arbeiter auch verbeamtet werden
    So ein Schwachsinn es sollte jeder froh sein das sie arbeiten dürfen

  15. 3.

    Wann fangen die denn nun endlich an damit?

  16. 2.

    Wenn ich sie richtig verstehe, können wir uns ja dann gleich den Strick geben.

    Die einzigste Ungerchtigkeit in der Sache ist mal wieder eine Altersgrenze. Aber das ist das altbekannteste Problem und Ursache an vielen anderen Themen und Punkten. Wie z.B. Fachkräftemangel.
    Wir haben keinen Fachkräftemangel, sondern nur die falsche Denkweise. Wie z.B. bei Menschen ab 35 lohnt sich nichts mehr und werden abgeschrieben. Und natürlich, das man einen so niedrigsten Preis wie möglich an Lohn zahlen will.

  17. 1.

    Eine allumfassende Gerechtigkeit wird es nie und nirgendwo geben. Insofern ist es müßig, immer weitere Ergänzungen nachzuschieben. Außerdem scheint mir der Weg, fehlendes Personal mit der Verbeamtung zu lösen, falsch. Denn konsequenter Weise müssten in vielen anderen Bereichen dann entsprechende Entscheidungen getroffen werden wie z.B. im Gesundheitswesen und das ist einfach finanziell vom Steuerzahler nicht zu stemmen - weder jetzt noch in der Zukunft!

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