Trotz ausstehendem Urteil - Landeswahlleiter Bröchler bereitet Wahlwiederholung vor

Sa 01.10.22 | 10:43 Uhr
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Archivbild: Stephan Bröchler (l), neuer Landeswahlleiter Berlin, und Iris Spranger (SPD), Berliner Senatorin für Inneres, Sport und Digitalisierung, nehmen an der Pressekonferenz nach der Sitzung des Berliner Senats im Roten Rathaus teil. (Quelle: dpa/F. Sommer)
Audio: rbb24 Inforadio | 01.10.2022 | Natascha Cieslak | Bild: dpa/F. Sommer

Berlins neuer Landeswahlleiter Stephan Bröchler will bei der Vorbereitung einer möglichen Wiederholung der Abgeordentenhauswahl keine Zeit verlieren, auch wenn das Urteil des Verfassungsgerichtshofes dazu noch aussteht. Eine Vorbereitung sei "alternativlos", sagte Bröchler dere Deutschen Presse-Agentur. "Der Tenor des Gerichts ist so klar, dass es fahrlässig wäre, keine Vorbereitungen zu treffen."

Themen wie Papierversorgung, Schulungskonzepte für Wahlhelferinnen und Wahlhelfer und die Frage, welche Wahllokale zur Verfügung stünden, müssten bis zu Urteilsverkündung geklärt sein. "Damit können wir nicht warten, bis ein rechtskräftiges Urteil vorliegt", sagte der Verwaltungswissenschaftler.

Bestellung von Papier bereits angelaufen

Bereits angelaufen sei die Bestellung von Papier. "Das steht ganz oben auf der Agenda. Ohne Papier kann man die Wahlen nicht durchführen." Auch die Werbung von Wahlhelferinnen und Wahlhelfern soll laut Bröchler zügig erfolgen. Als erstes werde man die Menschen ansprechen, die bereits am 26. September 2021 dabei gewesen seien, sagte er der DPA. Es werde aber auch nochmals einen Appell an die Berlinerinnen und Berliner geben. "Ich kann mir vorstellen, dass das auch auf eine gute Resonanz trifft. Dass Berlin zeigen will: Ja, wir können Wahlen", sagte der Landeswahlleiter.

Die Voraussetzungen für die Wiederholung der Wahlen zum Abgeordnetenhaus und der Bezirksversammlungen sind aus seiner Sicht im Landeswahlgesetz klar geregelt: "Wir versetzen uns ein Jahr zurück und die Listen der Parteien mit ihren Personen werden - einschließlich der Spitzenkandidaten - wieder in Kraft gesetzt."

Bröchler ist seit diesem Samstag offiziell im Amt. Die frühere Landeswahlleiterin Petra Michaelis war nach den zahlreichen Wahlpannen zurückgetreten. Ihre Stellvertreterin Ulrike Rockmann hatte das Amt vorübergehend übernommen.

Bröchler, Professor an der Hochschule für Wirtschaft und Recht (HWR), übernimmt die Landeswahlleitung im Ehrenamt und bleibt Professor. Allerdings wird er nach eigenen Angaben bei der Lehre entlastet, um Kapazitäten für die neuen Aufgaben zu bekommen.

Komplette Wiederholung der Wahl möglich

Der Berliner Verfassungsgerichtshof hatte bei einer mündlichen Verhandlung zur Gültigkeit der Wahl zum Abgeordnetenhaus im September 2021 am Mittwoch überraschend deutlich eine komplette Wiederholung in Betracht gezogen. Das Urteil soll bis Ende des Jahres gesprochen werden, spätester Wahltermin wäre dann Ende März 2023.

Bei der Vorbereitung und Durchführung der Wahl habe es eine Vielzahl schwerer Wahlfehler gegeben, hatte Gerichtspräsidentin Ludgera Selting erklärt. Sie nannte eine schlechte Vorbereitung wie zu wenige Wahlurnen sowie am Wahltag selbst unter anderem fehlende, falsche oder sogar kopierte Stimmzettel oder flächendeckendes Wählen noch nach 18 Uhr als Ursachen. Verantwortlich für das Desaster seien die Landeswahlleitung und der Senat, hier vor allem die für das Thema Wahlen zuständige, SPD-geführte Innenverwaltung.

Sendung: rbb24 Inforadio, 01.10.2022, 10 Uhr

25 Kommentare

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  1. 25.

    Ich fürchte einen Verfassungsbruch. Den Umfragen zufolge dürfte sich ohnehin nicht viel ändern aber das wäre ein Dammbruch mit einer ungeahnten Klagewelle.

  2. 24.

    Und demnächst wählen wir neu weil einem der Kaffee morgens nicht geschmeckt hat? Partielle Nachwahlen da wo es Unstimmigkeiten gab, ja. Alles andere wäre ein Verfassungsbruch.

  3. 23.

    Klagen, weil eine sauber neu demokratisch gewählte Regierung nicht nach eigenem Geschmack ist? Worin liegt für Sie konkret der Unterschied, ob sich durch Neuwahlen 2023 oder spätestens regulär 2026 die Konstellation ändern könnte?

    Sie fürchten einen Rechtsruck, richtig? Den fürchte ich, gehe dennoch nicht davon aus, dass dieser mehrheitsfähig wäre. Wüsste spontan auch keine Koalition, die liebend gern Blau beinhalten wollen würde. Mit den Stimmenfähnlein, die mit Sicherheit hier nach dem Wind gehängt würden, ist schlicht zu leben - ob's gefällt oder nicht.

  4. 22.

    Eine Frage: lässt die Gesetzgebung zu, in dieser besonderen Situation, Wahlen ausschließlich als Briefwahl erfolgen zu lassen? Das würde m. E. viel Zeit Aufwand sparen.

  5. 21.

    Es steht Ihnen doch frei, dieselbe Partei und denselben Kandidaten wieder zu wählen.
    Nun noch einmal eine Stunde im Wahllokal für die. Demokratie zu verbringen, halte ich nicht für ein Opfer sondern eine Bürgerpflicht.

  6. 20.

    Fr. Jarasch IST Bürgermeisterin von Berlin und Hr. Lederer ISt Bürgermeister von Berlin.

    Bürgermeister/in von Berlin sind die Stellvertreter des/der Regierenden Bürgermeister/in.

  7. 18.

    Vielen Dank für die Aufklärung!
    Jetzt habe ich auch den Unterschied zwischen Wiederholungswahl und Neuwahl verstanden.
    Wir hätten also nach dem aktuellen Modell dann 2026 erneut Landtagswahlen?
    Was passiert aber, wenn das Abgeordnetenhaus sagt, wir lösen uns selbst auf, damit die Legislaturperiode neu beginnt?

  8. 17.

    Na dann bekommen wir Frau Jarasch als Bürgermeisterin.Danke für nichts,schon mal im Voraus.

  9. 16.

    Selbstversteänlich geht es um Wahlbezirke, die Wahlen sind ja nicht in Gänze fehlerhaft gewesen oder gar manipuliert worden wie hier einige wider besseren Wissens behaupten. Sue tun ja gerade so als wäre das Urteil schon gefallen.

    Und es gab etliche (Fehl-)Urteile die von der nächsthöheren Instanz aufgehoben wurden oder zur Neuverhandlung zurückgewiesen wurden.

    Sollten sich durch evt. Neuwahlen eine neue Konstellation ergeben werden nicht wenige dagegen klagen. Dem würde ich mich anschließen.

  10. 15.

    Im Falle einer Wahlwiederholung der Wahl zum Abgeordnetenhaus Berlin würden die Parteien nach aktuellem Stand mit den Listen von 2021 antreten.

  11. 14.

    Müssen nicht auch die Kandidaten neu aufgestellt werden, wenn es eine Neuwahl gibt?
    Es können meines Wissens auch neue Parteien antreten.

  12. 13.

    Prof. Bröchler, mein dr.vater ist ein hoch qualifizierter Fachmann und wird das sicher gut machen

  13. 12.

    Es geht aber nicht um Ihren Wahlbezirk!
    Sondern um grundsätzliche Wahlabläufe.
    Das Verfassungsgericht hat dazu bisher hervorragend und vor allem unabhängig agiert und sich nicht von Märchen, Neuwahlen verstießen gegen Gesetze, einlullen lassen.

  14. 11.

    Wie kommen Sie darauf, dass die Zusammensetzung des Abgeordnetenhauses gleich bleiben müssen?
    Richtig ist, nur die Kandidaten für dieses Haus müssen die selben sein.

  15. 10.

    Macht eine Neuwahl Sinn, wenn sowohl Legislaturperiode als auch Zusammensetzung des Abgeordnetenhauses gleich bleiben müssen?

    Wenn gegen die Entscheidung des LVG Rechtsmittel eingelegt werden, kann es noch ein paar Jahre länger dauern.

  16. 9.

    Und genau aus dem Grund sind Neuwahlen verfassungswidrig. Unmündige Wähler wollen Rache, den Rechtsxtremen ist sowieso alles recht was unsere Demokratie lähmt und die Opposition wittert Morgenluft.

  17. 8.

    Muß ich das sinnbefreite Kauderwelch verstehen oder was sollte das jetzt? Das GG steht über der Landesverfassung, so von wegen beugen.

  18. 7.

    Neuwahlen finde ich gut. Ich habe das Bedürfnis meine Stimme unter den Aspekten Corona und Energiekrise neu zu vergeben. Wir haben echte wirtschaftliche Probleme.

  19. 6.

    Soviel kann in Ihrem Wahlbezirk nicht glatt
    gelaufen sein.
    Sonst würden Sie nicht nach dem
    Grundgesetz schreien, sondern sich dem
    Beschluß des LandesVerfassungsGerichtes
    beugen !

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