Lange Themenliste und wenig Zeit - Brandenburger Spitzenpolitiker beraten über Energiekrise, Geflüchtete und 49-Euro-Ticket

Di 08.11.22 | 08:07 Uhr | Von Michael Schon und Nico Hecht
  51
Symbolbild: Staatskanzlei in Potsdam am 09.01.2015 (Quelle: dpa/Ralf Hirschberger)
Audio: Antenne Brandenburg | 08.11.2022 | Roland Schleif | Bild: dpa/Ralf Hirschberger

Nicht nur die Bürger - auch die Kommunen kämpfen mit den steigenden Energiekosten. Am Dienstag sollen bei einem Spitzentreffen in der Brandenburger Staatskanzlei Wege aus der Krise besprochen werden. Von Michael Schon und Nico Hecht

Es sind düstere Prognosen, die der Brandenburger Städte- und Gemeindebund vor Kurzem aufgestellt hat: Im kommenden Jahr rechnen die Kommunen zwischen Wittenberge und Senftenberg mit einer Verdopplung der Stromkosten – und mehr als zweimal so hohen Ausgaben für Heizung und Wärme. Im Durchschnitt.

Das heißt: Mancherorts könnte es auch noch viel schlimmer kommen. Mit Folgen, die dann auch wieder jeder einzelne Brandenburger, jede einzelne Brandenburgerin zu spüren bekommt: Geschlossene Schwimmbäder, kalte Sporthallen – oder auch die "Zurückstellung von an sich dringenden Investitionsmaßnahmen", so steht es in einem Text, den der Städte- und Gemeindebund schon im September verabschiedet hat.

Im Klartext: Auf renovierte Klassenzimmer zum Beispiel müssen manche Schülerinnen und Schüler dann vorerst weiter warten.

Stimmung nach Bund-Länder-Runde etwas optimistischer

Wie schlimm es wirklich kommt, ist derzeit noch unklar. Nach den Beschlüssen, die die Ministerpräsidentinnen und -präsidenten in der vergangenen Woche mit dem Bundeskanzler getroffen haben, um eine Entlastung bei Strom- und Gaspreisen auf den Weg zu bringen, ist die Stimmung offenbar etwas optimistischer. Jens Graf, der Geschäftsführer des Brandenburger Städte- und Gemeindebundes, sagt es so: "Wir sehen erste Erfolge."

Er meint damit die von Bund und Ländern geplanten Entlastungen für Unternehmen, von der zum Beispiel auch Stadtwerke profitieren sollen. Allerdings seien entscheidende Details zur Umsetzung noch nicht klar, zum Beispiel bei den kommunalen Energieunternehmen. Sie müssen ihren Kunden im Dezember die Abschlagszahlungen erlassen. Ob und wie sie wiederum ihre Kosten rechtzeitig erstattet bekommen, sei bislang noch offen. "Die Erwartung ist, dass man schaut, wo ist Ergänzungsbedarf – und dass das Land dort unterstützend eingreift", sagt Graf dem rbb.

Große Spannbreite an Themen

Am Dienstag nun ist ein Treffen der Kommunen mit dem Ministerpräsidenten in der Brandenburger Staatskanzlei anberaumt. Die Agenda geht dabei weit über das Thema Energie hinaus. Deshalb hat Ministerpräsident Dietmar Woidke (SPD) auch Innenminister Michael Stübgen (CDU), Finanzministerin Katrin Lange (SPD), Wirtschaftsminister Jörg Steinbach (SPD) und Umweltminister Axel Vogel (Grüne) eingeladen. Die Spannbreite der Themen ist riesig:

  • Beim Thema Energie wird es auch um die Frage gehen, wie gut das Land für den Ernstfall eines großen Stromausfalls, eines sogenannten Blackouts, vorbereitet ist. Aus Sicht der Kommunen fehlen dafür noch immer konkrete Katastrophenpläne.
  • Auch die Lage der kommunalen Krankenhäuser soll besprochen werden. Hier droht an vielen Orten eine finanzielle Schieflage – oder ist sie bereits da.
  • Beim geplanten 49-Euro-Ticket droht aus Sicht der Kommunen Ungemach: Hinter vorgehaltener Hand wird bereits über Planspiele einzelner Verkehrsbetriebe gesprochen, Linien einzustellen, falls es nicht zusätzliches Geld für Energie und Investitionen gibt.
  • Und: Um eine menschenwürdige Unterbringung der größer werdenden Zahl von Flüchtlingen zu gewährleisten, müssen aus Sicht des Landkreistages nun neue Unterkünfte gebaut oder zusätzliche Gebäude gekauft werden.

Eine enorme Agenda. Kaum zu glauben, dass sich Ministerpräsident, Landrätinnen und Landräte sowie die Spitzen der kreisfreien Städte für ihr Gipfeltreffen nur zwei Stunden Zeit gegeben haben, bevor sie mit Ergebnissen vor die Presse treten wollen.

Sendung: Brandenburg aktuell, 08.11.2022, 19:30 Uhr

Beitrag von Michael Schon und Nico Hecht

51 Kommentare

Wir schließen die Kommentarfunktion, wenn die Zahl der Kommentare so groß ist, dass sie nicht mehr zeitnah moderiert werden können. Weiter schließen wir die Kommentarfunktion, wenn die Kommentare sich nicht mehr auf das Thema beziehen oder eine Vielzahl der Kommentare die Regeln unserer Kommentarrichtlinien verletzt. Bei älteren Beiträgen wird die Kommentarfunktion automatisch geschlossen.

  1. 51.

    Ich verstehe was Sie denken oder glauben aber vermutlich auch nicht wissen.
    Speicher werden in Versorgungssystemen zum Lastenausgleich und Dämpfung und auch zur Versorgungssicherheit bei Havarien genutzt. Bei entsprechender Dimension kann man damit eben auch den Markt beeinflussen.
    Das hat gar nix mit pipelinegestützt oder was auch immer zu tun. Da wird auch nix umgebaut, weil es einfach gemacht wird, etwas angepasst an die aktuelle Situation. Schliesslich laufen die Gasspeicher jedes Frühjahr mehr oder weniger leer um über den Sommer wieder gefüllt zu werden. 2021 hat Gazprom das verhindert, was uns den Beginn der Preisrallye eingebrockt hat.
    Auch sind die europäischen LNG Entladekapazitäten lange nicht ausgelastet.
    Ich denke wir belassen es an der Stelle, da mein Ursprungskommentar eine ganz andere Intention hatte als Sie jetzt daraus gebaut haben.
    Sie werden es nicht schaffen mich in Panik oder Angst zu versetzen. Ich gönne Ihnen auch Ihren Pessimismus.

  2. 50.

    Oder ich versuche es verständlicher. Speicher benötigt man nur im Falle von nichtpipelinegeführter diskontinuierlicher Rohstoffversorgung. Deutschland wurde bisher aber pipelinegeführt mit Brenn- und Rohstoffen versorgt.
    Sowas baut man nicht innerhalb von ein paar Monaten um.

  3. 49.

    Ja nur mit dem Unterschied, dass wir die Speicher vorher überhaupt nicht benötigt haben, weil Putin uns mit Gas „zugeschissen“ hat.
    Jetzt werden sie leer laufen, zumindest im Falle eines Winters mit dauerhaften Minustemperaturen und werden uns wieder zwingen größere Mengen an den Spotmarkten anderen Ländern teuer wegzulaufen.

  4. 48.

    Dass die Speicher zum Frühjahr leer laufen, ist Sinn und Zweck dieser Speicher.
    Das ist keine Notreserve sondern eine Marktreserve, um den hohen Bedarf im Winter mit möglichst wenig Import abzudecken. Oder andersrum möglichst gleichmässig übers ganze Jahr zu importieren und auch mal auf kurze Preisspitzen reagieren zu können und den Import kurzzeitig zu drosseln.
    Das im Herbst 2021 der Preisanstieg für Gas und dann auch Strom begann, lag an den leeren Gazprom Speichern und wenig alternativen Lieferanten vor dem Winter.
    Diese Situation haben wir schon in 2022 nicht mehr und die Future Marktpreise bilden die zukünftige Situation unter aktuellen Wissen ab.
    Sie können aber gern weiter für die Zukunft schwarz sehen. Das ist Ihr gutes Recht.
    Kern meiner Aussage ist allerdings, dass die Regierung wenig Anteil an evtl. Panik oder Angst hat, weil schnell gute Massnahmen ergriffen wurden. Bis auf die finanzielle Absicherung, das hätte etwas schneller und gezielter laufen sollen.

  5. 47.

    Mit dem Gas- und Elektroenergiepreis, denn noch haben sich die weltweiten Kapazitäten nicht auf das russische Defizit eingestellt, da fehlen LNG-Terminals weltweit etc.
    Wenn Deutschlands Speicher leer laufen sollten, werden sie sehen das der Preis wieder steigt. Und Wahrscheinlich steigt je härter der Winter wird.

  6. 46.

    Schade da fehlt ein Kommentar.
    Tunnelblick Moral bei ihnen, was ist mit den Rest auf der Welt?

  7. 45.

    So wie jedes Jahr wird auch dieses Jahr der Winter sehr wahrscheinlich kälter als der letzte heiße Sommer und auch der ausgesprochen milde Herbst werden und ziemlich sicher wird danach auch wieder ein Frühling kommen.
    Aber was hat das mit meinen Aussagen zu tun?

  8. 44.

    Eik:
    "Antwort auf [Immanuel] vom 08.11.2022 um 18:09
    Ich anscheinend mehr Moral als sie."

    Sie werden mit Putin gemein haben, dass er dies genau so sehen wird. Ich sehe das aber anders als Sie und Ihr Wunsch-Geschäftspartner Putin. Sie wollen Geschäftsbeziehungen zu dem Schwerstverbrecher Putin, ich nicht. Das unterscheidet uns!

  9. 42.

    "Ihnen ist aber schon bekannt, dass das russische Gas nur solange bezogen und danach sanktioniert werden sollte, bis die neuen Lieferbeziehungen stehen und der Bezug aus anderen Quellen abgesichert ist."

    Sicher, dass hätte aber noch wenigstens zwei Jahre für eine geordnete Unabhängigkeit gedauert.

  10. 41.

    Thomas:
    "Antwort auf [Immanuel] vom 08.11.2022 um 13:36
    "Ich möchte dagegen keinen Verbrecherrabatt von Putin und halte es für unverantwortlich, von Putin weiter Erdgas zu beziehen angesichts der Verbrechen, die er zur Zeit tatgtäglich begeht und begehen lässt! "
    Ihnen ist aber schon bekannt, dass die Bundesregierung außer der Verhinderung der Inbetriebnahme der NS2-Pipeline nicht vor hatte russische Gasimporte zu sanktionieren."

    Ihnen ist aber schon bekannt, dass das russische Gas nur solange bezogen und danach sanktioniert werden sollte, bis die neuen Lieferbeziehungen stehen und der Bezug aus anderen Quellen abgesichert ist.

  11. 40.

    Toska:
    "Deutschlands Politiker haben den Zustand selbst gewollt."

    So ein Blödsinn! Putin hat sich entschieden, Kriegsverbrecher zu werden und die Ukraine zu überfallen!

    Toska:
    "Und das Volk muss es ausbaden."

    Ja, leider müssen wir es ausbaden, dass Putin sich entschieden hat, kein ehrbarer Geschäftsmann, sondern ein schwerstkrimineller Kriegsverbrecher sein zu wollen! Aber wir können seine Entscheidung nicht ändern, da er auf dem Gebiet von Moral und Anstand beratungsresistent ist.

  12. 39.

    Toska:
    "So langsam kann man das alles nicht mehr lesen. Unser Kanzler und vor allen Herr Harbeck fürt ganz Deutschlan in ein absoluten Panik und Angszustand."

    Ich weiß nicht, in welchem Land Sie leben, aber ich fühle mich in Deutschland gut aufgehoben und versorgt und sehe nirgendwo Panik, nur angemessene Geschäftigkeit, um nicht von Verbrechern abhängig zu sein.

    Toska:
    "Es geht doch ganz einfach Sanktionen einstellen nich nach der Pfeife von Brüssel tanzen."

    Es ist nicht die "Pfeife von Brüssel", sondern unsere Entscheidung, dass wir den Kriegsverbrecher Putin und dessen Angriffskrieg nicht finanzieren wollen! Sie wollen aber anscheinend für billiges Gas auch über (ukrainische) Leichen gehen. Ich will das nicht!

  13. 38.

    Eik:
    "Antwort auf [Immanuel] vom 08.11.2022 um 13:39
    Ja genau sie sagen es pragmatische Lösungen.
    Das wäre das Gas vom Russen.
    Und nicht das Dilemma was wir jetzt haben das jeder Bürger jedes Gewerk drunter leiden muß."

    Pragmatisch, aber nicht von Schwerstkriminellen wie Putin!!!
    Und auch nicht mit Mitfinanzierung der schwerstkriminellen Machenschaften des Diktators Putin!!!
    Haben Sie denn kein bischen Moral übrig, dass Sie bereit sind, mit jedem Schwerstkriminellen Geschäfte zu machen, nur um Geld zu sparen und nichts von unserem Luxus aufgeben zu müssen??? Wir haben bzw. bekommen ja das Gas, was wir brauchen. Wir müssen nur etwas mehr dafür bezahlen, um dafür nicht über (ukrainische) Leichen zu gehen! Ich denke, wir sollten uns ein gewisses Maß an Mindestmoral behalten, das uns Geschäfte mit Putin verbietet!

  14. 37.

    Kann es sein, dass der Winter noch garnicht begonnen hat? Wir haben gerade Herbst und zudem den "mildesten" Herbst seit Jahren.
    Man kann zwar im Kontext der Erderwärmung auf einen Winter-Ausreißer wetten, aber so hoch ist die Wahrscheinlichkeit nicht, dass wir im Januar-März 2023 in kurzen Hosen rumlaufen werden.

  15. 36.

    "Ich möchte dagegen keinen Verbrecherrabatt von Putin und halte es für unverantwortlich, von Putin weiter Erdgas zu beziehen angesichts der Verbrechen, die er zur Zeit tatgtäglich begeht und begehen lässt! "

    Ihnen ist aber schon bekannt, dass die Bundesregierung außer der Verhinderung der Inbetriebnahme der NS2-Pipeline nicht vor hatte russische Gasimporte zu sanktionieren.

  16. 35.

    Na, mit dem Weiterbeziehen von billigem Gas, wer hat uns denn das eigebrockt? Wäre nichts verändert worden! Putin hat schon im Laufe des Jahres 2021 die an RU verkauften(!!)Speicher leerlaufen lassen. Und mit Angies Auto-Autoindustrie und sonst gar nichts? Eine so einseitige Industrieausrichtung kann nicht gut gehen. Spätestens mit dem Aufdecken der 'Abschaltmomente', sage ich mal, im Kraftstoffverbrauch, hätte man munter werden müssen, dass das derAnfang vom Ende ist. Jeder, der damals ein Gefährt besaß. hat ungläubig auf die Verbrauchswerte geguckt. Aber wir Verbraucher waren ja die Blöden, die nicht richtig fahren können. Betrug als Verkaufsmodell? Machen Sie sich selber einen Reim drauf. Ich habe kein Auto mehr, ich vermisse's nur wenig. Dafür weniger Stress etc. Heute geht es um Geist anstrengen, um zu Lösungen zu kommen. Wer sich nach dem Verlust(Altem) umdreht - hat verloren: Orpheus & Eurydike, falls Sie sich auskennen..

  17. 34.

    Ich bin ein Teil von Deutschland und empfinde keine Panik oder Angstzustände.
    Man hat innerhalb weniger Monate den Wegfall des bislang wichtigsten Energielieferanten kompensiert. Die Speicher sind so voll wie nie zuvor und neue Lieferungen fließen aus anderen Richtungen mit zukünftig weiteren Optionen.
    Man hat Kompromisse für alte Kohle- und Atomkraftwerke gefunden, um möglichen Versorgungsrisiken vorbeugen zu können.
    Man hat entscheidende Weichen gestellt, um den Ausbau der EE für die Zukunft zu beschleunigen.
    Die Energiepreise der Zukunft fallen seit September stetig und kommen langsam in die Bereiche wo sie wieder bezahlbar für Endkunden und trotzdem lukrativ für Erzeuger werden.
    Das ganze Land ist endlich dabei vorrangig Energie einzusparen, was schon längst fällig war.
    Inzwischen, vielleicht etwas zu träge, findet man auch Wege die Mehrkosten abzufedern.
    Das ist das einzige was man hätte schneller und gezielter umsetzen sollen.

  18. 33.

    Ja genau sie sagen es pragmatische Lösungen.
    Das wäre das Gas vom Russen.
    Und nicht das Dilemma was wir jetzt haben das jeder Bürger jedes Gewerk drunter leiden muß.

  19. 32.

    Eik:
    "Antwort auf [Immanuel] vom 08.11.2022 um 13:15
    Warum??? zb keine menschenrechte´, sklaverei usw.
    Und woher soll dann unsere Energie kommen???
    Die Hürden bei Seite schaffen um alle Gebäude Dächer zu nutzen, die Entwicklung von unseren Ingenieuren nutzen zur Speicherung usw.
    Es gibt genug alternativen."

    So schnell funktioniert das aber nicht. Und was machen wir bis dahin? Ohne Erdgas (er)frieren? Da es die ideale Lösung nicht gibt, braucht es pragmatische Lösungen!

Nächster Artikel