Landtag stimmt für Polizeibeauftragte - Brandenburg bekommt Hüter für die Ordnungshüter

Fr 16.12.22 | 15:11 Uhr | Von Markus Woller
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Das Logo der Brandenburger Polizei mit rotem Adler und Schriftzug auf der Uniform eines Polizeibeamten. (Quelle:dpa/Monika Skolimowska)
Video: rbb24 | 16.12.2022 | Bild: dpa/Monika Skolimowska

Nach jahrelanger Kontroverse hat der Brandenburger Landtag der Schaffung eines Polizeibeauftragten zugestimmt. Breite Zustimmung kam aus fast allen politischen Lagern. Kritisch zeigt sich die GdP. Von Markus Woller

Brandenburg bekommt einen Polizeibeauftragten. Das hat der Landtag heute mit großer Mehrheit beschlossen. Innenminister Michael Stübgen (CDU) äußerte sich in der Landtagsdebatte am Freitag wohlwollend über den mühsam ausgehandelten Kompromiss.

Bereits heute genieße die Polizei sehr hohes Vertrauen in der Brandenburger Bevölkerung, so Stübgen. Ein Beauftragter könne die "exzellente Arbeit der Polizistinnen und Polizisten für die Bürger noch transparenter machen". Er wünsche sich, dass so auch Vorurteilen entgegengewirkt werde, die der Polizei zum Teil entgegenschlügen.

Stübgen: Stelle soll Vertrauen in die Polizei weiter steigern

Der Kompromiss wurde nach einer zweijährigen Kontroverse im Innenausschuss ausgehandelt und von allen Fraktionen bis auf die der AfD getragen. Er sieht die Schaffung eines unabhängigen Beauftragten vor, der Ansprechpartner für Bürger, Polizisten und Parlamentarier gleichermaßen sein soll. Er handelt dabei als sogenanntes "Hilfsorgan" des Landtages, ist diesem aber nicht unterstellt.

Tätig werden soll er vor allem, wenn es Beschwerden oder Eingaben gibt. Er kann aber auch von sich aus tätig werden, wenn ihm Missstände bekannt werden. Grenzen setzt das Gesetz dem neuen Beauftragten vor allem dort, wo bereits Staatsanwaltschaften oder Gerichte tätig geworden sind.

Der Polizeibeauftragte ist eine Idee der Grünen und steht auch im Koalitionsvertrag. Der Abgeordnete Heiner Klemp (Bündnis90/Die Grünen) zeigte sich im Landtag zufrieden mit dem Gesetzentwurf. Das Gewaltmonopol der Polizei bringe eine besondere Verantwortung mit sich, der die allermeisten Polizisten auch gerecht würden. Gleichzeitig dürfe nicht vergessen werden, dass Polizisten nur Menschen seien.

"Und wo Menschen sind, kommt es zu Fehlern", so Klemp. Bei der Polizei seien diese geeignet, das Vertrauen in den Staat nachhaltig zu beeinträchtigen. Mit dem neuen Gesetz gebe es bald auch für Beamtinnen und Beamten die Möglichkeit, sich "ohne Angst und vertraulich" zu Vorfällen einer externen Person anvertrauen zu können, so der Grünenpolitiker.

Freie Wähler wünschen sich breiteres Mandat

Die Linken im Landtag hatten sich in den vergangenen Jahren immer wieder dafür eingesetzt, der neuen Stelle möglichst umfangreiche Kompetenzen einzuräumen. "Eine demokratische Polizei ist immer auch eine kontrollierte Polizei", so die Abgeordnete Marlen Block (Die Linke), die darin aber keinen Generalverdacht gegen die Beamten sehen will. Sie verwies darauf, dass die Polizei in anderen Ländern der Welt bereits enorm an Vertrauen bei der Bevölkerung verloren habe. Ein Polizeibeauftragter könne einer ähnlichen Entwicklung hier im Land entgegenwirken und so auch Vorbild für andere Bundesländer werden.

Auch die Freien Wähler tragen den Gesetzentwurf mit. Sie hätten sich allerdings gewünscht, dass der Beauftragte das Parlament auch hinsichtlich der Lage und Ausstattung der Polizei zukünftig beraten und auf dem Laufenden hätte halten können. Die Regierungsfraktionen entgegneten, man wolle den mit insgesamt fünf Stellen ausgestatteten Posten nicht zu einer Art Wehrbeauftragten für Polizisten machen.

Rund die Hälfte aller Bundesländer haben bereits einen vergleichbaren Posten geschaffen oder in Vorbereitung. In Berlin gibt es seit Mitte des Jahres einen entsprechenden Beauftragten, der aber nicht allein auf die Arbeit der Polizei ausgerichtet ist. Der sogenannte "Bürger- und Polizeibeauftragte" soll hier auch Konflikte mit anderen Behörden im Blick haben.

AfD fordert andere Ausrichtung der Stelle

Eine andere Ausrichtung des Beauftragten hat auch die AfD im Brandenburger Landtag gefordert. Die Fraktion schlug vor, dieser solle sich lieber für die "Sicherstellung der politischen Neutralität" und "gegen die politische Instrumentalisierung staatlicher Institutionen" einsetzen. Der Abgeordnete Wilko Möller kündigte an, eine Wieder-Abschaffung des Polizeibeauftragten zum Wahlkampfthema machen zu wollen. Die Stelle sei überflüssig, Polizei und Justiz bereits intern gut für Konfliktfälle aufgestellt.

Auch die Gewerkschaft der Polizei stört sich an der Fokussierung der Stelle allein auf die Polizeiarbeit. Sie blende die bereits bestehenden Strukturen für das polizeiinterne Konfliktmanagement aus, so die GdP-Vorsitzende Anita Kirsten gegenüber dem rbb. Kirsten hätte die rund 500.000 Euro, die im Haushalt dafür vorgesehen sind, lieber in die Ausstattung der Polizei investiert gesehen.

Dem noch zu suchenden neuen Beauftragten sicherte sie trotzdem eine enge Zusammenarbeit zu, um dem Bedürfnis nach mehr Transparenz nachkommen zu können. Kirsten fordert gleichzeitig, dass dieser auch die Arbeitsbedingungen und – Belastungen der Beamten verstärkt in den Blick nimmt.

Hinter den Kulissen hat die Suche nach einer geeigneten Person für das Amt bereits begonnen. Wann Brandenburgs neuer Polizeibeauftragter seinen Dienst antreten wird, steht noch nicht fest.

Sendung: rbb24, 16.12.2022, 16:00 Uhr

Beitrag von Markus Woller

18 Kommentare

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  1. 18.

    Ermittlung ist Sache der Polizei, und somit ist die Staatsanwaltschaft von den Ergebmnissen der Polizeiarbeit abhängig.

  2. 17.

    Wie gesagt, die Ermittlungen wegen Mordes an Jalloh wurden eingestellt. Und dieser Vorgang wurde durch ein Rechtsgutachten bestätigt. Aber vielleicht wissen Sie mehr? Waren Sie eventuell Zeugin eines Mordes? Machen Sie Ihre Angaben zu dem Fall in der nächsten Polizeidienststelle. Sollten Sie keine Angaben machen können, so akzeptieren Sie einfach die deutsche Rechtssprechung in diesem Fall. Das wäre dann sachlich inhaltlich eine Leistung Ihrerseits.

  3. 16.

    Die Ermittlungen in dem Fall Jalloh sind eingestellt worden. Das werden Sie sicher auch wissen. Und meine Frage, wie viele Beschwerden bei der Brandenburger Polizei anhängig sind können Sie nicht beantworten. Übrigens wie so oft in ihren Kommentaren stellen Sie gern irgendwelche Thesen auf, nur wenn es konkret wird, werfen Sie immer den anderen Kommentatoren fehlende sachliche Diskussion vor. Wie gesagt, Sie sind von sachlichen Diskussionen weiter entfernt als Ihnen lieb sein kann. Ach und waren Sie es nicht, die auf Dächer stehenden und auf Polizisten mit Steine werdenden Tötern in Schutz genommen haben und die Ursache für dieses Verhalten bei der Polizei gesucht haben. Das lässt tief in Ihre "Sachlichkeit" blicken?

  4. 15.

    Matthias FFSamstag, 17.12.2022 | 07:27 Uhr
    Antwort auf [Martina] vom 16.12.2022 um 22:33
    Ich weiß es nicht besser.
    Aber vielleicht zähle ich ja auch nicht zur Gruppe „alle“.

    Ich habe da vollstes Vertrauen in Sie. Sie schaffen das. Sie informieren sich einfach mal über die Kritik der EU bezüglich Fehlens einer polizeiunabhängigen Ermittlungs- und Beschwerdebehörde in Deutschland. Dann über die in Grossbritannien.
    Und dann fragen Sie sich vielleicht auch mal: Wer brachte Ouri Jalloh in einem Polizeirevier in um?
    Mord verjährt nicht.

  5. 14.

    Informieren Sie sich erst einmal darüber, was die Beschwerde.- und Ermittlungsbehörde nach britischem Vorbild ist.
    Weshalb Deutschland in der EU in der Kritik steht, da es keine polizeiunabhängige Beschwerde.- und Ermittlungsbehörde hat.

    Ansonsten können Sie sich Ihre Spekulationen und Vermutungen sparen.
    Ich vermute hier auch nicht einfach Mal, dass Sie möglicherweise ein Serienstraftäter sind, der hier nur auf braven Bürger machen will.

    Für eine sachlich-inhaltliche Diskussion braucht es Voraussetzungen.
    Sie erfüllen sie nicht.

    Wer hat eigentlich Ouri Jalloh getötet?

  6. 13.

    Eine geeignete Person finde ich ist Frau Nonnemacher, denn sie hat den absoluten Durchblick in allen gesellschaftlichen Fragen. Auch bei der Polizei muss ein Virus schnell erkannt und entsprechend schnell eine Lösung gefunden werden.

  7. 12.

    Na dann mal los Frau Martina, wie viele Beschwerden/Eingaben gegen die Brandenburger Polizei sind Ihnen bekannt? Sie erwecken nämlich mit Ihren Kommentaren den Eindruck, dass Sie ganz persönlich der Polizei nicht vertrauen. Und bitte nur Beispiele der Brandenburger Polizei. Berlin hat ja schon so einen Beauftragten, aber darum geht es hier in dem Artikel nicht. Für mich persönlich macht die Brandenburger Polizei einen guten Job und wir alle sollten dankbar sein, dass es Menschen gibt die an allen Tagen (Feiertage usw.) und Nächten für unsere Sicherheit sorgen. Auch für eine Martina, wenn sie sich in Brandenburg aufhält.

  8. 11.

    Aber warum braucht es dafür neue, teure Parallelstrukturen? Die Ermittlung und Verfolgung von Verfehlungen ist Aufgabe der Staatsanwaltschaft. Diese ist von der Polizei unabhängig. Deshalb wäre das einzig Konsequente, dort eine direkte Klagestelle einzurichten, ohne den Umweg der Anzeige bei einer Polizeidienststelle. Alles Andere ist reine Postenschacherei für altgediente und stramme Parteigenossen.

  9. 10.

    Eine von der Polzei und Staatsanwaltschaft unabhängige Beschwerdestelle gibt es in vielen Ländern, aber in Deutschland noch nicht.
    Es wäre wünschenswert, dass es eine solche Stelle gäbe, da es in Deutschland 16 Bundesländer gibt, müssten es 16 Stellen sein, da die Polizei Ländersache ist.

  10. 9.

    "Eine demokratische Polizei ist immer auch eine kontrollierte Polizei", meint Marlen Block von der Linke.
    Tja, aber die Polizei ist in einem Rechtsstaat von den Strukturen her kein demokratisches Gebilde, ergo gibt es keine demokratische Polizei.
    Die Aussage der Linke, dass in der Welt das Vertrauen in die Polizei schwindet ist ebenso irreführend, da die Welt groß und vielfältig ist, und bei weitem nicht mit der EU zu vergleichen. Innerhalb der EU ist kein nenneswerter Verlust des Vertrauens in die Polizei zu beobachten, und selbst in Deutschland nicht. Deutschland hat ca 83 Millionen Einwohner und 16 Bundesländer, und wenn in 2 kleinen Bundesländern ein Misstrauen in die Polizei von der Linke besteht, dann ist es bedauerlich, aber noch keine Tatsache.

  11. 8.

    Och Leute - jede freilaufende Herde braucht 'n Hüter - is' so. Die Viecher kommen mal vom Wege ab, mal versumpfen sie in irgendwelchen Löchern, werden nervös bei aufdringlichen Spaziergängern und bevor die Meute durchdreht, ist es gut wenn eine(r) aufpasst. Also so isses in freier Wildbahn. Komisch, jetzt fallen mir Gemeinsamkeiten auf.

  12. 7.

    Diese Beauftragtenmentalität gibt es nur in Deutschland. Sie schafft nicht nur gut dotierte "Pöstchen" für Bekannte und Parteifreunde, sondern schafft auch ein toxisches Klima unter Kollegen. Das kann doch niemand bei gravierendem Fachkräftemangel auf allen Ebenen ernsthaft wollen. Wer Polizisten unter Generalverdacht stellt, am liebsten bei jedes falsche Wort hart bestrafen möchte, hat ein Autoritätsproblem. Was aber schlimmer ist, sie gefährden unsere Demokratie!
    Die Idee der Grünen eines Polizeibeauftragten zielt auf die Falschen. Richtig wäre sich für mehr Abschiebungen (siehe z.B. Illerkirchberg)einzusetzen, Clankriminalität bekämpfen u. sogenannte Klimaaktivisten vom VS beobachten zu lassen!

  13. 6.

    Wenn ich mal nicht weiterweiß, bilde ich einen Arbeitskreis oder noch besser, ich erschaffe einen “ Beauftragten”. Der ändert zwar auch nichts, ich kann aber weiterhin alles dulden, kann aber nachweisen, dass ich etwas getan habe. Hat leider nur nix geholfen, aber wenigstens Geld gekostet. Es ist ganz große Mode geworden, für alles einen Beauftragten zu erschaffen. Was macht eigentlich der hochbezahlte Rest???

  14. 5.

    Ich weiß es nicht besser.
    Aber vielleicht zähle ich ja auch nicht zur Gruppe „alle“.

  15. 4.

    Doch es wissen alle besser.
    Sogar die, wenn nicht gerade die, die eine polizeiunabhängige Beschwerde- und Ermittlungsbehörde mit der Zumutung eines beleidigenden Pseudoarguments verhindern wollen: Das sei "Ausdruck von Misstrauen gegen unsere Polizei"

  16. 2.

    Sagen wir so, wer beschmutzt schon das eigene Nest. Ähnlich, wenn die Kirche sich selbst kontrolliert und den Missbrauch intern aufklären will. Das funktioniert nicht.
    Die AfD will ja den Polizeistaat. Steht jedenfalls so im Programm. Der rückschrittliche Versuch, die Menschen in ihren Freiheiten komplett zu beschneiden.

  17. 1.

    Wir brauchen keine/n "Polizeibeauftragte/n.

    Wir brauchen eine polizeiunabhängige Beschwerde- und Ermittlungsbehörde nach britischem Vorbild.
    Ganz strenge Regeln. Polizei ermittelt nicht gegen Polizei. Mitarbeiter, schon gar nicht die Leitung einer solchen Behörde stammt aus dem Polizeiapparat.

    Das ist einer Demokratie würdig und schafft "Waffengleichheit" zwischen Bürgerin, Bürger und Polizei.

    Alles andere ist Beschwerdetante oder Beschwerdeonkel aus der Institution selbst die man überprüft haben will.

    Aber klar. Schieben wir das noch einmal um Jahrzehnte auf. Als wüssten es nicht alle besser.
    Ermüdend, ätzend, dysfunktional.

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