FDP-Chef weist Vorwürfe zurück - Berliner Staatsanwaltschaft prüft mögliche Vorteilsnahme durch Lindner

Mo 09.01.23 | 17:01 Uhr
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Archivbild: Christian Lindner (FDP) am 12.05.2022 ^(Quelle: dpa/Britta Pedersen)
Audio: Radioeins | 09.01.2023 | Eva Huber | Bild: dpa/Britta Pedersen

Die Berliner Generalstaatsanwaltschaft prüft den Verdacht einer möglichen Vorteilsnahme durch FDP-Chef Christian Lindner in Verbindung mit einem Immobilienkredit. Bei dieser "Vorprüfung" gehe es auch um die Frage, ob Lindners Immunität als Bundestagsabgeordneter aufgehoben werden sollte, teilte ein Sprecher der Behörde am Montag mit.

Der Anlass der Prüfung: Lindner hatte im Frühjahr ein schriftliches Grußwort für die Karlsruher BBBank verfasst, bei der er auch einen Kredit für einen privaten Hauskauf aufgenommen hatte.

Über das Grußwort und den Kredit hatte zuerst der "Spiegel" berichtet. Auf Grundlage dieses Berichts habe die Berliner Staatsanwaltschaft nun die Vorprüfung eingeleitet, teilte der Sprecher mit - und betonte, dass mit dieser Prüfung noch keine "Aussage über das Vorliegen eines Anfangsverdachts" getroffen werden könne. Die Vorprüfung liege bei der Generalstaatsanwaltschaft, weil diese seit Jahresbeginn die Zuständigkeit für die Bearbeitung von Korruptionsdelikten innehabe.

FDP-Chef weist Vorwürfe zurück

Lindner teilte laut "Tagesspiegel" auf Anfrage dazu mit, eine Verbindung zwischen seiner Immobilienfinanzierung und dem Grußwort gebe es nicht. Es entbehre jeglicher Grundlage, dass "Dinge verheimlicht" worden seien, ließ er über seinen Anwalt erklären. Laut Bericht war Lindner bereits als Abgeordneter als Redner auf Abendveranstaltungen der BBBank aufgetreten, wofür er mehrere zehntausend Euro erhalten habe.

Kubicki fordert Rücktritt von Berlins Justizsenatorin

Aus Lindners FDP kam Kritik am Vorgehen der Berliner Justiz. Vizeparteichef Wolfgang Kubicki sprach von einer "erheblichen Persönlichkeitsrechtsverletzung, die personelle Konsequenzen nach sich ziehen muss". Berlins Justizsenatorin Lena Kreck (Linke) solle zurücktreten, "mindestens aber die Generalstaatsanwältin entlassen", verlangte Kubicki. Er wies darauf hin, dass über die Aufhebung der Immunität nicht die Staatsanwaltschaft, sondern ausschließlich der Bundestag entscheide. Der Vorgang zeige, dass der Berliner Senat dabei sei, die Bundeshauptstadt "moralisch vollständig zu ruinieren", kritisierte der Bundestagsvizepräsident.

Transparency Deutschland begrüßt Vorgehen der Justiz

Eine Sprecherin von Lindners Ministerium wollte sich mit Blick auf die laufende Prüfung der Justiz nicht im Einzelnen zu den Vorwürfen äußern. In genereller Form wies sie darauf hin, "dass es durchaus nicht unüblich ist, dass Minister oder Staatssekretäre Grußworte verfassen für alle mögliche Arten von Institutionen oder auch bei Veranstaltungen auftreten".

Die Sprecherin wies zudem darauf hin, dass sich die gesamte Ministeriumsführung bei Amtsantritt "freiwillig" den internen Leitlinien des Ministeriums zu Finanzgeschäften seiner Beschäftigten unterworfen habe. Dabei gehe es um so genannte Compliance-Regelungen, "die die privaten Finanzgeschäfte betreffen".

Die Anti-Korruptions-Organisation Transparency Deutschland begrüßte das Vorgehen der Berliner Justiz. "Der Rechtsstaat muss auch und gerade bei einem Minister kritisch hinschauen", sagte Transparency-Jurist Wolfgang Jäckle am Montag den Funke-Zeitungen.

Sendung: Radioeins, 09.01.2023, 16:00 Uhr

15 Kommentare

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  1. 15.

    … nur weil es alle machen, bleibt es doch zumindest unmoralisch! Eine rechtliche Verurteilung ist kaum zu erwarten, schließlich hilft das viele Geld bei der Bezahlung eines versierten Anwalts.
    Für mich eigentlich viel erstaunlicher, dass solche („wichtigen“ u. überbezahlten) Leute mit ihren eigentlichen Jobs (in dem Fall Minister) nicht ausgelastet sind u. noch Zeit für solche Pseudo-Jobs wie Vorträge haben. Das habe ich als normale Angestellte mein Leben lang nicht hingekriegt…

  2. 14.

    Entzückend. Wenn Sie nur das machen würden, was Sie von anderen verlangen ist schon viel getan.
    Oder - was wollen Sie von Herrn Kubicki?

  3. 13.

    Das mit dem "Arbeitnehmervertreter" gefällt...
    Setzt er sich doch für den Mittelstandsbedingungen besonders ein. Also da, wo in Deutschland die mit Abstand meisten Arbeitnehmer in Jobs sind.
    Verkannt wird oft, dass dies auch ein Eintreten für die Schwachen ist. Denn die müssen ja finanziert werden. Da kann sich jeder ausmalen wie unsozial eine Deindustrialisierung werden kann. So gesehen müssten über 50% liberal statt polarisierend sein.

  4. 12.

    Herr Kubicki sollte mal lernen das wir in einem Rechtsstaat leben und das die Justiz unabhängig von regierender Bevormundung agiert. Die Forderung an die Justizsenatorin ist daher Aufforderung zum Rechtsbruch.

  5. 11.

    Die Herrschaften sitzen doch alle in irgendwelchen Aufsichtsräten oder Vorständen und solange dieses nicht unterbunden wird werden solche Sachen immer wieder vorkommen.

  6. 10.

    Und ich dachte schon, in einem Rechtsstaat müsste die Schuld bewiesen werden. Die Unschuld zu beweisen, ist gar nicht möglich.

  7. 9.

    Ein sich seit vielen Jahren aufopfernder Arbeitnehmervertreter gönnt sich ein kleines Häuschen im Arbeiterviertel. Wenn man so wenig verdient muss man natürlich Kredit aufnehmen. Nach vielen Jahren des Schuftens soll es auch schön sein. Hätte der Arbeiterführer alles bar bezahlt hätte man gefragt wo der Mann so viel Geld her hat. Wie man es auch macht, Neider und Diskriminierer sind sofort zur Stelle.

  8. 8.

    Richtig, genau diesen Zusammenhang habe ich als unwahrscheinlich bezeichnet. Dass derartige Vorermittlungen öffentlich nach außen dringen und das auch noch in der heißen Wahlkampfphase ist dagegen sehr verwunderlich.

  9. 7.

    Herr Lindner sollte zusehen, dass dieses GESCHMÄCKLE zu 100 Prozent aus der Welt schafft, sonst bekommt die FDP bei allen anderen Wahlen noch weniger Stimmen und versinkt im Nirgendwo - trotz lauthalsem Schreien eines Hrn. Kubicki.

  10. 6.

    Bei unser linksdrehenden Generalstaatsanwältin Frau Koppers, die ja jegliche Kritik an Ihrer Arbeit hier als Rechtspopulismus abkanzelt wundert mich gar nichts mehr. Wenn sie mal ihre Arbeit besser und schneller machen würde, dann wäre Berlin besser dran.

  11. 5.

    Einfach lächerlich, die heutige Zeit. Parteiübergreifend wird bei jeder Gelegenheit gleich nach Rücktritt gerufen. Und wie gesagt spreche ich da nicht von der FDP sondern es betrifft alle Parteien.

  12. 4.

    Entscheidend ist, ob die bezahlten Vorträge im Zusammenhang mit der Kreditvergabe stehen. Die entsprechende Prüfung halte ich für berechtigt. Bei negativem Ergebnis wären Gerüchte über einen Zusammenhang widerlegt.

  13. 3.

    Kann mir ehrlich gesagt nicht vorstellen, dass an den Vorwürfen was dran ist. Aber irgendwie dann doch schon auffällig, dass die Vorwürfe gerade jetzt gestreut werden. Banken haben heute bei politisch exponierten Personen längt verschärfte Compliance-Regeln und Kontrollen, die Vorteilsgabe und -nahme verhindern sollen; ansonsten hätte auch die Bank ein Problem.
    Was bleibt sind möglicherweise bezahlte Vorträge usw., unabhängig von der Kreditvergabe. Kann man ScheiXe finden, machen aber alle Politiker seit Jahrzehnten so, von ganz links bis rechts. Kann man Lindner dann auch nicht wirklich zum Vorwurf machen.

  14. 2.

    Und der Herr Kubicki ruft "Haltet den Dieb".

  15. 1.

    Jetzt ist er dran.... Es wurde endlich etwas gefunden... Aber halt, es wird ja nur geprüft.....Nur was passiert mit Denjenigen, die ihr durchsichtiges Interesse nicht ganz verbergen konnten? Wir werden sehen... wie redlich das ist.... denkt auch Ch. Wulff.

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