Vor Start der "Dialogwerkstätten" -
Der Berliner Stadtentwicklungssenator Christian Gaebler (SPD) hat Vorwürfe zurückgewiesen, dass der Senat das Bebauungsverbot für das Tempelhofer Feld aushebeln will. Gaebler sagte am Mittwoch bei Radioeins vom rbb, es gehe vielmehr darum, in einem Dialogprozess Nutzungsmöglichkeiten für das Gelände auszuloten. "Dass man zehn Jahre nach einem Volksentscheid nicht mal diskutieren darf, welche Nutzungen möglich sind oder nicht, halte ich für ziemlich schwierig", sagte der SPD-Politiker zudem der Deutschen Presse-Agentur.
Am Mittwochabend trafen sich aus diesem Grund erstmals 275 repräsentativ ausgewählte Berlinerinnen und Berliner, um über die Zukunft des Feldes und eine mögliche Randbebauung zu diskutieren. Die Teilnehmer für die sogenannten Dialogwerkstätten wurden ausgelost: Zunächst wurden 20.000 Personen ab 16 Jahren aus dem Einwohnermelderegister angeschrieben und um die Teilnahme gebeten. Knapp 1.000 Personen bekundeten ihr Interesse, 275 hatten dann Losglück.
Stadtentwicklungspolitischer Sprecher der SPD: "Würde mir Wohnungsbau im Randbereich wünschen"
Die Senatsverwaltung für Stadtentwicklung, das wurde am Mittwochabend bei der Veranstaltung deutlich, wollte dort nicht nur einen Dialog führen und Ideen sammeln für mögliche Entwicklungsszenarien, wie es offiziell heißt. Das Bebauungsverbot fürs Tempelhofer Feld, das per Volksentscheid 2014 durchgesetzt wurde, sei mehr eine "Denkpause" gewesen, erklärte Michael Künzel, Stadtplaner der Senatsverwaltung. "Und diese Denkpausen wollen wir nutzen, um nachzudenken, was wäre denn, wenn das Feld anders entwickelt wird, als es heute aussieht", sagte Künzel.
Der stadtentwicklungspolitische Sprecher der SPD, Mathias Schulz, wurde am Mittwoch in der rbb24 Abendschau konkreter: "Ich würde mir wünschen, dass wir den Randbereich auch für den Wohnungsbau nutzen können." Er setze dafür auf die Entwicklungen der Dialogwerkstätten.
Grüne kritisieren das Verfahren als "Farce"
Der Grünen-Fraktionschef Werner Graf hatte am Dienstag kritisiert, die vom Senat geplante Form der Bürgerbeteiligung sei "eine Farce" und ihm vorgeworfen, seine Politik "ohne Rücksicht auf Verluste" gegen die Bürgerinnen und Bürger durchdrücken zu wollen. "Berlin hat in einem klaren Votum dafür gestimmt, dass das Tempelhofer Feld in Gänze unbebaut bleibt. Doch wie bei so vielen Volksentscheiden fühlt sich die schwarz-rote Regierung auch hier nicht an das Wählervotum gebunden", hielt Graf der Regierungskoalition vor.
Der Stadtentwicklungsexperte der Grünen, Julian Schwarze, kritisierte, dass Bausenator Gaebler von der SPD schon vor Beginn des Dialogverfahrens einen Ideenwettbewerb für das Feld angekündigt hat. "Ein Beteiligungsverfahren, dass das Ergebnis vorwegnimmt, ist keine Beteiligung. Gaebler hat schon gesagt, dass das, was ihm nicht passt, nicht berücksichtigt wird. Das wird dem Volksentscheid nicht gerecht", sagte Schwarze.
Gaebler hält die Vorwürfe seinen Worten zufolge für unberechtigt: "Die Grünen sagen zunehmend: Man darf gar nicht darüber diskutieren." Dabei fordere die Partei sonst immer, Bürger zu beteiligen. "Wir fragen die Bürgerinnen und Bürger, was sie sich so vorstellen können. Und dann muss man überlegen, was man in der Stadtgesellschaft noch mal eine breitere Debatte darüber führt."
Volksentscheid zehn Jahre her
Das Gelände des ehemaligen Flughafens Tempelhof wird seit 2010 als Erholungsfläche genutzt. Bei einem Volksentscheid im Jahr 2014 stimmte eine Mehrheit gegen eine Bebauung des Areals.
Die Ergebnisse des Dialogprozesses mit den Bürgerinnen und Bürger sollen in einen internationalen Ideenwettbewerb zum Tempelhofer Feld einfließen, den der Senat beschlossen hat. Richtig starten soll das Dialogverfahren im September. Die Ergebnisse sollen 2025 feststehen.
Sendung: Radioeins, 03.07.24, 09:30 Uhr