Vor Start der "Dialogwerkstätten" - Bausenator Gaebler: Bebauungsverbot für Tempelhofer Feld wird nicht ausgehebelt

Mi 03.07.24 | 21:46 Uhr
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Archivbild:Menschen geniessen einen sonnigen Tag am Tempelhofer Feld am 12.05.2024.(Quelle:imago images/E.Contini)
Audio: rbb24 Abendschau | 03.07.2024 | Arndt Breitfeld, Dorit Knieling | Bild: imago images/E.Contini

Der Berliner Stadtentwicklungssenator Christian Gaebler (SPD) hat Vorwürfe zurückgewiesen, dass der Senat das Bebauungsverbot für das Tempelhofer Feld aushebeln will. Gaebler sagte am Mittwoch bei Radioeins vom rbb, es gehe vielmehr darum, in einem Dialogprozess Nutzungsmöglichkeiten für das Gelände auszuloten. "Dass man zehn Jahre nach einem Volksentscheid nicht mal diskutieren darf, welche Nutzungen möglich sind oder nicht, halte ich für ziemlich schwierig", sagte der SPD-Politiker zudem der Deutschen Presse-Agentur.

Am Mittwochabend trafen sich aus diesem Grund erstmals 275 repräsentativ ausgewählte Berlinerinnen und Berliner, um über die Zukunft des Feldes und eine mögliche Randbebauung zu diskutieren. Die Teilnehmer für die sogenannten Dialogwerkstätten wurden ausgelost: Zunächst wurden 20.000 Personen ab 16 Jahren aus dem Einwohnermelderegister angeschrieben und um die Teilnahme gebeten. Knapp 1.000 Personen bekundeten ihr Interesse, 275 hatten dann Losglück.

Stadtentwicklungspolitischer Sprecher der SPD: "Würde mir Wohnungsbau im Randbereich wünschen"

Die Senatsverwaltung für Stadtentwicklung, das wurde am Mittwochabend bei der Veranstaltung deutlich, wollte dort nicht nur einen Dialog führen und Ideen sammeln für mögliche Entwicklungsszenarien, wie es offiziell heißt. Das Bebauungsverbot fürs Tempelhofer Feld, das per Volksentscheid 2014 durchgesetzt wurde, sei mehr eine "Denkpause" gewesen, erklärte Michael Künzel, Stadtplaner der Senatsverwaltung. "Und diese Denkpausen wollen wir nutzen, um nachzudenken, was wäre denn, wenn das Feld anders entwickelt wird, als es heute aussieht", sagte Künzel.

Der stadtentwicklungspolitische Sprecher der SPD, Mathias Schulz, wurde am Mittwoch in der rbb24 Abendschau konkreter: "Ich würde mir wünschen, dass wir den Randbereich auch für den Wohnungsbau nutzen können." Er setze dafür auf die Entwicklungen der Dialogwerkstätten.

Grüne kritisieren das Verfahren als "Farce"

Der Grünen-Fraktionschef Werner Graf hatte am Dienstag kritisiert, die vom Senat geplante Form der Bürgerbeteiligung sei "eine Farce" und ihm vorgeworfen, seine Politik "ohne Rücksicht auf Verluste" gegen die Bürgerinnen und Bürger durchdrücken zu wollen. "Berlin hat in einem klaren Votum dafür gestimmt, dass das Tempelhofer Feld in Gänze unbebaut bleibt. Doch wie bei so vielen Volksentscheiden fühlt sich die schwarz-rote Regierung auch hier nicht an das Wählervotum gebunden", hielt Graf der Regierungskoalition vor.

Der Stadtentwicklungsexperte der Grünen, Julian Schwarze, kritisierte, dass Bausenator Gaebler von der SPD schon vor Beginn des Dialogverfahrens einen Ideenwettbewerb für das Feld angekündigt hat. "Ein Beteiligungsverfahren, dass das Ergebnis vorwegnimmt, ist keine Beteiligung. Gaebler hat schon gesagt, dass das, was ihm nicht passt, nicht berücksichtigt wird. Das wird dem Volksentscheid nicht gerecht", sagte Schwarze.

Gaebler hält die Vorwürfe seinen Worten zufolge für unberechtigt: "Die Grünen sagen zunehmend: Man darf gar nicht darüber diskutieren." Dabei fordere die Partei sonst immer, Bürger zu beteiligen. "Wir fragen die Bürgerinnen und Bürger, was sie sich so vorstellen können. Und dann muss man überlegen, was man in der Stadtgesellschaft noch mal eine breitere Debatte darüber führt."

Volksentscheid zehn Jahre her

Das Gelände des ehemaligen Flughafens Tempelhof wird seit 2010 als Erholungsfläche genutzt. Bei einem Volksentscheid im Jahr 2014 stimmte eine Mehrheit gegen eine Bebauung des Areals.

Die Ergebnisse des Dialogprozesses mit den Bürgerinnen und Bürger sollen in einen internationalen Ideenwettbewerb zum Tempelhofer Feld einfließen, den der Senat beschlossen hat. Richtig starten soll das Dialogverfahren im September. Die Ergebnisse sollen 2025 feststehen.

Sendung: Radioeins, 03.07.24, 09:30 Uhr

38 Kommentare

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  1. 38.

    Ich hatte vor Jahren eine Führung durch den gesamten stillgelegten Flughafen . Es wurde eine sehr interessante Führung durchgeführt mit Informationen , dass das Feld sozusagen hohl ist, deshalb kann man auf keinen Fall in die Tiefe bauen . Es ist halt kein normales Baugelände ! Also Finger weg

  2. 37.

    Sie haben echt keine Ahnung , das Tempelhofer Feld ist nicht zum Bau geeignet. Die Verkehrs Situation ist bezüglich der Überfüllung nicht eine entspanntere als in Köpenick. Die ganze Stadt ist überfüllt .
    Leben sie am Rand oder ich, wissen sie überhaupt wo Tempelhof ist? Machen sie sich erstmal sachkundig !!

  3. 36.

    Wohnungsbau als Verrat. Steile These. Oder leere Polemik? Aber klar: Wohnungen braucht man ja nicht.

  4. 35.

    Am Rand des Tempelhofer Feldes könnten tausende dringend benötigter Sozialwohnungen entstehen, ohne den Freizeit- und Erholungswert des Feldes zu gefährden, denn Platz ist genug da. Es fehlt nur der Wille zum Kompromiss.

  5. 34.

    Zum einen ist die Fläche eben nicht nutzlos, zum anderen hat die EE Industrie es versäumt Millionen"spenden" an die richtigen Parteien zu zahlen.

    Warum die Fläche eben nicht nutzlos ist haben Vorredner bereits ausführlich erklärt.

  6. 33.

    Warum baut man auf dieser riesigen nutzlosen Fläche eigentlich keine schönen sauberen Windräder, oder Solaranlagen? Auf brandenburger Wiesen und in den Wälder geht das doch auch. Freizeit, Erholungswert, Naturschutz und Naturschönheiten kratz doch da auch keinen.

  7. 32.

    Es gibt da mehrere Toilettencontainer die sind rot-weiß gehalten. Sind meiner Meinung nach die besten und saubersten öffentlichen Toiletten in Berlin mit Ausnahme der Wall-Toiletten wenn die funktionieren.

  8. 31.

    Das Tempelhofer Feld ist so ein wichtiges Biotop für viele gefährdete Tier- aber auch Pflanzenarten u.a. die immer wieder erwähnte Feldlerche. Das alles würde man gefährden, wenn man diese naturbelassene Fläche angreift. Eine von der Natur selber "gestaltete" Fläche ist für die Entstehung einer eigenen Artenvielfalt immens wichtig. Und das alles soll gefährdet werden, weil es Ihnen nicht gefällt und in Ihren Augen etwas anders vielleicht "schöner" aussehen würde? Wenn Sie sich etwas Zeit nehmen und genauer auf dem Tempelhofer Feld umsehen würden, dann würden Sie vielleicht auch entdecken, was für eine Artenvielfalt es dort wirklich gibt und wie viele für Berliner Verhältnisse außergewöhnliche Dinge man dort betrachten könnte.

  9. 30.

    Ich bin da mal vor ein paar Wochen auf der Stadtautobahn entlang gefahren. Frage, gibt es dort eigentlich auch ein Stilles Örtchen wenn man mal Muss? Ich habe nichts Entdeckt.

  10. 29.

    Es gibt ohnehin viel zu wenig Bewegungsflächen in der Innenstadt. Das Feld in seiner jetzigen Form bietet da viel Entlastung. Man könnte das sicher optimieren, aber klimagerecht und ohne zusätzlichen Beton. Vielleicht sogar Umkleidekabinen in Holzbauten für die Allgemeinheit. Warum mischen sich die Sportverbände nicht ein und fordern die Optimierung nachhaltiger Sportmöglichkeiten für die Allgemeinheit? Mangelnde Bewegung ist ein Haupttreiber der Krankenkassenbeiträge. Das wissen doch alle!

  11. 28.

    Bisher hat der Senat seine Neubauziele nie erreicht.
    Als Gründe werden immer wieder Mangel an Baumaterial, Mangel an Fachkräfte bei den Baufirmen, hohe Zinsen usw. angeführt.
    Platzmangel wurde noch nie angeführt.
    https://www.rbb24.de/politik/beitrag/2024/05/berlin-senat-wohnungen-bauen-zu-wenig.html

  12. 27.

    Ich wär eher dafür, am Rand des Feldes entlang der S- und Autobahn eine behutsame Beflanzung durchzuführen. Der Flughafen und das Feld sind einzigartig auf der Welt und die einzige große freie Fläche im Zentrum wo man auch mal etwas weiter schauen kann. Diese Wohnungskästen mit den schmalen Fensten bis zum Boden gibt es in Berlin schon an jeder Ecke, die kann man auch auf anderen versiegelten Flächen in Berlin bauen.

  13. 26.

    Das sehe ich anders, denn es kommt meiner Meinung nach ganz darauf an, was man dort bauen möchte. Wenn dort das Falsche entstehen sollte und nicht das, was in Berlin absolut wichtig wäre, nämlich BEZAHLBARER Wohnraum, dann spricht alles dagegen. Ich bin mir nicht sicher, ob dort wirklich bezahlbarer Wohnraum entstehen wird oder doch eher andere Interessen überwiegen. Und was "bezahlbar" für den Berliner Senat bedeutet, ist u.U. nicht gleichbedeutend mit dem, was die meisten Berliner/innen darunter verstehen würden.

  14. 25.

    Ich hatte noch einen zweiten Kommentar verfasst, bei dem ich in etwa folgendes geschrieben hatte: falls man doch darüber nachdenken sollte, wäre das in etwa wie ein Schuss ins eigene Knie, weil es sehr viel mehr negative als positive Auswirkungen hätte. Dieser Kommentar wurde aber nicht veröffentlicht. Dieses "niemals" ist also nur eine Hoffnung von mir, dass der Senat so klug ist, das nicht zu tun. Realistischer wäre wirklich die Formulierung "vollständig wird das Tempelhofer Feld 'hoffentlich' niemals bebaut" gewesen. Wenn der Senat ernsthaft darüber nachdenken sollte, wäre das bzw. er meiner Meinung nach sehr, sehr dumm.

  15. 24.

    Sollte am Rand der Brache gebaut werden. Da spricht nichts gegen.

  16. 23.

    Das ist so die typische NIMBY-Mentalität. In der Innenstadt sollen die Flächen frei bleiben und es ist angeblich keine Infrastruktur vorhanden, aber am Stadtrand kann man ja ruhig alles vollknallen. Ich weiß nicht, ob Ihnen die Situation in Köpenick bekannt ist, aber hier gibt es regelmäßig einen Verkehrsinfarkt, teilweise mussten sogar Buslinien eingestellt werden, weil es kein Vorankommen mehr gibt. Paradebeispiele sind die Wendenschloßstr. und die Grünauer Str.. Die Flächen waren ja da… Die Infrastruktur fehlt bis heute. Aber egal, wir bauen noch eine Messehalle dorthin…

  17. 22.

    Da wäre ich mir nicht so sicher. Die Stadtplanung hat wiederholt bewiesen, dass die Erhaltung größerer Freiflächen niedrigste Priorität hat, siehe z. B. das überdimensionierte Neubauvorhaben Elisabeth-Aue. Wenn dazu die Profitinteressen der Bau- und Immobilienwirtschaft kommen, sehe ich für das Tempelhofer Feld schwarz.

  18. 21.

    Sehe ich anders. Wenn man die Freifläche behalten möchte, sollte man sie zumindest anders gestalten. Man könnte es dort wenigstens etwas grüner werden lassen und ein paar Bäume etc. pflanzen. So ist es einfach nur eine riesige Einöde und das gefällt mir nicht.

  19. 20.

    Auf dem Tempelhofer Feld wäre eine Bebauung sehr teuer, und damit für ein "bezahlbares" Wohnen völlig ungeeignet, denn es geht 6 Stockwerke in die Tiefe! Ich bin dort für eine parkähnliche Randbegrünung und für eine Erhaltung einer großen Wiesen-Freifläche, auf der die Berliner und Besucher naturnahe Erholung finden können! Auch die asphaltierten Strecken könnte man erhalten, denn sie werden von den Menschen sportlich genutzt! An die Politiker: Ihr seid im Amt um den Menschen zu "dienen", und nicht um Euch selbst zu gefallen! Also hört auf, den Menschen alles wegzunehmen, um Ihnen Eure Bebauungsidee zu verkaufen!!

  20. 19.

    Wer wissen möchte, wie "behutsame Randbebauung" aussieht, braucht sich nur anzuschauen, was aus der großen Freifläche am Gleisdreieck geworden ist - und bitte die fünf, sechs Hochhäuser, die rund um den Hochbahnhof geplant sind, noch dazudenken. Und die Anbindung der Wannseebahn an den Tiergartentunnel plus der S 21 (Ausfädelung aus beiden vorhandenen S-Bahn-Strecken, Zusammenführung zu einer, am besten alles mit Überwerfungsbauwerken, neue oberirdische Station am Hochbahnhof).

    Aber klar: Da gibt es jede Menge "bezahlbaren Wohnraum". ROFL

    Und vom Tempelhofer Feld wird die Betonlobby schon auch noch irgendeine Wiese übriglassen.


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