Gruppenantrag - Brandenburger Bundestagsabgeordnete sind uneins bei AfD-Verbotsantrag

Kommende Woche wollen verschiedene Parlamentarier einen Antrag stellen, ein Verbotsverfahren der AfD zu prüfen. Darüber entscheiden müsste letztlich das Bundesverfassungsgericht. Brandenburger Bundestagsabgeordnete zeigen sich uneins.
Eine fraktionsübergreifende Gruppe im Bundestag will das Bundesverfassungsgericht anrufen, um ein Parteiverbotsverfahren gegen die AfD zu prüfen. Das stößt bei den Bundestagsabgeordneten aus Brandenburg auf ein geteiltes Echo, wie eine stichprobenartige Befragung von rbb24 unter den 25 Mandatsträgern ergeben hat.
SPD-Abgeordnete Wallstein pro AfD-Verbotsantrag
Zwei Brandenburger Abgeordnete gehören zu den Mit-Initiatorinnen dieses Antrags. Maja Wallstein (SPD) aus dem Wahlkreis Cottbus/Spree-Neiße meint, dass vieles darauf hindeute, dass die AfD massiv gegen die Menschenwürde und die freiheitlich demokratische Grundordnung arbeite. "Es geht dabei nicht um das Verdrängen missliebiger politischer Konkurrenten, sondern um den Schutz unserer Demokratie", so Wallstein gegenüber rbb24. Als aktuelles Beispiel nannte sie die erste Sitzung des thüringischen Landtags, der seine Konstituierung erst fortsetzen konnte, nachdem das Landesverfassungsgericht angerufen worden war. Zuvor hatte der Alterspräsident der AfD die Konstituierung des Parlaments behindert.
SPD-Kollege Zierke sieht Risiko, dass Antrag scheitert
Widerspruch bekommt Wallstein aus der eigenen Fraktion. Für Stefan Zierke, Bundestagsabgeordneter für den Kreis Barnim/Uckermark, ist das Risiko, dass der Antrag vor dem Bundesverfassungsgericht an den hohen Hürden für ein Parteiverbot scheitere, zu hoch. "Dann jubelt die Gegenseite und wir Demokraten haben nichts erreicht", so Zierke im Interview mit rbb24. Er sei der Meinung, dass man die AfD politisch stellen müsse, indem man die aktuellen Krisen bewältige. Wenn die Menschen sähen, "dass sie in eine sichere Zukunft gehen, dann ist es einfacher die Prozentwerte populistischer Parteien niedrig zu halten."
Domscheit-Berg sieht AfD im Konflikt mit Grundgesetz
Ebenfalls zu den Mit-Initiatorinnen zählt Anke Domscheit-Berg (Die Linke), Abgeordnete aus Oberhavel. Für sie arbeitet die AfD auf die Zerstörung der demokratischen Gesellschaft hin. "Die AfD beweist täglich, dass sie mit dem Grundgesetz im Konflikt steht", so Domscheit-Berg. Als Beispiel nennt sie die Forderung der Brandenburger AfD, Asylbewerber und Geflüchtete von öffentlichen Veranstaltungen wie Volksfesten auszuschließen.
Ihr Partei-Kollege Christian Görke mit dem Wahlkreis Cottbus/Spree-Neiße unterstützt das Vorhaben. Er hält den Prüfprozess für überfällig. Er erwarte zwar nicht, dass sich durch die juristische Klärung das gesellschaftliche Problem des Rechtsextremismus auflöse. Das Verbotsverfahren könne aber "zur Ent-Normalisierung der AfD beitragen".
AfD-Brandenburg-Chef Springer verurteilt Vorstoß
Der AfD-Bundestagsabgeordnete und Landesvorsitzende seiner Partei in Brandenburg, René Springer, verurteilt den Antrag. Er bezeichnet ihn als einen Versuch, die Opposition auszuschalten. "Ein Verbot unserer Partei würde den politischen Wettbewerb um vernünftige Lösungen willkürlich beseitigen und nicht nur das Vertrauen in unsere Demokratie, sondern die Demokratie selbst zerstören". Der geplante Antrag sei Ausdruck der tiefen Krise der "etablierten Politik", so Springer.
CDU-Bundestagsabgeordneter Abraham will AfD parlamentarisch bekämpfen
Auch Knut Abraham, CDU-Bundestagsabgeordneter aus dem Wahlkreis Elbe-Elster/Oberspreewald-Lausitz, spricht sich gegen den geplanten Verbotsantrag aus. Man müsse die AfD parlamentarisch bekämpfen, so Abraham. Gleichzeitig schließt er ein zukünftiges Verbotsverfahren nicht aus: Die Partei müsse weiter auf eine weitere Radikalisierung hin beobachtet werden.
Abrahams Partei- und Abgeordnetenkollege Jens Koeppen spricht sich generell gegen ein Verbotsverfahren aus. Man könne zwar, so Koeppen, so lange etwas verbieten, bis einem das Ergebnis gefalle, dieser Ansatz schade aber nachhaltig der Demokratie. "Wenn ein Verbot die einzige Antwort ist, dann wäre das jämmerlich und treibt die Wähler in die innere Immigration oder in die Extreme", sagt Koeppen, der seinen Wahlkreis im Barnim und der Uckermark hat.
Teuteberg unterstützt Antrag nicht
Keine Unterstützung für den Antrag ist auch von der Potsdamerin Linda Teuteberg (FDP) zu erwarten, da mit einem Verbot nicht die Probleme, deretwegen die AfD Wählerstimmen bekomme, verschwinden würden. Die AfD müsse endlich ernsthaft politisch gestellt werden, anstatt ihr "noch eine Opfererzählung für den Bundestagswahlkampf zu schenken", so Teuteberg.
Kellner unterstützt Antrag
Den Prüfantrag unterstützen will hingegen der Bündnisgrüne Michael Kellner, Bundestagsabgeordneter aus der Uckermark: "Als Abgeordnete haben wir die grundgesetzliche Aufgabe unser Land und unsere Demokratie zu schützen." Dieser Verantwortung wolle er nachkommen, indem er es als Abgeordneter dem Bundesverfassungsgericht ermögliche, die schweren Vorwürfe gegenüber der AfD überprüfen zu können, so Kellner.
Grundgesetz regelt Verbotsverfahren
Das Verfahren für ein Parteienverbot ist im Grundgesetz geregelt. Demnach entscheidet ausschließlich das Bundesverfassungsgericht über die Frage der Verfassungswidrigkeit einer Partei. Diese sei gegeben, wenn die Partei nach ihren Zielen oder nach dem Verhalten ihrer Anhänger darauf aus ist, die freiheitlich demokratische Grundordnung Deutschlands zu beeinträchtigen oder zu beseitigen. Die Verbreitung von verfassungsfeindlichen Ideen allein reicht dafür nicht aus. Den Antrag auf eine Prüfung beim Bundesverfassungsgericht dürfen der Bundestag, der Bundesrat oder die Bundesregierung stellen.
Sendung: rbb24 Brandenburg aktuell, 04.10.2024, 19:30 Uhr
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