Mehr Spezialisierung - weniger Finanzdruck - Bundestag beschließt Lauterbachs Krankenhausreform

Do 17.10.24 | 16:39 Uhr
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Symbolbild: Ärzte laufen am 25.06.2015 durch einen Flur zur Rettungsstelle eines Krankenhauses. (Quelle: dpa/Gregor Fischer)
Audio: rbb24 Inforadio | 17.10.2024 | Eva Ellermann | Bild: dpa/Gregor Fischer

Die Krankenhäuser stehen vor großen Veränderungen: Karl Lauterbachs Gesetzentwurf zur Krankenhausreform passierte am Donnerstag den Bundestag. Kern der Reform ist eine stärkere Spezialisierung.

Der Bundestag hat die umstrittene Krankenhausreform beschlossen. Mit der Parlamentsmehrheit der Ampel-Koalition stimmten die Abgeordneten für das Reformwerk von Bundesgesundheitsminister Karl Lauterbach (SPD). Deutschlands Kliniken sollen, so das erklärte Ziel, vom finanziellem Druck entlastet werden und müssen sich künftig bei Behandlungen stärker spezialisieren.

Die Reform muss noch durch den Bundesrat. Sie ist dem Gesetzentwurf zufolge dort zwar nicht zustimmungsbedürftig, kann aber im Vermittlungsausschuss aufgehalten werden. Die Opposition lehnte das Vorhaben ab.

Berliner Caritas warnt vor einem "massiven Krankenhaussterben"

Die Berliner Caritas hatte noch wenige Stunden vor der Abstimmung scharfe Kritik an der Reform geübt und nannte sie eine "Mogelpackung". Die Direktorin des Caritasverbandes für
das Erzbistum Berlin, Ulrike Kostka, erklärte am Donnerstag, das Gesetzespaket erwecke den Eindruck, "dass die Krankenhäuser zukünftig besser finanziell ausgestattet werden und die Patientenversorgung qualitativ besser wird. Dem ist aber nicht so." Sie gefährde die Patientenversorgung in Berlin und Brandenburg. Ein "massives Krankenhaussterben" werde in Kauf genomen und die Träger "im Land im Stich gelassen". Die Länder Berlin und Brandenburg würden es sich auch bei den kommunalen Krankenhäusern nicht dauerhaft leisten können, die Defizite dort auszugleichen.

"Nicht notwendige Krankenhäuser" werden abgebaut

Vorgesehen ist mit der Krankenhausreform, die bisherige Vergütung mit Pauschalen für Behandlungsfälle in Kliniken zu ändern. Künftig sollen sie 60 Prozent der Vergütung schon für das Vorhalten bestimmter Angebote bekommen. Das soll den Druck senken, möglichst viele Fälle zu behandeln. Die übrigen 40 Prozent sollen wie bislang über die Fallpauschale kommen.

Kernstück der Reform ist eine stärkere medizinische Spezialisierung. Vor allem die kleineren Krankenhäuser sollen künftig weniger Leistungen anbieten und sich auf jene Eingriffe beschränken, die sie gut beherrschen. Patientinnen und Patienten werden künftig also bisweilen längere Wege bis zum nächsten zuständigen Krankenhaus in Kauf nehmen müssen - sollen dafür aber eine bessere Behandlung bekommen.

Die einzelnen Behandlungsarten werden durch das Gesetz in 65 Leistungsgruppen eingeteilt - wie etwa Herzchirurgie, Leukämie oder Darmtransplantation. Welches Krankenhaus künftig welche Leistungsgruppen anbieten darf, entscheiden die Behörden der Länder. Die Kliniken müssen dafür ein bestimmtes Qualitätsniveau sowie ausreichend Personal nachweisen können. Nur wenn sie diese Kriterien erfüllen, sollen sie für die Behandlung bezahlt werden können.

Gesundheitsminister Karl Lauterbach zeigte sich überzeugt, mit der Reform werde die Behandlungsqualität in deutschen Krankenhäusern gesteigert und ein flächendeckendes Netz guter Kliniken im Land erhalten. "Gleichzeitig werden nicht notwendige Krankenhäuser abgebaut oder umgewandelt."

Deutschland habe mit rund 1.700 Krankenhäusern die höchste Krankenhaus- und Bettendichte in Europa, heißt es vom Gesundheitsministerium. Viele Betten seien aber nicht belegt. Viele Kliniken schreiben rote Zahlen.

Das neue Bezahlsystem soll finanziellen Druck mindern und verhindern, dass Kliniken etwa medizinisch unnötige Operationen aus Umsatzgründen machen. Grundlage der Finanzierung durch die Krankenkassen sollen "Leistungsgruppen" sein. Sie sollen die jeweiligen Klinik-Behandlungen genauer beschreiben und bundeseinheitliche Qualitätsvorgaben absichern.

Sendung: rbb24 Inforadio, 17.10.2024, 15:40 Uhr

16 Kommentare

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  1. 16.

    Weil vielleicht Mal wieder was passieren könnte, sollen überzählige Betten vorgehalten und finanziert werden?

    Im Fall einer Epidemie werden an zentralen Stellen binnen kurzer Zeit Behelfskrankenhäuser errichtet.

    Ein immer so weiter wie bisher, bedeutet aber, dass die Beiträge weiter steigen. Letztlich wollen viele Bürger das.

  2. 15.

    Gnade uns wenn noch einmal eine Epidemie kommen sollte.

  3. 14.

    die Fachleute aussuchen kann, nicht. Es sucht sich ja sicher niemand einen Experten, der den eigenen Vorhaben zu wider spricht.

  4. 13.

    schnell gehen, da kann der längere Weg über Leben und Tot entscheiden.

    Gegen die Reform spricht, dass sie garnicht notwendig ist => Kassenfremden Leistungen.

  5. 12.

    treibt aber nicht die Kassenbeiträge in die Höhe, es sind die Kassenfremden Leistungen, die ja real eine gesamt gesellschaftliche Leistung darstellen.

  6. 11.

    "Kernstück der Reform ist eine stärkere medizinische Spezialisierung. Vor allem die kleineren Krankenhäuser sollen künftig weniger Leistungen anbieten und sich auf jene Eingriffe beschränken, die sie gut beherrschen."

    Ich habe sowieso schon das Gefühl dass es zu viele "Fachidioten" unter den Ärzten gibt. Leider darf ich hier wohl keine konkreten Beispiele aufführen, sonst wird der Kommentar gekappt. Wenn man den richtigen Arzt für einen wohlfdefinierten "Eingriff" findet (wenn!) dann ist so eine starke Spezialisierung auch manchmal gut, aber es gibt doch auch nicht nur "Eingriffe". Schwierig sind vorallem auch die multiplen und unklaren Reaktionen eines Körpers. Wenn ein Chriurg dann zb nicht mehr in der Lage ist typische Infektionskrankheiten zu erkennen dann ist das meiner Meinung nach ein Problem. Da braucht man Austausch und Weiterbildung und Breitengebildete, wie Allgemeinärzte am Krankenhaus und nicht nur Spezialisten.

  7. 10.

    Also legt man vorher fest wie viele Kranke es für bestimmte Krankheiten geben wird.
    Ich vermute mal das bestimmt einige Behandlungen höher bezahlt werden als andere (ist auch logisch) und es für Krankenhäuser lukrativer sein könnte sich auf Krankheit A zu spezialisieren.
    Wenn dann die Länder „nur“ nach dem Qualitätsniveau und ausreichend Personal entscheiden und nicht nach Nachfrage wird man wohl in einigen Bereichen ein Überangebot haben.
    Naja schauen wir mal… leider haben in letzter Zeit Veränderungen nicht zu Verbesserungen geführt.

  8. 9.

    7/Sie schreiben einen ebensolchen Schwachsinn wie uns die Politik versucht einzureden. Diese jetzige Entscheidung ist ebenso falsch, wie die Einführung der Fallpauschalen vor Jahren! Was wurde dadurch besser??? Heute schaffen wir sie wieder ab, obwohl die Einführung damals sehr viel Geld verschlungen hat. Ich glaube es wird nie eine Angelenheit geben, die vorher von FACHLEUTEN durchdacht wurde.

  9. 8.

    Immer nur meckern und jammern. Nur keine Reform und ja kein Abbau unnötiger Strukturen.

    Wieso muss jede Klinik auf dem Land viele Abteilungen verhalten, die nicht voll ausgelastet sind?

    Der Nachteil der Reform ist, dass man ggf wenige KM mehr fahren muss. Und das ist zumutbar.

    Viele Bürger möchte einen Versorgung auf Porscheniveau aber zum Preis eines Fiat. Das funktioniert nicht.

    Da viele Patienten ein weiter wie bisher möchten, müssen sie auch immer höhere Beiträge klaglos akzeptieren.

  10. 7.

    Was spricht gegen die Reform?

    Wieso muss jedes kleine KH auf dem Land viele Abteilungen verhalten, die oft nicht mal voll ausgelastet sind?

    Der einzige Nachteil für Patienten ist ein ggf etwas längerer Weg. Aber das ist hinnehmbar und im Vergleich zum europäischen Ausland noch sehr gut

    Es ist unverständlich, dass viele Versicherten dauerhaft leere und nicht benötigte Betten finanzieren wollen.

    Überzählige Betten abzubauen bedeutet auch, dass mehr Pflegepersonal verfügbar ist.

  11. 6.

    Eine Blockade im Bundesrat ist unklug und sorgt weder für bessere Versorgung noch für stabile Beiträge.

    Durch diese Reform wird die Versorgung der Patienten nicht gefährdet. Ggf muss man weniger Kilometer langer fahren.

    Aber fast 40 % leerstehenden Krankenhausbetten zu finanzieren, kann keine Lösung sein. Preis pro Tag und Bett ca 500 Eur.

  12. 5.

    Die wahren Auskenner kritisieren, dass die Refotrm erst 2027 kommen soll. Jeder, der sich mit der Materie beschäftigt, weiß, dass sich was ändern muss. Lauterbach ist der erste Politiker, der das Thema angeht. Und viele, die bisher gut verdient haben, sind natürlich dagegen.

  13. 4.

    die ganzen Kassenfremden Leistungen aus Steuergeldern bezahlen, dann kann der Beitrag gesenkt werden.

  14. 3.

    dass der Bundesrat es nicht durchlässt.

  15. 2.

    Von Lauterbach kam nie etwas Gutes, warum sollte es jetzt also so sein? Die wahren Auskenner kritisieren, das sollte Warnung genug gewesen sein.

  16. 1.

    Na da kann es ja künftig nur noch besser werden, obwohl ich bezweifle das alle Abgeordneten wissen wofür sie hier gestimmt haben.

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