Mehr Spezialisierung - weniger Finanzdruck - Bundestag beschließt Lauterbachs Krankenhausreform
Die Krankenhäuser stehen vor großen Veränderungen: Karl Lauterbachs Gesetzentwurf zur Krankenhausreform passierte am Donnerstag den Bundestag. Kern der Reform ist eine stärkere Spezialisierung.
Der Bundestag hat die umstrittene Krankenhausreform beschlossen. Mit der Parlamentsmehrheit der Ampel-Koalition stimmten die Abgeordneten für das Reformwerk von Bundesgesundheitsminister Karl Lauterbach (SPD). Deutschlands Kliniken sollen, so das erklärte Ziel, vom finanziellem Druck entlastet werden und müssen sich künftig bei Behandlungen stärker spezialisieren.
Die Reform muss noch durch den Bundesrat. Sie ist dem Gesetzentwurf zufolge dort zwar nicht zustimmungsbedürftig, kann aber im Vermittlungsausschuss aufgehalten werden. Die Opposition lehnte das Vorhaben ab.
Berliner Caritas warnt vor einem "massiven Krankenhaussterben"
Die Berliner Caritas hatte noch wenige Stunden vor der Abstimmung scharfe Kritik an der Reform geübt und nannte sie eine "Mogelpackung". Die Direktorin des Caritasverbandes für
das Erzbistum Berlin, Ulrike Kostka, erklärte am Donnerstag, das Gesetzespaket erwecke den Eindruck, "dass die Krankenhäuser zukünftig besser finanziell ausgestattet werden und die Patientenversorgung qualitativ besser wird. Dem ist aber nicht so." Sie gefährde die Patientenversorgung in Berlin und Brandenburg. Ein "massives Krankenhaussterben" werde in Kauf genomen und die Träger "im Land im Stich gelassen". Die Länder Berlin und Brandenburg würden es sich auch bei den kommunalen Krankenhäusern nicht dauerhaft leisten können, die Defizite dort auszugleichen.
"Nicht notwendige Krankenhäuser" werden abgebaut
Vorgesehen ist mit der Krankenhausreform, die bisherige Vergütung mit Pauschalen für Behandlungsfälle in Kliniken zu ändern. Künftig sollen sie 60 Prozent der Vergütung schon für das Vorhalten bestimmter Angebote bekommen. Das soll den Druck senken, möglichst viele Fälle zu behandeln. Die übrigen 40 Prozent sollen wie bislang über die Fallpauschale kommen.
Kernstück der Reform ist eine stärkere medizinische Spezialisierung. Vor allem die kleineren Krankenhäuser sollen künftig weniger Leistungen anbieten und sich auf jene Eingriffe beschränken, die sie gut beherrschen. Patientinnen und Patienten werden künftig also bisweilen längere Wege bis zum nächsten zuständigen Krankenhaus in Kauf nehmen müssen - sollen dafür aber eine bessere Behandlung bekommen.
Die einzelnen Behandlungsarten werden durch das Gesetz in 65 Leistungsgruppen eingeteilt - wie etwa Herzchirurgie, Leukämie oder Darmtransplantation. Welches Krankenhaus künftig welche Leistungsgruppen anbieten darf, entscheiden die Behörden der Länder. Die Kliniken müssen dafür ein bestimmtes Qualitätsniveau sowie ausreichend Personal nachweisen können. Nur wenn sie diese Kriterien erfüllen, sollen sie für die Behandlung bezahlt werden können.
Gesundheitsminister Karl Lauterbach zeigte sich überzeugt, mit der Reform werde die Behandlungsqualität in deutschen Krankenhäusern gesteigert und ein flächendeckendes Netz guter Kliniken im Land erhalten. "Gleichzeitig werden nicht notwendige Krankenhäuser abgebaut oder umgewandelt."
Deutschland habe mit rund 1.700 Krankenhäusern die höchste Krankenhaus- und Bettendichte in Europa, heißt es vom Gesundheitsministerium. Viele Betten seien aber nicht belegt. Viele Kliniken schreiben rote Zahlen.
Das neue Bezahlsystem soll finanziellen Druck mindern und verhindern, dass Kliniken etwa medizinisch unnötige Operationen aus Umsatzgründen machen. Grundlage der Finanzierung durch die Krankenkassen sollen "Leistungsgruppen" sein. Sie sollen die jeweiligen Klinik-Behandlungen genauer beschreiben und bundeseinheitliche Qualitätsvorgaben absichern.
Sendung: rbb24 Inforadio, 17.10.2024, 15:40 Uhr