"Zu unentschlossen" - Woidke fordert mehr diplomatisches Engagement im Ukraine-Krieg

Fr 04.10.24 | 16:37 Uhr
  148
Archivbild: Dietmar Woidke, Ministerpraesident des Landes Brandenburg. (Quelle: dpa/Zahn)
Audio: rbb24 Radio Fritz | 04.10.2024 | Nachrichten | Bild: dpa/Zahn

Die Ministerpräsidenten von Brandenburg und Sachsen sowie der Thüringer CDU-Chef fordern ein stärkeres diplomatisches Engagement Deutschlands zur Beendigung des Kriegs gegen die Ukraine. BSW-Landeschef Crumbach reagiert zurückhaltend.

  • Führende Ost-Politiker aus Brandenburg, Sachsen und Thüringen fordern mehr Anstrengungen zur Beendigung des Krieges gegen Ukraine
  • Kritik: Beitrag sei Anbiederung an möglichen Koalitionspartner BSW in allen drei Bundesländern
  • BSW-Chefin Wagenknecht spricht von "wichtigem Beitrag"
  • Brandenburger BSW-Chef Crumbach: keinerlei Auswirkungen auf Sondierungsgespräche

Nach den Wahlen in Sachsen, Thüringen und Brandenburg drängen drei führende Politiker aus diesen Ländern die Bundesregierung zu stärkeren Bemühungen um eine diplomatische Lösung im Russland-Ukraine-Krieg.

"Wir wollen eine aktivere diplomatische Rolle Deutschlands in enger Abstimmung mit seinen europäischen Nachbarn und Partnern", schrieben Brandenburgs Ministerpräsident Dietmar Woidke (SPD), der sächsische Ministerpräsident Michael Kretschmer und Thüringens CDU-Landeschef Mario Voigt in einem gemeinsamen Gastbeitrag in der "Frankfurter Allgemeinen Zeitung" [Bezahlbeitrag].

"Es geht darum, einen Waffenstillstand zu erreichen"

Alle drei sind bei der Koalitionsbildung nach den Wahlen in ihren Ländern auf Unterstützung des Bündnisses Sahra Wagenknecht (BSW) angewiesen. Dieses verlangt dafür eine Positionierung gegen die geplante Stationierung weiterreichender US-Raketen in Deutschland und ein Eintreten für einen Waffenstillstand zwischen Russland und der überfallenen Ukraine - den diese zu den russischen Bedingungen aber ablehnt. Woidke, Kretschmer und Voigt hatten die im Gastbeitrag geäußerte Position zum Krieg in der Ukraine bereits im Wahlkampf eingenommen - und nun noch einmal bekräftigt.

"Um Russland an den Verhandlungstisch zu bringen, braucht es eine starke und geschlossene Allianz. Deutschland und die EU haben diesen Weg noch zu unentschlossen verfolgt", schrieben die drei Landespolitiker. Je breiter die internationale Allianz aufgestellt sei, desto größer werde der Druck. "Es geht darum, einen Waffenstillstand zu erreichen und der Ukraine belastbare Sicherheitsgarantien zu bieten." Näheres führten sie zu den Rahmenbedingungen nicht aus.

BSW-Landeschef Crumbach reagiert zurückhaltend

Der Vorsitzende des Bündnisses Sahra Wagenknecht (BSW) in Brandenburg, Robert Crumbach, reagierte zurückhaltend auf den Appell. Er nehme die Äußerungen zur Kenntnis, sie hätten aber keinerlei Auswirkungen auf die Sondierungsgespräche, so der BSW-Landesvorsitzende gegenüber rbb24.

Wagenknecht spricht von "wichtigem Beitrag"

BSW-Chefin Sarah Wagenknecht erklärte der Deutschen Presse-Agentur in Reaktion auf den Beitrag: "Angesichts einer politischen Debatte, die sich seit zweieinhalb Jahren in Deutschland nur noch um die Frage dreht, welche Waffen als Nächstes an die Ukraine geliefert werden, ist der Artikel ein wichtiger Beitrag, weil er endlich eine andere Perspektive aufzeigt."

Kritik von CDU, SPD, FDP sowie Grünen

Der CDU-Vorsitzende Friedrich Merz ging auf Distanz zur den Forderungen. "Die Ukraine kämpft um ihr schieres Überleben. Dabei müssen wir ihr auch in unserem eigenen Interesse weiter helfen. Friedensgespräche wird es nur geben, wenn beide Seiten dazu bereit sind", sagte Merz der "Süddeutschen Zeitung".

Das sei offenbar von russischer Seite nicht der Fall. "Russland wird erst zu Gesprächen bereit sein, wenn das Regime von Putin erkennen muss, dass ein weiteres militärisches Vorgehen gegen die Ukraine aussichtslos erscheint", sagte der Unionsfraktionschef.

Auch der Vorsitzende des Auswärtigen Ausschusses im Bundestag, Michael Roth (SPD), kritisierte den Beitrag: "Sollte der Brief der drei designierten Ministerpräsidenten als Weichspüler für Koalitionsverhandlungen mit dem BSW gemeint gewesen sein, rate ich zu großer Skepsis", sagte er der "Süddeutschen Zeitung".

Die FDP-Europaabgeordnete Marie-Agnes Strack-Zimmermann sagte der "Rheinischen Post": "Man hat das Gefühl, die freiheitlichen Werte unseres Landes werden gerade für ein bisschen Machterhalt und Wahlkampf auf dem Ramschtisch verscherbelt." Strack-Zimmermann sprach von einem "rückgratlosen Kotau der Ministerpräsidenten aus Brandenburg und Sachsen assistiert von der BSW und CDU in Thüringen".

Grünen-Chef Omid Nouripour reagierte empört. "Ich lese da keine einzige Idee für eine substanzielle Friedensarbeit raus - das ist feige", sagte er der Deutschen Presse-Agentur.

Die Bundesregierung und ihre Partner engagierten sich unermüdlich diplomatisch, finanziell, militärisch und humanitär, damit die Ukraine als Land überlebe. "Die drei Autoren müssen erklären, wie sie Putin dazu bringen wollen, endlich auf die vielen Friedensbemühungen der Ukraine und ihrer Verbündeten einzugehen."

Die Grünen-Fraktionsvorsitzende Britta Haßelmann schrieb auf der Plattform X: "Die Botschaft dieses Gastbeitrags von Woidke, Kretschmer und Voigt lautet doch, wie mache ich mich koalitionsfähig für das BSW."

Sendung: rbb24 Radio Fritz, 04.10.2024, 00:31 Uhr

 

Die Kommentarfunktion wurde am 04.10.2024 um 16:00 Uhr geschlossen. Die Kommentare dienen zum Austausch der Nutzerinnen und Nutzer und der Redaktion über die berichteten Themen. Wir schließen die Kommentarfunktion unter anderem, wenn die Zahl der Kommentare so groß ist, dass sie nicht mehr zeitnah moderiert werden können. Weiter schließen wir die Kommentarfunktion, wenn die Kommentare sich nicht mehr auf das Thema beziehen oder eine Vielzahl der Kommentare die Regeln unserer Kommentarrichtlinien verletzt.

148 Kommentare

Wir schließen die Kommentarfunktion, wenn die Zahl der Kommentare so groß ist, dass sie nicht mehr zeitnah moderiert werden können. Weiter schließen wir die Kommentarfunktion, wenn die Kommentare sich nicht mehr auf das Thema beziehen oder eine Vielzahl der Kommentare die Regeln unserer Kommentarrichtlinien verletzt. Bei älteren Beiträgen wird die Kommentarfunktion automatisch geschlossen.

  1. 148.

    ".....Wir sollten der Ukraine jede denkbare Hilfe schicken: Ärzte, Krankenschwestern, medizinische Ausrüstung, Baumaterialien, Betonmischer, Bauarbeiter, Psychotherapeuten, Kinderbetreuungseinrichtungen und -personal, kurz alles was die Traumata eines Krieges lindern kann. Ich bin absolut dafür. Russland sollten wir das auch schicken."

    .....wieso in aller Welt sollten wir das Russland alles schicken? Dem Agressor helfen? Ohne diesen Angriffskrieg von Putin würde man das alles überhaupt nicht benötigen. Wenn überhaupt, dann könnte man so etwas als Grundlage von Verhandlungen benutzen, im Sinne der Ukraine, aber nur in diesem Sinn.

  2. 147.

    "Helfen Mittelstreckenraketen des Westens mit einer Freigabe von Zielen in Russland dem Frieden?" - Glasklar JA! Wenn damit Waffendepots, Flughäfen, Fliegerhorste u.ä. zerstört würden, wäre der russische Vormarsch zumindest verlangsamt bzw. gestoppt.

  3. 146.

    "Russland sollten wir das auch schicken." Ja, schon klar. Damit Ihr Wunsch Wirklichkeit wird und Russland Geld spart um mehr Penunze für Waffenkäufe verfügbar zu haben, bloß damit die Ukraine verliert, bzw. schneller völkerverletzendes russisches Okkupationsgebiet wird.

  4. 145.

    Warum prangern Sie alles mögliche einseitig & geschichtsverdrehend den USA an? Sie wissen es nicht? Ich auch nicht.

  5. 144.

    Wenn Sie überfallen werden würden Sie natürlich einen höflichen Brief an Ihre Freunde senden mit der Bitte um Hilfe. Wortklauberei.

  6. 143.

    Warum bricht Putin laufend das Völkerrecht? Warum sind dir russischen Raketen in Kaliningrad noch nicht verschrottet? Warum herrscht seit 79 Jahren Friede in Deutschland? Warum verhinderte die Nato seit 1949, daß aus dem kalten Krieg ein heißer wurde? Warum zieht sich Russland nicht endgültig hinter die ukrainischen Grenzen von 2013 zurück und macht dann Waffenstillstand? Warum ermordet Russland weiterhin die ukrainische Bevölkerung seit 2022? Warum konnte Russland die Ukraine 2022 nicht (wie geplant)innerhalb weniger Wochen überrennen? Warum sprechen viele Nazis und Nazi-nahe der zu Unrecht angegriffenen Ukraine das Recht auf Verteidigung ab?
    - Sie wissen es nicht?

  7. 141.

    Warum wurde nach der "Wiedervereinigung" nicht die NATO aufgelöst? Warum breitete sie sich bis and die Grenzen Russlands aus? Warum und wofür hat die US-Armee 1.000 Stützpunkte weltweit? Warum bricht die USA/NATO immer wieder das Völkerrecht (angefangen in Jugoslawiem, später irak)? Warum stiegen die USA aus mehreren Abrüstungsverträgen aus?

    Und letzte Frage, warum sollte uns Putin angreifen? Hat er nie gesagt und auch bisher nicht getran. Warum wohl kaufen die USA immernoch Uran aus Russland und wir dürfen kein Gas mehr kaufen?

  8. 140.

    "Was erwartet Ihr von einem Waffenstillstand?"
    Dass Menschen am Leben bleiben die sonst getötet würden. Dass Häuser stehen bleiben die sonst zerstört würden.

  9. 139.

    Sie sind ja noch schlimmer als ich dachte….. Sie schicken Zivilisten ins Kriegsgebiet und rüsten Russland aus.

  10. 137.

    "...hat gebeten", ist eine höfliche Umschreibung.
    Wie oft hat man in den lezten Jahren immer wieder gelesen: Ukraine fordert mehr Panzer, Ukraine fordert mehr Munition, Ukraine fordert Kampfflugzeuge, Ukraine fordert Raketen...

  11. 136.

    Was erwartet Ihr von einem Waffenstillstand? Das ist wie der Mauerbau. Wer grad auf der falschen Seite ist, hat Pech gehabt.

  12. 135.

    Warum erst bei einem Angriff und nicht jetzt schon freiwillig die Werte verteidigen ?

  13. 134.

    Wir sollten der Ukraine jede denkbare Hilfe schicken: Ärzte, Krankenschwestern, medizinische Ausrüstung, Baumaterialien, Betonmischer, Bauarbeiter, Psychotherapeuten, Kinderbetreuungseinrichtungen und -personal, kurz alles was die Traumata eines Krieges lindern kann. Ich bin absolut dafür. Russland sollten wir das auch schicken.

  14. 131.

    In der Tat ist es schwer, der Mehrheit zu vermitteln, was die Ukraine bedeutet. Eines der Probleme dabei ist, dass die Ukraine weder in der EU noch in der NATO ist. Von anderen Problemen, die alle bekannt sind, ganz zu schweigen.

  15. 130.

    Fakt ist, dass die Regeln der nichtkooperativen Spieltheorie (gegenseitige Abschreckung) im kalten Krieg gut funktionierten und schließlich den Übergang zur kooperativen Spieltheorie ebneten (NATO-Russland-Rat, G8).
    Nur Kooperation und faire Abrüstung setzt die gegenseitige Achtung des Völkerrechts voraus. Putin entschied sich mit der Krim-Anexion 2014 für einen anderen Weg und beendete einseitig den Weg der gegenseitigen Kooperation und warf die Welt wieder in die nichtkooperative Spieltheorie zurück. Damit sind wir wieder gezwungen die von Putin geschaffene Erstschlagsüberlegenheit durch stationierte Iskander-Systeme in Kaliningrad durch eigene Mittelstreckenraketen zu kompensieren und somit den Vorteil eines russischen Erstschlags zu eliminieren.
    Aber das ganze Thema wird in der Politik und den Medien leider wissenschaftlich unterkomplex behandelt (denn sowas wird nicht ausgewürfelt) und debattiert, genauso wie das Thema Bundeswehr. Zeitenwende verkommt so zur leeren Worthülse.

  16. 129.

    Wenn D angegriffen würde, ja. Mit Bezug auf die UA, die wird mit Waffen unterstützt, weil sie kämpfen will.

Nächster Artikel