Entwurf für Koalitionsvertrag - BSW übernimmt in Brandenburg drei Ministerien - SPD sechs
SPD und BSW in Brandenburg haben sich nach dreiwöchigen Verhandlungen auf einen Koalitionsvertrag geeinigt. Am Mittwoch wurde der Entwurf vorgestellt - mit Details zum Zuschnitt der Ministerien und zu politischen Schwerpunkten.
Der Koalitionsvertrag zwischen SPD und BSW in Brandenburg steht. Am Mittwochmittag wurde er in Potsdam vorgestellt, unter anderem durch Ministerpräsident Dietmar Woidke (SPD) und den Brandenburger BSW-Landesvorsitzenden Robert Crumbach.
Personalien der Minister und Ministerinnen noch offen
Wie aus dem Entwurf des Koalitionsvertrags hervorgeht [PDF], der am Mittwoch veröffentlicht wurde, übernimmt die SPD in der neuen Koalition sechs Ministerien plus Staatskanzlei. Das BSW soll demnach drei Ressorts bekommen.
An die SPD bekommt demnach das Vorschlagsrecht für die Ressorts:
- Staatskanzlei
- Ministerium des Innern und für Kommunales
- Ministerium für Land- und Ernährungswirtschaft, Umwelt und Verbraucherschutz
- Ministerium für Bildung, Jugend und Sport
- Ministerium für Wissenschaft, Forschung und Kultur
- Ministerium für Wirtschaft, Arbeit, Energie und Klimaschutz
- Ministerium der Justiz
Das BSW hat das Vorschlagsrecht für
- Ministerium der Finanzen und für Europa
- Ministerium für Infrastruktur und Landesplanung
- Ministerium für Gesundheit und Soziales
Thematisch neu an dieser Aufteilung ist, dass Verbraucherschutz künftig nicht mehr Teil des Gesundheitsministeriums ist und auch der Begriff "Integration" gar nicht mehr im Namen eines Hauses auftaucht. Der Bereich Ernährung war zuvor Teil des bündnisgrün-geführten Ressorts Gesundheit. Nun heißt es "Ernährungswirtschaft" und ist dem Landwirtschaftsministerium zugeordnet.
Eine wesentliche Änderung in der Aufteilung der Ministerien betrifft auch den Bereich Klimaschutz: Dafür ist künftig nicht mehr das Umweltministerium, sondern das Wirtschaftsministerium zuständig. Das Signal: Klimaschutz könnte künftig eine deutlich wirtschaftspolitischere Ausrichtung bekommen als bisher.
Die Parteigremien von SPD und BSW müssen dem Koalitionsvertrag noch zustimmen.
Wer Minister und Ministerin wird, blieb am Mittwoch offen. Die Wahl und Vereidigung von Ministerpräsident Dietmar Woidke (SPD) ist für den 11. Dezember geplant.
BSW-Landeschef Crumbach: "Es wird nicht immer einfach sein"
Ministerpräsident Woidke sagte zur Vorstellung des Entwurfs des Koalitionsvertrags, er sehe die geplante Koalition mit dem BSW als "Anker in schwierigen Zeiten". "Brandenburg braucht Stabilität und Brandenburg braucht Sicherheit", erklärte Woidke. "Es geht darum, für unser Land für die Menschen in Brandenburg das Beste zu erreichen - das ist unser Auftrag." Das Ziel sei, Brandenburg in den kommenden Jahren voranzubringen.
"Wir wissen, dass es viele Vorbehalte gibt in der Öffentlichkeit", sagte Woidke über das neue Bündnis. Zugleich erinnerte er an die erste Koalition mit Linken 2009 - auch damals habe es auch "riesengroße Vorbehalte" gegeben, so Woidke. "Es heißt nicht, wenn es am Anfang schwierig wird, dass es nicht danach deutlich besser werden kann." Er sei fest überzeugt, dass es "gelingen kann".
Auch der BSW-Landesvorsitzende Robert Crumbach sagte: "Es wird nicht immer einfach sein." Er zeigte sich aber überzeugt, "dass wir diese Dinge dann schaffen werden, weil wir fair und auf Augenhöhe miteinander umgehen".
Crumbach und auch Woidke sprachen von schwierigen Sondierungs- und Koalitionsgesprächen, lobten aber auch die gute Atmosphäre. "Die Handschrift des BSW ist deutlich erkennbar", sagte Crumbach außerdem zum Koalitionsvertrag.
Details zu politischen Zielen
Finanzministerin Katrin Lange (SPD) betonte am Mittwoch, die neue Regierung wolle die Zahl der Polizisten im Land schrittweise auf 9.000 erhöhen, im Koalitionsvertrag sei zudem eine Verbesserung des Brand- und Katastrophenschutzes festgeschrieben.
Beim sogenannten Verfassungstreuecheck, den alle Beamten und daher auch angehende Polizisten durchlaufen müssen und der vom BSW kritisiert wird, wurde offenbar ein Kompromiss gefunden. Der Check soll schon 2025 "hinsichtlich seiner Geeignetheit, Verhältnismäßigkeit sowie bezüglich der mit ihm verbundenen Grundrechtseingriffe und disziplinarrechtlichen Auswirkungen" überprüft und entsprechend angepasst werden, heißt es in dem Vertrag.
Zum Ukraine-Krieg heißt es, man wolle sich im Bund und in der EU für eine diplomatische Lösung einsetzen. Deshalb sehe man die geplante Stationierung von Mittelstreckenraketen auf deutschem Boden kritisch.
In der Migrationspolitik wird ein harter Kurs formuliert: Wer kein Bleiberecht besitzt, müsse Deutschland verlassen. Das soll unter anderem über Ausreisezentren geschehen. Andererseits sollen Menschen mit Bleibeperspektive früher in den Arbeitsmarkt integriert werden können.
Um dem Personalmangel in den Brandenburger Kitas zu begegnen, soll die Erzieherausbildung laut Koalitionsvertrag attraktiver gestaltet werden. Außerdem will die Koalition die Ausbildungsdauer von fünf auf vier Jahre reduzieren. Kindergärten sollen für Eltern beitragsfrei bleiben.
"Wir wollen alle Krankenhaus-Standorte als Orte der regionalen Gesundheitsversorgung erhalten und damit die wohnortnahe Gesundheitsversorgung insgesamt stärken", heißt es zum Thema Gesundheit. Insbesondere die Notfallversorgung vor Ort will die Koalition stärken, außerdem Kinderkliniken, Geburtskliniken und Hebammen.
Um aus der Corona-Pandemie für die Zukunft die richtigen Schlüsse zu ziehen, soll außerdem eine Enquetekommission eingesetzt werden. "Sie soll herausarbeiten, wie staatliche Eingriffe in die Freiheitsrechte unter dem Grundsatz der Verhältnismäßigkeit so gering wie möglich gehalten werden können, wie unser Gesundheitssystem für die Bewältigung von Pandemien aufgestellt ist und welche Maßnahmen zur Gefahrenabwehr und zum Schutz der Menschen erfolgreiche waren." Dazu gehörten auch auch Beratungen über ein sogenanntes Corona-Amnestie-Gesetz - ein solches forderte das BSW.
Crumbach fordert Abgeordneten zu Mandatsverzicht auf
BSW-Landeschef Robert Crumbach forderte am Mittwoch auch den Abgeordneten Sven Hornauf aus seiner Fraktion auf, auf sein Mandat zu verzichten. Hornauf hatte mehrfach die Stationierung eines Raketenabwehrsystems auf dem brandenburgischen Luftwaffenstützpunkt Schönewalde/Holzdorf kritisiert und damit seine Stimme bei der Wahl von Woidke zum Regierungschef verknüpft. Er werde niemanden zum Ministerpräsidenten wählen, der für die Stationierung sei, sagte er und bekräftigte die Position am Mittwoch erneut gegenüber dem rbb. Würde die BSW-Fraktion Hornauf ausschließen oder dieser austreten, aber im Landtag bleiben, hätte die neue Landesregierung aus SPD und BSW nur noch eine knappe Mehrheit von einer Stimme.
Die SPD gewann die Brandenburger Landtagswahl vom 22. September vor der AfD. Aufgrund der Mehrheitsverhältnisse ist ein Bündnis aus SPD und BSW die einzige Möglichkeit, im neuen Landtag zu einer Regierungsmehrheit zu gelangen. Eine theoretisch mögliche Koalition mit der AfD lehnt die SPD ab.
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