Pilotphase als Kompromiss - Berliner Senat einigt sich im Streit um die Bezahlkarte für Geflüchtete
Die Berliner Regierungsparteien CDU und SPD haben sich nach monatelangem Ringen auf eine Lösung bei der Bezahlkarte für Geflüchtete geeinigt. Die Bargeldobergrenze liegt nun doch bei 50 Euro, aber nur für einen begrenzten Zeitraum.
Der Berliner Senat hat sich auf die Details einer Bezahlkarte für neu ankommende Geflüchtete geeinigt. Nach rbb-Informationen wird es eine Bargeldobergrenze von 50 Euro pro Monat für Erwachsene und Kinder geben. Nach sechs Monaten soll die Bargeldobergrenze automatisch wegfallen.
Das gesamte Modell soll zudem ein halbes Jahr nach der Einführung überprüft werden - unter Federführung der Senatsverwaltung für Arbeit, Soziales und Integration, in Abstimmung mit der Senatskanzlei und nach Anhörung von Wohlfahrtsverbänden. Diese Prüfung soll vor allem die Bargeldbeschränkung von 50 Euro berücksichtigen und eine eventuelle aktuelle Rechtsprechung. Wann die Bezahlkarte in Berlin eingeführt wird, steht dem Vernehmen nach allerdings noch nicht fest.
Kiziltepe sieht "rechtssicheren Weg"
Die Bezahlkarte erhalten alle neu ankommenden Geflüchteten im Landesamt für Flüchtlingsangelegenheiten (LAF). In den Aufnahmeeinrichtungen, wo die Betroffenen untergebracht sind, gibt es eine Komplett-Versorgung mit Essen.
Die Bezahlkarte gilt im gesamten Bundesgebiet und soll keine Einschränkungen beinhalten, etwa bei Händlergruppen oder beim Online-Kauf.
Integrationssenatorin Cansel Kiziltepe (SPD) sagte dem rbb, die Bezahlkarte sei kein Instrument, um die Migration zu steuern. Es gehe darum, eine Lösung zu schaffen, die sowohl rechtlich belastbar als auch menschenwürdig sei. "Ein wichtiger Punkt ist dabei die festgelegte Bargeldobergrenze, die für die ersten sechs Monate nach Einführung der Karte gilt", sagte Kiziltepe. Damit wolle sie sicherstellen, dass die Einschränkungen nur zeitlich begrenzt sind und in einem vertretbaren Rahmen bleiben, ohne die Grundrechte der Betroffenen dauerhaft zu beeinträchtigen. "Das ist der rechtssichere Weg", sagte Kiziltepe.
Langer unzufrieden mit Einigung
Peter Langer, Generalsekretär der FDP Berlin, äußerte sich wenig zufrieden mit der Einigung. Kai Wegner habe sich von seiner Sozialsenatorin mal wieder über den Tisch ziehen lassen. "Gemeinsam führen sie die Migrationspolitik der linken Vorgängerregierung weiter: Zu wenig, zu spät. Ziel muss es stattdessen sein, Geflüchtete schnellstmöglich auf dem Arbeitsmarkt zu integrieren, statt sie möglichst lange an deutsche Sozialleistungen zu gewöhnen", so Langer. Die Einigung hieße noch lange nicht, dass die Umsetzung jetzt schnell vorangehe.
Brinker: "Vorgehen mehr als zynisch"
Die AfD-Fraktionsvorsitzende Kristin Brinker sieht in der Einigung nach eigenen Angaben keine Änderung. "Diese Einigung ist kein Kompromiss, sie ist eine Kapitulationserklärung von Kai Wegner, der den Sozialträumereien Kiziltepes nichts entgegenzusetzen hat", sagte Brinker. Die Beschränkung auf neu ankommende Asylbewerber als auch die zeitliche Beschränkung der Bargeldobergrenze würden das Gegenteil dessen erzielen, was mit der Bezahlkarte eigentlich erreicht werden solle.
Monatelanges Ringen in Koalition
Der Einigung zwischen den Regierungsparteien CDU und SPD war ein monatelanger Streit in der Koalition um die Ausgestaltung der Karte vorangegangen. Sozialsenatorin Kiziltepe hatte die Bargeld-Obergrenze von 50 Euro lange Zeit für zu niedrig erklärt. Der Regierende Bürgermeister Kai Wegner hatte die von den Ministerpräsidenten der Länder beschlossene Grenze befürwortet.
In anderen Städten war das starre Limit von 50 Euro von Gerichten zunächst gekippt worden. Auch Experten von der senatseigenen Ombudsstelle für das Antidiskriminierungsgesetz hatten die restriktive Grenze kritisiert, weil sie Geflüchtete gegenüber anderen Hilfeempfängern benachteiligen würde.
Sendung: Inforadio, 24.11.2024, 16:00 Uhr
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