Parteitag in Cottbus - Brandenburger Grüne schauen nach vorn - von außerhalb des Parlaments

Sa 30.11.24 | 08:20 Uhr | Von Hasan Gökkaya
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Symbolbild: Parteitag der Grünen. (Quelle: dpa/dts)
Bild: dpa/dts

Nach dem Scheitern bei der Landtagswahl arbeiten die Brandenburger Grünen ihre Niederlage auf und bereiten sich auf die Bundestagswahl vor. In Cottbus geht es auch um die Neuausrichtung für die Zukunft. Einen Lichtblick gibt es. Von Hasan Gökkaya

  • Grünen bereiten außerparlamentarische Opposition vor
  • Baerbock und Kellner kandidieren für vordere Listenplätze
  • Mitgliederhöchststand im Landesverband

Der Fall konnte kaum tiefer sein - von der Regierungsbank direkt in die außerparlamentarische Opposition: Bei der Landtagswahl bekamen die Bündnisgrünen viel weniger Stimmen als erwartet, gewannen nicht eine Direktkandidatur – nicht einmal im so vermeintlich grün-gewogenen Potsdam. Dass die Grünen in Brandenburg es nicht einmal als Oppositionspartei in den neuen Landtag geschafft haben, ist ein enormer Rückschlag für die Partei. Viel Zeit zum Durchatmen und Wundenlecken hat sie aber nicht, steht doch im Februar schon die vorgezogene Bundestagswahl an.

Aufarbeitung der Wahlschlappe, keine neue Vorstandswahl

Die Brandenburger Grüne wollen vorher die Landtagswahlschlappe aufarbeiten und sich gleichzeitig strategisch für den Bundestagswahlkampf aufstellen. Dafür werden am Samstag in Cottbus gleich zwei Landesdelegiertenkonferenzen kombiniert auf einem Parteitag ausgetragen.

Zuerst wird es um den Zustand der Partei gehen: Was hat die Wahlschlappe verursacht? Und vor allem: Wie geht es für die Grünen in der außerparlamentarischen Opposition weiter?

Mit Abstrafungen wird der Vorstand nicht rechnen müssen: Die Neuwahl des Landesvorstandes wurde bereits auf Frühling 2025 vorgezogen. Bis dahin werden die Landesvorsitzenden Große Holtrup und Pichl im Amt bleiben. Die beiden hatten ihren vorzeitigen Rückzug angekündigt, um den Weg für einen anderen Vorstand freizumachen.

Leitantrag fordert "hartnäckigste Opposition"

Künftig wollen die Grünen den Fokus vor allem auf die Kreisverbände legen und diese – mit Hilfe der Bundes-Grünen – auch finanziell unterstützen. Mehr wird der Partei, die bei der Landtagswahl im September nur etwas mehr als vier Prozent holte, auch nicht übrigbleiben. Weil den Grünen nun weniger Geld zur Verfügung steht, wird sie beim Bundestagswahlkampf auf weniger Plakate setzen müssen.

Um generell Einschnitte bei der Finanzierung auszugleichen, hoffen die Grünen auf mehr und großzügigere Spenden. In einem Leitantrag für die Delegiertenversammlung gibt sich die Partei kämpferisch, spricht von einer "lauten, hartnäckigen und konstruktiven außerparlamentarischen Opposition". Man werde die hartnäckigste Opposition sein, die Brandenburg "je erlebt" hat. Vor allem bei den Themen Klimaschutz, Zuwanderung und sozialem Ausgleich hofft die Partei, Punkte sammeln zu können. Wie sie sich jenseits des Parlaments aber Gehör verschaffen möchte, ist unklar.

Baerbock kandidiert für Listenplatz 1

Harte Auseinandersetzungen um die Gründe für die Wahlschlappe sind nicht zu erwarten, dafür dürfte der Druck der vorgezogenen Bundestagswahl und die Vermittlung von Geschlossenheit zu groß sein. Eintracht statt Schlachteplatte also.

Der Parteitag am Samstag wird prominent besetzt sein. Der neue Co-Bundesvorsitzende Felix Banaszak wird erwartet, ebenso Bundesaußenministerin Annalena Baerbock, die sich in Brandenburg wieder aufstellen lassen möchte – auf einem vorderen Listenplatz, aber auch als Direktkandidatin im Wahlkreis 61 Potsdam – Potsdam-Mittelmark II – Teltow-Fläming II. Dort wird sie gegen den amtierenden Bundeskanzler Olaf Scholz (SPD) antreten, trotz des Umfragetiefs ein starker Konkurrent, gegen den sie zuletzt das Nachsehen hatte.

Schon deshalb ist Platz eins der Landesliste für Baerbock entscheidend, wenn sie künftig auch mit einem Mandat mitmischen möchte. Wie schon bei der vergangenen Bundestagswahl steht damit erneut das Duell politischer Schwergewichte im Potsdamer Wahlkreis 61 an, nur dass Baerbock diesmal eben nicht mehr als Kanzlerkandidatin antritt.

Auf Listenplatz zwei der Grünen ist der uckermärkische Bundestagsabgeordnete Michael Kellner gesetzt, derzeit auch Parlamentarischer Staatssekretär im Bundeswirtschaftsministerium. Der Landesvorstand wird empfehlen, eine Liste bis Platz 6 zu wählen – schon diese Listenlänge ist allerdings optimistisch. Den Umfragen nach dürfte der Einzug von zwei Grünen in den Bundestag aus Brandenburg realistisch sein.

Auch geschasste Gesundheitsministerin Nonnemacher wird reden

Emotional könnte am Samstag der Auftritt von Ursula Nonnemacher als Rednerin werden. Die ehemalige Gesundheitsministerin war erst vor wenigen Tagen überraschend von Ministerpräsident Dietmar Woidke (SPD) aus dem Amt entlassen worden, am Rande einer Bundesratssitzung zur Abstimmung über die umstrittene Krankenhausreform. Ein Rauswurf, der bundesweit für Schlagzeilen und Kritik an Woidke sorgte, aber auch das wohl teils eisige Klima in der alten Kenia-Koalition unterstreicht.

Woidkes Entscheidung führte zu einem unrühmlichen Ende für die erfahrene Grünen-Politikerin, die das Land als Ministerin maßgeblich durch die Corona-Pandemie gesteuert hatte. Für ihre bis zuletzt konsequente Haltung bei der Krankenhausreform dürfte die in Grünen-Kreisen beliebte Nonnemacher von den Delegierten in Cottbus noch einmal besonders bejubelt werden.

Mitgliederzahl auf Rekordniveau

Die Bündnisgrünen geben sich kämpferisch, nicht resignierend und sehen sich durch immer mehr Mitglieder bestätigt. Inzwischen habe die Partei rund 3.300 Mitglieder – "ein historischer Höchststand für Bündnis 90/Die Grünen in Brandenburg", erklärten die beiden Landesvorsitzenden. Damit sind die Grünen immerhin die drittgrößte Partei im Land. Ein Lichtblick für die Partei, die aber weder in der Regierung noch im Landtag noch etwas zu melden hat.

Sendung: Brandenburg Aktuell, 30.11.2024, 19.30 Uhr

 

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Beitrag von Hasan Gökkaya

90 Kommentare

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  1. 90.

    Wann werden auch Sie endlich mal wach?? Die Monate wo wenig Sonnenschein ist kommen erst. An einer Vielzahl von Tage standen auch die Windräder still. Schaune Sie sich die entsprechnden Statistiken an. Vielleicht begreifen Sie diese oder auch nicht.

  2. 88.

    Ich denke schon das es bei den jetzigen Energiepreisen ein großer Teil der Menschen sparsam damit umgeht. Wer dies nicht tut, braucht möglicherweise die Rechnung nicht selbst zu begleichen.

  3. 87.

    Ach 'exlinke', es gibt Menschen, die versuchen zu vermitteln und dann gibt es Menschen, die versuchen zu spalten oder doch zumindest die Stimmung anzuheizen. Wozu Sie gehören, weiß ich inzwischen. War Ihnen die Kommentarspalte mit deren Unterhaltungen bisher zu harmonisch?

  4. 86.

    Durch ihr Wirken berühren die Grünen jedoch die Gemüter vieler Menschen auf die eine oder andere Weise.

  5. 84.

    Ich denke schon das es auf Zwang hinausläuft, wie es die Grünen gerne hätten. Die Energiewende prozentual mit meinetwegen pauschal zehn Prozent des Besitzes zu bezahlen fände ich gerechter, Leute mit mehr Besitz haben ja bekanntlich einen höheren CO2 Fußabdruck und haben somit einen größeren Anteil am jetzigen Istzustand geleistet.

  6. 83.

    Und wieder mal geht's beim RBB nur um die Minderheitspartei, eigentlich schon fast ne Frechheit.
    Es gibt 100 bessere und wichtigere Parteien als die Grünen.

  7. 82.

    "und ebenso den kompletten Netzausbau und mit dem Industriestompreis auch noch die Gewinne der Aktionäre stützen soll. Energie darf nicht zum Luxusgut werden, sie gehört zur Daseinsvorsorge"

    .....bei diesen Punkten stimme ich vollkommen mit Ihnen überein, würde allerdings gerne hinzufügen, dass ich mir wünschen würde, dass wir mit diesem kostbaren Gut etwas sorgsamer umgehen würden, auf gut Deutsch, z.B. nicht so viel heizen, dass ich im Winter mit T-Shirt in der Wohnung sitzen kann und das ist nur ein Beispiel von vielen. Ich denke, wir gehen zu selbstverständlich und sorglos mit dieser Energie um. Kann natürlich trotzdem jeder so machen, wie er oder sie möchte, aber das ist es, was ich mir wirklich wünschen würde, mehr Bewusstsein dafür, was ich als einzelner tun kann.

  8. 81.

    So. Dennoch denke ich, das die Wissenschaft auch das Problem mit dem atomaren Abfall lösen wird. Zuerst existiert sicherlich nur der Gedanke doch die Lösung folgt irgendwann. Es gibt genug Dinge die aus der Fiktion entstanden sind, ich bin da voller Hoffnung.

  9. 80.

    Es sollte nur Parteien geben die alle Möglichkeiten in Betracht ziehen und nicht aus irgendwelchen Gründen gangbare Wege von vorne herein ausschließen. Parteien, die ihren Weg mit Scheuklappen gehen haben in meiner Weltanschauung keinen Platz.

  10. 79.

    .....Ich bin ja ein großer Fan des positiven Belohnens. Vielleicht könnte man noch viel mehr politische Anreize geben, die eben auf genau diesem Prinzip beruhen, nämlich dass ein umweltfreundlicheres Verhalten belohnt wird und nicht ein umweltfeindlicheres unbedingt nur bestraft.

  11. 78.

    Jeder, der unter den hohen Energiepreisen zu leiden hatte, die sozial Schwachen, die entscheiden mussten zwischen warmer Wohnung oder was zu essen. Diejenigen, die es sich nicht leisten können ihr Häuschen wärmepumpentauglich zu machen und diejenigen die durch die unverschämt hohen Preise der E-Autos von der Mobilität ausgeschlossen werden sollten.
    Zu den Energiepreisen kann man natürlich eine andere Meinung haben und die Schuld dafür nach Osten verschieben, doch ich sehe den Grund unter Anderem darin, das der Verbraucher den Geisterstrom, der nie produziert wurde bezahlen muss und ebenso den kompletten Netzausbau und mit dem Industriestompreis auch noch die Gewinne der Aktionäre stützen soll. Energie darf nicht zum Luxusgut werden, sie gehört zur Daseinsvorsorge. Dieser Fokus, ja fast schon Zwang zur Elektroenergie darf so nicht fortgeführt werden.

  12. 77.

    Ja, wir sind uns einig, dass wir in verschiedenen Realitäten leben.
    Dank meines MINT-Studiums kenne ich den Unterschied zwischen Fiktion und Realität sowie die klassische Funktion des Zitierens ;)

  13. 76.

    *Trotzt, dass wir schon aus eigener Erfahrung, ohne Klimastudien, die wachsende Temperaturen, zunehmenden Unwetterschäden feststellen können. *
    Warum verringert nicht die immer schnellere Zunahme dieser Erfahrungen das Zwangsgefühl. Ist der Profit von heute wirklich soviel wichtiger?

  14. 75.

    "Dann sollten wir der Entwicklung die Zeit geben, die sie braucht und auf jeglichen Zwang verzichten. Möglicherweise zieht dann auch der Rest der Welt mit und wir (die Menschheit) können dann auch mal Erfolge verbuchen."

    .....ich finde das Wort Zwang von Ihnen jetzt etwas übertrieben. Allerdings wird es mit gut zureden alleine auch nicht funktionieren. Ein gewisser Druck ist meiner Meinung nach angebracht, um eine Veränderung zu bewirken. Nur auf Verständnis alleine und dann ziehen alle mit, kann man, so denke ich jedenfalls, wohl weniger hoffen. Es wäre ja schön, wenn es so wäre, aber dann bräuchten wir, um es mal sehr deutlich auszudrücken, ja auch keine besonderen Gesetze für irgendetwas, wenn alle sich immer von selber bestmöglichst und optimal verhalten würden.

  15. 74.

    *Weshalb sollte die Politik der Grünen wenn auch nur teilweise fortgeführt werden ? *
    Sollen es nur Parteien geben, die Putins Aggression billigen und die Ukraine fallen lassen?
    Sollen es nur Parteien geben, die solange es sich nicht rechnet, Gewinn abwirft, keine Energiewende mit weniger Emission anstreben?
    Sollen es nur Parteien geben, die die Ursachen der Wirtschaftslage nur der Politik zuschreibt, ohne die Fehler der Firmen zu erkennen?
    Nein, Es gibt zahlreiche Gründe die Grüne Politik fortzuführen, wählen.

  16. 73.

    .....wieso, es ist doch eine Antwort, die Sie auch genau so geben können, wenn es Ihre Meinung ist. Wenn ich nicht Ihre Meinung hätte wissen wollen, dann hätte ich nicht gefragt. Ich finde einen solchen Austausch jedenfalls sehr interessant. Was meinen Sie denn, wer am meisten unter dieser Politik gelitten hat?

  17. 72.

    Dann sollten wir der Entwicklung die Zeit geben, die sie braucht und auf jeglichen Zwang verzichten. Möglicherweise zieht dann auch der Rest der Welt mit und wir (die Menschheit) können dann auch mal Erfolge verbuchen.

  18. 71.

    .......und diese Frage ist für mich persönlich so entscheidend, dass ich davon vielleicht sogar mein Wahverhalten abhängig mache. Denn bei mir gibt es, wie wahrscheinlich bei einigen anderen auch, nicht nur eine Partei, die für mich wählbar wäre und es wäre nicht das erste Mal, dass ich taktisch wähle, mal schauen, ich überlege noch.

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