Rechtsextrem motivierte Straftaten - U-Ausschuss Neukölln: Leitender Oberstaatsanwalt sieht keine Ermittlungsfehler

Sa 11.01.25 | 08:19 Uhr | Von Sabine Müller
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Archivbild: Ein ausgebrannter Transporter eines Internet-Anbieters steht an der Treptower Straße in Neukölln. (Quelle: dpa/Zinken)
Audio: rbb24 Inforadio | 10.01.2025 | Sabine Müller | Bild: dpa/Zinken

Der parlamentarische Untersuchungsausschuss zur jahrelangen Anschlagsserie geht langsam auf die Zielgerade. Zu Beginn des letzten großen Ermittlungskomplexes zeigte sich ein Behördenleiter selbstbewusst, eine Zeugin frustrierte die Opposition. Von Sabine Müller

Autos brannten, die Opfer in Neukölln lebten jahrelang in Angst - und zwei Neonazis wurden schließlich doch noch verurteilt, auch wenn das Urteil noch nicht rechtkräftig ist. Seit mehr als zwei Jahren beschäftigt sich zusätzlich ein Untersuchungsausschuss des Abgeordnetenhauses mit der Frage, ob die Sicherheitsbehörden genug getan haben, um die Anschläge zu verhindern und aufzuklären.

Unter anderem wurden Betroffene der Anschläge befragt, außerdem Zeuginnen und Zeugen von Polizei und Verfassungsschutz. Als letzter großer Punkt wird jetzt noch die Arbeit der Staatsanwaltschaft unter die Lupe genommen. Am ersten Befragungstag waren dazu drei Gäste geladen, der hochrangigste: Jörg Raupach, seit 2017 leitender Oberstaatsanwalt in Berlin. Er machte klar, dass er keine Fehler seiner Behörde bei der Aufklärungsarbeit sieht.

Behördenleiter will nie Kritik gehört haben

Er habe keinen Anlass zur Vermutung, dass Spuren nicht nachgegangen worden sei, sagte Raupach. Er versicherte, es sei nie grundsätzliche Kritik an der Arbeit seiner Behörde an ihn herangetragen worden, auch nicht von der Polizei. LKA-Zeugen hatten im Ausschuss allerdings darüber geklagt, die Staatsanwaltschaft habe die Neuköllner Taten zu lange nicht als Serie eingestuft und gebündelt behandelt – und außerdem zum Beispiel Anfragen der Polizei für Observierungen zu langsam bearbeitet. Raupach betonte, er glaube nicht, dass seine Behörde "mehr Erkenntnisse hätte gewinnen können oder müssen", wenn verschiedene Fälle nicht auf verschiedene Dezernenten verteilt gewesen wären.

Allerdings erteilte er zu einem späteren Zeitpunkt selbst die Anweisung, die Taten gebündelt von einem Dezernenten bearbeiten zu lassen. 2020 übernahm die Generalstaatsanwaltschaft die Ermittlungen zu der Anschlagsserie auf Politiker und Bürgerinnen, die sich gegen Rechtsextremismus engagieren. Der Serie werden mindestens 72 Straftaten zugeordnet, darunter 27 Brandanschläge. Mitte Dezember hatte das Berliner Landgericht zwei Neonazis unter anderem wegen zwei dieser Brandanschläge zu mehreren Jahren Haft verurteilt.

Verdacht auf Neonazi-Sympathisanten wurde nicht weitergegeben

Ein Versäumnis räumte der Leiter der Berliner Staatsanwaltschaft ein. Als wegen eines abgehörten Chats der Verdacht aufkam, der Leiter der Abteilung Staatsschutzdelikte sympathisiere mit Neonazis, wurde das vom bearbeitenden Dezernenten nicht an die Behördenleitung weitergegeben. Es kam mehr oder weniger nur durch Zufall ans Licht. Laut Jörg Raupach gibt es keine Erkenntnisse, dass an dem Verdacht etwas dran war. Der Abteilungsleiter wurde allerdings auf einen anderen Posten geschoben.

Abgeordnete von Linken und Grünen zogen nach den ersten Befragungen ein recht ernüchtertes Fazit. Nach Ansicht von Niklas Schrader (Linke) hat die Staatsanwaltschaft oft keinen großen Ermittlungseifer an den Tag gelegt. André Schulze von den Grünen kritisierte, die Staatsanwaltschaft habe sich zu sehr auf die Arbeit der Polizei verlassen und ambitionslos agiert.

Staatsanwältin waren Hintergründe der Taten egal

Die erste Zeugin, Staatsanwältin Sabine Eppert, hatte unter anderem gesagt, ob Neonazis oder ein ganzes rechtsextremes Netzwerk hinter den Anschlägen gestanden hätten, habe für sie bei den Ermittlungen keine Rolle gespielt. "Solange ich ein Verfahren gegen unbekannt habe, ist mir das – auf gut deutsch gesagt – erstmal egal", erklärte Eppert. Sie habe sich nur auf die einzelnen Tatbestände fokussiert. "Soll ich jetzt bei jedem Menschen in Neukölln, der der rechten Szene angehört, klingeln und fragen, ob er der Täter ist?", hielt Eppert den Abgeordneten vor.

Nach ihrer Einschätzung wäre es Aufgabe des LKA gewesen, Zusammenhänge zwischen einzelnen Vorfällen zu erkennen und darauf hinzuweisen.
Die Befragung von Zeuginnen und Zeugen der Staatsanwaltschaft ist der letzte große Ermittlungskomplex des Untersuchungsausschusses. Ab dem Sommer wird dann am Abschlussbericht gearbeitet, den das Parlament 2026 beschließen soll.

Sendung: rbb24 Inforadio, 10.01.2025, 19:00 Uhr

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Beitrag von Sabine Müller

39 Kommentare

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  1. 39.

    ….wenn Sie 1*1 zusammenzählen könnten, würden Sie zugeben, daß es den Neonazis nicht um Autos ging, sonder um Menschen. Warum verteidigen Sie diese Verbrecher? Wären Sie waschechter Berliner, würden Sie das nicht tun! Berliner sind gegen Nazis.

  2. 38.

    Sie lügen ungeniert weiter.

    "Nach einer Serie rechtsextremer Anschläge in Berlin-Neukölln sind die beiden Hauptverdächtigen wegen Brandstiftung verurteilt worden. Das Landgericht Berlin sah - anders als die erste Instanz - im Berufungsprozess genügend Beweise für eine Verurteilung der 38 und 41 Jahre alten Männer."

    Es geht also nicht nur um zwei Brandanschläge wie sie hier die Taten ihrer Gesinnungsgenossen verharmlosen wollen.

    "Die beiden Verurteilten sollen UNTER ANDEREM Brandanschläge auf Autos begangen haben, die Menschen gehören, die sich gegen Rechtextremismus einsetzen."

  3. 37.

    Ihre fantasiereichen Ausführungen zum "Mordanschlag" haben leider keine entsprechende Erwähnung in dem Urteil des Landgerichts Berlin gefunden. Dort geht es Brandanschläge auf zwei Autos in Neukölln.

  4. 36.

    Und der nächste Sympathisant der Rechtsterroristen der auf primitivste Art von dem Mordanschlag seiner Gesinnungsgenossen ablenken will.

    Es geht hier um gezielte Mordanschläge, nicht um Pyromanen die Spaß daran haben Autos abzufackeln.

  5. 35.

    Warum wiederholen sie diese Lüge? Der Smart stand direkt neben dem Haus und der Gasleitung, wie die Bilder beweisen.

    Das sind keine "Mutmaßungen", sondern Fakten. Die rechtsextreme Unterstützerszene hier versucht mit primitivsten Mitteln von diesem feigen Mordanschlag ihrer Gesinnungsgenossen abzulenken.

    Hier sind gezielt Opfer von Rechtsterroristen ausgesucht worden.

  6. 34.

    Als Bürger bin ich ein wenig konsterniert, wie die knappen Ermittlungsressourcen der Behörden auf politischen Druck hin hier so einseitig verteilt werde. Insbesondere, wenn man sich das Gesamtbild der Kriminalität bei Kfz-Brandstiftungen in Berlin ansieht. Da werden reihenweise ganze Firmenfuhrparks etwa bei der Bau- und Wohnungswirtschaft abgefackelt, doch das scheint außer einer Kurzmeldung niemanden zu interessieren, und man sich stattdessen um zehn Jahre zurückliegende unaufgeklärte Brandschatzungen konzentriert.

  7. 33.

    Die Rolle des Linken-Lokalpolitikers Koçak war bemerkenswert. Er war zweifelsohne als Besitzer des abgefackelten Smarts, welcher etliche Meter neben dem Elternhaus stand, der Geschädigte. Gleichzeitig war Kocak auch als Linksparteipolitiker ein führendes Mitglied des Untersuchungsausschusses, der den Brandanschlag aufklären sollte. Kocak stellte Mutmaßungen über die Gefährlichkeit des Anschlags an, denen das Gericht dann nicht gefolgt ist.

  8. 32.

    Diesen Bullshit haben sie hier schon anderen Namen behauptet.

    Stop foulin' around.

  9. 31.

    Auch für Sie: Es geht nicht um Autobrände, es geht um politisch motivierte Anschläge und krudes Aufklärungsverhalten seitens der Sicherheitsbehörden!

  10. 30.

    Das ist keine "Version". Es sind hier immer die gleichen Unterstützer der Rechtsterroristen die diese Taten verharmlosen wollen!

  11. 29.

    Wird sonst auch wie bei den beiden zehn Jahre zurückliegenden Autobränden so heftig diskutiert? Wo es doch inzwischen hunderte von nicht aufgeklärten Autobränden gibt, wo kein Wort darüber verloren wird. Es werden jede Nacht Autos in Berlin abgefackelt, doch da gib es keinen Untersuchungsausschuss und das ist in den Medien nur noch eine Randnotiz.

  12. 28.

    Du verstehst nicht. Hier gehts doch nicht um brennende Autos, hallo? Um Neonazis, die jemanden töten wollten. Klar jetzt?

  13. 27.

    "Die erste Zeugin, Staatsanwältin Sabine Eppert, hatte unter anderem gesagt, ob Neonazis oder ein ganzes rechtsextremes Netzwerk hinter den Anschlägen gestanden hätten, habe für sie bei den Ermittlungen keine Rolle gespielt. "Solange ich ein Verfahren gegen unbekannt habe, ist mir das – auf gut deutsch gesagt – erstmal egal", erklärte Eppert. Sie habe sich nur auf die einzelnen Tatbestände fokussiert. "Soll ich jetzt bei jedem Menschen in Neukölln, der der rechten Szene angehört, klingeln und fragen, ob er der Täter ist?", hielt Eppert den Abgeordneten vor."

    Es wird höchste Zeit die komplette Behördenleitung auszutauschen, das LKA und den Staatsschutz neu aufzustellen, da rechtsextrem unterwandert.

  14. 26.

    Sind denn alle auch einwand- und zweifelsfrei bewiesen ? Wenn ein Araber die Polizei mit erhobenen Arm grüßt, ist ja auch rechtsextrem oder zählt das nicht dazu ?

  15. 25.

    Und das KfZ stand in einem Carport neben dem Haus! Neben einer Gasleitung.

    https://www.rbb24.de/politik/beitrag/2024/02/berlin-neukoelln-anschlagsserie-ermittlungen-staatsschutz-untersuchungsausschuss.html

    Es sind hier immer die gleichen Unterstützer der Rechtsterroristen die diese Taten verharmlosen wollen!

  16. 24.

    Und das KfZ stand in einem Carport neben dem Haus! Neben einer Gasleitung.

    https://www.rbb24.de/politik/beitrag/2024/02/berlin-neukoelln-anschlagsserie-ermittlungen-staatsschutz-untersuchungsausschuss.html

  17. 23.

    Dieser Version des Linken-Politikers Koçak ist das Gericht nicht gefolgt.

  18. 22.

    Die waren doch ersichtlich auf dem rechten Auge blind. Diese kleinen und auch feigen Neonazis, haben uns alle ausgelacht.

  19. 21.

    "versucht ein Haus abzubrennen". Davon ist im Urteil keine Rede. Dort ging es um KFZ Brandstiftungen.

    https://www.rbb24.de/panorama/beitrag/2024/12/berlin-neukoelln-brandserie-urteil-landgericht-haftstrafen.html

  20. 20.

    Warum versuchen sie mit dreisten Lügen die Taten der Rechtsterroristen zu verharmlosen?

    "Im Jahr 2023 wurden in Deutschland insgesamt rund 25.700 Straftaten mit rechtsextremistischem und circa 4.250 mit linksextremistischem Hintergrund begangen."

    Quelle: Statista

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