Festnahme 2023 in Berlin - Auslieferung von Maja T. nach Ungarn laut Bundesverfassunsgericht war unzulässig

Do 06.02.25 | 11:43 Uhr
Am einem Gerichtsgebäude hängt ein Schild mit der Aufschrift "Verfassungsgerichtshof". (Quelle: dpa/Christophe Gateau)
Audio: rbb24 Inforadio | 06.02.2025 | Hyseni, Egzona | Bild: dpa/Christophe Gateau

Maja T. wurde Ende 2023 in Berlin festgenommen und ist im Sommer 2024 nach Ungarn ausgeliefert worden - so schnell, dass T.'s Anwalt dies nicht verhindern konnte. Das Bundesverfassungsgericht entschied am Donnerstag, dass das unzulässig war.

Die eilige Auslieferung einer deutschen Person aus der linken Szene, Maja T., nach Ungarn ist unzulässig gewesen. Das hat das Bundesverfassungsgericht in Karlsruhe entschieden. Es sei nicht ausreichend geprüft worden, welche Haftumstände die betroffene Person, die sich selbst als non-binär identifiziert, in Ungarn erwarten. (Az.: 2 BvR 1103/24)

Linksextreme Angriffe am "Tag der Ehre"

Maja T. wird vorgeworfen, im Februar 2023 in Budapest an Angriffen auf tatsächliche oder vermeintliche Rechtsextremisten beteiligt gewesen zu sein. Es geht um Übergriffe beim jährlich stattfindenden "Tag der Ehre". In dem Zusammenhang laufen weitere Ermittlungsverfahren gegen mutmaßliche Linksextremisten. Im Dezember 2023 wurde Maja T. in Berlin festgenommen.

Deutschland lieferte die Person im Juni 2024 nach Ungarn aus - obwohl das Bundesverfassungsgericht dies in einem Eilbeschluss vorläufig untersagt hatte. Doch die einstweilige Anordnung aus Karlsruhe kam eine knappe Stunde zu spät - die Übergabe an die ungarischen Behörden war bereits erfolgt. Jetzt hat das Bundesverfassungsgericht in der Hauptsache über den Fall entschieden.

Haftumstände in Ungarn für Maja T. nicht ausreichend geprüft

In dem Verfahren geht es um eine Jena geborene Person, die in der linken Szene als "Maja" bekannt ist. Ihr Anwalt Sven Richwin kritisiert unter anderem die Haftbedingungen in Ungarn. Maja sitze in Isolationshaft.

Die Entscheidung zur Auslieferung verletze Maja in ihren Grundrechten, entschied das Bundesverfassungsgericht. Das Berliner Kammergericht, das die Überstellung nach Ungarn für zulässig erklärt hatte, habe nicht ausreichend aufgeklärt, wie die Haftumstände in Ungarn sind - obwohl die Betroffene auf Mängel in dem Justizsystem hingewiesen habe. Eine Garantieerklärung der ungarischen Behörden, auf die sich das Gericht gestützt hatte, sei zu allgemein gehalten gewesen.

Hoffen auf Hafterleichterungen für Maja T.

Die Karlsruher Entscheidung sei juristisch "ein großer Erfolg", teilte Anwalt Richwin mit. Tragischerweise werde sie Maja aber nicht ohne Weiteres aus der Isolationszelle führen. Er hoffe, dass die ungarischen Behörden jetzt zumindest Hafterleichterungen gewähren.

Der Prozess solle am 21. Februar in Budapest beginnen. Gegen ein Geständnis ohne weitere Verhandlung seien Maja T. 14 Jahre Haft angeboten wurden, schilderte der Anwalt. Lasse Maja T. sich darauf nicht ein, könne das Verfahren noch Jahre dauern.

Bei einer Verurteilung drohten sogar bis zu 24 Jahre Haft - viel mehr als in Deutschland möglich. Ungarn hat bereits zugesagt, dass Maja T. danach zurück nach Deutschland überstellt werde. Dann könnte die Person die Strafe in Deutschland verbüßen.

Signalwirkung für andere Verfahren gegen mutmaßliche Linksextreme

Im Zusammenhang mit den Angriffen in Budapest wird noch gegen weitere mutmaßliche Linksextremisten aus Deutschland ermittelt. Die Beschuldigten waren lange untergetaucht. Im Januar hatten sich sieben Personen den deutschen Behörden gestellt. Laut einer Erklärung ihrer Anwälte erfolgte dies "freiwillig, trotz drohender Auslieferung", um sich gegen die erhobenen Vorwürfe zu verteidigen.

"Der Beschluss hat eine starke Signalwirkung auf die Parallelverfahren von weiteren Beschuldigten im Budapest-Komplex, die aktuell von Auslieferung nach Ungarn bedroht sind", erklärte Anwalt Richwin. Die Behörden dürften nun eventuellen Zusicherungen aus Ungarn nicht mehr so einfach folgen.

Die Beschuldigten werden unter anderem von der Leipziger Anwältin Giulia Borsalino vertreten. Sechs der sieben Personen sitzen derzeit in Untersuchungshaft - und zwar nach wie vor ausschließlich auf Grundlage der deutschen Haftbefehle, erklärte Borsalino. "Da aber auch ungarische Haftbefehle vorliegen, muss sich hierzu irgendwann verhalten werden." Auch sie geht davon aus, dass der Karlsruher Beschluss Einfluss auf möglicherweise anstehende Auslieferungsverfahren haben wird.

Podcast-Tipp: Die Fascho-Jägerin (ARD Audiothek)

Sendung: rbb24 Inforadio, 06.02.2025, 11:42 Uhr

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