Ex-Bundesinnenminister - FDP-Politiker Gerhart Baum verstirbt im Alter von 92 Jahren

Sa 15.02.25 | 16:34 Uhr
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Archivbild: Der ehemalige Politiker (FDP) Gerhart Baum steht am 25.08.2021 auf der Bühne im Schlosspark Theater Berlin und hält eine Rede anlässlich des 70. Geburtstages von Leutheusser-Schnarrenberger. (Quelle: Picture Alliance/Annette Riedl)
Audio: Radioeins vom rbb | 15.02.2025 | Frank Überall | Bild: Picture Alliance/Annette Riedl

Der ehemalige Bundesinnenminister Gerhart Baum ist gestorben. Dies bestätigte am Samstag die FDP-Bundestagsfraktion. Der FDP-Politiker wurde 92 Jahre alt, er war von 1978 bis 1982 Innenminister unter Kanzler Helmut Schmidt (SPD).

FDP-Chef Christian Lindner würdigte Baum als einen großen Verfechter von Freiheit und Bürgerrechten. "Mit Gerhart Baum haben unser Land und die Freien Demokraten eine der kräftigsten Stimmen für Freiheit, Menschenrechte und Demokratie verloren", erklärte Lindner mit. "Er war eine unabhängige Persönlichkeit mit kritischem Urteil, die unsere liberale Familie gestärkt hat." Die FDP sei Baum zu großem Dank verpflichtet. "Sein Rat und sein kritischer Blick werden uns fehlen."

Linksliberale Opposition in der eigenen Partei

Baum gehörte neben seinem im März 2020 gestorbenen Freund Burkhard Hirsch zur zuletzt kleinen Gruppe sozialliberaler FDP-Mitglieder, die sich zusammen mit Hildegard Hamm-Brücher und dann auch mit Sabine Leutheusser-Schnarrenberger im Freiburger Kreis zusammenschlossen. Das bedeutete quasi linksliberale Opposition in der eigenen Partei.

Die FDP-Politikerin Marie-Agnes Strack-Zimmermann nannte Baum einen großen Streiter für die Bürgerrechte. Baum sei ein "unbequemer Impulsgeber" und ein "hartnäckiger Diskutant" gewesen, "der seine Partei und seine Parteifreunde bis zum Äußersten reizen konnte", schrieb sie auf X. "Niemand von uns blieb verschont. Trotzdem bildete er einen wichtigen Pol."

Baum wurde 1932 in Dresden geboren. nach der Bombardierung der Stadt im Februar 1945 floh er mit seiner Mutter und zwei Geschwistern nach Bayern. Später zog er nach Köln. Als Anwalt vertrat Baum mehrfach Opfer schwerer Unglücke oder deren Hinterbliebene. So war er an den Prozessen zu Flugzeug-Abstürzen von Ramstein, dem Concorde-Unglück oder der Lockerbie-Explosion beteiligt sowie der Loveparade von Duisburg. Er vertrat ebenso sowjetische Zwangsarbeiter in Prozessen gegen die Bundesregierung.

Gerhart Baum lebte in Köln und Berlin. Er hinterlässt eine Frau und drei Kinder aus erster Ehe.

Sendung: Radioeins vom rbb, 15.02.2025, 15:00 Uhr

20 Kommentare

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  1. 20.

    "Immer wenn Liberale beteiligt waren lief es besser. Viel besser als ohne..."

    Besonders, wenn sie an den unter-5%-Parteien beteiligt waren ...

  2. 19.

    Leider gibt es heute nur noch wenige Politiker wie Baum, Schmidt, Brandt Wehner, Hirsch, Strauß. Die hatten eine Meinung und standen dazu. Sie waren glaubhaft, man konnte sich für den einen oder anderen entscheiden.
    Heute wird viel gequatscht und versprochen und wirklich entscheidene Unterschiede zu Zielen sind kaum erkennbar. Abgesehen von den linken und rechten Seiten in der Politik, die für mich aber entweder einem unrealistischen Sozialismus und einer menschenverachtende Gesinnung haben.
    Jedenfalls sehe ich derzeit wenige Köpfe in der Politik, die ich glaubwürdig sehe, abgesehen von wenigen wie z.B. Habeck.
    Aber mit 92 Jahren darf auch ein Herr Baum sterben und in die Geschichte eingehen. Wir dürfen hoffen, dass es bald mal wieder mehr Köpfe gibt, die glaubhaft ihre politischen Überzeugungen vertreten.

  3. 18.

    Ihr kommt mir vor wie Hinterbliebene, die sich schon kurz nach dem Tod um das Erbe streiten und jeder behauptet, der andere hätte wenig Pietät.

    Er war ein kluger Kopf und anständig in Wort und Tat. Populismus lag ihm nicht. Authentizität durch die Erfahrung des Krieges, er flüchtete mit Mutter und Geschwistern und setzte sich für Arbeitnehmerrechte ein, für Menschenrechte.

    Wir benötigen tatsächlich wieder mehr Menschen wie ihn.


  4. 17.

    Gerhart Baum habe ich vor ca. zehn Jahren bei einer Veranstaltung erlebt und war von ihm sehr beeindruckt. Mit ca. 80 Jahren war er damals extrem fit im Kopf, klar in der Aussage und zugleich verbindlich und offen für (kritische) Fragen und andere Meinungen. Als einer der Wenigen konnte er mit Helmut Schmidt intellektuell in der gleichen Liga spielen und es ergab sich eine konstruktive Zusammenarbeit. Dass er aus dem Kabinett Kohl ausschied verwundert nicht...
    Neben Hildegard Hamm-Brücher verkörperte er eine wählbare FDP, aber diese Zeit ist schon lange vorbei.
    Er wird fehlen.

  5. 16.

    Gut, das ist mir ehrlich gesagt entgangen. Ansonsten aber sind die Welten der Genannten und die Welt der heutigen Jungstars, gegenüber denen bspw. Frank Henkel von der CDU den Begriff "Yuppie Boy Group" benutzt hat, all zu offensichtlich.

    PR und sonst nichts.

  6. 15.

    Sehr traurige Nachricht! Er war ein wahrer Demokrat. Und ich bin mir sicher: diese mittlerweile moral verkommene FDP hätte er nicht mehr gewählt.

  7. 14.

    Wie peinlich und verzweifelt muß eine Partei sein, wenn unter der Todesmeldung eines antifaschistischen Mitglieds dieser Partei Wahlwerbung platziert wird. Hier ist der Mensch Gerhart Baum verstorben.

  8. 13.

    Bis auf William Borm stimme ich Ihnen zu. Obwohl Borm mir auch gut gefiel, aber nachdem er als Stasimitarbeiter entlarvt wurde, war es mit meiner Sympathie vorbei.

  9. 12.

    Er war einer der wenigen in der FDP den man hättecwählen können. Kein Oberkapitalistenknecht wie Lindner sondern ein echter Liberaler kein Wirtschaftsliberaler.

    Nur wegen solcher FDPler wäre eine FDP wichtig. Als Retter vor den Sicherheitsfanatikern der SPDCDUGRÜNEN.

  10. 11.

    Drastisch formuliert, bei dem, was uns und unserem Land ab nächste Woche, Sonntag Abend droht, kann man ja nur noch sterben. Hoffentlich darf er in Frieden ruhen. Ein letztes Lebewohl.

  11. 10.

    Sie schaffen es nicht einmal, bei solch einer traurigen Nachricht auf den Menschen Gerhart Baum einzugehen, der wie ich finde ein ausgesprochen fairer und guter Politiker war? Stattdessen dieser Standardsatz von Ihnen? Und das schreibe ich als Wähler, der nie die FDP wählt. Mich macht es traurig, dass dieser außergewöhnliche Mensch und Politiker jetzt nicht mehr hier ist. Einer der Wenigen, die ich immer sachlich erlebt habe. Mein Dank geht an Gerhart Baum für alles, was er zu Lebzeiten gesagt und getan hat. Es bräuchte mehr Menschen und Politiker wie ihn. Er war und ist ein wirkliches Vorbild für mich, auch wenn er in einer Partei war, die nicht die meine ist.

  12. 9.

    RIP! er war ein ehrlicher und kämpferischer Mann gegen den Rechtsextremismus in Deutschland! er hat immer davor gewarnt!

  13. 7.

    Wohl der letzte Liberale, ein erfülltes Leben - Lindner u.a. wollten seine sehr starke Rede in der vorigen Woche in Dresden am liebsten totschweigen. Nur einer Wahrnehmung von Baum muss widersprochen werden. Er meint, man konnte die Unterwanderung der Demokratie nicht vorhersehen. Das ist falsch und zeigt, dass es eine gefährliche Blase der politischen Eliten gibt. Die aufrechte Zivilgesellschaft sah und vor allem sieht diese Entwicklung. Damit ist die FDP vollends erledigt.

  14. 6.

    „aber ganz sicher nicht für die FDP von heute.“
    Doch. Weil der Frau Esken der Zugriff auf das Volksvermögen verwehrt worden ist...

  15. 5.

    Das galt ganz sicher für den Freiburger Kreis und Persönlichkeiten wie Gerhart Baum, aber ganz sicher nicht für die FDP von heute.

  16. 4.

    Ein standhafter und selten gewordener Liberaler. Ich würde ihn in eine Reihe mit Burkhard Hirsch, Karl-Hermann Flach und William Borm stellen. Die haben den Dreiklang von Liberalität im Sozialen, Wirtschaftlichen und im Sinne der Bürgerrechte noch verkörpert - ganz im Gegensatz zu Denjenigen, die Liberalität als Wirtschaftsliberalismus und -fundamentalismus missverstehen. Ganz im Sinne bloßer PR, dass das Heil der Partei darin liegt, wenn der führende gutfrisierte Kopf jeden zweiten Tag in irgendeiner Zeitung abgebildet ist.

    Die Penetranz in der Selbstdarstellung befindet sich im reziproken Verhältnis zu den wirklichen Inhalten. ;-)

  17. 1.

    Immer wenn Liberale beteiligt waren lief es besser. Viel besser als ohne...

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