Corona-Kommission im Landtag - Lehren ziehen für die nächste Pandemie

Fr 14.03.25 | 18:23 Uhr | Von Hanno Christ
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Archivbild: Fahrgäste mit FFP2-Masken steigen in eine Straßenbahn in der Innenstadt ein. (Quelle: dpa/Skolimowska)
Video: rbb24 Brandenburg Aktuell | 14.03.2025 | A. Hewel | Bild: dpa/Skolimowska

Der Brandenburger Landtag will erneut die Folgen der Corona-Maßnahmen aufarbeiten, diesmal nicht in einem Untersuchungsausschuss, sondern in einer Enquete-Kommission. Was das Parlament diesmal anders machen möchte. Von Hanno Christ

  • mehr Blick in die Zukunft als in die Vergangenheit
  • Kommission will heilen, nicht spalten
  • Ergebnisse in vier Jahren erwartet

An ein erstes Koalitionsvorhaben von SPD und BSW konnten die Parlamentarier am Freitag im Landtag schonmal einen Haken machen: Die Enquete-Kommission, die Lehren aus der Corona-Pandemie ziehen soll, hat ihre erste Sitzung absolviert. Es geht also los.

Für das BSW geht damit ein Herzenswunsch in Erfüllung. Es ist ein Zugeständnis der SPD an den Koalitionspartner. Schon in der ersten Landtagssitzung war die Kommission mit großer Mehrheit im Landtag beschlossen worden. Unter dem Titel "Lehren aus der Coronapandemie zur Analyse und Aufarbeitung staatlicher Maßnahmen sowie zur Stärkung der Krisenresilienz des Landes Brandenburg" soll das Gremium nun die Folgen der Corona-Zeit in den Blick nehmen.

Schulschließungen, Kontaktbeschränkungen, Ahndung von Verstößen gegen Corona-Verordnungen – möglichst alles soll in den nächsten vier Jahren noch einmal auf den Tisch.

Fünf Themenkomplexe im Fokus

Die Kommission unter Vorsitz der SPD hat sich viel vorgenommen, will mehr in die Zukunft und weniger in die Vergangenheit schauen. Dafür wird sie fünf Themenbereiche unter die Lupe nehmen: Untersucht werden soll etwa die Resilienz des Gesundheitssystems, also wie gut etwa Gesundheitsämter oder Krankenhäuser auf einen Ernstfall wie eine Pandemie vorbereitet sind.

Ein zweiter Komplex befasst sich mit der Analyse staatlicher Eingriffe, darunter etwa Maskenpflicht oder Schulschließungen, ein dritter mit der Verhältnismäßigkeit und Effektivität von Maßnahmen. In einem vierten Bereich untersucht die Kommission die Maßnahmen zur wirtschaftlichen Unterstützung etwa durch die Corona-Hilfen. Themenkomplex fünf befasst sich mit der Frage, wie gesellschaftlicher Zusammenhalt geschaffen und Spaltung überwunden werden kann.

Auch mögliche Amnestie im Blick

Auf dem Papier richtet sich die Arbeit der Kommission vor allem auf die Bewältigung künftiger Herausforderungen. Um den strengen Blick zurück wird sie nicht herumkommen. Die einstigen Koalitionspartner SPD und CDU werden sich in der Kommission wohl weniger Lob als Kritik an ihrer eigenen Regierungsarbeit stellen müssen.

In der vergangenen Legislatur-Periode waren sie maßgeblich an der Corona-Politik beteiligt. Etwa durch das Bildungsministerium, das auch Schulschließungen durchführte, oder durch das Innenministerium, das neben den Kommunen für die Durchführung und Einhaltung von Corona-Maßnahmen verantwortlich war und zeitweilig auch für die Organisation der Impfstoff-Verteilung.

Die Kommission will auch über eine mögliche Amnestie für Corona-Straftaten sprechen. Die CDU-Politikern Saskia Ludwig ist dafür, es möglichst früh zu tun. "Ich denke schon, dass diejenigen die Bußgelder gezahlt haben, weil sie demonstriert haben oder Ärzte, die verurteilt wurden, weil sie Maskenatteste ausgeschrieben haben, dass die auch rehabilitiert werden und Bußgelder auch zurückgezahlt werden. Das wäre schonmal ein guter Schritt von Seiten des Staates", sagt Ludwig. Inwieweit die Behörden da aber entgegenkommen, ist strittig.

Brandenburg geht mit der Enquete-Kommission einen neuen Weg, nicht mehr den der Untersuchungsausschüsse. In der vergangenen Legislatur gab es gleich zwei davon, initiiert von der AfD, die der Corona-Politik grundsätzlich ablehnend gegenüberstand. Inwieweit diese der Aufarbeitung dienten, ist mehr als zweifelhaft.

Untersuchungsausschüsse gelten als schärfstes Schwert des Parlamentes, mit weitreichenden Möglichkeiten, darunter etwa Zeugen zu zitieren und unter Eid zu nehmen. Es ist eine Art parlamentarisches Gericht. Die Sitzungen hatten eher den Charakter eines unversöhnlichen Tribunals. Auf der Anklagebank: Die Regierenden oder auch Wissenschaftler.

Im Landtag kam es in Debatten immer wieder zu tumultartigen Szenen, wenn es um die Corona-Aufarbeitung ging. So warf der AfD-Abgeordnete Lars Hünich den Regierungsfraktionen vor, sie hätten durch die Corona-Maßnahmen "Blut an den Händen" und seien verantwortlich für den Tod von Alten und Kindern. Dass die Corona-Politik aber auch Schlimmeres verhindert hatte, kam dabei zu kurz.

AfD-Mann Hünich sitzt auch diesmal wieder im Gremium für die Corona-Aufarbeitung. Er sei froh, dass es die Kommission gebe, sagt er. Hünich würde es begrüßen, wenn Fehler eingestanden und dann auch nicht wiederholt würden. "Eine Änderung des Pandemie-Plans und eine Änderung des Katastrophenschutzplans wäre der Optimalfall und dass politischer Einfluss künftig ausgeschlossen werde". Das seien für Hünich wünschenswerte Ziele der Kommissionsarbeit.

BSW: Entschuldigung an Corona-Kritikern fällig

Mit der Enquete-Kommission will das Parlament also einen neuen Anlauf wagen – und den womöglich auch in einem anderen, versöhnlicheren Tonfall. Kommissions-Mitglied Julia Sahi (SPD) hat die Erwartung, dass es diesmal mit der Aufarbeitung besser laufen wird als in der in der Vergangenheit. "Diese Enquete-Kommission ist für mich eine unglaubliche Chance, einfach weil sie einen Raum aufmacht für Dialog. Wir haben jetzt im Nachhinein – wo man ja bekanntlich klüger ist – die Chance, Dinge als Lehren für die Zukunft zu ziehen", so Sahi.

Es seien alle angehalten, sich ihrer großen Verantwortung bewusst zu werden. Christian Dorst vom BSW sagt aber auch, dass die Verantwortlichen von einst etwas gut zu machen hätten. "Diejenigen, die die Corona-Maßnahmen-Gegner so verteufelt haben, die sollten schon zu der Einsicht kommen, dass die ein oder andere Entschuldigung fällig wäre", so Dorst. Er sieht aber auf der anderen Seite Verhärtungen. Vielleicht, so hofft Dorst, sei es auch dort an der Zeit für mehr Milde.

Sendung: rbb24 Abendschau, 14.3.2025, 19:30 Uhr

Beitrag von Hanno Christ

74 Kommentare

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  1. 74.

    Corona ist noch längst nicht abgeschlossen und noch unverständlicher ist, wieso Strafen zurückgezahlt werden sollen. Was ist, wenn die nächste Pandemie das Ausmaß der Pest annimt ? Berufen sich diejenigen, bei denen man sich jetzt entschuldigen soll, auf "Gewohnheitsrecht" ? Abnorm fand ich den fast schon gewalttätigen Druck, sich impfen zu lassen, obwohl die Impfchargen für meisten Frauen zu hoch dosiert waren und diese auch noch heute am meisten mit den langfristigen Impfschäden zu kämpfen haben. Anstatt den Geschädigten gerichtlich ihre Ansprüche zuzugestehen, explodieren stattdessen die Krankenkassenkosten, weil sie nicht einmal bei den Ärzten Unterstützung erhalten, aber dringend eine benötigen. Und alle stellen sich dumm, weil sie den finanziellen Zusammenhang nicht sehen (wollen). Es wurde ein Corona-Topf freigegeben, zu dem aber kaum Abrufe erfolgen. Gleichzeitig sagen manche Ärzte, daß noch Patienten fehlen, um Studien durchführen zu können. Dieses System ist doch krank !

  2. 73.

    Diesen Vergleich kann niemand erbringen.
    Das Grundproblem ist was wird wie gezählt. Ist nun jemand durch oder mit Corona verstorben ?
    Also ist man einen Schritt zurück und hat sich einfach mal die Übersterblichkeit angesehen.
    Und das ergibt laut EU-Statistikbehörde Eurostat und des European Centre for Disease Prevention and Control folgendes Bild:
    Schweden Plus 4,4 Prozent, in Norwegen Rate bei 5, Dänemark und Luxemburg mit 5,4 Prozent. Deutschland und Finnland wurden mit 8,6 und 8,7 Prozent, Spanien und Portugal kamen auf 11,3 Prozent, am höchsten lag die Rate in Polen (17,7), der Slowakei (18,7) und Bulgarien (19,8 Prozent).
    Naja und dann gibt es noch weitere „Berechnungen“ Alter, soziale Belange usw. Dann wird es auch komplizierter.

  3. 70.

    Dafür die gesamteRegierenden oder auch Wissenschaftler unter Generalverdacht zu stellen, ist in groben Maße unangemessen.

  4. 69.

    Je mehr einschlägige Daten mit dem behaupteten Vorwurf der Alleinerklärung, so viel Interpretationen darüber und so viel Anfeindungen gibt es.

    Alles, was mit menschlichem Verhalten zu tun hat, lässt sich nie und nimmer analog eines Laufzettels wie bei einer industriellen Produktion gleichsetzen, denn der Laufzettel hängt an einem gefertigten Produkt, Menschen aber sind mit individuellen Verhalten "gesegnet". Mithin lassen sich nie und nimmer Beweise erbringen, nur Schlüssigkeiten, Analogien, Hypothesen und Szenarien.

    Ernstzunehmende Wissenschaftler, die sich keine Gedanken mehr um ihren Ruf machen müssen, weil sie ihn haben, haben über derlei einen Konsens erzielt; andere Wissenschaftler, die glaub(t)en, durch Spektakuläres sich einen einschlägigen Ruf erhaschen zu können, woll(t)en da andere "Duftmarken" setzen.

    Das ist der Unterschied. So bei Corona und analog auch beim zusätzlich vom Menschen verursachten Klimawandel.

  5. 68.

    Sollte ich hören, dass eine Pandemie auf uns zu rollt, gehe ich Toilettenpapier und Nudeln im Vorrat kaufen. So wie ich es damals auch gemacht habe. Vorräte habe ich genug und Platz auch.
    Gibt es einen Impfstoff gehe ich zum Impfen und gut ist. Ich vertraue unserem System.


  6. 67.

    "dass dieses Land, Deutschland, recht gut durch die Corona-Pandemie gekommen ist." Können Sie diese Aussage mit Daten unterlegen (notfalls auch einen Verweis auf eine Quelle)? Mit welcher Metrik vergleichen Sie die Länder?

  7. 66.

    "dass dieses Land, Deutschland, recht gut durch die Corona-Pandemie gekommen ist." Können Sie das mit Daten unterlegen? Anhand welcher Metrik vergleichen Sie die Länder? Eine Quelle dazu wäre schön, welche genau das zeigt.

  8. 65.

    Wenn Sie sowas unreflektiert weiter vertreten sind Sie ein Teil des Problems. Natürlich gibt es Leute, die daß alles nur erzählen, weil sie Ihre Agenda der gesamtgesellschaftlichen Verunsicherung verfolgen. Was Sie da machen ist kein Stück besser. Das da nicht alles O.K war ist sicher. Ob es zumindest Anfangs nicht wider besseres Wissen geschah, eigentlich auch. Da haben die Maßnahmen gewirkt, ohne Maskenpflicht, Ausgangssperre und Alkoholverkaufsverbote. Später lief alles aus dem Ruder. Und die psychischen Folgen der Maßnahmen und wie diese im nächsten Ernstfall vermieden werden können wäre schon wichtig.

  9. 64.

    Bei uns in FH waren Bänke mit Sperrbändern umwickelt und mit jeweils einem Verbotsschild bestückt. Wir konnten nur nachts und heimlich in den park gehen!

  10. 63.

    Und jetzt erklären sie doch mal bitte wie sie chinesische Labore strenger reglementieren wollen… sie können gern auch jedes andere Land nehmen.

  11. 62.

    Vieles war seinerzeit aus einem Klima der Überreaktion entstanden, nicht schön, dennoch aber menschlich nachvollziehbar. Die Anfeindung - bis hin zum mitgeführten Galgen - ging eindeutig von Corona-Leugnern aus, die Bill Gates, ggf. das englische Königshaus, irgendeine andere Phalanx für die Impfpflicht verantwortlich machten.

    Ich möchte den Staat sehen, der sich bei einer Überflutung massenhaft Protestierenden gegenübersieht, die sich dem Auslaufen von Rettungsbooten, von Einsatzfahrzeuge mitsamt Bergegerät in den Weg stellten, mit dem Hinweis, dass es doch gar keine Überflutung gäbe, vielmehr nur einen leicht höheren Stand des Wassers gegenüber sonstigen Zuständen und im Übrigen wären ja noch die Wasserstandsanzeigen vor etlichen Zeit gegen neue ausgetauscht worden, die diesen Schummel mithin schon andeuteten.

  12. 61.

    "Die Wirksamkeit einzelner Maßnahmen kann man wohl kaum bemessen, weil das Gesamtergebnis für unsere Gesellschaft die Folge aller Maßnahmen war. Eine Kausalität einer einzelnen Maßnahme wird sich kaum feststellen lassen. " Das liegt aber eher daran, daß es einfach einen Datenmagel in Deutschland gibt, was ja auch die Expertenkommission der Bundesregierung angemängelt hatte.

  13. 60.

    Haben Sie dafür auch Daten aus Deutschland? Mich würde eine zitierfähige Quelle dafür interessieren.

  14. 59.

    Dadurch dass die Krankheitsverläufe durch die Impfung im Durchschnitt weniger schwerwiegend und insbesondere weniger lange sind und die Krankheit durch die Impfung wesentlich öfter erst gar nicht ausbricht, wird die Ausbreitung eindeutig vermindert. Ich weiss nicht von was Sie reden.

  15. 57.

    Beleidigungen und heftige Diffamierungen sollen nicht sein, aber Menschen die sich nicht haben impfen lassen, haben zur schnellen Ausbreitung des Virus beigetragen und damit andere gefährdet bzw. geschädigt.

  16. 55.

    Auch chinesische Labore unterliegen den BSL Standards. diese haben international gültige SOPs. In der Regel sind es oft internationale Forschungen die eine enge Vernetzung mit anderen Wissenschaftlern veoraussetzt. Auch die Finanzierung ist oft International, das galt auch für die Forschung in Wuhan. Die Gain of Funktion Forschung an Sars wurd in Zusamenarbeit mit den USA gemacht, gefördert durch die EcoHealth Alliance der Peter Dazak bis 6. Januar 2025 vorstand.

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