Fehlende Azubi-Stellen - Berliner Arbeitssenatorin Kiziltepe treibt die Ausbildungsplatzumlage voran

Mi. 23.04.25 | 14:43 Uhr | Von Sabine Müller
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Symbolbild: Ausbildungsplatz, duales Studium. (Quelle: dpa/Wosunan Photostory)
Audio: rbb Abendschau | 23.04.2025 | Dorit Knieling | Bild: dpa/Wosunan Photostory

Berliner Betriebe müssen in einen Fonds einzahlen und wer ausbildet, bekommt daraus Geld zurück. So würde eine Ausbildugsplatzumlage funktionieren - die eingeführt werden könnte. Die Arbeitssenatorin hat jetzt den notwendigen Gesetzgebungsprozess dazu gestartet. Von Sabine Müller

  • erste Pläne für Ausbildungsplatzumlage in Senatsabstimmung geschickt
  • falls Berlins Unternehmen bis Jahresende nicht 2.000 neue Azubi-Stellen schaffen, müssten sie Umlage zahlen
  • wer ausbildet, bekäme Geld zurück
  • Berlins Regierender Bürgermeister Wegner kritisiert Vorbereitung der Umlage

Die Planungen für eine Ausbildungsplatzumlage in Berlin werden konkreter. Arbeitssenatorin Cansel Kiziltepe (SPD) hat am Mittwochvormittag ihren Referentenentwurf zur Stellungnahme an andere Senatsverwaltungen geschickt.

Berlins Ausbildungsmarkt sei "seit Jahren in einer Schieflage", sagte Kiziltepe in einem Pressegespräch, "die Zahlen belegen, dass sich etwas ändern muss". Im vergangenen Jahr seien mehr als 3.700 junge Menschen in der Hauptstadt ohne Ausbildungsplatz geblieben, die Zahl der unbesetzten Ausbildungsplätze habe sich seit 2009 verfünffacht.

CDU und SPD hatten sich in ihrem Koalitionsvertrag zum Ziel gesetzt, dass "in den Berliner Betrieben bedarfsgerecht ausgebildet wird". Im August 2023 wurde deshalb zusammen mit Wirtschaft, Gewerkschaften und anderen Akteuren ein "Bündnis für Ausbildung" ins Leben gerufen, um die Zahl der Azubi-Stellen in Berlin dauerhaft zu erhöhen. Vereinbart wurde, dass bis Ende dieses Jahres 2.000 zusätzliche betriebliche Ausbildungsplätze geschaffen werden sollen – Zielmarke: 34.853. Falls dies nicht gelingt, soll eine verpflichtende Ausbildungsplatzumlage kommen.

So würde die Berliner Ausbildungsumlage aussehen

Arbeitssenatorin Kiziltepe lobt eine Umlage als "solidarische Umverteilung", die Unternehmen dabei unterstütze, "sich die Fachkräfte von morgen auszubilden". Aktuell bilden nur knapp elf Prozent der Berliner Betriebe aus, im Bundesdurchschnitt sind es fast doppelt so viele. "Wer nicht ausbildet, darf auch nicht über Fachkräftemangel klagen", nimmt Kiziltepe die Wirtschaft in die Pflicht.

So würde eine Umlage konkret funktionieren: Grundsätzlich müssten alle Berliner Betriebe in einen Fonds einzahlen und wer ausbildet, bekäme daraus Geld zurück. Ausgenommen wären sehr kleine Firmen sowie Branchen, in denen die Tarifparteien schon eine Ausbildungsplatzumlage vereinbart haben, etwa beim Bau oder den Schornsteinfegern. Eine neu zu schaffende Ausbildungskasse würde das Geld einziehen und verteilen. Sollte die Umlage kommen, versichert Arbeitssenatorin Kiziltepe, gehe das eingezogene Geld zu 100 Prozent zurück an die Wirtschaft.

Wie viel Geld Betriebe einzahlen müssten und wie viel sie pro Azubi-Stelle rausbekämen, muss laut der Arbeitssenatorin noch geklärt werden. "Mitberücksichtigt" werde dabei das Bremer Modell, so Kiziltepe.

Bremen als Vorbild für Berlins Ausbildungsumlage

Als bisher einziges Bundesland hat das kleine Bremen eine Ausbildungsabgabe eingeführt. Sie wurde im März 2023 vom Landesparlament beschlossen und wird seit diesem Jahr eingezogen. Betriebe zahlen aktuell 0,27 Prozent ihrer Arbeitnehmerbruttolohnsumme (das ist der Gesamtbetrag, den ein Arbeitgeber an die sozialversicherungspflichtigen Beschäftigten auszahlt) in den Ausbildungsfonds ein. Betriebe, die ausbilden, bekommen daraus pro Azubi 2.250 Euro im Jahr.

Auf der Website des Bremer Ausbildungsfonds werden verschiedene Beispielrechnungen präsentiert, unter anderem diese: Ein Handwerksbetrieb hat fünf Beschäftigte und einen Azubi, die Arbeitnehmerbruttolohnsumme beträgt 266.296,30 Euro. Dieser Betrieb muss pro Jahr 719 Euro in den Ausbildungsfonds einzahlen und erhält für den Azubi 2.250 Euro zurück. In der Gesamtrechnung stünde damit ein Plus von 1.531 Euro. Wenn dieser Betrieb allerdings nicht ausbildete, entstünden ihm durch den Fonds Mehrkosten von 719 Euro.

Im Referentenentwurf von Arbeitssenatorin Kiziltepe ist davon die Rede, von Berliner Unternehmen eine Bruttolohnsumme zwischen 0,1 und 0,4 Prozent für einen Ausbildungsförderfonds zu verlangen. Die genaue Höhe soll jährlich neu festgelegt werden, je nachdem, wie viel Geld gebraucht wird, um auszubildende Betriebe zu unterstützen.

Wirtschaft kritisiert Entwurf der Berliner Ausbildungsumlage

Während die Senatorin die Ausbildungsplatzumlage als Chance und Unterstützung für die Betriebe anpreist, warnen Wirtschaftsverbände vor der "Strafabgabe". Die Umlage sei ein "falsches Instrument", das an der "Realität des Ausbildungsmarktes vorbeigehe", heißt es etwa auf der Internetseite der Berliner Industrie- und Handelskammer (IHK).

Sie kritisiert unter anderem, dass die Umlage Firmen zusätzlich belaste und Betriebe bestrafe, die ausbilden wollten, aber keine geeigneten Bewerberinnen und Bewerber fänden. Solange diese "Matching"-Probleme nicht gelöst seien, schaffe eine Umlage keine zusätzlichen Ausbildungsplätze, schreibt die IHK. Zudem warnt sie, eine Umlage schaffe "einen immensen Verwaltungsapparat und Personalkosten". Arbeitssenatorin Kiziltepe sagte dazu: "Wir wollen ein bürokratiearmes Verfahren."

Auch Berlins Regierender Bürgermeister Kai Wegner von der CDU übt deutliche Kritik am Handeln der SPD-Senatorin: "Es ist jetzt der falsche Zeitpunkt, eine Ausbildungsabgabe vorzubereiten, die die Unternehmen in wirtschaftlich schwierigen Zeiten zusätzlich belastet", teilte Wegner per Presse-Statement mit. Er appellierte an alle Beteiligten, sich auf die Schaffung zusätzlicher Ausbildungsplätze zu konzentrieren.

So geht es weiter mit Berlins Ausbildungumlage

Andere Senatsverwaltungen wie Bildung oder Wirtschaft haben nun einen Monat Zeit, zum Referentenentwurf Stellung zu nehmen. Danach kommt die Verbändeanhörung, bei der Wirtschaft und Gewerkschaften ihre Meinung äußern dürfen. Bis Ende 2025/Anfang 2026 soll laut Planung der Arbeitsverwaltung dann ein vom Senat verabschiedeter, fertiger Gesetzentwurf vorliegen. Falls die Wirtschaft bis dahin nicht genug neue Ausbildungsplätze geschaffen hat, wäre dann das Parlament am Zug, wo der Gesetzentwurf vor der Sommerpause beschlossen werden könnte. Dann wäre die Berliner Politik allerdings schon mitten im Wahlkampf für die nächste Abgeordnetenhauswahl im Herbst 2026. Ob die CDU, wo viele die Ausbildungsplatzumlage skeptisch sehen, dann noch mitzieht? SPD-Arbeitssenatorin Cansel Kiziltepe setzt darauf, schließlich sei die Umlage im Koalitionsvertrag vereinbart.

Ab wann die Ausbildungsumlage dann gezahlt werden müsste, steht noch nicht abschließend fest. Falls auch hier Bremen Vorbild wäre, könnte es nach der Verabschiedung im Parlament etwa anderthalb bis zwei Jahre dauern.

Sendung: rbb 88.8, 23.04.2025, 11:30 Uhr

Beitrag von Sabine Müller

29 Kommentare

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  1. 29.
    Antwort auf [bürger33] vom 24.04.2025 um 21:36

    Sie verbreiten Fake News.

    "In Berlin ist der Anteil der Jugendlichen ohne Schlussabschluss im Zehn-Jahres-Vergleich deutlich zurückgegangen. Das geht aus einer Auswertung hervor, die die Bertelsmann Stiftung in Auftrag gegeben hat."

  2. 28.

    Sie tun doch auch alles um im Gespräch zu bleiben und "beglücken" uns ständig mit themenfremden "Kommentaren".

    Hauptsache sie können entweder gegen Grüne oder jetzt Kiziltepe hetzen.

    BTT

    Die Ausbildungsplatzumlage ist wichtig und richtig, die Berliner Betriebe hatten jahrelang Zeit das freiwillig umzusetzen.

  3. 27.

    Weil Frau Kiziltepe alles tut, ( auch ohne Ahnung) ,um im Gespräch zu bleiben, und sei es durch die von ihr selbst so verurteilte " Hetze" , gegen "Nazi-Autos" . Mir tut Herr Wegner fast schon leid, täglich neue Wortmeldungen dieser Dame, die an Peinlichkeit und Realitätsferne kaum noch zu überbieten sind. Früher sind Politiker mit Anstand noch zurück getreten, heute "beglücken " sie uns häufig mit tollen Neuerungen, die die (noch) arbeitende Bevölkerung ausbaden darf.

  4. 26.

    Sie sollten sich mal erkundigen ab wann man überhaupt strafmündig ist!

    Übrigens ist es erwiesen, dass Erwachsene denen als Kind Gewalt zuteil wurde zu Gewalt an Kindern neigen.

    Und danke, ich weiß was an unseren Schulen los und zwar aus eigener Erfahrung und nicht wie sie aus den reißerischen Aufmachern der BILD.

  5. 25.

    Genau das Gegenteil, denn in den Schulen wo ich war, da herrschte damals so eine Ordnung und Ruhe im Schulgebäude! Ich würde an jeder Sonderschule, wo die unbelehrbaren sitzen, ein Büro für einen Polizisten einrichten. In den Freistunden ist der dabei. Sie sollten sich mal informieren was in den Schulen los ist. 2-3 so Chaoten, und 25 Schüler werden am lernen gehindert.

  6. 24.

    Tja. hierzulande sind inzwischen abwertende Allüren und das Schubladedenken an der Tagesordnung, bis dato nur in Diktaturen üblich.

  7. 23.

    Manchmal ist man einfach nur noch fassungslos.

    Warum nicht gleich wieder die Prügelstrafe und Rohrstock wieder einführen?

    Wer so schreibt und offensichtlich denkt, bei dem muß in der Kindheit eine Menge schief gelaufen sein.

  8. 21.

    So lange wie der Unterricht an den Schulen nicht für alle Schüler wieder so in den Mittelpunkt gestellt wird, das man eine Stecknadel in den Fluren fallen hört wird das nichts. Alles was den Unterricht stört muss gnadenlos abgeschafft werden. Damals gab es diese Sonderschulen, da mussten Schüler hin die keine Aussicht hatten in der Volks oder Hauptschule gute Noten zu schreiben. Eine Schule, für alle die erheblich den Unterricht stören, oder ihre Mitschüler in der Pause schlagen, erpressen, berauben usw. Wer da landet, und seine Machenschaften nicht einstellt muss vor den Kadi. Wer den Unterricht schwänzt, tut seinen Eltern keinen gefallen, wenn Gelder gekürzt werden, oder der Jugendliche für 4 Wochen in Arrest sitzt.

  9. 20.

    Na ja : Mann schreibt ganze Romane und Frau bringt es in Kurzfassung auf den Punkt.
    Kein Wunder,dass es in Deutschland nicht voran geht.
    Wünsche Ihnen noch eine gute Zeit.

  10. 19.

    Wenn sich Frau Kiziltepe auch nur ansatzweise mit den Zahlen der Arbeitsagentur zur Ausbildungssituation beschäftigt hätte, müsste sie nicht solche Nebelkerzen zünden. Ein paar Zahlen:
    Gemeldete Ausbildungsplätze 2024, 15.390. Dazu die Bewerberanzahl von 20.100. Trotzdem noch unbesetzt, 7145 Stellen. Lt. IHK bekommen 68% der ausbildenen Firmen keine Bewerbungen die zumindest die Mindestanforderungen annähernd erfüllen. Freie Stellen in den Sparten Handel- und Industrie 4328, Handwerk 1493, Ärztekammer 119, Zahnärztekammer 157, Ämter- und Verwaltung 798.
    Mit mehr Ausbildungsstellen ist nach derzeitigem Stand nur eines sicher - es gibt noch mehr offene Stellen. Es mangelt an ausbildungsfähigen Bewerbern. Die Firmen können neben der Berufsausbildung eher nicht das zusätzlich leisten, was in der Schulbildung schlicht verpennt wurde.

  11. 18.

    "Hatten wir alles schon mal hat auch nicht funktioniert die Schüler brauchen gute Mathe und Deutsch Kenntnisse " - ja, das merkt Ihnen man. Man hätte sich bei Ihrem Kommentar über Argumente gefreut.

    Was spricht gegen eine Umlage, wenn fast 90% der Betriebe auf hohem Niveau und untätig jammern? Diese lächerlichen Kleinbeträge als unzumutbar und wirtschaftlich bedrohlich zu überzeichnen, ist unseriös. Man möchte in der Wirtschaft ernten, was der Staat gesät hat. Der Staat wiederum handelt keineswegs besser, wenn er z.B. ausländische Fachkräfte anwirbt und damit einen Braindrain in der Herkunftsregion bewirkt. Wer nicht angemessen entlohnt oder auch die Ausbildungsbedingungen unberücksichtigt lässt, wird sich bei abnehmender Bevölkerungszahl noch wundern über die eigene Dekadenz: je knapper die Zahl der möglichen Auszubildenden, desto größer deren Macht.

  12. 17.

    Wer "Bildungsfrei" im Satz groß schreibt sollte sich nicht über bildungsfrei aufregen, Rolando.

  13. 16.

    So sieht es doch aus. Mit meinem Abschlusszeugnis qualifiziere ich mich für irgend einen Ausbildungsplatz. Die Noten müssen für die Ausbildung wenigstens reichen, in der Berufsschule ist dann spätestens in der Zwischenprüfung vorbei, wenn man Bildungsfrei ins Rennen geht. Aus dem Grund werden nicht alle Plätze besetzt. Ist doch lange bekannt.

  14. 14.

    Hatten wir alles schon mal hat auch nicht funktioniert die Schüler brauchen gute Mathe und Deutsch Kenntnisse.
    Das ist ja wie die Überweisung vom Allgemeinmediziner für den Facharzt.
    Mir scheint es wurden große Teile von alten Koalitionsverträgen abgeschrieben. Große Leistung. Zurück in die Achtziger einfach nur gruselig.

  15. 13.

    "Wir wollen ein bürokratiearmes Verfahren."
    Mehr Bürokratie und (Sachbearbeiter-)Gängelung so zu bezeichnen ist schon dreist. Noch dreister ist es, so auf die IHK Expertenmeinungen zu antworten...

  16. 12.

    Fehlende Azubi-Stellen - das ist schlichtweg falsch.

    Laut UVB: „Das Kernproblem in der Hauptstadt sind nicht fehlende Ausbildungsplätze. Es mangelt vielmehr an jungen Menschen, die die nötigen Voraussetzungen für eine erfolgreiche Ausbildung mitbringen.“

    Das ist doch das Problem - ganz sicher nicht ein Mangel an Ausbildungsplätzen.

  17. 11.

    Die stellen nur fest, dass es an Allgemeinbildung hapert, Grundrechenarten nicht beherrscht werden und Comics noch verstanden werden, im Gegensatz zu Texten.
    Schulbildung roll die Grundlage für die Ausbildung schaffen und dafür sind weder die Betriebe noch die IHK oder HWK zuständig.
    Wenn der Betrieb dafür sorgen soll, dass das Ziel der Ausbildung erreicht wird, soll er dann Pampers, Fibel und Zählstäbchen zur Berufsschule mitgeben?

  18. 10.

    "Die Schuld fürs Versagen bei anderen zu suchen, ist eine weit verbreitete Unsitte."

    Damit haben sie das Jammern der IHK und der Betriebe perfekt beschrieben.

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